HGF-Workshop: Chancengleichheit als Managementaufgabe (Tagungsbericht)

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HGF-Workshop: "Chancengleichheit als Managementaufgabe"

Leipzig-Halle, 24. - 25. April 1999

Tagungsbericht von B.-J. Krings, ITAS

Der Frauenanteil in Führungs- oder Spitzenpositionen der Wissenschaft ist noch immer stark unterrepräsentiert. Die 16 Mitglieder der Herrmann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF) bilden hierbei keine Ausnahme. Mit einem Anteil von 1% Frauen in Führungspositionen liegen sie sogar noch hinter den Hochschulen (8,5% Professorinnen), der Fraunhofer Gesellschaft (5,6%) und den Einrichtungen der Wissensgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leipnitz (5,6%) sowie der Max Planck Gesellschaft (3,5%) zurück und das trotz erhöhter Aufmerksamkeit für dieses Problem seit mehreren Jahren.

Dieses Ungleichgewicht war Ausgangspunkt des HGF-Workshops "Chancengleicheit als Managementaufgabe", der von den HGF-Instituten und Vertreterinnen des Arbeitskreises "Frauen in den Forschungszentren" organisiert wurde und im Umweltforschungszentrum (UFZ) Leipzig-Halle am 24. und 25. April stattfand.

Im Gegensatz zur Gleichstellungsdiskussion von Frauen in den letzten Jahrzehnten lag im Rahmen des Workshops der inhaltliche Focus nicht auf dem moralischen Prinzip "Gerechtigkeit", d.h. gerechte Verteilung der gesellschaftlichen Güter an Männer und Frauen gleichermaßen. Die Argumentationsbasis für mehr Gleichheit zwischen den Geschlechtern - in diesem Fall: Besetzung von Frauen in höheren Positionen innerhalb der Wissenschaft - schöpfte aus den Lehren der Ökonomie mit der Frage, wie eine hoch leistungsfähige und innovative Forschung auf die Ressource Frau verzichten könne. Veränderungen, die hier Abhilfe schaffen sollen, orientieren sich in diesem Sinne ebenfalls sehr pragmatisch an der Frage, welche Maßnahmen im Management der Forschungsgesellschaften ergriffen werden müßten, damit Wissenschaftlerinnen die gleichen beruflichen Chancen wie ihre männlichen Kollegen haben.

Friderike de Haas, die Sächsische Staatsministerin für Fragen der Gleichberechtigung von Frauen und Männer, formulierte und betonte in ihrem Grußwort vorab nochmals diese Leitidee der Tagung, nämlich daß besonders die neuen Formen des Managements den weiblichen Seinsformen entsprechen und viel mehr als Innovationspotential und Leistungsträger für die zukünftigen gesellschaftlichen Entwicklungen genutzt werden müßten. Diesem Wunsch stehen jedoch die vielfältigen Formen der Benachteiligung von Frauen gegenüber, die diese noch immer auf den verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen erfahren. Um eine Gleichberechtigkeit von Frauen voranzutreiben, könne jedoch auf eine aktive politische Förderung noch nicht verzichtet werden, d.h. die Beschlüsse der Bund-Länder-Kommissionen, diverse Frauenförderpläne oder - wie im Fall der Forschung - die Grundsatzbeschlüsse der Helmholtz-Gemeinschaft seien, nach Haas, noch immer ein wichtiges und notwendiges Instrumentarium zur beruflichen Förderung von Frauen. Die Vorschläge und Inhalte des Workshops sollten aus diesen Gründen sehr stark auf einer konkreten Ebene diskutiert werden, so daß hieraus konkrete Forderungen an die Führungsspitze der HGF-Forschungsinstitute formuliert und weitergeleitet werden können.

Im folgenden werden Vorträge aus der Sicht der Wirtschaft, der Politik und der Wissenschaft gebündelt und die zentralen Aussagen herausgearbeitet. Die verschiedenen Perspektiven machen deutlich, daß die institutionellen Rahmenbedingungen wissenschaftlicher Karrieren noch immer konträr zu weiblichen Lebensentwürfen stehen.

Als zentraler Inhalt moderner Managementkonzepte aus der Sicht der Wirtschaft stellte Frau Dr. Monika Goldmann, stellvertretende geschäftsführende Direktorin der Sozialforschungsstelle in Dortmund, den Begriff der Total E-Quality vor und verband ihn mit den neuen Formen und Modellen moderner Personalentwicklung. Die Beobachtung, die sie vor diesen Entwicklungen machte, ist, daß die bisherige geschlechtsspezifische Arbeitsteilung vor den heutigen arbeitsmarktpolitischen Anforderungen nicht mehr funktional erscheine und langfristigen Veränderungen weichen würde. Dieser Veränderungsprozeß könne mit Unterstützung einer konsequenten Gleichstellungspolitik im Hinblick auf die berufliche Förderung von Frauen genutzt werden.

Der Begriff des Total E-Quality Management stellt die Qualität in den Mittelpunkt des Produktionsprozesses, was zur Folge hat, daß neue Managementkonzepte entstehen. Kennzeichnend für diese Konzepte sind die breite Verteilung der Kostenverantwortung, das bedeutet eine weitgehende Beteiligung aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, eine Verstärkung der Kunden- und Prozeßorienorientierung sowie eine Erhöhung der Flexibilisierung sowohl nach außen als auch nach innen.

Das Total E-Quality Management führe sehr häufig zu den Phänomenen des sog. Outsourcing (Auslagerung von Produktions- und Dienstleistungsstätten) sowie zur Vernetzung von Betriebsstrukturen und damit zu tiefgreifenden Veränderungen im Rahmen der Organisationsentwicklung der Betriebe. Diese Veränderungen werden häufig mit den allgemeinen Begriffen "Dezentralisierung" und "Enthierarchisierung" bezeichnet, beinhalten jedoch konkret eine Veränderung der Funktionsfelder der Personalplanung, welche sich in folgenden Bereichen abzeichnen:

Nach Goldmann wird die Chancengleicheit zukünftig ein Element von Organisationsentwicklung und personalpolitischen Strategien. Die Diskussion um Chancengleichheit entspringe aus diesen Gründen keiner politischen oder moralischen Diskussion, sondern einem rein ökonomischen Kalkül. Bisherige Erfahrungen haben gezeigt, daß Frauenförderpläne im allgemeinen keine Attraktivität für Unternehmer besitzen, da sie keine flexible und differentielle Personalpolitik erlauben. Im Gegensatz dazu könnten durch neue Formen der Arbeitsorganisation Gestaltungsräume entstehen, die den Frauen in folgenden Aspekten Veränderungspotentiale ermöglichen:

Das System des Controlling, d.h. nicht mehr die Form der Arbeit, sondern die Erfüllung der Ziele stehen nun im Mittelpunkt dieser Arbeitsorganisation, was den Frauen eine zeitlich flexible Handhabung mit der Arbeit erlaubt.

Im Rahmen der neuen Betriebsstrukturen ginge es nun darum, daß diese neuen Organisationsformen von Frauen wahrgenommen und verstärkt genutzt würden, da ihnen ein "geschlechtsneutrales" Prinzip zugrundeliege.

In dem von Monika Goldmann vorgegebenen Rahmen bewegten sich einige Vorträge wie beispielsweise der Beitrag von Heli Ihlefeld-Bohlesch, bis 1998 Fachbereichsleiterin im Personalwesen und Gleichstellungsbeauftragte der Deutschen Telecom AG, die dem Begriff der 'Innovation' eine besondere Bedeutung verlieh, da in der Praxis relativ spontan aus dem Zusammenwirken ungewöhlicher Konstellationen kreative und neue Arbeitsformen entstehen könnten. Der Zwang zur Flexibilität und permanenten Weiterentwicklung in der Wirtschaft begünstige hier in besonderem Maße die Einführung neuer Formen der Betriebsstrukturen und Arbeitsorganisation. Sie betonte jedoch auch, daß diese Veränderungen durch politische Rahmenbedingungen für Frauen begleitet werden müssen, wie das Beispiel "Telearbeit" zeigt. Hier sei es besonders wichtig, die Telearbeit als Regelarbeitszeit anzuerkennen und in ein rechtliches Regelwerk einzubinden.

Ilse Martin, Leiterin des Managerinnen-Kollegs Köln (MKK), hob besonders auf den Begriffen "Coaching" und "Mentoring" ab, um das Führungspotential von Frauen verstärkt sichtbar zu machen. Der erste Begriff ziele in diesem Sinne auf eine deutliche Kompetenzerweiterung der Mitarbeiterinnen innerhalb der Betriebe, die weit über das Prinzip einer Schulung hinausginge, da er vor allem die persönliche Entwicklung der Mitarbeiterinnen betone. Der Begriff "Mentoring" stieß auch im weiteren Verlauf der Tagung auf ein großes Interesse, da er neben der individuellen persönlichen Entwicklung von Frauen im Berufsleben auf partnerschaftliche Kontakte zwischen Frauen abzielt. Mentorship zwischen Männern ist generell ein weit verbreitetes Phänomen, da es jungen Berufsanfängern ermöglicht, unter der persönlichen Obhut und Begleitung eines Mentors, die Karriereleiter hochzusteigen. Mentoring zwischen Frauen solle ebenfalls verstärkt als ein Instrumentarium genutzt werden, das die jungen Frauen in ihrem Selbstbewußtsein und ihrer Gewißheit stärken solle, einen Platz im wissenschaftlichen Gefüge einzunehmen.

Die Perspektive der Wissenschaft oder der wissenschaftlichen Analyse im Hinblick auf die Karrierechancen von Frauen ergab kein sehr optimistisches Bild der derzeitigen Situation. Frau Prof. Dr. Beate Krais, Dozentin für Soziologie an der TU Darmstadt, berichtete von ihren empirischen Untersuchungen mit Wissenschaftlerinnen in acht außeruniversitären, aus öffentlichen Mitteln finanzierten Forschungsinstituten. Die Forschungsgebiete waren hierbei breit gestreut.

Die Fragestellung dieser Erhebung orientierte sich an der simplen Tatsache, daß, obgleich inzwischen mehr Frauen als Männer ein Hochschulstudium beginnen, nur ein verschwindend geringer Teil von Frauen eine wissenschaftliche Karriere durchhalten würde. Die Gründe für diese Erscheinung, bzw. das Ergebnis dieser Erhebung wurde vorab formuliert: die Berufsverläufe von Frauen in der Wissenschaft erscheinen als Prozesse der Selbsteliminierung, oft auch als steckengebliebene Karrieren, die an die Ränder oder in Nischen des Wissenschaftsbetriebs geführt haben.

Die subjektiv begründete Entscheidung von Frauen, eine wissenschaftliche Laufbahn abzubrechen, sei jedoch sehr stark beeinflußt von den Strukturen und der Praxis der Wissenschaftsbetriebe. Dies zeige sich an folgenden vier Merkmalen:

  1. Strukturelle Bedingungen: diese beziehen sich hier auf die formalen Positionsgefüge an Hochschulen. Die Nachwuchspositionen sind sehr differenziert, wobei der Unterschied zu Spitzenpositionen gleich groß ist. Es gibt kein "Klettern", sondern nur ein "Springen", der Sprung liegt in der Regel außerhalb der Handlungskontrolle. Es existiert ein Modell der "großen Persönlichkeit" (in diesem Fall männliche Professoren), d.h. die Leistungen sind stark von der Anerkennung der formal mächtigen Personen abhängig. Gleichzeitig findet man in Hochschulen eine Kultur der Knappheit an Raum, Zeit und Geld vor. 
  2. Prozesse des "Cooling-out": dieser Begriff bezeichnet die Kultur der Konkurrenz und agonalen Leistungsstruktur an Forschungsinstitutionen. Das Erbringen von Leistung erfolgt in der Regel für eine Positionsgewinnung. Rituale des Gegeneinander und des Wettbewerbs sind institutionalisiert, was die Abkehr und Abneigung von Frauen sehr stark fördert. 
  3. Interaktion zwischen Professoren und Nachwuchswissenschaftlern: die Interaktion ist ebenfalls sehr durch Leistung und Konkurrenz geprägt, wobei Frauen sich hier sehr häufig durch eine Botschaft der Mißachtung diskriminiert fühlen. 
  4. Rolle von Mentoren: Die Erhebung hat ergeben, daß die Chefs keine Vorbilder für Frauen abgeben und in der Regel kein Interesse haben, diese zu fördern. Frauen vermissen Mentoren, d.h. Führungspersönlichkeiten, die neben fachlichen vor allem auch menschliche Fähigkeiten haben und durch eine positive Förderung Anreize und Kreativität hervorrufen können.

Die Ergebnisse der Erhebung haben, nach Ansicht von Beate Krais, gezeigt, daß die institutionelle Seite oder die strukturellen Rahmenbedingungen von Forschungsinstitutionen noch immer sehr konträr zu den Vorstellungen und Lebensplänen von Wissenschaftlerinnen stehen.

Die Frage, ob Teilzeit in Führungspositionen ein Königsweg oder eine Sackgasse für Frauen auf dem Weg nach oben sei, wurde von Frau Prof. Dr. Sonja Bischoff, Dozentin für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule für Wirtschaft und Politik in Hamburg, erörtert.

Die Fragestellung beinhalte zunächst zwei Dimensionen, die man bei der Beantwortung der Frage berücksichtigen müsse. Die subjektiv-analytische Dimension nimmt eine Analyse der Führungskräfte vor: die verschiedenen Rollen des Managers wie interpersonelle, informationsorientierte und entscheidungsorientierte Rollen, die Art der Führungsaufgabe wie Spezialkenntnisse oder umfassende Ergebnis- und Ressourcenverantwortung u.a.. Die objektiv-analytische Dimension beinhaltet die Planung und Organisation von Führungsaufgaben, die Verteilung der Verantwortungsbereiche und vieles mehr.

Grundsätzlich seien, nach diesen beiden Dimensionen, die Tätigkeiten und Anforderungen in Führungspositionen differenzier- und systematisierbar, so daß die Voraussetzungen für Teilzeit objektiv gegeben sind. Das bedeutet, soweit Wunschvorstellungen in Richtung Teilzeit vorhanden seien, könne die subjektiv-analytische mit der objektiv-analytischen Dimension vereinbar sein.

Vom betriebswirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen sei die Frage jedoch nicht, ob Führung in Teilzeit machbar und erwünscht ist, sondern ob Führung in Teilzeit erfolgreich ist, denn nur der auf Führung begründete Erfolg einer Organisation legitimiere überhaupt Führung. Im Hinblick auf die Erfolgsrelevanz von Führung in Teilzeit könne ziemlich sicher behauptet werden, daß Teilzeit in Führungspositionen kein Thema sei, da die sachlichen Gründe klar dagegen stehen würden. Verantwortung sei nicht teilbar, da die sog. "informelle Information" immer wichtiger werde und personelle Kommunikation erfordere.

Teilzeit in Führungspositionen ist, nach Sonja Bischoff, kein Weg für die Partizipation von Frauen. Wesentlich sinnvoller erscheinen Arbeitsmodelle für Frauen (und Männer), in denen die Disponierbarkeit der verantwortlichen Arbeitszeit im Mittelpunkt stünde und vorgegebene Arbeitszeiten aufgelöst werden.

Die Perspektive der Politik vertrat Helga Ebeling, Referatsleiterin "Frauen in Bildung und Forschung" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

Gerade für die Chancengleichheit von Frauen in Forschungseinrichtungen sei es von großer Bedeutsamkeit, diesen Prozeß politisch zu unterstützen. Denn insgesamt fehle hier in besonderem Maße "Raum" für Frauen, was zu Vereinzelung, Vereinsamung und zu Abgängen, besonders in diesem Bereich, führe. Die HGF-Institutionen seien hier auch keine Ausnahme, der Anteil von Frauen in den Aufsichtsgremien liege unter 8%, auch in wissenschaftlichen Leitungspositionen sei der Frauenanteil verschwindend gering. Die bloße Forderung nach Quotierung sei unzureichend, da die strukturellen Rahmenbedingungen keine Vereinbarung von Familie und Beruf zulassen würden.

Aus diesen Gründen wurde das Thema "Frauenförderung" nach dem Regierungswechsel im Oktober '98 in den Koalitionsverträgen als "mainstream" festgelegt und soll zentral als Querschnittsaufgabe in allen Forschungsbereichen verankert werden. Das "mainstream"-Konzept ist, nach Ebeling, die zentrale Grundlage für Chancengleichheit, da es einen Paradigmenwechsel von dem Prinzip der Förderung zur Chancengleichheit vollzieht. Die Frage der Chancengleichheit beinhalte Innovationsmöglichkeiten und qualitative Veränderungen, während das Prinzip der Förderung die Frauen sehr häufig noch mehr diskriminiere.

Im Rahmen des BMBF haben die Koalitionsverträge als langfristiges Ziel die Förderung von Frauen in Hochschule und Wissenschaft festgelegt. Der im nächsten Jahrzehnt stattfindende Generationswechsel in den Wissenschaftsbetrieben soll hierbei stark genutzt werden, um Chancengleichheit festzulegen. Daneben sind folgende Ziele festgelegt:

Für die HGF-Forschungseinrichtungen gelten o.g. Maßnahmen ebenfalls, nicht zuletzt, weil das Image dieser Zentren verändert werden und über den größeren Anteil von Frauen auch der Bereich "Technikgestaltung" neue Impulse erhalten soll. Nach dem Vorbild der Max Planck-Einrichtungen, die mit ihren verschiedenen Programmen zur Chancengleichhheit schon großen Erfolg verbuchen konnten, sollen verschiedene Konzepte (beispielsweise sollen Kinderbetreuungseinrichtungen eingerichtet werden, deren Finanzierung an die Budgets der Zentren gekoppelt werden) erarbeitet werden, die Frauen ermöglichen, berufliche Karrierechancen in HGF-Einrichtungen wahrzunehmen.

Prof. Dr. Detlev Ganten, Vorsitzender der HGF-Zentren, bekräftigte ebenfalls die Notwendigkeit der gezielten Einzelförderung vor allem von Nachwuchswissenschaftlerinnen, insbesondere auch, um dieses Potential für die Forschung zu erschließen. Hierzu könnten insbesondere auch eine Reihe von Einzelmaßnahmen hilfreich sein wie z.B. die erleichterte Eingliederung von Frauen bei Unterbrechung nach Familiengründung, Unterstützung bei der Kinderbetreuung oder etwa höhere Flexibilität am Arbeitsplatz u.a.. Er betonte wiederholt, daß Chancengleichheit nicht programmatisch umgesetzt werden kann, sondern in erster Linie im "Kopf jedes Einzelnen" stattfinden muß. Aus diesen Gründen sollte dieser Prozeß nicht überstürzt werden, denn sonst könne er ins Gegenteil umschlagen.

Als Fazit der Tagung kann festgehalten werden, daß der Versuch im Vordergrund stand, konkrete Handlungsstrategien im Hinblick auf die Verbesserung der Karrieren von Frauen in wissenschaftlichen Institutionen aufzuzeigen. Die Veranstalterinnen hatten die Tagung konzeptionell so angelegt, daß man nicht in pessimistischen Analysen des Status Quo stehenblieb, sondern es wurden Konzepte diskutiert, die, angelehnt an moderne betriebswirtschaftliche Organisationsformen, geschlechtsneutrale Modelle von Chancengleichheit fördern sollten. So bildeten Aspekte wie Flexibilisierung und Disponibilität von Zeit und Raum, neue Beteiligungsstrukturen oder das Total-E-Quality-Prinzip die Grundlage für neue Gestaltungsmöglichkeiten weiblicher Berufsverläufe. Chancengleichheit als Politikum oder als moralische Forderung nach Gerechtigkeit zu diskutieren, wurde weitgehend als ineffizient und eher kontraproduktiv für den Prozeß bewertet. Konsensfindungsprozesse, dialogorientierte Verfahren mit den entsprechenden Positionsinhabern sowie weibliche Eigeninitiative erschienen als die geeigneteren Mittel zur Förderung von Chancengleichheit.

Die wissenschaftliche Analyse hat jedoch sehr schnell gezeigt, daß die beruflichen Verwirklichungschancen von Frauen gerade in der Forschung keinen Grund zum Optimismus zulassen und daß organisatorische Strategien unerläßliche Hilfsmittel sind, will man hier neue Impulse setzen und Frauen vermehrt integrieren. Das zeigten ebenfalls die Ansätze von Helga Ebeling, die Chancengleichheit nicht mehr in vereinzelten Förderprogrammen verwirklicht sehen möchte, sondern als Querschnittsaufgabe in allen Forschungsprogrammen. Chancengleichheit wird auf diese Art und Weise nicht nur als Angelegenheit von Frauen betrachtet, sondern wird auch zu einer Chance für Männer, ihren Teil im Rahmen der Familienplanung wahrzunehmen.

Kontakt

Bettina-Johanna Krings
Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS)
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Karlstr. 11, 76133 Karlsruhe
Tel.: +49 721 608-26347
E-Mail: bettina-johanna krings∂kit edu