Bücher kurz vorgestellt

TA-relevante Bücher und Tagungsberichte

Bücher kurz vorgestellt

STEPHAN BRÖCHLER, GEORG SIMONIS, KARSTEN SUNDERMANN (Hrsg.): Handbuch Technikfolgenabschätzung. Berlin: Ed. Sigma, Bd. 1-3, 1999. DM 88,--. ISBN 3-89404-457-8

Nur wenigen Spezialisten ist bewußt, wie umfänglich und tiefgreifend die institutionellen Veränderungen sind, mit denen die Politik in den westlichen Industriegesellschaften seit Mitte der 60er Jahre auf die Herausforderungen der entfesselten wissenschaftlich-technologischen Dynamik reagiert hat. Als erkennbar wurde, daß neue wissenschaftliche Erkenntnisse und technologische Möglichkeiten nicht zwangsläufig zu technischem oder gar gesellschaftlichem Fortschritt führen, daß es dazu vielmehr steuernder und regulierender Eingriffe der Wirtschaft, der Gesellschaft und der Politik bedarf, begann eine, bis heute keineswegs abgeschlossene, Transformation unseres Institutionensystems, der Leitbilder, der Wertmuster, der Einstellungen. Das vorliegende Handbuch dokumentiert und informiert über das vielleicht wichtigste Reformprojekt seitens staatlicher Politik: die Einrichtung eines Systems der Technikfolgenabschäzung, -bewertung und -gestaltung, um einerseits eine hohe Zukunftsfähigkeit, Sozialverträglichkeit und Akzeptanz ökonomisch-technischer Innovationen zu fördern und um andererseits auf gesellschaftliche Problemlagen, die sich mit Hilfe innovativer sozio-technischer Lösungen besser bewältigen lassen, aufmerksam zu machen.

Wer sich das Handbuch auch nur etwas genauer anschaut, wird schnell feststellen, daß sich die Technikfolgenabschätzung seit ihren Anfängen, als sie von einigen wenigen technologiepolitischen Innovatoren als neues Instrument der Politikberatung konzipiert wurde, zu einem ausdifferenzierten sozialen System, das zwischen der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Gesellschaft und der Politik zu verorten ist, entwickelt hat. Wie bei vielen anderen sozialen Systemen auch, existieren Regeln der Zugehörigkeit und des Zwecks (theoretische und konzeptionelle Grundlagen), spezialisierte Akteure, feststehende Verfahren und spezielle Handlungsfelder. Entsprechend gliedert sich das Handbuch in vier Teile:

Das vorliegende Handbuch entstand im Rahmen eines vom nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministeriums in den Jahren 1996 bis 1998 geförderten Verbundprojektes zum Thema innovationsorientierte Technikfolgenabschätzung (VITA).

Unterstützt wurde das Vorhaben sowie insbesondere die Herausgabe des vorliegenden Handbuchs vom Arbeitskreis Technikfolgenabschätzung und -bewertung des Landes Nordrhein-Westfalen (AKTAB).

(aus dem Vorwort von G. Simonis)

 

 

 

 

HEINZ-ULRICH NENNEN, GEORG HÖRNING (Hrsg.): Energie und Ethik. Leitbilder im philosophischen Diskurs. Frankfurt/Main; New York: Campus-Verlag, 1999. Ca. DM 58,- 

"Leitbilder in der Energiediskussion: Keineswegs eine Frage der Technik". Unter dieser Überschrift kündigt die Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg eine neue Veröffentlichung zur Energiediskussion an. Im Presse-Info zu der im Rahmen eines Akademie-Projekts entstandenen Veröffentlichung heißt es weiter:

"Kaum ein umweltpolitisches Thema ist so kontrovers wie die Energiefrage. Im eben erschienenen Buch "Energie und Ethik" haben Ingenieure, Naturwissenschaftler und Philosophen unter der Regie der Stuttgarter Akademie für Technikfolgenabschätzung die Facetten dieses Problems untersucht.

Bei Konflikten um zukünftige Engergiesysteme geht es kaum je um technische Lösungsmöglichkeiten. Die Debatten um eine umweltfreundliche Energienutzung, über den weiteren Umgang mit der Kernenergie oder um eine zukunftsorientierte Mobilität werden insbesondere von den Interessen und Bedürfnissen der verschiedenen Gesellschaftsgruppen bestimmt. In den Diskussionen stoßen daher unterschiedliche ethische Leitbilder aufeinander, die in diesem Band rekonstruiert und miteinander konfrontiert werden. Diskurse zur Energiefrage erwiesen sich dabei als Ausdruck tiefgreifender gesellschaftlicher Konflikte: Verschiedene Entwürfe eines gelingenden Lebens oder einer erfolgreichen Wirtschaftsweise stehen zur Debatte, gerade weil nicht lediglich Technologien der Stromerzeugung oder Nutzungstechniken, wie die Kernenergie und das 3-Liter-Auto, im Vordergrund stehen.

Die von der 2. Umweltkonferenz von Rio de Janeiro angestoßene Diskussion, den CO2-Ausstoß zu verringern, stellt eine Herausforderung an die demokratische Kultur dar, weil sich mit den Strategien auf dem Weg dahin zugleich unterschiedliche Lebensstile verbinden.

Mit Hilfe von vier unterschiedlichen Szenarien wurde im Rahmen eines Akademie-Projektes eine Bewertung der Energiefrage vorgenommen. Szenario A beschreibt eine Entwicklung der Energieversorgung nach dem Grundsatz "business as usual". In diesem Szenario sind die Belange des Klimaschutzes von untergeordneter Bedeutung. Die Szenarien B-D erreichen auf unterschiedlichen Wegen eine CO2-Reduktion von 25 Prozent bis zum Jahr 2005.

Damit die unterschiedlichen Leitbilder, mit unterschiedlichen moralisch-ethischen Implikationen, miteinander vergleichbar sind, wurde in langwierigen Diskussionen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen, darunter auch Bürgerforen, ein gemeinsamer "Wertbaum" sowie "Prüffragen zur Bewertung von Energiesystemen" erarbeitet. So konnte eine Gesamtschau entstehen, die im Wechsel der Perspektiven verschiedene Optionen zur Energienachfrage und -versorgung eröffnet.

Vor dem Hintergrund einer pluralistischen Welt, in der fundamentalistische Strömungen mit der Wissenschaft um das Monopol der Weltdeutung ringen, können weder Ethik noch Philosophie zu Garanten verbindlicher Handlungsmaximen werden. Aufgabe der Philosophie kann es aber sein, Anregungen zu geben und provozierende Thesen zu vertreten - in der Hoffnung auf einen neuen Diskurs der Perspektiven."

Das TA-Programm des Schweizerischen Wissenschaftsrates wird sich mit dem Band unter dem Blickwinkel von Verfahren der Bürgerbeteiligung in TA-Prozessen in der nächsten Ausgabe der TA-Datenbank-Nachrichten befassen.

 

 

 

 

RENE VON SCHOMBERG (ed.): Democratising Technology - Theory and Practice of Deliberative Technology Policy. International Centre for Human and Public Affairs (ICHPA), Hengelo, The Netherlands. 125 pages. US$19,90. ISBN 90-802139-6-9. Order by fax: + 31-74-2918697

With this volume a range of international authors contributes to an ongoing debate on the conceptual and practical development of a deliberative technology policy. Such a technology policy should bring the realm of technological innovation within the scope of democratic decision making. Deliberative technology policy seeks the right balance between direct public participation which contributes to the legitimacy of the policy process whereas the quality of the policy process should be safeguarded by an appropriate mediation of science and policy by experts.

Table of contents:

Introduction 

  1. Escaping the iron cage, or, subversive rationalization and democratic theory (Andrew Feenberg, San Diego, State University) 
  2. Design Criteria and political strategies for democratising technology (Richard E. Sclove, Loka Institute) 
  3. Why the public should participate in technical decision making (Carl Mitcham, Penn State University) 
  4. Democratizing technology or technologizing democracy - the case of agricultural biotechnology in Europe (Les Levidow, Open University, England) 
  5. Environmental research between knowledge and organisation (G. Bechmann, Institute for Technology Assessment and Systems Analysis, Karlsruhe, Germany) 
  6. Technology Assessment in a deliberative perspective (Ole Brekke and E. Erikson, Bergen, Norway)

 

(R. v. S.)

 

 

 

 

K. MARK LEEK (ed.): Proceedings of the Environmental Security Conference on Cultural Attitudes about the Environment and Ecology, and their Connection to Regional Political Stability. Columbus, Ohio, 1999: Battelle Press. 196 pages. $35.00 plus $4,50 shipping. ISBN 1-57477-065-9 

This conference was held to examine the cultural attitudes about the environment and ecology that underlie the formulation and discussion of security issues. With the end of the Cold War, issues other than military threats have emerged as important factors in how nations define their security interests. Increasingly, nations identify the environment as a major component of their economic, social, and physical well being. A goal of the conference was to facilitate understanding of cultural attitudes about the environment and ecology as a prerequisite to engaging these issues multilaterally.

Held in Seattle, Washington, in January 1998, the conference was a collaborative effort, undertaken by sponsoring organizations from the Pacific Northwest National Laboratory (PNNL) and the University of Washington (UW). PNNL organizations included the Arms Control and Nonproliferation Program and the Center for Environmental Security. UW organizations included the Jackson School of International Studies, the Department of Political Science, and the Graduate School of Public Affairs.

The conference brought together scholars with cross-cultural expertise in environmental attitudes and transboundary environmental issues. The conference focused on four major regions of the world: the Euro-Asia Corridor, the Middle East, the Indian subcontinent, and North East Asia. For each region, key cultural dimensions that define the social construction of the environment and ecology were addressed, followed by presentations on the predominant patterns in approaches to addressing environmental issues. Relationships between cultural attitudes and political stability for each region were then assessed.

In compiling these proceedings, a balance was struck between preserving the spoken character of the presentations and a more careful rendering in the form of formal written papers.

Mark Leek, through the Pacific Northwest Center for Global Security at the Pacific Northwest National Laboratory, is engaged in the development of programs aimed at building transparency in relations among nations in areas of proliferation prevention and environmental security. He has a Ph.D. in Political Science from the University of Washington and he can be reached at leekk∂battelle.org .

(Publisher's Announcement)

 

 

 

 

HEINZ LÖFFLER, ERICH W. STREISSLER (Hrsg.): Sozialpolitik und Ökologieprobleme der Zukunft. Festsymposium der Österreichischen Akademie der Wissenschaften anläßlich ihres 150-jährigen Jubiläums,
14. - 16.05.1997. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 1999. 428 S. ATS 774,--. DM 106,--.
ISBN 3-7001-2751-0 

Während die Fragen der Kosteneffizienz und der Zielgenauigkeit der das 20. Jahrhundert kennzeichnenden Sozialpolitiken noch keineswegs gelöst sind, bringen ökologische Belastungen neue soziale Probleme auf weltweiter Ebene. Die Österreichische Akademie der Wissenschaften wählte diese Fragenkomplexe als Themen eines Festsymposiums anläßlich ihres 150-jährigen Bestehens. Im sozialpolitischen Bereich griff die Österreichische Akademie dabei schwerpunktmäßig die Arbeitsmarktpolitik, die soziale Gesundheitspolitik und die soziale Altersversorgung heraus, während bei den ökologischen Themen Energienutzung und Energiegewinnung, Wälder und Berge, Luft und vor allem Wasser im Vordergrund standen, aber auch die Frage, ob die vielzitierte Klimaerwärmung tatsächlich nachweisbar ist.

 

 

 

 

U. STEGER (Hrsg.): Globalisierung gestalten. Szenarien für Markt, Politik und Gesellschaft. Berlin: Springer-Verlag, 1999. 131 S. ca. DM 69,--. ISBN 3-540-65908-0

Globalisierung ist alles andere als eine Einbahnstraße! Anhand dreier Szenarien zeigt das Buch grundlegende Handlungsoptionen für die Gestaltung der globalisierten Zukunft auf. Es entfernt sich damit von der altbekannten "Standort-Debatte", die durch ihre Einseitigkeit effiziente Lösungsansätze letztendlich verhindert. Das Buch gliedert sich in drei Teile: 

  1. Kennzeichen und Charakteristika der Globalisierung und ihre Auswirkungen auf zentrale Problemfelder der westlichen Gesellschaften: Arbeitslosigkeit, Alterssicherung und Umweltschutz. 
  2. Drei Szenarien der weiteren Entwicklung mit Problemlösungskapazität. 
  3. Handlungsempfehlungen. Der Herausgeber ist Leiter des Ladenburger Kollegs "Globalisierung verstehen und gestalten", dessen Ergebnisse Grundlage des Buches sind.

U. Steger ist Mitarbeiter am Institut für Ökologie und Unternehmensführung e. V. an der European Business School, Schloß Reicharthausen.

(Verlagsankündigung)

 

 

 

 

BEATE LITTIG (Hrsg.): Ökologie und soziale Krise. Wie zukunftsfähig ist die Nachhaltigkeit? Wien: Verband Wiener Volksbildung, 1998. 279 S. DM 24,--. sFr 22,--. öS 175,-- 

Nachhaltigkeit ist zu einem Standardbegriff der Umweltdebatte avanciert, der von vielen in vielerlei Absichten verwendet wird. In den vorliegenden 15 Beiträgen wird den sozialen Aspekten der Nachhaltigkeit im "Gesellschaft-Natur-Verhältnis" nachgegangen. Marina Fischer-Kowalski skizziert zunächst Möglichkeiten und Grenzen einer Entkoppelung von Lebensqualität und Stoffwechsel (in der Agrargesellschaft betrug der Pro-Kopf-Jahres-Energieeinsatz ca. 65 GJ, der Materialeinsatz ca. 4 t, jener der Industriegesellschaft wird mit 223 GJ bzw. 20 t veranschlagt), um dann die grundsätzliche Frage nach der politischen Steuerung von Lebensstilen im Dreieck von Zwang, Normen und Verführung zu stellen. Da Zwänge und Normen kaum auf Mehrheiten rechnen könnten, Verführung aber als Terrain der Wirtschaft besetzt ist, plädiert die Sozialwissenschaftlerin für etwas dazwischen Liegendes, das sie mit "geänderten Gelegenheitsstrukturen" bezeichnet. Diese reichen von der ökologischen Steuerung der Marktpreise über eine entsprechende Gestaltung der Raumstrukturen (dazu enthält der Band auch einen interessanten Beitrag über regionales Wirtschaften) bis hin zu einer neuen Arbeitszeitpolitik ("Zeit statt Einkommen"), welche die ökologieunverträgliche Konsumspirale durchbrechen helfe. Die Reflexion neuer Wohlstandsbilder und Arbeitsmodelle sind Thema auch weiterer Beiträge (Hildebrandt, Pichl, Littig). Christoph Spehr, Autor des Bestsellers "Die Ökofalle", kritisiert den moralischen Nachhaltigkeitsdiskurs der "neuen Bescheidenheit", der den technischen, wissenschaftlichen und militärischen Apparat der nördlichen Industrieländer nicht antastet. Als linke ökologische Perspektive kommt für ihn allenfalls eine politische Weiterentwicklung des Subsistenzansatzes in Frage. Elmar Altvater lenkt die Aufmerksamkeit vom Nachhaltigkeitsdiskurs auf den Zusammenhang von Geld, Zins und fossilen Energieträgern sowie die globale Finanzkrise, die für ihn ein eklatantes Politik- und Marktversagen darstellt

Für die Zukunftsforschung von Interesse ist schließlich der von Fritz Reusswig vorgestellte "Syndrom-Ansatz" zur besseren Beschreibung und Modellierung des globalen Wandels, der feststellbare Trends zu "Mustern problematischer Mensch-Natur-Interaktionen" verknüpft. Die so erfaßten "Syndrome" - bislang wurden weltweit 16 davon identifiziert ("Sahel-Syndrom", "Grüne Revolution-Syndrom", "Favela-Syndrom", usw.) - werden als Frühwarnsysteme zur Verhinderung ökologisch-sozialer Katastrophen gesehen und sollen frühzeitige Gegensteuerung ermöglichen.

(Pro Zukunft 1/99)

 

 

 

 

ERICH KITZMÜLLER (Hrsg.): Alternative Ökonomie. Wien (u. a.): Springer, 1998. (iff- Texte; 4) 120 S.. DM 40,--. sFr 35,--. öS 275,-- 

Mit alternativer Ökonomie werden gemeinhin neue Eigentums- und Produktionsstrukturen, soziale Betriebe oder auch Selbstversorgerwirtschaften assoziiert. Die transdisziplinäre Forschungsgruppe "Alternative Ökonomie" - ein Zusammenschluß kritischer österreichischer WissenschaftlerInnen - zielt jedoch auf mehr: Der Blick auf Wirtschaft und Wirtschaftstheorien soll geschärft werden, soziale und kulturelle Aspekte dabei in den Mittelpunkt rücken. Neue Sichtweisen sollen letztlich zu neuen Konzepten führen. Nach Ina Paul-Horn geht es um dreierlei: 

  1. Auflösen von Selbstverständlichkeiten,
  2. Anbieten von Modellvorschlägen,
  3. Übersetzung dieser Modelle in neue Formen von Politik (S.65).

Im vorliegenden Band - eine Art Werkstattbericht - eröffnen Mitglieder der Forschungsgruppe einige solcher neuer Sichtweisen. Erich Kitzmüller skizziert - im Vorgriff auf das neue, in deutscher Übersetzung noch nicht erschienene Buch von Andre Gorz "Misère du présent, Richesses du possible" - ein Zukunftsszenario "über die Arbeitsgesellschaft hinaus", in dem ein unbedingtes Basiseinkommen zum Hebel für die Neuverteilung entlohnter wie nicht entlohnter Tätigkeiten wird. In diesem Sinne favorisieren Luise Gubitzer und Peter Heintel in der Folge das Grundeinkommen gegenüber der an die Arbeitseinkommen gekoppelten Grundsicherung. Sie fordern übrigens für die Ökonomie einen längst fälligen "Lehrstuhl zu Einkommensverteilungstheorie und -politik" (S. 37).

Drei weitere Beiträge sind dem Thema "Geld" gewidmet, wobei die Rolle des Geldes als Steuerungsmedium, deren zunehmende Virtualisierung, aber auch deren symbolische Bedeutung erörtert wird: "Im Namen Dollar oder Mark meinen die Amerikaner oder Deutschen ihre Leistungsfähigkeit oder ihren Fleiß und damit sich selbst wieder zu erkennen", so Wilhelm Berger (S. 46).

Aufschlußreich und amüsant zugleich liest sich nicht zuletzt ein Interview mit dem US-Futurologen Oiko Phil Nomos, der weltweit Aufsehen erregt hat mit der Prognose, 20 Prozent der Weltbevölkerung würden in Zukunft in der Lage sein, die Weltwirtschaft in Gang zu halten. Um einen Kollaps des Systems zu vermeiden, müßten die aus der Arbeit Freigesetzten, so Nomos, zukünftig mit Geld und Kaufkraft aus Dividenden, Spekulationsgewinnen u. ä. ausgestattet werden. Die politische Aufgabe bestehe daher im Zugriff auf die Gewinnfonds, dieser müsse "gleichsam als Bürgerrecht kodifiziert werden" (S. 53).

Reflexionen zum "gemeinsamen Lernen von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik" gemäß dem Wissenschaftsverständnis der Gruppe "Alternative Ökonomie" von Ada Pellert runden den Band ab.

(Pro Zukunft 1/99)

 

 

 

 

MALTE FABER, REINER MANSTETTEN, JOHN PROOPS: Ecological Economics. Concepts and Methods. Cheltenham, UK und Northampton, USA: Edward Elgar Publishing Ltd., 1998. 342 S. ₤ 35 ISBN 1-85898-998-1

Ecological Economics gibt einen Überblick über eine neue wissenschaftliche Disziplin, die zunehmend an Bedeutung gewinnt. In der Ökologischen Ökonomie greifen Wirtschafts-, Natur- und Geisteswissenschaften ineinander, um ein neues, erweitertes Verständnis für den Menschen in seiner Umwelt zu entwickeln. Evolutorische Prozesse und physikalische Modelle, wie z. B. die Entropie, kommen hier ebenso zum tragen wie philosophische Betrachtungsweisen. So werden Kants und Aristoteles' erkenntnistheoretische Ausführungen gegenübergestellt und die Grenzen des Wissens bezüglich der Folgen auf Veränderungen in der Umwelt dargestellt. Im letzten, empirisch orientierten Teil des Buches werden die Probleme der Kuppelproduktion und der Ressourcenökonomie behandelt, wobei insbesondere auf die Reduzierung des CO2-Ausstoßes eingegangen wird. Faber, Manstetten und Proops entwickeln in ihrem Buch fachübergreifend Konzepte und Methoden, um zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen.

(M. F.)

 

 

 

 

MALTE FABER, JOHN PROOPS: Evolution, Time, Production and the Environment. Berlin, Heidelberg, u.a.: Springer-Verlag, 1998. (3. überarbeitete und erweiterte Ausgabe) 317 S. DM 148.--, ISBN 3-540-63464-9

In diesem Buch werden die langfristigen Wechselwirkungen zwischen der Wirtschaft und der Umwelt untersucht. Dabei wird zwischen Evolution mit dem Auftreten von Neuheit und Evolution ohne Neuheit unterschieden. Drei Arten von Zeitirreversibilität werden entwickelt, um zu zeigen, wie Zeit in den Naturwissenschaften und in der Volkswirtschaftslehre behandelt wird. Schließlich wird aus philosophischer Sicht das Problem des Unwissens behandelt und seine Bedeutung für die Konzeptionalisierung, Analyse und Lösung von Umweltproblemen untersucht. Die Konzepte der Evolution, der Neuheit, der Zeitstruktur und des Unwissens werden verwendet, um allgemeine Schlußfolgerungen für die Umweltpolitik abzuleiten. Auf der Basis dieser grundsätzlichen Überlegungen wird ein Kapitalmodell entwickelt, um die langfristigen Beziehungen zwischen Wirtschaft und Umwelt zu analysieren. Es wird ein heuristisches Simulationsmodell beschrieben und seine Ergebnisse diskutiert. Die Rolle und die Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit für das Verständnis der Zusammenhänge im Bezug auf die Wechselwirkungen zwischen wirtschaftlichen Handlungen und der Natur werden hervorgehoben.

(M. F.)

 

 

 

 

HANS-WILLY HOHN (Hrsg.): Kognitive Strukturen und Steuerungsprobleme der Forschung: Kernphysik und Informatik im Vergleich. New York: Campus Verlag, 1998. (Schriften des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung, Köln; Bd. 36). 359 S. DM 78,--. ISBN 3-593-36102-7

Das hier vorgestellte Buch ist die überarbeitete Fassung der Habilitationsschrift des Autors an der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld im Dezember 1997. Ausgangspunkt war die Frage, warum sich die kerntechnische Forschung erfolgreich als staatliche Großforschung organisieren ließ, während die Versuche mit dieser Form von Forschungsorganisation in der Informationstechnik keine stabilen Erfolge hervorbringen konnte. Beispiele u.a. für diese Fehlschläge sind die KI-Forschung und das Scientific Supercomputing.

Die Studie deckt die wesentlichen Unterschiede in der Funktionsweise und sozialen Organisationsform anhand der empirischen Grundmuster in der Entwicklungsdynamik dieser beiden Disziplinen und ihrer Interaktionsbeziehungen mit der staatlichen Forschungspolitik auf.

"Während sich auf der Basis der geordneten Forschungsprioritäten in der Kerntechnik ein regulatives Netzwerk herausbildete, in dem die forschungspolitischen Zielsetzungen konsensuell ausgehandelt und "top down" festgelegt wurden, ... waren die Beziehungen zwischen der Wissenschaft, Politik und Wirtschaft im Fall der informatorischen Großforschung von Beginn an fragil. Mit den fluktuierenden und konkurrierenden Zielvorstellungen wechselten sich auch die Akteurskonstellationen rasch ab."

Das Modell der Großforschung in der Informatik sei damit praktisch auf ein "Garbage-can-Modell" hinausgelaufen, gekennzeichnet durch hoch kontingente und riskante Entscheidungen, ständig revidierte und neue Zielsetzungen, die sich wiederum als nicht realisierbar oder von nur geringem Nutzen erwiesen oder gar als vorübergehende Mode.

"Im Ergebnis entstand so eine heterogene Vielzahl von Forschungsvorhaben, deren Auswahl und Fortbestand nur "historisch" erklärbar ist."

Die in dem Vergleich aufgedeckten unterschiedlichen Entwicklungsmuster und Interaktionsbeziehungen mit der staatlichen Forschungspolitik lassen den Autor folgendes Fazit ziehen:

"Faktisch lavierte die staatliche Forschungspolitik mit ihren Versuchen, die informatische Grundlagenforschung und die softwaretechnische Anwendungsforschung im Rahmen des Modell der Großforschung zu integrieren, zwischen "Scylla und Charybdis" (Mayntz 1995) und schuf gerade mit diesen Versuchen organisationsinterne Spannungen, die es an beiden Polen erschwerten, angemessene Forschungsstrategien zu entwickeln. Darüber hinaus macht auch der Vergleich der informatischen Großforschung mit dem Modell der anreizfinanzierten Vertragsforschung deutlich, daß "organization matters" und die Performanz von Forschungsorganisationen weithin von ihrem institutionellen Design abhängt. Dieses Modell entspricht gewissermaßen einer institutionalisierten "adhocracy", die der ungewissen Entwicklungsdynamik der Informationstechnik in höherem Maße angepaßt ist als die Großforschung, und schafft zugleich eine enge Koppelung zwischen den Produzenten und Anwendern. Wie wiederum vor allem das Beispiel der KI-Forschung und Expertensystemtechnik zeigt, erlaubt es zudem, Fehlentwicklungen rascher zu korrigieren. Der forschungspolitische Wert genau dieser Option ist auf Gebieten mit hoher Entscheidungsunsicherheit kaum als gering zu veranschlagen."

Hohn plädiert dafür, diesen Ansatz auf weitere Fallbeispiele wie etwa Biotechnologie oder die chemische Industrie anzuwenden und weiterzuentwickeln. Schwachstellen, die es zu beseitigen gälte, seien u.a. die zu geringe Differenzierung der analytischen Variablen (die Variable Aufgabenungewißheit unterscheide z.B. nicht zwischen Zielpluralität und Ungewißheit in Hinblick auf die Realisierbarkeit von Zielen), Interaktionseffekte zwischen den Variablen Aufgabenungewißheit und der Interdependenz der Forschungsaktivitäten seien ebenfalls noch weitgehend ungeklärt. In die weitere Ausgestaltung dieses Modells setzt der Autor große Hoffnungen:

"Es könnte dann dazu beitragen, die Wissenschaftssoziologie wieder und aus einer neuen Perspektive an die makrosoziologische, organisationssoziologische und institutionalistische Theoriebildung anzubinden und ihr damit möglicherweise den Weg zu einer normalen soziologischen Teildisziplin unter anderen zu ebnen."

(I. v. B.)

 

 

 

 

PETER BRÖDNER (Hrsg.): Der überlistete Odysseus. Über das zerrüttete Verhältnis von Menschen und Maschinen. Berlin: Edition Sigma, Signaturen1, 1997. ISBN 3-89404-611-2

Bereits 1997 ist dieses Buch erschienen, das sich mit dem Problem der Gestaltung von Technik aus der Sichtweise des menschlichen Benutzers beschäftigt. Peter Brödner, seit einigen Jahren Abteilungsleiter im Institut Arbeit und Technik des Wissenschaftszentrums Nordrhein-Westfalen, stellt darin fest, daß die Krise des Rationalismus, die sich in den Naturwissenschaften bereits in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts manifestiert hat, jetzt auch die technische Praxis erreicht hat, da immer komplexere technische Systeme alltäglich werden. Die Krise äußert sich in diesem Bereich im unproduktiven Umgang mit technischen Artefakten, den der Autor mit zahlreichen empirischen Beispielen, besonders aus dem Bereich "künstliche Intelligenz", belegt.

Brödner erkennt in der Gegenwart zwei sich überlagernde Bewegungen: Das Aufwallen neuer Wellen technischer Innovationen im traditionellen Sinn, wie es etwa in der Informationstechnik zur Zeit wieder stattfindet, aber auch eine in Ansätzen grundsätzliche Neuorientierung. Diese ergibt sich aus einer ausführlich in diesem Buch abgeleiteten handlungsorientierten Theorie der Technik, die auch Erkenntnisse der Soziologie, Psychologie, Anthropologie und Philosophie einbezieht.

(M. R.)

 

 

 

 

ZEITGEMÄSSE DEPONIETECHNIK 1999: Vertieferseminar am 23. und 24. März 1999. (Stuttgarter Berichte zur Abfallwirtschaft, Band 70.) Bielefeld: Erich Schmidt Verlag, 1999. 260 S. DM 60,--. ISBN 3 503 04169 9

Dieser vom Forschungs- und Entwicklungsinstitut für Industrie- und Siedlungswasserwirtschaft sowie Abfallwirtschaft e. V. Stuttgart (FEI) herausgegebene Band dokumentiert die Beiträge des von Prof. Dr. Ing. Tabasaran geleiteten Vertieferseminars, das am 23. und 24. März 1999 statt fand.

Folgende Vorträge sind u.a. in diesem Band als Einzelbeiträge abgedruckt: 

(Verlagsankündigung)