Innovationen im Verkehr. Erfahrungen mit leitbildorientierten F&E-Förderstrategien im Verkehrssektor in Österreich

Schwerpunkt: Zukunftsfähige Verkehrspolitik – Ansätze für den Personenverkehr

Innovationen im Verkehr. Erfahrungen mit leitbildorientierten F&E-Förderstrategien im Verkehrssektor in Österreich

von Evelinde Grassegger, Österreichisches Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, und Claus Seibt, Austrian Research Centers

In diesem Beitrag soll die leitbildorientierte F&E-Förderstrategie im Verkehrsektor in Österreich vorgestellt werden. Das österreichische Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) hat in den letzten fünfzehn Jahren eine Förderstrategie realisiert, die neben einer technologie- und industriepolitischen Orientierung auch Forschungsvorhaben zu politischen Langzeit- und Querschnittsfragen im Verkehr anregen soll. Neben klassischen F&E-Projekten werden auch funktionale Maßnahmen zur Unterstützung von Vernetzungsaktivitäten oder Machbarkeitsstudien gefördert. Eine zentrale Rolle spielen neben dem Instrument der F&E-Förderung auch Instrumente der Politikkoordination. So konnte z. B. durch die kooperative Erarbeitung eines Telematikrahmenplans im Verkehr die Koordination zwischen den Politikfeldern Verkehr und Innovation und Technologie deutlich verbessert werden. Bewährt hat sich die Einrichtung zweckgerichteter Koordinationsplattformen - z. B. als Technologieagenturen oder strategische Netzwerke. Sie stärken sowohl die politikfeldübergreifende interministerielle Koordination als auch die Koordination zwischen verschiedenen Interessensgruppen.

1     Einleitung

Die österreichische Verkehrspolitik ist stark beeinflusst von der geographischen und topografischen Situation des Landes. Die Transitproblematik und der Transport durch die sensitiven Alpenregionen und die österreichischen Ballungsgebiete (z. B. das Inntal und die Regionen um Linz oder Wien) prägen die österreichische Transportagenda seit mehreren Jahrzehnten. In den letzten 15 Jahren stellten vor allem die großen Umwälzungen im geo-politischen Umfeld (Fall des „Eisernen Vorhangs“, Beitritt Österreichs zur Europäischen Union sowie deren jüngste Erweiterung in Richtung Mittel- und Südosteuropa) und die daraus resultierenden Verkehrszuwächse mit all den sozialen und ökologischen Folgen die österreichische Verkehrs- und Umweltpolitik vor zusätzliche Herausforderungen. Als Lösungsansätze wurden neue Politikinstrumente in Ergänzung zu den klassischen verkehrspolitischen Maßnahmen entwickelt. Dazu gehören z. B. das in der Zwischenzeit ausgelaufene „Ökopunktesystem“ sowie gezielte Förderungsmaßnahmen für Forschung und Entwicklung im Verkehrssektor. [1] Die Nutzung neuer Technologien zur Lösung verkehrsbedingter Umweltprobleme hat in Österreich eine lange Tradition und liegt auch darin begründet, dass die beiden Kompetenzbereiche „Verkehr und Infrastruktur“ und „Technologie und Innovation“ in einem Ministerium zusammengefasst sind; dadurch können frühzeitig Synergien genutzt werden. Im vorliegenden Beitrag sollen Erfahrungen und Perspektiven politikfeldübergreifender Strategieentwicklung im Verkehrssektor in Österreich aufgezeigt werden.

2     Hintergrund

Das österreichische Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) ist für die Verkehrs- und Infrastrukturpolitik im Personen- und Güterverkehr und seit 2002 auch für alle Verkehrsträger (landgestützter Verkehr, Binnenschifffahrt und Aeronautik) zuständig. Telekommunikation und der Politikbereich Innovation und Technologie sind ebenfalls dem bmvit zugeordnet. Innovations- und technologiepolitische Aufgaben wurden als neues Politikfeld Ende der 1980er Jahre vom damaligen „Infrastrukturministerium“ übernommen aufgrund der damals industriepolitischen Kompetenz im Bereich der noch weitgehend verstaatlichten Industrien, z. B. im Verkehrssektor. Die damals praktizierte Forschungsförderung war explizit themenbezogen und ausschließlich industriepolitisch ausgerichtet; Verkehrstechnologie war in diesem Programm einer der ersten Förderungsschwerpunkte. Das damalige Förderprogramm „Verkehrstechnologien“ verfolgte primär das Ziel, eine in Österreich erfolgreiche, damals aber noch vorwiegend im staatlichen Eigentum befindliche Schlüsselbranche bei ihrem Restrukturierungsprozess zu unterstützen.

Die sich in den 1980er und 1990er Jahren verschärfenden verkehrsbedingten Umweltbelastungen und die zunehmenden Akzeptanzprobleme seitens der Bevölkerung (insbesondere gegenüber dem stetig steigenden Alpen querenden Straßenverkehr) waren Ende der 1980er Jahre die Basis für die Entwicklung des Österreichischen Gesamtverkehrskonzepts (Ö-GVK.), welches 1991 der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Die darin entwickelten Leitlinien beinhalten generell die Forderung nach

Die frühestmögliche Nutzung neuer Technologien und Forschungsergebnisse zur Entschärfung von Verkehrsproblemen wurden als weitere Leitlinie formuliert. Damit wurde das Lösungspotential von Forschung und Entwicklung erstmals in einem österreichischen Verkehrskonzept verankert und als politischer Auftrag an die beiden Ressorts „Verkehr“ und „Technologie und Innovation“ gerichtet, um die Kompetenzen beider Politikbereiche gezielt zu nutzen. Dieser politikfeldübergreifende Ansatz wurde in den thematischen F&E-Förderprogrammen der letzten zehn Jahre verankert. [2] Im aktuellen F&E-Förderungsprogramm „IV2S“ (Intelligente Verkehrstechnologien und Services) werden gezielt Forschungsthemen ausgeschrieben, die zur Erreichung einer „Doppeldividende“ führen sollen. Dieses Programm zielt zum einen auf die Förderung der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Verkehrstechnikindustrie ab, zum anderen auf die Erzielung ökologischer und sozialer Verbesserungen im österreichischen Gesamtverkehrssystem, die durch die Entwicklung und den Einsatz innovativer technologischer und organisatorischer Lösungen erreicht werden sollen. Die Aufforderung zur Förderung von Technologien und Problemlösungen zur Bewältigung zentraler gesellschaftlicher Aufgaben und Herausforderungen - missionsorientierte Forschung und Technologieentwicklung - findet sich auch in den strategischen Leitlinien des „Rates für Forschung und Technologie“. [3]

Themenfelder wie „Nachhaltig Wirtschaften“, „Zukunft der Energieversorgung“, „Zukunft des Verkehrs“ und „Infrastruktursicherheit in Österreich“ wurden als zentrale gesellschaftliche Herausforderungen definiert und daran anknüpfend Empfehlungen für die Entwicklung thematischer F&E-Förderprogramme und deren Finanzierung aus Sonderbudgetmitteln abgegeben. [4] Die Notwendigkeit gezielter Forschung, experimenteller Entwicklung und rascher Nutzung der gewonnenen Ergebnisse (z. B. zur Lösung verkehrsbedingter Umweltprobleme) wird zudem in den verschiedenen nationalen Umwelt- und Entwicklungsplänen angesprochen. Sowohl im Plan zur Österreichischen Klimastrategie, als auch in der Österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie werden verstärkt F&E-Maßnahmen im Verkehrssektor eingefordert.

3     bmvit-F&E-Förderprogramme im Verkehrssektor

Eine hohe Bedeutung für die österreichische Forschungsförderlandschaft besitzen die F&E-Förderprogramme des bmvit im Verkehrssektor [5] . Für den Zeitraum 2002 bis 2006 wurde auf Basis der Empfehlungen des „Rates für Forschung und Technologie“ für das F&E-Förderprogramm Intelligente Verkehrssysteme und Services (IV2S) ein Budget von 58,2 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Dies bedeutet gegenüber dem Vorgängerprogramm „move“ (1999-2002) eine Verfünffachung des Förderbudgets. In Ergänzung zu den Impulsprogrammen des bmvit bestehen „Strukturförderprogramme“ (wie z. B. das österreichische Kompetenzzentrenprogramm) sowie themenunabhängige Forschungsförderungsmöglichkeiten („bottom-up-Förderungen“), aus denen ebenfalls F&E-Vorhaben im Verkehrssektor finanziert werden können. Insgesamt wurden mit diesen verschiedenen Förderinstrumenten für den Zeitraum 2002 bis 2006 schätzungsweise über 90 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Die Fachabteilungen des bmvit verfügen zudem über ein Budget für Auftragsforschung. Daneben gibt es in Österreich Fördermaßnahmen für Grundlagenforschung sowie spezifische Förderbudgets in den einzelnen Bundesländern. Es gibt jedoch bisher keine konkreten Zahlen, welcher Anteil dieser Förderbudgets in F&E Vorhaben im Verkehrssektor fließen.

Die Impulsprogramme des bmvit beruhen in der Regel auf einem politischen Auftrag des zuständigen Ministers. Aufgrund der technologie- und innovationspolitischen Vorgaben erfolgt die Umsetzung in der Regel in entsprechenden F&E-Förderprogrammen: Dies spiegelt sich vor allem in den letzten beiden Programmen im Verkehrsektor wider, die sowohl die Umsetzung von technologie- und innovationspolitischen,(bzw. industriepolitischen) als auch von verkehrspolitischen Anforderungen zum Ziel hatten. Die Programmentwicklung ist durch breite Beteiligungsprozesse gekennzeichnet - sowohl bottom-up durch Beteiligung wichtiger Schlüsselakteure und Multiplikatoren aus Wirtschaft und Forschung als auch top-down zur Erfüllung politischer Vorgaben, indem Vertreter anderer Politikfelder dezidiert in die Programmentwicklung eingebunden werden.

Die erfolgreiche Einbindung von Schlüsselakteuren wurde in einer 2006 durchgeführten Zwischenevaluierung zu IV2S bestätigt. So wurde unter anderem festgestellt, dass zwischen den Programmentwicklern und den österreichischen F&E-Akteuren eine erfolgreiche Koordination erfolgte. Sowohl die Abstimmung mit internationalen Forschungsagenden als auch die Fokussierung nationaler Stärken und Interessen wurde ausreichend berücksichtigt (Geyer 2006). Die Programmentwicklung erfolgt federführend durch die Fachabteilung „Mobilität und Verkehrstechnologien“ im Technologie- und Innovationsressort des bmvit. Sie wird durch externe Experten unterstützt, die den gesamten Prozess der Programmentstehung und Programmabstimmung begleiten. [6] Die Ergebnisse der 1998 ex post durchgeführten Evaluierung des österreichischen Forschungsprogramms Verkehr (1992 -1997) wurden erstmals bei der Entwicklung des Förderprogramms „move“ berücksichtigt. Ex ante-, interims- und ex-post-Evaluierungen sind mittlerweile ein wichtiges Instrument zur Beurteilung der Wirkungen der Programme. Ergebnisse aus Programmevaluierungen werden vom Rat für Forschung und Technologie zunehmend als Entscheidungsgrundlage für Empfehlungen hinsichtlich der Weiterentwicklung der Programme herangezogen.

3.1     Zur Bedeutung des Verkehrssektors

Der Verkehrssektor ist in Österreich aus technologie- und industriepolitischer Sicht von besonderer Bedeutung. Der geschätzte Wertschöpfungsanteil im Verkehrssektor beträgt rund zehn Prozent des österreichischen Bruttoinlandsprodukts. Der Anteil aller Unselbständig Beschäftigen in Österreich, die auf den Verkehrssektor entfallen, wird auf rund zwölf Prozent geschätzt. Neben einer breiten Verkehrsdienstleistungssparte liegen besondere Kompetenzen in der Verkehrstechnikindustrie, im Automobilzulieferbereich, im Bereich der Schienenfahrzeuge sowie im Bereich der Verkehrstelematik. Die Verkehrstechnikindustrie, eine Schlüsselbranche in Österreich, hat sich in den vergangenen Jahren nach OECD-Klassifikation von einer „Low-Tech-„ und „Medium-Low-Tech-Industrie“ zu einer „Medium-High-„ und sogar High-Tech-Industrie entwickelt. Als technologie- und industriepolitische Programmziele wurden in den letzten Jahren neben der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Verkehrstechnikindustrie

Dies soll einerseits durch die Unterstützung von F&E-Einrichtungen bei der Generierung von „Technologiesprüngen“, andererseits durch die Förderung von Systeminnovationen (d. h?. relevanten Systemkomponenten und Gesamtsystemlösungen im Verkehr und deren Erprobung in Pilot- und Demonstrationsvorhaben) erreicht werden. Ein wichtiger Ansatz dafür ist die Stimulierung von F&E-Kooperationen. Dabei geht es vor allem darum, Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, zwischen verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen sowie besonders die Kooperation zwischen Anbietern und Anwendern im Verkehrssektor zu stimulieren.

Mangelnde Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft wurde in den 1990er Jahren als Schwachstelle der österreichischen Forschungs- und Technologielandschaft identifiziert. Daher ist es das Ziel der österreichischen F&E-Förderungsstrategie, Kooperationen zu fördern. Ziel dieser Förderung ist es vor allem, das Innovationsniveau zu heben und neue Erkenntnisse aus der Grundlagen- und angewandten Forschung rasch in die Produktentwicklung und Anwendung zu überführen. Eine Fragestellung der Zwischenevaluierung des F&E-Förderungsprogramms IV2S war es daher, inwieweit im Laufe des Programms neue Kooperationen auf- und ausgebaut werden konnten: 20 Prozent der beteiligten Organisationen bestätigten, dass neue Kooperationen und Forschungsnetzwerke entstanden sind. In 55 Prozent der Fälle sind neue Projektpartner hinzugekommen und generell wird die Zusammenarbeit als intensiv und zukunftsweisend eingestuft. Forschungskooperationen haben zu verstärkten Beziehungen zwischen Universitäten und KMUs, aber auch zwischen Verkehrsbetriebsgesellschaften und Forschungseinrichtungen geführt sowie den Aufbau von Kooperationsplattformen und Forschungsnetzwerken unterstützt. Durch die Einbeziehung z. B. einer Bahnbetriebs- oder Verkehrsverbundgesellschaft oder eines Transport- und Logistikunternehmens, wie dies bereits in einer Reihe kooperativer Forschungsprojekte und Demonstrationsvorhaben der Fall war, kann nicht nur den Bedürfnissen künftiger Anwender besser entsprochen werden; auch Verkehrsbetriebs- und Netzgesellschaften (wie z. B. die Autobahnen und Schnellstraßen-Finanzierungsgesellschaft ASFINAG oder die Österreichische Wasserstraßengesellschaft „via donau“) lernen die Potenziale neuer Forschung und Entwicklung gezielter zu nutzen.

Die Förderung kooperativer F&E-Projekte sowie die Förderung von Pilot- und Demonstrations-vorhaben waren bis zur Einrichtung des Programms IV2S die zentralen Förderinstrumente. Im Zuge der Entwicklung von IV2S wurden jedoch neue Erfordernisse identifiziert, die zu einer Verbreiterung des Förderprogramms und zur Etablierung neuer Förderinstrumente führten. Dazu gehören die Förderung von Machbarkeitstudien und sozialwissenschaftlichen Begleitstudien sowie die Förderung von kooperativen Forschungsprojekten zusammen mit Einrichtungen aus der Grundlagenforschung. Neben der F&E-Projektförderung wurden auch mehrere „funktionale Fördermaßnahmen“ etabliert. [7] Im Schienenverkehrssektor wurde z. B. der Aufbau eines strategischen Netzwerkes („Rail Cluster Austria“) unterstützt, durch welches die branchenübergreifende Kooperation zwischen Verkehrsbetreibergesellschaften und Verkehrstechnikindustrie im Schienenverkehr sowie der Austausch und die Bündelung von Know-how und Qualifizierungsmaßnahmen gefördert werden. Mit 2005 wurde das Maßnahmen-Portfolio um ein weiteres Instrument ergänzt. Gefördert werden „Leitprojekte“ in den beiden Programmlinien „Intelligente Infrastruktur“ und „Austrian Advanced Automotive Technology“. Mittels eines integrierten Förderansatzes soll die Überführung von Forschungsergebnissen in die erfolgreiche Anwendung unterstützt werden. Neben der Förderung von Pilot- und Demonstrationsvorhaben werden Unterstützungsmaßnahmen im regulativen und normierenden Bereich, aber auch die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle oder die Klärung von Akzeptabilitäts- und Akzeptanzfragen angestoßen.

Die in den Förderprogrammen initiierten nationalen Vernetzungsaktivitäten zielen darauf ab, „kritische Massen“ zu bilden und „aussichtsreiche Nischen“ zu fördern. Dies geschieht auch mit der Intention, die Beteiligung österreichischer Forschungseinrichtungen an den Europäischen Forschungsrahmenprogrammen zu unterstützen. Seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union ist ein deutlicher Anstieg der österreichischen Beteiligung an den Rahmenprogrammen sichtbar, was sich besonders an der Rückflussquote in jenen Themenschwerpunkten, in denen österreichische Einrichtungen besondere Stärken haben, widerspiegelt. So wird beispielsweise für Österreich von einer Rückflussquote von 172 Prozent für den Themenschwerpunkt „Bodengestützter Verkehr“ im 6. Forschungsrahmenprogramm ausgegangen. Österreichische Schwerpunkte liegen im Bereich der Fahrzeug- und Antriebstechnik und im Bereich der Verkehrstelematik, also in thematischen Feldern, in denen Kompetenzen auch im Zuge national geförderter Forschungsprojekte aufgebaut wurde. Die gelungene Abstimmung des nationalen Impulsprogramms IV2S mit internationalen Politikagenden bei gleichzeitiger Konzentration auf österreichische Interessen und Stärken wurde auch bei der bereits oben genannten Zwischenevaluierung von IV2S positiv hervorgehoben. Die adressierten Themen in den drei Programmlinien von IV2S orientieren sich nicht nur an nationalen, sondern auch an europäischen Agenden. [8] In diesem Zusammenhang wird in der Zwischenevaluierung betont, dass es kein Widerspruch ist, in einem nationalen Forschungsförderprogramm beides anzustreben - sowohl die Förderung nationaler Stärken, als auch die Förderung internationaler Vernetzung und Kooperation -, da nationale Insellösungen in der Technologieentwicklung inzwischen ohnehin unrealistisch sind. Nationale Stärken werden üblicherweise durch Kommunikation und Kooperation über Grenzen hinweg gestärkt (Geyer 2006).

Die thematischen Schwerpunkte der Impulsprogramme im Verkehrsbereich haben sich im Laufe der letzten zehn Jahre verändert. In Anschluss an die beiden Schirmprojekte „Lärmarme Bahn“ und „Lärmarme Straße“, in denen der jeweils verkehrssystemspezifische Umgebungslärm adressiert wurde, verfolgte „move“ als ein an drei Programmschwerpunkten ausgerichtetes F&E-Förderprogramm einen verkehrsträgerübergreifenden Ansatz mit Fokussierung auf die Entwicklung und Implementierung neuer Mobilitäts- und Verkehrsdienstleistungen und einer besonderen sozial-ökologischen Ausrichtung (nachhaltige Mobilitätslösungen <“move“>, Logistik- und Transportkonzepte <“Logistik Austria Plus“> und Telematikeinsatz im öffentlichen Verkehr <“TAKE ÖV“>). Das 2002 eingerichtete Forschungsförderprogramm IV2S integrierte dann als Dachprogramm sämtliche bisherigen F&E-Förderungsaktivitäten und fokussierte darüber hinaus mehrere zentrale neue Programmlinien. Die bereits bestehenden Programme „move“ und die Programmlinie „Innovative Binnenschifffahrt“ wurden ergänzt um eine Programmlinie im Automobilbereich („Advanced Automotive“), eine im Schienenverkehrssektor („Innovatives System Bahn“) und eine Programmlinie zur Förderung der Entwicklung und Implementierung einer intelligenten Verkehrsinfrastruktur („Intelligente Infrastruktur und Services“). Für die in enger Kooperation mit zentralen F&E-Akteuren und relevanten Interessensgruppen entwickelten Programmlinien und den darin adressierten thematischen Schwerpunkten wurde in der Zwischenevaluierung attestiert, dass diese Schwerpunkte weitgehend jenen entsprechen, die derzeit auch die Debatte in Europa bestimmen: mehr Effizienz, mehr Umweltfreundlichkeit und mehr Sicherheit im Verkehr. Weiterhin wurde unterstrichen, dass das Programm innovativ und als ein politikfeldübergreifendes und darüber hinaus missionsorientiertes F&E-Förderprogramm eine wichtige Stellung in der österreichischen Forschungsförderlandschaft einnimmt. 95 Prozent der Programmteilnehmer bestätigten, dass die einzelnen Programmlinien wichtige verkehrspolitische Herausforderungen und zentrale technologische Zukunftsthemen im Verkehr adressieren. Als positiv bewertet wurde auch, dass es zwischen den Programmentwicklern und den österreichischen F&E-Akteuren in ausreichendem Umfang Diskussion und Rückkopplung gab, und sowohl die Abstimmung mit der internationalen Förderlandschaft als auch nationale Stärken und Interessen ausreichend berücksichtigt wurden (Geyer 2006).

3.2     Reorganisation der Forschungsförderung

Die Abwicklung der Programme war in der Vergangenheit in verschiedenen Forschungs- und Technologieförderungsfonds angesiedelt. Während bis 2002 generell nach dem „Antragsprinzip“ Förderungen gewährt wurden, wurde ab 2002 das Verfahren bei allen thematisch ausgerichteten F&E-Förderprogrammen des bmvit in Richtung „öffentliche Ausschreibungen“ umgestellt. Eine stärkere Themenfokussierung sowie die Schaffung von mehr Wettbewerb und Transparenz waren die Gründe für die Umstellung des Auswahlverfahrens. Während das bmvit bis zu diesem Zeitpunkt vor allem für die Programmentwicklung und die begleitende strategische Kontrolle verantwortlich war, erweiterte sich die Rolle des Ministeriums mit dem „big bang“ 2002; es wurde eine Reihe neuer thematischer Programme gestartet. Das Ministerium übernahm gemeinsam mit dafür beauftragten Technologieagenturen das Programmmanagement, d. h?. die Konzeption und Durchführung der öffentlichen Ausschreibungen sowie die Organisation von Verbreitungsmaßnahmen, wie z. B. Informationsveranstaltungen, Vernetzungsworkshops und Konferenzen zur Ergebnispräsentation.

Im Zuge der Zusammenführung aller österreichischen Technologie- und Forschungsförderungseinrichtungen in eine zentrale Forschungsfördergesellschaft (FFG) im Jahr 2005 wurden auch die Aufgaben der Programmabwicklung neu verteilt. In der FFG wurde ein eigener Geschäftsbereich „Thematische Programme“ etabliert, dessen Aufgabe in der bedarfsgerechten Begleitung der jeweiligen Ausschreibungen im Zuge der einzelnen Förderprogramme liegt. Inzwischen zeichnen sich bereits erste Erfolge der Reorganisation der österreichischen Forschungsförderung ab: Durch ein „One-Stop-Shop“-Konzept [9] konnte deutlich mehr Transparenz für die Förderwerber geschaffen werden. Die Standardisierung der notwendigen administrativen Verfahren sowie die zu erwartende Verringerung des Aufwandes (z. B. für die Erstellung der Ausschreibungstexte) können in Zukunft zu weiteren Effizienzgewinnen führen. Mit Blick auf die thematischen F&E-Förderprogramme können sich die Fachabteilungen des bmvit wieder vermehrt auf ihre strategischen, steuernden und begleitenden Aufgaben zurückbesinnen.

4     Koordinationshemmnisse

Die Koordination der beiden Politikfelder „Verkehr“ und „Technologie und Innovation“ wird in Österreich durch die gemeinsame Ministerverantwortlichkeit wesentlich erleichtert. Darauf wird auch in der oben erwähnten Zwischenevaluierung des F&E-Förderprogramms IV2S hingewiesen. Es wurde positiv hervorgehoben, „dass seitens der Programmverantwortlichen im bmvit sowohl in der Phase der Programmentwicklung, als auch im Zuge der Programmabwicklung versucht wurde, Brücken zum verkehrspolitischen Ressort zu schlagen.“ (Geyer 2006, S. 8) So waren Vertreter aus den verschiedenen Fachabteilungen des Verkehrsressorts nicht nur an der Programmentwicklung beteiligt, sondern auch an der Begutachtung der eingehenden Projektanträge. Darüber hinaus sind regelmäßig Informationsveranstaltungen durchgeführt worden, auf denen Zwischen- und Endergebnisse der geförderten Forschungsprojekte vorgestellt wurden. Mit diesen Informationsveranstaltungen wurde eine Plattform geschaffen, auf der Vertreter der Verkehrspolitik (insbesondere aus den Bundesländern) sowie Vertreter von Verkehrsinfrastrukturbetreibern und Verkehrsdienstleistungsunternehmen die Möglichkeit hatten, sich über aktuelle Entwicklungen in Forschung und Technologie im Verkehrssektor zu informieren sowie aktuelle Einsatzmöglichkeiten und künftige Anwendungsfelder zu diskutieren.

Dennoch gibt es immer noch erhebliche Koordinationshemmnisse zwischen dem Ressort für Technologie und Innovation und dem Verkehrsressort in Österreich. In der Zwischenevaluierung von IV2S wurde festgestellt, dass zwar grundsätzliches Wohlwollen von Seiten der Verkehrspolitik gegenüber dem F&E-Förderprogramm IV2S besteht, das Programm aber insgesamt weit vom Tagesgeschäft des verkehrspolitischen Ressorts entfernt sei (Geyer 2006). Die unterschiedlichen Problemwahrnehmungen und Präferenzsetzungen hinsichtlich der Lösung von Problemstellungen im Verkehrssektor wurde auch bereits in einer Fallstudie für das OECD-NIS-MONIT-Netzwerk als Hemmnis für eine noch stärkere Politikkoordination angeführt, die durch mangelnde Zeitressourcen in beiden Ressorts und nicht immer vollkommen abgeklärten Kompetenzzuweisungen noch verschärft wird (Whitelegg 2004).

Als viel versprechender Ansatz zur Überwindung von Koordinationshemmnissen zwischen Technologiepolitik und der Verkehrspolitik gilt das auf europäischer Ebene Anfang 2000 eingeführte Instrument der „Technologieplattformen“. In diesen strategischen Netzwerken engagieren sich sowohl Vertreter europäischer als auch nationaler Technologie- und Verkehrspolitik sowie Interessenvertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft. Definiert werden in diesen Politiknetzwerken mittel- und langfristige Entwicklungsstrategien und strategische Agenden für deren Umsetzung. Aufgrund unterschiedlicher Problemwahrnehmungen und Präferenzsetzungen der beteiligten Akteure gibt es aber auch in diesen strategischen Netzwerken ebenfalls erhebliche Koordinationshemmnisse. Besonders die thematische Prioritätensetzung und die Auswahl von Umsetzungsmaßnahmen erweist sich als schwierig - zumal Entscheidungen über die Zuteilung öffentlicher Mittel, die für die Umsetzung der Maßnahmen erforderlich sind, nur auf politischer, d. h?. in der Regel auf nationaler- oder transnationaler Politikebene, und nicht in den strategischen Netzwerken selbst getroffen werden.

5     Lösungsansätze in Österreich

Auch in Österreich wurde der Weg beschritten, strategische Netzwerke und Technologieplattformen für bestimmte Technologiefelder im Verkehrsbereich zu etablieren, Dazu gehört z. B. die oben bereits erwähnte Initiative Rail Cluster Austria. Für andere Technologiefelder wurden sogar noch weit stärker institutionalisierte Formen gewählt - wie z. B. die vormalige Technologieagentur „via donau“ (jetzt „AustriaTech“) für den Bereich Verkehrstelematik oder der gerade gegründete Verein „A3PS“ für den Bereich alternativer Antriebssysteme und Treibstoffe. Die genannten Institutionen, die entweder zu 100 Prozent öffentlich finanziert oder als Public-Private-Partnership organisiert sind, koordinieren die Entwicklung technologiefeldspezifischer strategischer Agenden und Aktionspläne im Verkehrsbereich und sind in die Phase der Politikformulierung und -gestaltung maßgeblich eingebunden. Die Fachabteilugen des Ministeriums übernehmen aufgrund ihrer fachlichen Kompetenzen und ihrer Zuständigkeit als Programmverantwortliche eine lenkende und strategisch begleitende Rolle. Die Politikentscheidung verbleibt im Ministerium, in Verantwortung der Fachabteilung und letztlich des jeweiligen Ministers.

Ein noch viel versprechenderer Ansatz wurde im bmvit mit der Einführung des neuen Themenfeldes „Telematik im Verkehr“ vor vier Jahren verfolgt. Im Jahr 2002 wurde die Verkehrstelematik Initiative „ITS Austria“ im bmvit ins Leben gerufen. Über sie sollen Kompetenzen und Kapazitäten in der Verkehrstelematik in Österreich aufgebaut und der Einsatz von Verkehrstelematik im österreichischen Gesamtverkehrssystem forciert werden.

Abb. 1: Österreichische ITS-Strategie

Quelle: eigene Darstellung (Februar 2005)

Abb. 1: Österreichische ITS-Strategie

Ein zentraler Bestandteil dieser Initiative ist der 2004 fertig gestellte Verkehrstelematik-Rahmenplan. Er bildet mit seinem Leitbild, das auf die Ansprüche verschiedener Nutzer ausgerichtet und in einem konsensorientierten Verfahren entwickelt wurde, einen strukturierten Zugang zum Einsatz von Verkehrstelematikanwendungen. Zudem wurde ein Maßnahmenkatalog und definierte Prioritäten für die Umsetzung dieser Maßnahmen erarbeitet. Im Telematikrahmenplan werden vier Leitlinien zur Effizienz, Sicherheit, Qualität und Nutzbarkeit dieser Anwendungen skizziert. Sie sind nicht nur die Zielsetzung für den Einsatz von Verkehrstelematik in Österreich, sondern auch Ausdruck des politischen Willens und damit die Grundlage für die Umsetzung der im Rahmenplan formulierten Maßnahmen. Die im Telematikrahmenplan formulierten technologie- und industriepolitischen Zielsetzungen bezwecken, die Kompetenzentwicklung und den Kapazitätsausbau österreichischer F&E-Akteure und heimischer Unternehmen in diesem Technologiefeld zu fördern (bmvit 2004).

Der Telematikrahmenplan dient als Koordinationsinstrument zwischen den beiden Politikfeldern Verkehrspolitik und Technologiepolitik. Er koordiniert die im Rahmen der ITS-Austria-Initiative formulierten Politikmaßnahmen. Festgelegt wurden Maßnahmen im Bereich Forschung und Entwicklung und der Aus- und Weiterbildung sowie eine Prioritätensetzung von Investitionsvorhaben im Verkehrsinfrastrukturbereich. Die Erarbeitung des Telematikrahmenplans wurde in einem breit angelegten Beteiligungsverfahren durchgeführt. Beteiligt waren Vertreter der öffentlichen Verwaltung sowie Vertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft. Die politische Verantwortung wurde von der damaligen Ministerin übernommen, der politische Auftrag erfolgte gleichermaßen vom Ressort „Technologie und Innovation“ und dem Verkehrsressort. Es wurde ein Beirat eingerichtet, der die strategischen und politischen Vorgaben für den Rahmenplan festlegte und den Arbeitsprozess begleitete. Die hochrangige Besetzung des Beirats (Vorstände der österreichischen Verkehrsinfrastruktureinrichtungen und Ressortleiter aus den Ministerien) erfolgte durch den Minister, um das Gremium und dessen Arbeit politisch zu legitimieren.

Der Rahmenplan wurde Ende 2004 der Öffentlichkeit vorgestellt. Er sieht unter anderem die Einrichtung eines technischen Sekretariats vor, welches die Umsetzung der geforderten Maßnahmen unterstützen soll. Dieses Sekretariat wird in der 2005 gegründeten Technologieagentur „AustriaTech“ eingerichtet und soll die österreichische ITS-Initiative in Zukunft weiterführen. Zu ihren Aufgaben zählen z. B. die strategische Beratung von Bund, Ländern und Gemeinden hinsichtlich des Einsatzes von Verkehrstelematik sowie die Unterstützung der Positionierung und Vernetzung österreichischer Akteure, um so ihre internationalen Sichtbarkeit in diesem Technologiefeld zu erhöhen. Daneben übernimmt AustriaTech weitere operative Aufgaben für das bmvit. [10]

6     Schlussfolgerungen

Das bmvit hat seit über zehn Jahren positive Erfahrungen mit einer leitbildorientierter F&E-Förderstrategie im Verkehrssektor gesammelt. Verkehrsspezifische thematische F&E-Förderprogramme in Österreich haben nicht nur eine technologie- und industriepolitische Orientierung, sondern schließen an Leitbilder und normative Konzepte der aktuellen verkehrs- und umweltpolitischen Debatte an. Dazu gehören z. B. die Debatten um die Steigerung von Inter- und Multimodalität im Güter- und Personenverkehr, um die Verbesserung der Interoperabilität von Verkehrssystemen, die Reduktion verkehrsseitiger Emissionsbelastungen sowie die Entwicklung nachhaltiger Verkehrs- und Mobilitätslösungen. Die Gestaltung dieser thematischen F&E-Förderprogramme resultiert aus dem politischen Willen des verantwortlichen Ministers, Synergiepotenziale zwischen den Initiativen der Verkehrspolitik und der Technologie- und Innovationspolitik zu nutzen. Mit den F&E-Programmen konnten generell positive Fördereffekte erreicht werden. So zeigt die aktuelle Zwischenevaluierung zu IV2S, dass mittels Kooperationsförderung die Bildung neuer Konsortien ermöglicht und die Zusammenarbeit von Partnern in F&E-Netzwerken umfassend gestärkt wurde (Geyer 2006).

Aus technologie- und industriepolitischer Sicht lässt sich aufgrund bereits beobachtbarer wirtschaftlicher Effekte im Sinne der Verwertung von Projektergebnissen für die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen auf positive Förderwirkungen des Programms schließen. Aus verkehrs- und umweltpolitischer Sicht lassen sich aufgrund der programmatischen Vorgaben, welche IV2S und den Vorgängerprogrammen zugrunde liegen, ebenfalls positive Wirkungen des Programme erwarten. Für einzelne Projekte durchgeführte Wirkungsanalysen bestätigen, dass erwünschte Wirkungen (hier Attraktivitätssteigerungen und Umweltwirkungen) durchaus erzielt werden konnten (Kolomaznik 2005), wobei verkehrliche Wirkungen oder Umweltwirkungen generell natürlich schwer abschätzbar bleiben.

Trotz der politikfeldübergreifenden Orientierung der F&E-Förderungsstrategie im Verkehrssektor ergeben sich immer noch Koordinationshemmnisse zwischen Technologie-, Innovationspolitik und Verkehrspolitik. Aus Sicht des Technologie- und Innovationsressorts des bmvit werden die Forschungsergebnisse aus den F&E-Programmen von Seiten der Verkehrspolitik zu wenig rasch aufgegriffen und für verkehrs- und infrastrukturpolitische Maßnahmen übernommen. Aus Sicht der Verkehrsressorts sind die Ergebnisse aus den F&E-Programmen häufig noch weit vom „verkehrspolitischen Alltagsgeschäft“ entfernt. Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur werden mit dem Generalverkehrsplan längerfristig festgelegt. Erneuerung und Ausbau der bestehenden Verkehrsinfrastruktur stehen aus verkehrspolitischer Sicht im Vordergrund. Als vorteilhaft für die Technologie- und Innovationspolitik hat sich die Reorganisation österreichischer Verkehrsinfrastruktureinrichtungen in unabhängige Netzgesellschaften erwiesen - so z. B. die Gründung der Autobahnen und Schnellstraßenfinanzierungsgesellschaft ASFINAG oder die Gründung der Österreichischen Wasserstraßengesellschaft „via donau“. Diese Netzgesellschaften haben aufgrund ihrer veränderten formalen Organisationsstruktur die Möglichkeit, sich selbst an F&E-Förderprogrammen zu beteiligen, F&E-Ergebnisse aus diesen Programmen aufzugreifen und umzusetzen und sich aktiv an Pilot- und Demonstrationsvorhaben zu beteiligen; Beispiele wie DORIS („Danube River Information System“) oder VMIS („Verkehrsmanagement-Informationssystem für Autobahnen und Schnellstraßen“) demonstrieren diesen erfolgreichen Weg und bilden die Grundlage für die Entwicklung weiterer innovativer Verkehrstelematikanwendungen.

Die Intensivierung der Koordination zwischen der Verkehrs-, Technologie- und Innovationspolitik könnte durch die Aktualisierung der österreichischen Gesamtstrategie im Verkehr wesentlich unterstützt werden. Vor allem durch den systematischen Einsatz von Instrumenten der F&E-Politik neben den klassischen Instrumenten der Verkehrspolitik kann dies erreicht werden, mit dem Ziel, die Chancen und Möglichkeiten neuer Technologien und Innovationen frühzeitig und aktiv zu nutzen. Derzeit wird versucht, das Fehlen eines aktualisierten Gesamtverkehrskonzepts über strategische Konzepte und Initiativen in spezifischen Technologiefeldern im Verkehrssektor zu kompensieren. Das Ergebnis der gemeinsamen strategischen Entwicklung und Planung kann dabei als Koordinationsinstrument genutzt werden, wie die Beispiele ITS-Austria und Verkehrstelematik-Rahmenplan deutlich zeigen. Maßgeblich für eine erfolgreiche Politikfeldkoordination ist jedoch ein breiter Beteiligungsprozess: Zur Erhöhung der Akzeptanz müssen die strategischen Agenden, Aktionspläne und Maßnahmenkataloge in einem breiten Top-down-Prozess (politische Vorgaben) und Bottom-up-Prozess (öffentliche Beteiligung) entwickelt werden. Staatlich eingesetzte Technologieagenturen übernehmen dabei eine Moderatorenfunktion, indem sie zwischen den Interessen unterschiedlicher Ressorts der öffentlichen Hand und den Interessen aus Wirtschaft und Wissenschaft vermitteln. Die Entscheidung, welche Maßnahmen letztlich umgesetzt werden, bleibt weiterhin in ministerieller Verantwortung, um eine politische Legitimierung über demokratische Verfahren sicherzustellen.

Anmerkungen

[1] Das Ökopunktesystem war ein regulatives Politikinstrument zur Steuerung des Alpen querenden Straßentransitverkehrs.

[2] Dazu gehören die Schirmprojekte „Lärmarme Bahn“ und „Lärmarme Straße“ sowie die Forschungsförderungsprogramme „move“ (Mobilität und Verkehrstechnologien) und „IV2S“ (Intelligente Verkehrstechnologien und Services).

[3] Beim Rat für Forschung und Technologie handelt es sich um ein Beratungsgremium der österreichischen Bundesregierung, das im Jahr 2000 eingerichtet wurde.

[4] Die Sonderbudgetmittel stammen aus der „Technologieoffensive“ der österreichischen Bundesregierung.

[5] F&E-Förderprogramme des bmvit, so genannte Impulsprogramme, gibt es z. B. auch für die Bereiche Energie, Nachhaltig Wirtschaften und Sicherheit. Besondere Ausrichtung dieser Programme ist, dass sie zwar deutlich technologie- und innovationspolitisch motiviert, jedoch nicht nur industriepolitisch wirken, sondern auch Lösungen für gesellschaftspolitische Problemstellungen und Umweltprobleme anregen sollen.

[6] Die gemeinsam entwickelten Programmentwürfe werden dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie vorgelegt. Seit Einrichtung des Rates für Forschung und Technologie im Jahr 2001 müssen die geplanten Programme und veranschlagten Förderbudgets auch diesem Gremium vorgelegt werden.

[7] Dazu gehören z. B. die Förderung von Qualifizierungsmaßnahmen oder Förderungsmaßnahmen zur Unterstützung von Kooperation und Netzwerkbildung sowie der Verbreitung von Forschungsergebnissen.

[8] Zu diesen europäischen Politikagenden gehören z. B. das Europäische Weißbuch Verkehr und die strategischen Agenden europäischer Technologieplattformen im Verkehrssektor.

[9] Der Begriff One-Stop-Shop Konzept bezeichnet, das bislang institutionell getrennte Aufgaben zur Abwicklung eines Förderprogramms, institutionell unter einem Dach vereint sind, so dass nun die Fördernehmer einen zentralen Ansprechpartner (die Forschungsfördergesellschaft - FFG) haben.

[10] Dazu gehört z. B. die Koordination und Begleitung von Leitprojekten. Leitprojekte zielen darauf ab, viel versprechende F&E-Ergebnisse über Demonstrationsvorhaben hinaus in Referenzanwendungen zu überführen. Leitprojekte sind auch in Deutschland bekannt (z. B. aus dem Programm zu Mobilitätsmanagementzentralen in deutschen Städten). Derzeit werden auch in Österreich mehrere Leitprojekte zum verkehrsträgerübergreifenden Verkehrs- und Mobilitätsmanagement gefördert.

Literatur

bmvit - Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, 2004:
Rahmenplan für den Einsatz von Telematik im österreichischen Verkehrssystem. Wien

Geyer, A., 2006:
Zwischenevaluierung des Programms Intelligente Systeme und Services (IV2S). Wien: Technopolis

Kolomaznik, G., 2005 :
Attraktivitätssteigerungspotenziale durch den Einsatz von Verkehrstelematikanwendungen im regionalen ÖPNVR. Diplomarbeit. Seibersdorf: ARC systems research GmbH

Whitelegg, K., 2004:
Patchwork policy making - linking innovation and transport policy in Austria; Austrian transport case study for the OECD NIS MONIT Network. Seibersdorf: ARC systems research GmbH

Kontakt

Evelinde Grassegger
Österreichisches Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit)
Renngasse 5, 1010 Wien, Österreich
Tel.: +43 1 53464-3105
E-Mail: evelinde.grassegger∂bmvit.gv.at

Claus Seibt
Austrian Research Centers (ARC)
Bereich Systemforschung / Technologiepolitik
Donau-City-Strasse 1, 1220 Wien, Österreich
Tel.: +43 505 504271
E-Mail: claus seibtHnk5∂arcs ac at