Kongress: Intelligente Assistenzsysteme für ein besseres Leben im Alter (Berlin, 30. Januar - 1. Februar 2008)

Tagungsberichte

Intelligente Assistenzsysteme für ein besseres Leben im Alter

Bericht vom Ersten Deutschen Ambient-Assisted-Living-Kongress im dbb-Forum
Berlin, 30. Januar - 1. Februar 2008

von Andreas Schmidt, FZI

In Berlin fand vom 30. Januar bis zum 1. Februar 2008 der erste „Ambient Assisted Living”(AAL-)Kongress statt. Organisiert wurde dieser Kongress, der die unterschiedlichen Forschungsansätze und Industrievertreter aus dem Bereich Ambient Assisted Living zusammenbrachte, durch den VDI/VDE-IT und das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Die Resonanz war selbst für die Veranstalter überraschend: Mit 150 Einreichungen (davon wurden 30 als Poster und 70 als Vortrag angenommen) und 330 Teilnehmern war der Kongress schon frühzeitig ausgebucht.

Das Themenspektrum reichte von der Mikrosystemtechnik für Sensoren von Vitalwerten und die Verabreichung von Medikamenten über die Mundschleimhaut, über Mid-dleware-Ansätze zur Verknüpfung von Sensorik und intelligente IT-Dienste bis hin zu wohnungswirtschaftlichen Perspektiven und Finanzierungsmodellen aus Sicht der Gesetzlichen Krankenversicherung. Entsprechend interdisziplinär war auch der Teilnehmerkreis zusammengesetzt: Elektrotechniker, Informatiker, Mediziner, Wirtschaftswissenschaftler, aber auch Sozialwissenschaftler fanden sich unter den Kongressteilnehmern.

Beinahe etwas überstrapaziert wurde die Argumentationslinie über den demographischen Wandel, also die Verschiebung der Altersstruktur der Gesamtbevölkerung, der den Handlungsbedarf für den Einsatz von AAL-Technologien besonders im Bereich der Pflege verdeutlichen sollte. Generell bestand Konsens darüber, dass gerade Deutschland führend in der Forschung und Entwicklung der AAL-Technologien sei und hier schon viele erfolgreiche Prototypen existierten. Allerdings seiengroße Defizite bei der Überführung von Prototypen in den Realbetrieb zu beobachten. Als wesentliche Ursache hierfür wurde das Fehlen von Geschäfts- und Finanzierungsmodellen identifiziert, das auch durch die Aufteilung der Sozialversicherung und ihrer Budgets in unterschiedliche Sektoren bedingt sei. Hier ist allerdings durch die Reform der Gesetzlichen Krankenversicherung 2009 und die größeren vertraglichen Freiheiten und Anreize für Krankenversicherungen ein Wandel zu erwarten.

Über reine Finanzierungsprobleme hinaus wurde auch deutlich, dass ganzheitliche Lösungen benötigt werden, die sich nicht nur auf bestimmte technische Aspekte konzentrieren, sondern sich in das soziotechnische Umfeld einbetten, was technische Integrierbarkeit, Benutz- und Wartbarkeit durch entsprechendes Pflegefachpersonal und Berücksichtigung von Prozessen umfasst. Viel versprechende Herangehensweisen sind hier interdisziplinäre Forschungsfelder wie z. B. „Kontextsensitive Technologien“ am FZI in Karlsruhe oder die großen Integrierenden EU-Projekte wie SOPRANO, PERSONA oder Netcarity.

Am letzten Kongresstag fand ein europäischer Partnertag statt, auf dem eine Initiative nach Artikel 169 des EG-Vertrages vorgestellt wurde, die voraussichtlich im April oder Mai offiziell veröffentlicht wird und eine Förderung für marktnähere Entwicklungen darstellt (2-3 Jahre bis zur Marktreife). Internationale Verbundvorhaben werden bei diesem Förderinstrument zentral begutachtet, aber lokal durch die jeweiligen Fördereinrichtungen (z. B. BMBF) finanziert.

Insgesamt zeigte sich, dass das Thema Ambient Assisted Living als interdisziplinäres Feld an Konturen gewinnt. Entsprechend wurde auch angekündigt, dass es 2009 wiederum einen Deutschen AAL-Kongress geben wird und für Herbst 2009 ein europäisches Pendant ins Leben gerufen werden soll.