Beschlüsse zu parlamentarischer TA in Finnland, Italien und Griechenland

TA-Institutionen und -Programme

Beschlüsse zu parlamentarischer TA in Finnland, Italien und Griechenland

Auch nach der Schließung des OTA hat Technikfolgenabschätzung als Instrument zur Stärkung der Rolle des Parlaments in Europa weiterhin Konjunktur. Die TA-Einrichtungen bei den Parlamenten in Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden und beim Europäischen Parlament können mittlerweile als fest etabliert gelten. Gegenwärtig gibt es weitere Initiativen in anderen Ländern Europas, deren Parlamente dabei sind, Technikfolgenabschätzung in die parlamentarischen Beratungen zu integrieren. Zu berichten ist aus Finnland, Italien und Griechenland, die auch eine Mitgliedschaft im EPTA-Netzwerk anstreben - eine Nord- wie auch eine Süderweiterung des Netzwerkes der europäischen parlamentarischen TA-Einrichtungen scheint also bevorzustehen.

 

 

TA in Finnland

Das finnische Parlament hat mit dem seit einem Jahr eingerichteten "Committee for the Future" und dem diesem unterstellten Unterausschuß für Technikfolgen-Abschätzung eine Struktur geschaffen, die den Beratungsbedarf des Parlaments in Fragen moderner Wissenschaft und Technik befriedigen soll. Der Hintergrund dieser Entscheidung ist vor allem in den zur Zeit in Finnland unternommenen Anstrengungen zur technischen "Modernisierung" des Landes zu sehen. Wie weit diese Modernisierung bereits fortgeschritten ist und welcher auch sozial-strukturelle Wandel damit verbunden ist, mag das Faktum verdeutlichen, daß innerhalb der letzten Jahre die finnische Industriestruktur sich weg von der traditionell dominierenden holzverarbeitenden Industrie entwickelt hat. Der dominierende Industriezweig in Finnland ist heute mit weitem Abstand die Informations- und Kommunikationstechnologie. Der Vorsitzende des Committee for the Future, Martti Tiuri, wie auch der Vorsitzende des Unterausschusses für Technikfolgen-Abschätzung, Markka Markula, betonen, daß sie ihre Arbeit als Teil des finnischen Modernisierungsprozesses sehen. Technological Forecasting und der sozialverträgliche Einstieg Finnlands in wirtschaftlich aussichtsreiche "high-tech"-Felder stehen zur Zeit im Vordergrund des Interesses der parlamentarischen TA-Beratungen - Finnland kämpft seit Jahren mit einer hohen Arbeitslosigkeitsrate von ca. 17 %.

Die Idee, ein Committee for the Future beim Parlament einzurichten, entstand im Zusammenhang mit der Aufforderung des Parlaments an die finnische Regierung, jährlich einen Bericht zur Zukunft der finnischen Gesellschaft vorzulegen. Im Laufe dieser mittlerweile im fünften Jahr stattfindenden Berichterstattung der finnischen Regierung wuchs das Interesse des Parlamentes, eigene Kompetenz zu wissenschaftlich-technischen Zukunftsthemen aufzubauen. Die Etablierung eines eigenen Ausschusses zu diesem Zweck traf zwar auf Vorbehalte anderer Ausschüsse gegenüber einem "overall committee". Letztlich kam es aber zu einem von dem breiten Bündnis der Mehrheitskoalition - der sog. "Regenbogenkoalition" aus Sozialdemokraten, Konservativen, Linken und Grünen - getragenen Einsetzungsbeschluß. Wichtig für die Durchsetzung eines Ausschusses, der die Zusammenarbeit von Politik und Wissenschaft beim Parlament moderiert und organisiert, scheint der Einfluß einer parlamentarischen Vereinigung von Abgeordneten und Wissenschaftlern gewesen zu sein, die schon seit langem informelle Seminare für Wissenschaftler und Abgeordnete organisiert. Insbesondere diese überfraktionelle Gruppe drängte auf eine institutionalisierte Form der Kommunikation von Wissenschaft und Politik beim Parlament. Die jetzt gefundene Form der Institutionalisierung wird von den Mitgliedern des Committee for the Future und des Unterausschusses für TA als erster Schritt in die richtige Richtung verstanden. Die Zusammenarbeit zwischen Parlamentariern und Wissenschaftlern muß sich wegen eines bescheidenen Budgets für Aufträge auf die Einladung von Experten zu den Sitzungen des Committees beschränken. Das Committee und der Unterausschuß werden durch je eine wissenschaftliche Sekretärin unterstützt. Über eine feste Kooperation mit einer finnischen wissenschaftlichen Institution mit Kompetenzen im Bereich TA oder die Einrichtung eines eigenen wissenschaftlichen Büros wird zur Zeit nachgedacht - vorläufig fehlt aber hierzu noch die finanzielle Grundlage.

Im März dieses Jahres schloß das Future-Committee seinen ersten Bericht ab, der Innovationspotentiale, die als "factors of success" für die zukünftige Entwicklung Finnlands gelten können, untersuchte. Der Bericht beinhaltet eine Stellungnahme des Committee zum Bericht der Finnischen Regierung "Finland and the Future of Europe" und wurde an das Plenum des finnischen Parlamentes zur Beratung übermittelt. Der Bericht faßt unter dem Begriff "Innovation" nicht alleine wissenschaftlich-technische Innovationen, sondern auch Aspekte wie z.B. die Verbesserung des Bildungssystems. Die zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten Finnlands werden unter ökonomischen, sozialen und ökologischen Aspekten untersucht. Der Unterausschuß für TA hat eine erste Studie zum Thema Gentechnologie in Auftrag gegeben. Ein weiteres Projekt zum Thema "Learning and New Technologies" ist in Vorbereitung.

Kontakte

Committee for the Future
Paula Tiihonen
Parliament of Finland
FIN-00102 Helsinki
Tel.: 00358-94322084
Fax: 00358-94322140
E-mail: paula tiihonenAne3∂eduskunta fi

Subcommittee for Technology Assessment
Ulrica Gabrielsson
Tel.: 00358-94322183
Fax: 00358-94322140
E-mail: ulrica gabrielssonZyk5∂eduskunta fi

 

 

Italienisches Parlament setzt TA-Ausschuß ein

Das italienische Abgeordnetenhaus hat, zunächst für die laufende Legislaturperiode, einen Ausschuß zur Bewertung wissenschaftlich-technischer Optionen eingerichtet, den "Comitato per la Valutazione delle Scelye Scientifiche e Tecnologiche". Den Vorsitz des Ausschusses hat der Präsident des Abgeordnetenhauses, Luciano Violante, übernommen. Aufgabe des insgesamt 12 Mitglieder umfassenden Kommitees ist es, die aktuellen und vorhersehbaren ethischen, sozialen und ökonomischen Effekte und Folgen sowie den institutionellen und rechtlichen Kontext wissenschaftlich-technischer FuE und laufender Forschungsprogramme zu untersuchen. Der Ausschuß soll Empfehlungen an Fachausschüsse des Parlamentes aussprechen sowie Stellungnahmen von Fachausschüssen anfordern.

Der Ausschuß wird zudem wissenschaftliche Analysen zur Unterstützung der parlamentarischen Beratungen zu wissenschaftlich-technischen Themen in Auftrag geben.

Der Ausschuß hat sich an das European Parliamentary Technology Assessment Network (EPTA) gewandt und um die Aufnahme in das TA-Netzwerk gebeten.

Kontakt

Dr. Ascanio Cinquepalmi
Camera Dei Deputati
- Servizio Studi -
Roma
Tel.: 0039-6-67609148
Fax: 0039-6-6790780

[Die Beiträge wurden in leicht geänderter Form den TAB-Briefen Nr. 11 bzw. 13 entnommen.]

 

 

TA-Initiative in Griechenland

Noch in der letzten Legislaturperiode hat das griechische Parlament mit dem neuen Artikel 43 A der parlamentarischen Geschäftsordnung die Grundlagen für die Institutionalisierung von Technikfolgen-Abschätzung geschaffen. Danach sollte ein aus 30-60 Parlamentariern bestehender ständiger Ausschuß für Technikfolgen-Abschätzung eingerichtet werden.

Im Januar dieses Jahres wurde jetzt vom Präsidenten des neu konstituierten griechischen Parlaments das Permanent Committee of Technology Assessment eingesetzt. Es wurde auf 30 Mitglieder begrenzt, alle parlamentarischen Gruppierungen sind vertreten.

Der Ausschuß wird sich mit allen Fragen der Technologieentwicklung befassen und soll die Handlungsfähigkeit des Parlamentes im Bereich Wissenschaft und Technik verbessern. Er wird sich zudem um eine Verbesserung der Einbindung Griechenlands in die internationalen Netzwerke der Technikfolgen-Abschätzung bemühen.

Der Ausschuß hat schon mehrfach getagt und sich auf einen "research plan" geeinigt, der ca. 20 Themen umfaßt. Unklar ist noch, wie die konkrete Arbeit aussehen wird, denn zur Zeit stehen dem Ausschuß und seinem Präsidenten nur ein Sekretär zur Seite. Geld für wissenschaftliche Mitarbeit steht noch nicht zur Verfügung; der Wissenschaftliche Dienst des Parlamentes, das Directorate of Studies, wird dem Ausschuß jedoch zuarbeiten.

Der Ausschuß sieht aufgrund dieser Situation auch in der Aufbauphase zunächst ein wesentliches Ziel darin, die Diskussion über Technikfolgenabschätzung zu fördern. So hat er u.a. die Präsidenten einiger Universitäten, Forscherpersönlichkeiten, Vertreter der Industrie und anderer Gruppierungen zu seinen Diskussionen eingeladen und seine Forschungsthemen vorgestellt und diskutiert. Ein konkreter weiterführender Schritt wird jetzt darin gesehen, in Zusammenarbeit z.B. mit den Universitäten themenzentrierte Konferenzen zu organisieren.
(I.v.B.)

Kontakt

Dr. Kostas Papadimitriou
Hellenic Parliement
Directorate of Studies
100 21 Athens, Greece
Tel.: 0030-1-3235932
Fax: 0030-1-3234064