TA-Fokus

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TATuP Bd. 26 Nr. 3 (2017), S. 6–9

 

Meldungen

Politikberatung

Studie über Großbritannien

Eine neue Studie über die Rolle von Forschung in Großbritanniens Parlament gibt Aufschluss über Verbesserungsmöglichkeiten im Umgang mit wissenschaftlicher Politikberatung. Hierzu hat das Parliamentary Office of Science and Technology (POST) zusammen mit dem Department of Science, Technology, Engineering and Public Policy des University College London (UCL STEaPP) zwischen 2014 und 2017 insgesamt 157 Parlamentsangehörige befragt sowie deren Umgang mit Forschungsergebnissen analysiert. Die Studie identifizierte Probleme bei der Vermittlung wissenschaftlicher Ergebnisse: Beispielsweise werden diese zu spät an das Parlament geleitet oder als unverständlich erachtet. Zeitnah eingereichte, gut formulierte und relevante Ergebnisse hätten eine höhere Chance, von den Politikerinnen und Politikern wahrgenommen zu werden. Viele Forschungsergebnisse gehen außerdem in den vielstimmigen Äußerungen anderer Akteure unter. Um Ergebnisse aus der Wissenschaft stärker in die Diskussion einzubringen, müsste das Parlament größere Kapazitäten für die Sichtung relevanter Studien schaffen, so POST und UCL STEaPP.

www.parliament.uk/post

 

Reallabor

Karlsruhe bekommt Transformationszentrum

Vor dem „Zukunftsraum“, dem Herzstück des Karlsruher Reallabors. Foto: Behrendt/KIT

Aufbauend auf den Karlsruher Reallaborprojekten „QuartierZukunft – Labor Stadt“ und „Reallabor 131: KIT findet Stadt“ werden Forschende gesellschaftliche Veränderungs- und Lernprozesse nun langfristig initiieren und untersuchen können. Mit 480.000 Euro fördert das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (MWK) Konzeption und Entwicklung eines „Karlsruher Transformationszentrums für nachhaltige Zukünfte und Kulturwandel“ (KAT). „Sollen Reallabore ihr wissenschaftliches und transformatorisches Potenzial entfalten, kommt es essenziell darauf an, sie langfristig auszurichten und zu institutionalisieren. Diese Herausforderung möchten wir mit dem KAT nun angehen“, so Projektleiter Oliver Parodi vom Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) des KIT.

www.quartierzukunft.de

Fachportal

Online-Systeme für die Wissenschaft

Was leisten Online-Systeme für die interne Wissenschaftskommunikation? Diskussion beim 6. openTA-Workshop in Karlsruhe. Quelle: ITAS

Inwieweit benötigen wissenschaftliche Communities spezielle digitale Portale als Forschungsinfrastrukturen? Und was sind die Erfolgskriterien für wissenschaftliche Online-Systeme? Am 16. und 17. November 2017 luden die Macher des digitalen Fachportals openTA zum Workshop „Fachportale, Fachinformationsdienste, Wissenschaftsnetzwerke“ in Karlsruhe ein, auf dem diese und andere Fragen zur internen Wissenschaftskommunikation von rund 30 Expertinnen und Experten diskutiert wurden. Auch empirische Erhebungen über Nutzungsformen virtueller Forschungsumgebungen und die Aufwertung von Informationsdiensten durch die Verknüpfung von Linked Open Data und Normdaten waren Gegenstand des Austauschs. An der interdisziplinären Diskussion beteiligten sich Vertreterinnen und Vertreter der wichtigsten deutschsprachigen Portale für Fachcommunities, wie H-Soz-Kult, das Fachportal Pädagogik, der FID Soziologie, JudaicaLink oder romanistik.de. Der nächste openTA-Workshop ist für den 6. November 2018 geplant. Er bildet den Auftakt für die 8. Konferenz des Netzwerks TA am 7. und 8. November 2018 in Karlsruhe.

www.openta.net/workshops

Bundestag

TA-Ausschuss startet in neue Wahlperiode

Technikfolgenabschätzung hat seit 1990 ihren festen Platz im deutschen Parlament. Maßgeblicher Ort dafür ist der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, der sich nach der letzten Bundestagswahl am 31. Januar 2018 neu konstituiert und seine Arbeit aufgenommen hat. Das Gremium umfasst 42 Mitglieder aus allen Fraktionen des Bundestages, Vorsitzender ist der SPD-Abgeordnete Ernst-Dieter Rossmann. Der Fachausschuss berät langfristige Weichenstellungen in der Forschungs- und Bildungspolitik. Unterstützt wird er dabei vom unabhängigen Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB), das die Potenziale und Risiken neuer wissenschaftlich-technischer Entwicklungen untersucht und politische Handlungsoptionen aufzeigt. Im kommenden Jahr beschäftigt sich das TAB unter anderem mit Beobachtungstechnologien im Bereich der zivilen Sicherheit, autonomen Waffensystemen sowie mit digitalen Medien und Meinungsbeeinflussung.

www.bundestag.de/bildung

www.tab-beim-bundestag.de

Sammelband

„Grand Challenges“ meistern

Decker, Michael; Lindner, Ralf; Lingner, Stephan; Scherz, Constanze; Sotoudeh, Mashid (Hg.) (2018): „Grand Challenges“ meistern. Der Beitrag der Technikfolgenabschätzung. Gesellschaft – Technik – Umwelt. Band 20. Baden-Baden: Nomos – edition sigma, 420 S., Print ISBN 9783848740574

Große gesellschaftliche Herausforderungen wie Digitalisierung, Mobilität und Energieversorgung bestimmen Europas forschungspolitische Agenda. Welchen Beitrag die Technikfolgenabschätzung (TA) in diesem Kontext leisten kann, erläutert der Sammelband zur 7. Tagung des Netzwerks TA, die vom 16.–18. November 2016 in Bonn stattfand. Grundsätzlich sei TA immer dann von hoher Relevanz, wenn ein gesellschaftliches Problem technisch verursacht ist oder nur im Zusammenhang mit Technologie verstanden werden kann und für wissenschaftlich-technische Lösungsmöglichkeiten zugänglich erscheint, so die These der Herausgeberinnen und Herausgeber: Michael Decker (KIT), Ralf Lindner (Fraunhofer ISI), Stephan Lingner (EA European Academy), Constanze Scherz (ITAS) und Mahshid Sotoudeh (ITA Wien). Der Band gliedert sich in fünf Schwerpunktthemen. Die ersten beiden Kapitel behandeln die Grand Challenges sowie die Rolle der Technikfolgenabschätzung allgemein und präsentieren unterschiedliche TA-Konzepte im Hinblick auf große gesellschaftliche Herausforderungen. Die letzten drei Kapitel sind problemspezifisch und fokussieren Grand Challenges aus den Lebenswissenschaften, der gesellschaftlichen Digitalisierung sowie aus den Bereichen Umwelt, Energie und Mobilität.

 

Fünf Fragen an: Melike Şahinol

Research Fellow, Orient-Institut Istanbul

Welchen Bezug hat Ihre Arbeit zur TA?

Meine Forschungen erweitern das Health Technology Assessment um interkulturelle Aspekte, u. a. untersuche ich den gesellschaftlichen Umgang mit Human Enhancement in der Türkei.

Was zeichnet TA ihrer Meinung nach aus?

TA erscheint mir wie eine Krake, mehrarmig, jeder Arm in seiner eigenen Art mit etwas anderem beschäftigt, im Ganzen in eine Richtung fortschreitend.

Was wäre Ihre erste Amtshandlung als Wissenschaftsministerin?

Die Gründung der Abteilung „Wissenschaft, Technik und Gesellschaft“ im BMBF! Komplexe Wechselbeziehungen zwischen diesen Aspekten, wie sie STS erforscht, müssen fester Bestandteil von FuE sein.

Welche Forschungsfrage wird zu wenig beachtet?

Jede interessante und ethisch vertretbare Forschungsfrage ist relevant – aktuell insbesondere zur Ressourcenverschwendung und zur Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaften und unseres Planeten.

Können Orient und Okzident bei TA voneinander lernen?

Warum nicht? Vergleichende Perspektiven einer globalen TA können Systemblindheit überwinden und (neue) Orientierung bieten.

Symposium

Museum der Zukunft

Das Deutsche Museum (München) plant für 2020 die Eröffnung einer Zweigstelle in Nürnberg: Das Zukunftsmuseum. Bereits im März 2018 soll die Grundsteinlegung erfolgen. Um konzeptionelle Planungen zu bereichern, lud das Deutsche Museum am 21. und 22. Februar 2018 Expertinnen und Experten sowohl aus Museen als auch aus der Wissenschaft zu einem Symposium ein. Das Zukunftsmuseum soll nach Aussage des Generaldirektors Wolfgang Heckl etwas völlig Neues schaffen: ein Haus des Bürgerdialogs, in dem Besucherinnen und Besucher Zukunft aktiv mitgestalten können. Im Sinne von „Technikzukünften“ soll das Museum auch die Pluralität von vergangenen und gegenwärtigen Zukunftsentwürfen zeigen. Das Zukunftsmuseum in Nürnberg wird ca. 5500 Quadratmeter umfassen, mit 2900 Quadratmetern Ausstellungsfläche. Das Budget für die Ausstellung beträgt ca. 27,6 Millionen Euro. Zukünfte werden in Themenbereichen dargestellt, wie z. B. Mobilität, Arbeit, Körper und Geist, Zeit und Raum, Energie und Alltag. Zusätzlich sollen Mitmachlabore, ein Raum für freies Experimentieren, ein „Holodeck“ für virtuelle Erlebnisse und eine Bibliothek entstehen.

http://www.deutsches-museum.de/nuernberg/projekt/

Lehre

Premiere an der TU Wien

Beschäftigten sich in Mikroprojekten mit TA-Themen: Studierende der TU Wien. Quelle: ITA

Die Technische Universität Wien hat zum ersten Mal Technikfolgenabschätzung ins Lehrprogramm aufgenommen. An der Vorlesung „Folgen des technischen Fortschritts – Einführung in die Theorie und Praxis der Technikfolgenabschätzung“ nahmen 65 Studierende aus verschiedenen Disziplinen teil. In der vom ITA Wien mitkonzipierten Veranstaltung gab es auch Gelegenheit, studentische Mikro-Projekte zu präsentieren und zu diskutieren. In Gruppenarbeit entstanden Poster zu Themen wie Blockchain, Elektromobilität und fahrerlose Autos, Augmented Reality, erneuerbare Energie sowie Nanotechnologie in der Medizin oder alternde Gesellschaft und Pflege. Der Initiator der neu eingeführten Lehrveranstaltung Kurt Matyas, Vizerektor für Lehre und Forschung an der TU Wien, kündigte bereits die Fortsetzung der Veranstaltung in den kommenden Semestern an. Auch die Vorbereitung dieser Lehrveranstaltungen ist intensiv, sie findet im Rahmen eines zweitägigen Workshops statt, den das ITA Wien für die Lehrenden organisiert.

https://www.oeaw.ac.at/ita/veranstaltungen

EU-Parlament

Neubewertung der Sommerzeit

Das Europäische Parlament hat am 8. Februar 2018 die EU-Kommission dazu aufgefordert, die Regelung zur sogenannten Sommerzeit neu zu bewerten und gegebenenfalls einen Änderungsvorschlag vorzulegen. Derzeit schreibt eine Richtlinie für alle Mitgliedstaaten verbindlich vor, die Uhrzeit während der Sommermonate um eine Stunde vorzustellen. Die Aufforderung geht auf eine 2017 erstellte Studie des European Parliamentary Research Service (EPRS) zu den Auswirkungen der halbjährlichen Zeitumstellungen zurück. Die Ergebnisse der EPRS-Studie gründen wiederum in wesentlichen Teilen auf dem Anfang 2016 publizierten Arbeitsbericht „Bilanz der Sommerzeit“ des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). Die Autoren hatten darin unter anderem darauf hingewiesen, dass die Zeitumstellung den biologischen Rhythmus des Menschen aus dem Gleichgewicht bringen kann, sich aber nur minimal auf den Energieverbrauch auswirkt.

www.tab-beim-bundestag.de

Summer School

Risiko ohne Grenzen

Zum zweiten Mal findet vom 18. bis 22. Juni 2018 die interdisziplinäre Summer School der Graduate Academy SERIOR (Security-Risk-Orientation) für Promovierende im Bereich Risikomanagement statt. Veranstaltungsort ist dieses Jahr das Château du Liebfrauenberg in Goersdorf, Frankreich. Die trinationale Summer School „Risiko ohne Grenzen // Risque sans frontières“ bietet Vorlesungen, Workshops und Feedbackgespräche zu den Forschungsthemen der Promovierenden sowie mit Blackout eine Risiko-Planspielübung in Kooperation mit der französischen Feuerwehr. Bewerben können sich Doktorandinnen und Doktoranden aller Fächer, die im Spannungsfeld von Risikowahrnehmung, Risikoabschätzung und Risikokommunikation forschen. Die Graduate Academy SERIOR ist ein Verbundprojekt der Eucor-Universitäten und der Projektträgerin Universität Koblenz-Landau.

www.serior.eu/summerschool2018

 

Aus dem openTA-Kalender

12. 04. 2018, BERLIN – Frühjahrstagung in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie: Arbeit und Technik revisited.
www.wzb.eu/de/veranstaltungen/arbeit-und-technik-revisited

07. 05. 2018, GRAZ – 17th Annual STS Conference 2018: Critical Issues in Science, Technology and Society Studies.
http://conference.aau.at/event/137/overview

04.–05. 06. 2018, BRÜSSEL – FTA 2018: Future in the Making.
http://ec.europa.eu/jrc/en/fta2018

11. 06. 2018, WIEN – TA18-Konferenz, Technikfolgenabschätzung und Normativität – An welchen Werten orientiert sich TA?
www.oeaw.ac.at/ita/en/events/conferences-workshops/ta18/ueberblick/

25.–28. 07. 2018, LANCASTER – EASST2018: Meetings – Making Science, Technology and Society together.
http://easst2018.easst.net

 

Personalia

Stefan Böschen wechselte im März 2018 auf die neue Professur für Technik und Gesellschaft am Human Technology Centre (HumTec) an der RWTH Aachen. Der Chemie-Ingenieur und Soziologe arbeitete seit 2012 als Senior Research Scientist am ITAS in vielfältigen Projekten, unter anderem in den Bereichen Science & Technology Studies, Risikoforschung sowie Techniksoziologie und Innovationsforschung. Ab 2014 leitete er – zusammen mit Bettina-Johanna Krings – den ITAS-Forschungsbereich „Wissensgesellschaft und Wissenspolitik“. An der RWTH Aachen wird Stefan Böschen am Aufbau eines neuen Zentrums für interdisziplinäre Wissenschafts- und Technikforschung unter dem Dach des interdisziplinären HumTec mitwirken.

Maja Göpel hat im September 2017 das Amt der Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderung (WBGU) übernommen. Zuvor war sie Leiterin des Berliner Büros des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie sowie als Direktorin für den World Future Council (WFC) tätig. Maja Göpel ist Mitglied im Club of Rome und arbeitet vor allem zu den Themen Globalisierung und Nachhaltigkeit, zukunftsgerechte Ökonomien sowie Rechte zukünftiger Generationen. Mit ihrer Erfahrung, insbesondere bei der Kommunikation von Nachhaltigkeitsthemen in Politik und Gesellschaft, will sie den WBGU bei seiner Aufgabe unterstützen, Lösungen für globale Umwelt- und Entwicklungsprobleme zu erarbeiten.

Ralf Lindner, Koordinator für Technikfolgenabschätzung und Governance am Fraunhofer ISI, ist in ein neues Innovationsforum der Lombardei, Italien berufen worden. Das Forum „Lombardy Regional Forum on Research and Innovation“ besteht aus zehn internationalen Expertinnen und Experten, die in unterschiedlichen Ländern und Bereichen wie Responsible Research and Innovation, Öffentliche Kommunikation, Soziale Innovationen, Open Innovation oder Technikfolgenabschätzung tätig sind. Sie begleiten und beraten die lombardische Regionalregierung bei der Umsetzung ihrer neuen Forschungs- und Innovationsstrategie.