Forschungszentrum Jülich: IKARUS Projekt auf CD-ROM verfügbar

Ergebnisse von TA-Projekten - Neue TA-Projekte

IKARUS auf CD-ROM verfügbar

von W. Katscher, KFA Jülich

1. Hintergrund, Projektziel, Randbedingungen

Im Rahmen der Umsetzung mehrerer Kabinettsbeschlüsse der Bundesregierung zur Reduktion von Treibhausgasemissionen wurde Anfang der 90er Jahre das Forschungszentrum Jülich vom Bundesministerium für Forschung und Technologie (jetzt Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie, BMBF) mit der Durchführung des IKARUS (Instrumente für Klimagas-Reduktions-Strategien) -Projektes beauftragt. Seither wird das Projekt bzw. sein seit 1995 laufendes, bis Ende 1998 terminiertes Anschlußprojekt "IKARUS-Anwendung" vom BMBF gefördert.

Ziel von IKARUS ist die Erarbeitung und Bereitstellung eines Instrumentariums bestehend aus Computer-Modellen und Datenbanken, mit dessen Hilfe verschiedene Strategien zur Reduktion der energiebedingten Emissionen von klimarelevanten Gasen, insbesondere CO2, gegeneinander abgewogen und hinsichtlich des verwendeten Technikmix nach bestimmten Kriterien - beispielsweise Minimierung der energiewirtschaftlichen Kosten - optimiert werden können. IKARUS soll damit dazu beitragen, das Gesamtverständnis der Funktions- und Reaktionsweise unseres stark vernetzten Energiesystems, aus dem der weit überwiegende Anteil unserer Treibhausgasfreisetzungen herrührt, zu vertiefen und die weiteren Strategieüberlegungen auf eine gut abgesicherte Grundlage zu stellen.

Folgende Randbedingungen wurden für das Instrumentarium vereinbart:

Die IKARUS-Instrumente wurden in 8 Teilprojekten in enger Abstimmung untereinander von folgenden Institutionen entwickelt: Der Programmgruppe Systemforschung und Technologische Entwicklung (STE) des Forschungszentrums Jülich oblag die Modellentwicklung. Den Aufbau der Datenbank realisierte das Fachinformationszentrum (FIZ) Karlsruhe; die Datenbeschaffung leisteten folgende Institutionen mit etwa 50 Unterauftragnehmern: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin (zuständig für Primärenergie), Institut für Energiewirtschaft und rationelle Energieanwendung (IER) der Universität Stuttgart (Umwandlungsbereich), Lehrstuhl für Energiewirtschaft und Kraftwerkstechnik der Technischen Universität München (Haushalte und Kleinverbraucher), Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung (ISI) Karlsruhe (Industrie), TÜV Rheinland Sicherheit und Umweltschutz GmbH Köln (Verkehr) sowie die Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) der Gesellschaft für praktische Energiekunde München (Querschnittstechniken). Begleitend hierzu untersuchte die Programmgruppe Technologiefolgenforschung (TFF) des Forschungszentrums Jülich im Teilprojekt "Verifikationsmaßnahmen" Techniken und Verfahren zur Überprüfung der Vertragstreue von Staaten, die Mitglieder der Klimakonvention sind. TFF wurde auch mit der Koordination von IKARUS betraut, dessen fachliche Projektleitung beim BMBF lag.

Mit der genannten Projektzusammensetzung wurde das Ziel verfolgt, insbesondere hinsichtlich der Daten eine möglichst repräsentative, allgemein konsensfähige Wissensbasis zu schaffen und damit zu einer Versachlichung der Energiediskussion beizutragen. Neben mehr als 80 Veröffentlichungen* werden seit Oktober 1997 die Hauptergebnisse von IKARUS auf zwei CD-ROM angeboten, die im folgenden vorgestellt werden.

2. Modell-CD-ROM

Die Modell-CD-ROM enthält 3 Modelle:

Kernstück ist das technikorientierte Optimierungsmodell, das den Energiefluß der Bundesrepublik Deutschland vom Primärenergieaufkommen bis zur Energiedienstleistung bzw. Nutzenergie in ca. 2000 aggregierten Energietechniken in Form sog. "Platzhalter" und deren Verbindungen abbildet.

Das Modell arbeitet nach der Methode der linearen Programmierung. Optimierungskriterium ist in diesem Fall die Minimierung der Gesamtsystemkosten. Das Modell bewertet also den zur Änderung des Energiesystems (z.B. bei einer CO2-Reduktionsvorgabe) notwendigen Aufwand in Form von Kosten. Im Gegensatz zu einem Simulationsansatz, bei dem die Auswirkungen einer vorgegebenen Strategie analysiert werden, errechnet das Modell einen optimalen Technikmix (bzw. -strategie) unter Berücksichtigung der getroffenen Annahmen (z.B. wirtschaftliche Entwicklung, Technikdaten etc.). Durch die Vernetzung im Modell werden die Wechselwirkungen innerhalb des Energiesystems berücksichtigt. Das Ergebnis einer Optimierungsrechnung entspricht dem Planungsergebnis eines "allwissenden energiewirtschaftlichen Planers", der unter Berücksichtigung exogener Vorgaben (z.B. Nachfrage nach Energiedienstleistungen) entsprechend einem Zielkriterium eine energiewirtschaftlich insgesamt "optimale" Struktur für ein Energiesystem entwirft; es kann damit für den Planer eine wesentliche Entscheidungsgrundlage und -hilfe sein. Das Modell arbeitet statisch und liefert Zustandsbeschreibungen für die Stützjahre 1989, 2005 und 2020, bis zum Jahre 2005 differenziert nach alten und neuen Bundesländern.

Die oben genannten Platzhalter stellen zunächst "leere Kästen" dar, die mit Techniken, z.B. Kohlekraftwerken, belegt werden, die qualitativ den passenden Input (z.B. Kohle) und Output (z.B. Strom) haben. Dieses Konzept gewährleistet für den Benutzer eigene Belegungsmöglichkeiten und damit Flexibilität bei der Technikauswahl.

Das Modell verfügt - wie auch die u.g. - über eine eigene Datenbasis, die aus der IKARUS-Datenbank hervorgegangen ist, und es kann somit unabhängig von letzterer betrieben werden.

Neben den o.g. Eingriffsmöglichkeiten bei der Belegung der Platzhalter hat der Nutzer die Möglichkeit der Wahl von Schranken für den Einsatz von Platzhalter-Techniken, mit denen ihre Berücksichtigung erzwungen werden kann, auch wenn sie sonst - wie z.B. in der Regel die Photovoltaik - in der Optimierungsrechnung nicht in die Lösung mit einbezogen würden. Ebenfalls können weitere exogene, von der Wirtschaftsentwicklung bzw. -prognose her bestimmte Größen wie Nachfrage nach Energiedienstleistungen, Import- und Exportquoten, Importpreise oder inländische Gewinnungskosten für Energieträger und natürlich auch strategische Parameter wie Emissionsrestriktionen frei gewählt werden.

Zur Erleichterung der Modellhandhabung, aber auch zur Schaffung von Transparenz für die Ergebnisdiskussion sind Referenzbelegungen für die verschiedenen Raum / Zeit-Kombinationen im Datenspeicher des Modells enthalten. Alle Änderungen, die der Nutzer gegenüber der Referenzbelegung vornimmt, werden protokolliert.

Das zweite Modell ist das Teilmodell "Technik-Ketten" oder kurz Kettenmodell. Es bietet die Möglichkeit, miteinander konkurrierende Verbindungen von Techniken mit gleicher energietechnischer Versorgungsaufgabe unter Berücksichtigung der vor- und nachgelagerten Technikketten hinsichtlich der Energieströme, Kosten und Treibhausgasemissionen zu vergleichen. Beispiele für solche Kettenvergleiche sind Braunkohlenförderung - Braunkohlenkraftwerk - Elektrospeicherheizung versus Erdgasimport-Verteilung-Zentralheizung oder der Vergleich Kraft-Wärme-Kopplung mit der Einzelproduktion von Strom und Wärme für die Versorgung von Haushalten.

Zum Aufbau der Technikketten und deren Bilanzierung wird auf die Topologie des Optimierungsmodells sowie die zugehörige Datenbasis zurückgegriffen. Das Kettenmodell bietet nun die Möglichkeit, entweder, ausgehend von der Primärenergie bis hin zur Nutzenergieebene oder auch umgekehrt, Folgen von Techniken aneinanderzureihen, durch die der Energiestrom seinen Weg nimmt. Die Ketten lassen bei Bedarf jeweils eine Verzweigung zu, so daß auch Techniken mit Koppelproduktion einbezogen werden können.

Eine bedienerfreundliche, aus Windows-Elementen bestehende Oberfläche gewährleistet, daß auch Nutzer, die keine tiefergehende Kenntnis der Struktur des Kettenmodells haben, menügeführt die sie interessierenden Technikketten in kurzer Zeit aufbauen und analysieren können.

Das dritte Modell ist das Makroökonomische Informationssystem MIS, das im Auftrag der STE von der Arbeitsgemeinschaft Energie- und Systemplanung (AGEP) an der Universität Oldenburg entwickelt wurde und der makroökonomischen Analyse dient. MIS besteht aus einem dynamischen Input/Output-Generator und einem Wachstumsmodell. Die Volkswirtschaft ist gegliedert nach 30 Sektoren, darunter 9 Energiesektoren. Diesen Komponenten sind ein Elektrizitäts-, ein Verkehrs- und ein Wohnungsmodul angegliedert.

MIS stellt einerseits Rahmendaten der Wirtschaftsentwicklung bereit, die für sinnvolle Szenarienbildung und für die Optimierungsrechnungen benötigt werden und ermöglicht andererseits die Bewertung der Optimierungsergebnisse hinsichtlich volkswirtschaftlicher Widerspruchsfreiheit. Eine direkte Kopplung mit dem Optimierungsmodell besteht nicht; auf diese wurde aus methodischen und aus Gründen der Handhabbarkeit und Überschaubarkeit der Modelle verzichtet.

Folgende Minimalanforderungen an Hard- und Software, ausreichend zum gleichzeitigen Betreiben der drei Modelle, müssen beim Nutzer erfüllt sein: IBM-kompatibler 80486 DX2/66 MHz-Rechner mit mindestens 16 MB RAM (oder Pentium P60 bzw. P90); Festplattenkapazität ca. 500 MB (IDE oder SCSI-II fast); Double Speed CD-ROM-Laufwerk; flimmerfreier 17" Farbbildschirm, der mit einer 1 MB Grafikkarte im 1024 x 768 Pixel/256-Farben-Modus betrieben wird; Betriebssystem DOS 5.0; Windows 3.11 (auch Windows 95 möglich).

Die IKARUS-Modell-CD-ROM kann bezogen werden zum Preis von DM 1.200 plus MWSt. vom

Forschungszentrum Jülich
Technologie-Transfer-Büro
Herrn R. Wagner
52425 Jülich
Fax: 02461/61-2118
E-mail: R. WagnerOll3∂fz-juelich de

3. Datenbank-CD-ROM

Ursprünglich lediglich als Quelle für Modelldaten vorgesehen, hat sich die IKARUS-Datenbank vor allem zu einem umfangreichen, eigenständigen, nicht an die Modelle gekoppelten Informationssystem entwickelt.

Hauptteil ist der Bereich Technikdaten. Er enthält alle relevanten technischen, wirtschaftlichen und umweltbezogenen Daten zu Einzeltechniken und technischen Systemen, die nach Expertenschätzung für die Stützjahre 1989, 2005 und 2020 repräsentativ sind - bis 2005 getrennt nach alten und neuen Bundesländern. Berücksichtigt sind die eingangs erwähnten Sektoren Primärenergie und Umwandlung sowie die Endenergiesektoren Haushalte, Kleinverbraucher, Industrie und Verkehr. Eine Sonderstellung nehmen die Querschnittstechniken wie z.B. elektrische Antriebe oder Beleuchtungstechniken ein. Sie stellen als sektorunabhängige Technikbeschreibungen einen wichtigen Teil des allgemeinen Informationssystems dar und sind außerdem ein wesentlicher Bestandteil der erwähnten technischen Systeme.

Zur Charakterisierung jeder Technik gehören neben technischen Daten Angaben zu Investitionen, festen und variablen Kosten, Art und Menge der eingesetzten Energieträger und Emissionen. Darüber hinaus sind weitere Informationen, z.B. zu Hilfs- und Betriebsstoffen oder Nebenprodukten, zu Unsicherheitsbandbreiten, zum Aktualisierungsbedarf, zur Literaturquelle etc. sowie teilweise auch Graphiken wie z.B. Schaltbilder, Kennlinien oder Abbildungen charakteristischer Gebäude enthalten.

Der Bereich Rahmendaten enthält - ebenfalls für die genannten Stützjahre - Bestandsdaten und technische Potentiale der beschriebenen Techniken. Ferner sind zentrale makroökonomische und demographische Daten hinterlegt wie Bruttoinlandsprodukt, Weltmarkt-Energieträgerpreise oder Bevölkerung. Außerdem gehen Daten über die Industrie-, Wohnungs- und Verkehrsstrukturen ein einschließlich der daraus abgeleiteten Bedarfsgrößen. Ebenfalls enthalten sind Energieträgerdaten, z.B. Heizwerte und auch die Treibhauspotentiale für die wichtigsten Treibhausgase.

Im Bereich Modelldaten schließlich sind die aggregierten Daten abgelegt, die für das Optimierungsmodell erzeugt wurden. Diese Daten sind - wie im Abschnitt 2 erwähnt - auch Bestandteil des optimierungsmodelleigenen Datenspeichers; die Funktion dieses Bereichs der IKARUS-Datenbank ist somit hauptsächlich die eines Zwischenspeichers.

Verschiedene Retrievalfunktionen ermöglichen ein von der graphischen Benutzeroberfläche her menügeführtes Navigieren durch den Datenbestand, das Durchführen von Technikvergleichen oder einfache Reporterstellung, Literaturanzeige und graphische Darstellungen in verschiedenen Retrievalebenen. Im Bereich Raumwärme wurde das Retrieval zusätzlich durch ein sog. "Tool" ergänzt. Es erlaubt dem Nutzer, eine eigene Auswahl von Gebäudetyp, wärmetechnischem Standard, einzusetzender Heizungstechnik und von Verteilungssystemen für Heizung und Warmwasser zu treffen und dazu resultierende Werte für Kosten, Energieverbrauch, Emissionen u.a. zu berechnen und so die Datenbank zu erweitern.

Die Datenbank stellt folgende (Mindest-)Anforderungen an Hard- und Software des Nutzer-PC:

IBM-kompatibler Personal Computer mit 486er Prozessor, 66 Mhz; besser: Pentium-PC.
RAM-Speicher: mindestens 16 MB; empfohlen werden 32 MB.
Festplattenkapazität: > 550 MB
Grafikkarte mit Auflösung 1024 x 768 Pixel und 256 Farben bei mindestens 70 Hz
Datenbanksystem: Personal Oracle V7 für Windows
Betriebssystem: DOS 5.0 oder höher; Windows 3.11 (Windows 95 ebenfalls möglich).

Die IKARUS-Datenbank-CD-ROM kann bezogen werden zum Preis von DM 850 plus MWSt. vom

Fachinformationszentrum (FIZ) Karlsruhe
Gelände des Forschungszentrums
Herrn Dr. K.-H. Weber
76344 Eggenstein-Leopoldshafen
Fax: 07247/808-134
E-mail: kwMmo5∂fiz-karlsruhe de.

4. Weiteres Vorgehen

Die hauptsächlichen Anstrengungen des Projekts konzentrieren sich gegenwärtig auf ein Update des Instrumentariums, insbesondere der Datenbank auf das Basisjahr 1995 mit Fortentwicklung von Tools und Retrieval. Mit diesem Update wird die Differenzierung nach alten und neuen Bundesländern - zumindest, was die Modelldaten betrifft - wegfallen. Die neuen CD-ROM-Versionen werden voraussichtlich im Sommer 1998 - für die Bezieher der Versionen von 1997 kostenfrei - erhältlich sein.

Neben den bereits verfügbaren Modellen befinden sich sektorspezifische Teilmodelle in verschiedenen Entwicklungsstadien, die voraussichtlich im Jahre 1998 ebenfalls verfügbar sein werden. Dies sind die Teilmodelle Raumwärme, Verkehr, Strom/Fernwärme und Industrie/Kleinverbraucher. Bis auf letzteres, das auf die Oracle-Datenbank zugreift, verfügen die Modelle über eine eigene Datenbasis und sind somit eigenständig betreibbar.

Weitere Auskünfte erteilt:

Forschungszentrum Jülich GmbH
Programmgruppe Technologiefolgenforschung
Dr. W. Katscher
D-52425 Jülich
Tel.: + 49 (0) 2461/61-5461
Fax: + 49 (0) 2461/61-2496
E-mail: m -l kleinUeo1∂fz-juelich de.

* Eine vollständige Liste der im Rahmen des IKARUS-Projekts veröffentlichten Berichte sowie die Berichte selbst sind erhältlich bei:

Forschungszentrum Jülich GmbH
- Zentralbibliothek -
D-52425 Jülich
Tel.: + 49 (0) 2461/61-5368
Fax: + 49 (0) 2461/61-6103