Editorial

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TATuP Bd. 28 Nr. 1 (2019), S. 3, http://dx.doi.org/10.14512/tatup.28.1.3

Irreführung und Täuschung von Öffentlichkeit und Politik durch manipulierte Sachverhalte oder „alternative Fakten“ machen es teilweise schwer, Wahrheit von Lüge und Fakten von Fiktionen zu unterscheiden. Dies fordert Medien und Wissenschaft dazu heraus zu definieren, nach welchen Kriterien der Anspruch auf Neutralität, Objektivität und Zuverlässigkeit von Wissen gerechtfertigt und verteidigt werden kann.

In der Wissenschaft geht es dabei um Nachprüfbarkeit und Reproduzierbarkeit von Sachverhalten. Die Unabhängigkeit der Beurteilung vom beobachtenden Subjekt ist ein weiteres Kriterium. Vor allem Letzteres ist jedoch eine kaum zu realisierende Idealvorstellung, da jede Interpretation subjektive und soziale Elemente beinhaltet. Sie reichen von der gewählten theoretischen Prämisse über implizite Werthaltungen, mehr oder weniger explizite Normen der wissenschaftlichen Community bis hin zu wissenschaftspolitischen Zielen der Geldgeber. Was in Wissenschaft und Technik jeweils richtig oder relevant ist, wird also letztlich durch eine komplexe Diskursgemeinschaft definiert.

Insofern sind normative Elemente unumgängliche Bestandteile des Wissens, das dadurch aber nicht weniger nützlich wird. Probleme treten allerdings auf, wenn solche Prägungen intransparent bleiben und nur bestimmte gesellschaftliche Gruppen der definierenden Community angehören. So hat beispielsweise die feministische Forschung gezeigt, dass das in der zumeist männlich geprägten Wissenschaft produzierte Wissen keineswegs neutral ist, sondern vielfach gängige Geschlechterstereotype und hierarchische Mann-Frau-Verhältnisse reproduziert und verfestigt. Dies führte zu der Forderung nach einer stärkeren Berücksichtigung von Frauen auch für führende Positionen in der Wissenschaft, um einseitige Orientierungen an männlichen Werten und Lebensentwürfen zu korrigieren. Heute wird die Bedeutung der Beteiligung verschiedener Gruppen und Stakeholder für die Produktion gesellschaftlich relevanten Wissens unterstrichen.

Von daher ist es sinnvoll und notwendig, immer wieder aufs Neue zu fragen, welche Vorannahmen und Werte Wissenschaft und Technik, aber auch die Technikfolgenabschätzung selber prägen. Solche Prägungen zu vermeiden ist kaum möglich. Entscheidend ist, sie möglichst plural zu gestalten, transparent und somit diskursiv zugänglich zu machen. Dieses Heft leisten einen spannenden Beitrag zur Analyse und konstruktiven Bewältigung der damit verbundenen Herausforderungen.

Regine Kollek

Regine Kollek

Universität Hamburg

(kollek@uni-hamburg.de)