Stand und Perspektiven von Redox-Flow-Batterien als stationäre Speicherlösungen

Schwerpunkt: Energiespeicher für Energiewende und Elektromobilität. Entwicklungen, Herausforderungen und systemische Analysen

Stand und Perspektiven von Redox-Flow-Batterien als stationäre Speicherlösungen

von Jens Tübke, Jens Noack und Lars Wietschel, Fraunhofer-Institut Chemische Technologie (ICT), Pfinztal

Deutschland betreibt mit Nachdruck den Ausbau der erneuerbaren Energien. Für eine sichere und auch effiziente Energieversorgung muss sowohl die Energiebereitstellung, insbesondere mit dem Hintergrund fluktuierender Einspeisung, aber auch der Energieverbrauch zeitlich und örtlich ausgleichbar sein. Heute wird diese Aufgabe zu einem großen Teil von den Stromnetzen übernommen, allerdings verfügen diese über keine Speicherkapazitäten, um Schwankungen in der Energieversorgung auszugleichen. Elektrochemische Speicher oder auch Batterien gehören zu den etablierten Technologien zur Speicherung elektrischer Energie und werden in diesem Kontext bereits vielfältig, zum Beispiel als Notstromversorgung zur unterbrechungsfreien Stromversorgung, eingesetzt. Die Speicherung elektrischer Energie mit Hilfe elektrochemischer Speicher im höheren Kilowatt (kWh)- bis Megawatt (MWh)-Maßstab ist heute noch nicht wirtschaftlich darstellbar, u. a. auch, weil die heute noch zu hohen Speicherkosten ab einer bestimmten Größe nahezu proportional zur installierten Kapazität ansteigen. Dieses grundsätzliche Problem ließe sich mit dem Einsatz von Redox-Flow-Batterien (RFB) teilweise lösen. Nachfolgend werden RFB hinsichtlich ihrer elektrochemischen Eigenschaften und Entwicklungspotenziale diskutiert und eine Einschätzung zu möglichen Kostenreduktionspotenzialen gegeben.

Germany is emphatically pursuing the extension of renewable energy. For a safe and efficient energy supply the provision of energy, especially against the background of fluctuating input as well as the local and temporal use of energy has to be balanced. This is mainly done today by the power grids, yet these don’t have storage capacities to stabilize fluctuations. Electrochemical storage devices or batteries are among the established technologies for storage of electric energy and are versatilely used, such as for uninterruptible power sources. Storing electric energy with help of electrochemical storage devices in a higher Kilowatt (KWh) to Megawatt (MWh) scale cannot be installed economically today. This also has to do with the fact that the high storage costs increase almost proportionally to the installed capacity. This basic problem could be partly solved by the use of Redox-Flow-Batteries (RFB). In the following RFB are discussed according to their electrochemical properties and development potentials in order to give an assessment of potentials to reduce costs.

1     Redox-Flow-Batterien

Bis heute wurden über 58 verschiedene Typen von Redox-Flow-Batterien (RFB) in der Fachliteratur beschrieben, von denen nur eine geringe Anzahl kommerzialisiert worden ist oder sich in der Phase der Kommerzialisierung befand (Noack et al. 2015). Im Folgenden betrachten wir deshalb nur die bekannte Vanadium-Redox-Flow-Batterie (VRFB) und die Wasserstoff/Brom-Redox-Flow-Batterie (H/Br-RFB), die unserer Meinung nach kommerzielles Potenzial für preiswerte Energiespeicherung haben. Dazu betrachten wir noch mit der Fe/Cr-RFB einen klassischen Vertreter, der mehrmals versucht wurde zu kommerzialisieren, aber die Bestrebungen wieder eingestellt wurden. RFBs sind Batterien bei denen die Energiespeicherung in fließenden Medien erfolgt. Dadurch sind Energie und Leistung nahezu unabhängig voneinander skalierbar. Für mittlere Speicherzeiten im Bereich von einigen Stunden können sie damit potenziell preiswerte Energiespeicher sein, da die Gesamtkosten des Systems bei größer werdenden Speicherzeiten in Richtung des relativ preiswerten Energiespeichermediums tendieren. Die Motivation der Entwicklung war bei fast allen RFB-Typen die Speicherung von fluktuierenden erneuerbaren Energien.

1.1   Generelle Eigenschaften

Durch die weitgehende Entkopplung von Energie und Leistung und der damit erhaltenen Freiheit des Aufbaus, ist es zweckmäßig, die Kosten mindestens in energie- und leistungsbezogene Kosten aufzuteilen. Die energiebezogenen Kosten sind Kosten des Speichermediums und der Behälter. Die leistungsbezogenen Kosten sind alle restlichen Kosten, die mit dem Zellstapel skalieren. In Abbildung 1 ist die Entwicklung der Investitionskosten über die Speicherzeit für unterschiedliche Kombinationen aus Leistung und Energieinhalt einer RFB beispielhaft dargestellt. Wie Brennstoffzellen haben RFBs recht einfache Energiespeichermedien mit niedrigen Kosten. Mit Zunahme des Verhältnisses von Energie/Leistung tendieren die Gesamtkosten des Systems in Richtung der Speichermedienkosten. Bei Speicherzeiten unterhalb von fünf Stunden dominieren die leistungsbezogenen Kosten deutlich, weshalb RFBs erst für höhere Speicherzeiten ökonomisch sinnvoll sind.

Abb. 1: Investitionskosten in Abhängigkeit von der Speicherzeit bei unterschiedlichen leistungs- und energiebezogenen Kosten

Investitionskosten in Abhängigkeit von der Speicherzeit bei unterschiedlichen leistungs- und energiebezogenen Kosten

A in €/kW, B in €/kWh Investitionskosten

Quelle: Eigene Darstellung

Aufgrund der unterschiedlichen Standzeiten oder Zykluslebensdauern sind die Speichertechnologien aber nicht anhand der Investitionskosten vergleichbar. Aussagekräftige Ergebnisse liefern erst reale Durchsatzkosten über einen längeren Zeitraum, die Kosten für Wartung oder Ersatz von Komponenten wie Stacks beinhalten, sowie Aussagen über die Standzeit. Trotz jahrzehntelanger Forschung sind bis heute keine Ergebnisse über die Standzeit veröffentlicht worden, obwohl sich oft typische Angaben über Zyklenzahlen von 10.000 und mehr und Standzeiten von 20 Jahren in der Fachliteratur häufig finden lassen.

Die energiespezifischen Kosten werden vorrangig durch das Energiespeichermedium verursacht, weshalb Preis und Verfügbarkeit der Verbindungen/Elemente im Vordergrund stehen. Aufgrund dessen wird im Folgenden für die betrachteten Technologien eine Einschätzung zu den Versorgungssituationen und Preisen der wichtigsten Materialien jeder Technologie gegeben. Die häufig hohen Speichermedienkosten müssen vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass das Speichermedium in den geschlossenen Batteriesystemen nicht dissipiert und kaum Qualität verliert. Durch geeignete Aufbereitungsverfahren ist es somit möglich, auch nach der Nutzung als Speichermedium Teile der Materialkosten zu erhalten. Die Wiederaufbereitung zu einem neuen Energiespeichermedium kann unter Umständen eine sinnvolle Variante ist. Auch kann zum Metall oder Oxid aufbereitetes Material anderen Stoffkreisläufen zugeführt zu werden. Die Energiespeicherkosten übersteigen jedoch deutlich die reinen Ressourcenkosten, v. a. durch Reinheitskriterien, Verarbeitungsprozesse und Kosten von Säuren. Das VRFB-Energiespeichermedium ist z. B. dreimal so teuer wie der Rohstoff Vanadiumpentoxid (V2O5). Ein Recycling des VRFB-Elektrolyten ist unter Umständen einfacher als die Aufarbeitung des Rohstoffes und wäre aufgrund der großen Preisdifferenz wirtschaftlich günstig. Allerdings ist heute nicht bekannt, welche Verunreinigungen und in welcher Menge diese durch lange Betriebszeiten erfolgen und wie sich diese schließlich auf die Leistungsfähigkeit der Batterie auswirken. Zusätzlich kann sich das Medium selbst zersetzen und dadurch seine ursprüngliche Zusammensetzung durch Gasbildung und Fällungsprozesse verändern. Das könnte eine direkte Aufarbeitung für RFBs schwierig machen.

Um die benötigen Rohstoffe für eine Realisierung von Energiespeichern in großem Maßstab zu verdeutlichen, wurde der Rohstoffbedarf berechnet, welcher nötig ist, um die Weltelektrizitätsproduktion eines Tages zu speichern. Dazu wurde die äquivalente Energie, welche der Rohstoff theoretisch speichern kann, berechnet. Um diese Energiemenge zu berechnen, wurde von der durchschnittlichen Entladespannung des jeweiligen Rohstoffes ausgegangen. Die Jahresweltelektrizitätsproduktion betrug 2012 rund 21,5 TWh, woraus sich eine durchschnittliche Tagesproduktion von 59 GWh ergibt (U.S. Energy Information Administration). Aus Tabelle 1 wird ersichtlich, dass bei jeder Technologie nur ein Bruchteil der Reserven benötigt wird, um die Elektrizitätsproduktion eines Tages in Batteriesystemen zu speichern. Für Brom ist dieser Wert am höchsten, 2,13 % der technisch und wirtschaftlich abbaubaren Vorkommen würden benötigt, um H/Br-RFBs zu realisieren, um 59 GWh speichern zu können.

Tab. 1: Übersicht der Produktionsdaten und äquivalente Energie für verschiedene Elemente

Spannungd Weltjahresproduktion Reserven Ressourcen Energie
(Jahresproduktion)
Energie
(Reserven)
Energie
(Ressourcen)
Bedarf an Reservena
Eisen 0,8 V 1,5 Gt 87 Gt >230 Gt 285 TWh 16,8 PWh 44,5 PWh 0,00035%
Chromb 0,8 V 29 Mt >480 Mt >2,8 Gtb 6,0 TWh 100 TWh 600 TWh 0,0059%
Vanadium 1,1 V 78 Kt 15 Mt >63 Mt 22 GWh 4,3 TWh 18 TWh 1,37%
Brom 0,7 V 411 Kt >12 Mt >1 Gt 97 GWh 2,8 TWh 236 TWh 2,13%
Graphit - 1,2 Mt 110 Mt >800 Mt - - -
Schwefel - 72,4 Mt - >600 Gt - - -
Lithium 3,8 V 36 Kt 14 Mt 39,5 Mt 0,5 TWh 208 TWh 587 TWh 0,0028%
Platin - 161 t - - - - -

a Bedarf an Reserven um die Weltelektrizitätsproduktion von 24h zu speichern
b Umgerechnet aus Chromiterz in Chrom mit F = 0,232
c Werte bezogen auf die Verwendung in einer VRFB
d Durchschnittliche Entladespannung zur Berechnung der Energiemenge

Quelle: Eigene Berechnung

Die Zellen bestimmen maßgeblich die Leistung des gesamten Batteriesystems. Daneben sind sie durch den Innenwiderstand auch an der Effizienz der Gesamtsystems beteiligt. Die Kosten für das Material der polymerbasierten Durchflussrahmen liegen im Bereich von unter 5 $/kg und sind hauptsächlich an die Verfügbarkeit von Rohöl und preiswerter Energie gekoppelt. Je nach Zellkonzept sind unterschiedliche Methoden der Abdichtung möglich, die unter Umständen entscheidend zu den leistungsbezogenen Kosten beitragen. Es ist nur eine geringe Anzahl an technologischen Verfahren verfügbar, die eine Abdichtung bei niedrigen Stückzahlen erlauben. Das sind die Verwendung von O-Ringen, „cured in place“ und Flachdichtungen sowie unterschiedliche Schweißverfahren. Es gibt kommerzielle Zellstapel, bei denen alle Zellen miteinander verschweißt sind, um ein Austreten von Lösungen zu vermeiden. Dadurch entstehen sichere Zellstapel (Stacks), die aber wiederum keine Möglichkeit für eine spätere Reparatur durch Ersatz von Komponenten bieten. Solche Zellstapel müssen zwangsläufig aus möglichst preiswerten und langlebigen Komponenten bestehen, da das Recycling nicht geklärt ist und nur sehr schwierig erfolgen kann. Stabile „cured in place“-Dichtungen sind äußerst teuer, erlauben aber niedrige Stückzahlen, O-Ringe sind wie Flachdichtungen schwierig zu handhaben und als dichtungstechnisch unsicher einzuschätzen, erlauben aber auch niedrige Stückzahlen. Für niedrigere Stackkosten müssen alternative Verfahren entwickelt werden, die eine aufwendige Manufaktur der Stackkomponenten ersetzt. Das derzeit am besten dafür erscheinende Verfahren ist der Mehrkomponentenspritzguss. Stacks enthalten über 40 Zellrahmen. Deshalb ist es heute Stand der Technik, zumindest die Rahmen im Einkomponentenspritzguss herzustellen. Die Implementierung des Dichtungskonzepts, Bipolarplatten, Membran und weiterer Komponenten ist heute vorranging eine aufwendige Manufaktur, bei der die einzelnen Komponenten gestapelt und immer wieder bezüglich Toleranzen und Qualität geprüft werden müssen, um einen zuverlässigen Stack zu erhalten. Die Kosten könnten entscheidend reduziert werden, wenn Komponenten in einem Verfahren zu Einheiten verbunden und anschließend automatisiert zu einem Stack kombiniert würden. Durch Mehrkomponentenspritzguss könnten Durchflussrahmen, Dichtung und Bipolarplatte in einem Arbeitsgang hergestellt und verbunden werden. Poröses Elektrodenmaterial wie Graphitfilz könnte als Einleger gleichzeitig umspritzt werden, um Zeit und Übergangswiderstände zu reduzieren. In einem anschließenden Prozess könnten diese Einheiten schließlich automatisiert geprüft und zum fertigen Stack gestapelt werden.

Durch die an den Elektroden ablaufenden Reaktionen und der damit verbundenen Leistungsdichte werden die leistungsbezogenen Kosten direkt beeinflusst. Hohe Leistungsdichten verringern die Kosten durch bessere Materialausnutzung, bedingen aber umfangreiche Entwicklungsarbeiten durch RFB-spezifische Problematiken. Beispielsweise werden in Prototypenaufbauten heute oftmals Brennstoffzellen-Rohlingsplatten eingesetzt, die zwar hohe Leitfähigkeiten, aber auch hohe Kosten und (durch den hohen Graphitanteil) Probleme bei der Abdichtung verursachen. Alternativ dazu können auch auf Graphit basierende extrinsisch leitfähige Polymere verwendet werden, die potenziell preiswerter, besser verarbeitbar, aber auch weniger elektrisch leitfähig sind. Idealerweise bestehen diese leitfähigen Polymere aus gleichen oder ähnlichen Polymeren wie die Zellrahmen, um eine feste Materialverbindung herstellen zu können. Thermoplastische, extrinsisch hochleitfähige, kohlenstoffbasierte Polymere sind momentan Gegenstand der Forschung (z. B. Graphen und Kohlenstoffnanoröhrchen als Additive). Oberflächenvergrößernde poröse Materialien wie Graphitfilz sind teuer und problematisch gegenüber der Kontaktierung mit der Bipolarplatte und wurden eigentlich zur Wärmeisolierung entwickelt. Viele Reaktionen sind abhängig vom Zustand der Elektrodenoberfläche. Durch geeignete Verfahren könnten die Elektroden modifiziert und damit leistungsfähiger werden. Typische Leistungsdichten liegen heute bei gerade einmal 50100 mW/cm², was in etwa eine Dekade niedriger ist als bei Brennstoffzellen. Die Ursache dafür sind vorrangig langsamer ablaufende Reaktionen und nichtoptimierte Zellaufbauten. Die eingesetzten Graphite müssten eine hohe Reinheit bei gleichzeitig möglichst isotroper Leitfähigkeit besitzen, was sich deutlich in den Kosten und der Verfügbarkeit bemerkbar machen würde. Am preiswertesten sind aufgereinigte natürliche Graphite, die vorrangig in China, Indien, Brasilien und Kanada abgebaut werden. Die Weltförderung betrug 2014 1,2 Mt mit 110 Mt Reserven und über 800 Mt Ressourcen (USGS 2015, S. 68–69). Da natürliche Graphite nicht recycelt werden und der Abbau stark auf China (69 %) konzentriert ist, wird die Versorgungssicherheit innerhalb der Europäischen Union als kritisch eingestuft (EC 2014). Alternativ kann Graphit synthetisch hergestellt werden, was aber energetisch aufwendiger und teurer ist.

Klassisch wurden in RFBs meistens Ionenaustauschmembranen eingesetzt. Durch die Verwendung von gemischten/vermischbaren Energiespeichermedien ist dies aber nicht mehr Grundvoraussetzung für einen effizienten Betrieb. Fast alle heutigen RFBs arbeiten mit vermischbaren Medien.[1] Ionenaustauschmembranen sind synthetische, kohlenstoffbasierte und ggf. fluorierte Polymere, die Kosten zwischen 200–1.000 $/m² verursachen. Aufgrund der relativ niedrigen Leistungsdichte von RFBs sind sie ein entscheidender Kostenfaktor und werden, wenn möglich, durch wesentlich preiswertere mikroporöse, polyolefinbasierte Separatoren ersetzt. Durch die erhöhte Diffusion von Ionen in die andere Halbzelle entstehen eine höhere Selbstentladung und eine unter Umständen niedrigere Energieeffizienz verglichen mit Ionenaustauschmembranen. Allerdings kann die niedrigere Energieeffizienz durch eine erhöhte Leitfähigkeit und niedrigere Kosten kompensiert werden, wenn geeignete Materialien zur Verfügung stehen, die auf die Bedürfnisse von RFBs entwickelt wurden.

1.2   Fe/Cr-RFB

Die Fe/Cr-RFB wurde Mitte der 1970er Jahre von der NASA entwickelt und bis in einen kW/kWh-Prototypenstatus gebracht (Thaller 1979; Hagedorn 1984). Die negative Elektrode benutzt das Redoxpaar Fe2+/Fe3+, die positive Cr2+/Cr3+ in ca. 2 M Salzsäure (HCl). Typischerweise wird jeweils eine molare Metallsalzkonzentration verwendet. Die Entwicklung der Fe/Cr-RFB war das Resultat aus einem umfangreichen Screening von geeigneten Redoxpaaren, was neben chemischen und elektrochemischen Aspekten auch kommerzielle berücksichtigte (Liu 1975; Giner/Cahill 1980).

Eisen ist ein Element, das sehr häufig vorkommt, und außerdem das Metall mit dem niedrigsten Preis von etwa 0,33 €/kg (2010) (USGS 2013). Im Jahr 2014 wurden 3,2 Gt an Eisenerz gefördert. Allein China produzierte mit 1,5 Gt nahezu die Hälfte der Weltjahresproduktion (USGS 2015, S. 85), gefolgt von Australien mit 660 Mt. Die Weltreserven an Eisen werden mit 190 Gt Eisenerz, bzw. 87 Gt Eisen angegeben, was einer Reichweite von 59 Jahren entspricht. Die End-of-Life-Recyclingrate von Eisen beträgt derzeit 22 %. Aufgrund der geringen Länderkonzentration wird die Versorgungssituation von Eisen innerhalb der Europäischen Union derzeit als unkritisch gesehen. Umgerechnet auf speicherbare Energie in einer Fe/Cr-RFB bei 0,8 V Entladespannung ergibt sich damit eine reservenbezogene Energie von 33,6 PWh oder 0,57 PWh aktuelle Jahresproduktion an Eisen. Zum Vergleich betrug die Weltjahreselektrizitätsproduktion im Jahr 2012 21,5 TWh (U.S. Energy Administration). Die Reserven an Chrom werden derzeit mit über 480 Mt angegeben, während 2014 die Minenproduktion 29 Mt betrug. Die Weltjahresproduktion in 2014 entspricht einem Energieäquivalent von 6 TWh und damit etwa einem Drittel der Weltjahreselektrizitätsproduktion. Die statische Reichweite von Chrom beträgt 17 Jahre und die End-of-Life-Recyclingrate beläuft sich auf 13 %. Der Abbau von Chrom findet zu 63 % in Südafrika und Kasachstan statt, und Chrom gilt als kaum substituierbar, weshalb die Versorgungssituation in der EU als kritisch gesehen wird. Neben den Metallen muss zusätzlich verdünnte Salzsäure verwendet werden, die je nach Reinheit aber mit unter 2 $/L als 35-prozentige Lösung erhältlich ist. Da es sich um relativ verdünnte Metallsalzlösungen handelt, ist der Anteil an Säure pro kWh allerdings nicht vernachlässigbar und beträgt für Fe/Cr-RFBs bis zu 30 $/kWh, wobei niedrigere Reinheiten wesentlich preiswerter sind. Aufgrund der Ubiquität und des hohen Vorkommens der Elemente Chlor und Wasserstoff sind keine Ressourcenproblematiken erkennbar, allerdings eine starke Kopplung an die Verfügbarkeit von preiswerter Energie zur Herstellung von HCl. Der Einsatz von gemischten Elektrolyt bedingt bei der Fe/Cr-RFB, dass die Hälfte der Massen von Eisen und Chrom ungenutzt bleiben, und deshalb die doppelte Menge mit den doppelt stöchiometrisch notwendigen Metallkosten eingesetzt werden müssen.

Die Leistungsdichte einer Fe/Cr-RFB beträgt in etwa 25–50 mW/cm². Grund dafür ist v. a. die niedrige Reaktionsgeschwindigkeit von Chromionen an den kohlenstoffbasierten Elektroden. Das negative Elektrodenpotenzial befindet sich nahe des Potenzials der Wasserstoffentstehungsreaktion und wird dadurch limitiert. Bereits früh wurden Katalysatoren gesucht, die eine hohe Wasserstoffüberspannung bei gleichzeitig hoher Chromreaktionskinetik besitzen und auf Gold, Blei, Bismuth oder deren Legierungen bestehen (Giner/Cahill 1979). Ohne die Verwendung von Inhibitoren für die Wasserstoffentstehung entsteht zwangsläufig die Notwendigkeit, entstehenden Wasserstoff mit positivem Elektrolyten (Katholyt) zu rekombinieren, um ein dauerhaftes Elektrolytungleichgewicht zu vermeiden. Eine Rekombinationszelle besteht z. B. aus einer platinkatalysierten Gasdiffusionsanode mit einer kohlenstoffbasierten Durchflusskathode (Thaller 1978).

H2 + Fe3+  2 H+ + Fe2+ φ = 0,77 V

Durch diese Reaktion kann zusätzlich ein Teil der durch die Wasserstoffentwicklung verlorengegangenen Energie zurückgewonnen werden. Bei dem Einsatz von Inhibitoren müssen ggf. Elektrodenbehandlungsprozesse durchgeführt werden, um die Metallschichten zu erzeugen, oder im einfachsten Fall In-Situ-Verfahren zur Metallabscheidung angewandt werden. Für die Verwendung in der Batterie müssen alle negativen Elektroden dauerhaft gleichmäßig beschichtet werden, wobei Lebensdauer der Methode und Kosten dieses Verfahrens unbekannt sind. Es kann vermutet werden, dass in beiden Fällen eine unterschiedlich dimensionierte Rekombinationseinheit notwendig wird, bei der

  1. wegen der Handhabung von Wasserstoff zusätzliche Sicherheitsproblematiken berücksichtigt werden müssen und
  2. dadurch und durch das eigentliche Rekombinationssystem zusätzliche Kosten entstehen,
  3. Wasserstoff trotzdem verloren geht und dadurch Kapazität und damit Zyklenlebensdauern abnehmen und
  4. eine Gefahr von Platinmigration in den Katholyten – und dadurch die Gefahr von Sauerstoffentstehung als weitere Nebenreaktion – besteht.

Trotz mehrfacher, vor kurzem stattgefundener Kommerzialisierungsversuche gibt es seit Beginn dieses Jahrhunderts kaum wissenschaftliche Publikationen zu dieser RFB. Die niedrige Leistungsdichte durch die langsamen Chromreaktionen zusammen mit der Wasserstoffentstehungsproblematik sind die Hauptprobleme für eine erfolgreiche Kommerzialisierung von Fe/Cr-RFBs. Grundsätzlich bietet RFB die Möglichkeit, Energie über mittlere Zeiträume sehr kostengünstig zu speichern, allerdings nur wenn die Stackkosten sehr niedrig sind, um die niedrigen Leistungsdichten auszugleichen, und wenn es gelingt, eine lange Zyklenlebensdauer zu erreichen, die – wenn möglich – ohne teure Katalysatoren auskommt.

1.3   V-RFB

Die V-RFB benutzt vier unterschiedliche Oxidationsstufen des Elementes Vanadium in beiden Halbzellen (Skyllas-Kazacos et al. 1986; Skyllas-Kazacos 1987). Der eingesetzte Ausgangselektrolyt ist dabei normalerweise eine Lösung aus 1,6 M Vanadium in 2 M Schwefelsäure und 0,05 M Phosphorsäure als Stabilisator für die während des Ladeprozesses entstehende, pentavalente kolloidale Vanadiumlösung. Die pentavalenten Vanadiumkolloide sind bis maximal 40 °C stabil in Lösung und fallen mit Erhöhung der Temperatur als V2O5 aus, weshalb nach Stabilisatoren gesucht wird, die den Temperaturbereich erweitern, um durch die erhöhte Temperatur schnellere Reaktionen und Wegfall von teurem Wärmemanagement bewirken zu können (Wang et al. 2014; He/Lui/Han et al. 2013; Liang et al. 2013; Wang et al. 2013). Alternativ können Elektrolyte auf Basis von Mischungen aus HCl und H2SO4 eingesetzt werden, die den Temperaturbereich erhöhen und mit bis zu 2,5 molaren Vanadiumlösungen höhere Energiedichten erlauben (Vijayakumar et al. 2013). Der zusätzliche Einsatz von HCl bildet dabei kein besonderes Kosten- oder Ressourcenproblem, aber die Möglichkeit der Bildung von gasförmigen und giftigen Chlor und Chlorlösungen machen andere Werkstoffe für die Fluidikkomponenten notwendig und erhöhen den sicherheitstechnischen Aufwand. Dazu kommt eine erhöhte Korrosionsgefahr und die Frage der Standzeit. Wie bei der Fe/Cr-RFB wird heute nicht alles Vanadium zur Energiespeicherung genutzt. Eine VRFB wird oftmals nur bis zu einem Ladezustand von 80 % geladen, da ein höherer Ladezustand die Gefahr von Wasserstoffproduktion und Oxidation der Kathode erhöhen und damit die Lebensdauer erniedrigen würde. Die 20 % ungenutztes Vanadium wurden in den Ressourcenbetrachtungen nicht berücksichtigt.

Vanadium ist mit 136 ppm in der Erdkruste kein seltenes Element und auf der Erde relativ gleichmäßig verteilt. Weiterhin ist es im Organismus von Lebewesen und Pflanzen essentiell, weshalb es in allen fossilen Energiequellen in unterschiedlichen Konzentrationen auftritt und bei der Verbrennung in der Rauchgasasche anfällt. Nahezu alles derzeit verwendete Vanadium stammt aus Verbrennungsprozessen und wird als Ferrovanadium für Stahllegierungen eingesetzt (USGS 2015, S. 176-177). Die Weltjahresproduktion betrug 2014 78 Kt mit einem Energiespeicheräquivalent von 22,3 GWh (USGS 2015, S. 176-177). Die spezifischen Kosten betrugen im Jahr 2010 78 €/kWh allein für den Rohstoff (Tab. 2), was in etwa den dreifachen Wert gegenüber Chrom darstellt. Die statische Reichweite der Reserven beträgt mit 15 Mt 192 Jahre. Die Versorgungssituation innerhalb der EU wird von der Europäischen Kommission als unkritisch eingestuft. Ein Abbau fossiler Vorkommen findet derzeit nicht statt, für die Elektrolytherstellung gibt es jedoch Bestrebungen, Vanadium zukünftig bergbaulich zu gewinnen (American Vanadium Corp.). Das Energieäquivalent der Reserven beträgt 4,3 TWh und das der Ressourcen 18 TWh. Trotz des relativ hohen Vorkommens sind diese Werte in etwa eine Dekade niedriger als die der anderen betrachteten Elemente, allerdings gibt es für Vanadium eine wesentlich geringere Produktion, was sich in der höheren Reichweite verdeutlicht. Dadurch ist die Konkurrenzsituation bei Vanadium niedriger als bei anderen Elementen, allerdings müssten Absolutwerte genauer verglichen werden. Für eine Batterie mit 10 MWh Speicher entstehen Kosten in Höhe von 782.000 Euro allein für Vanadiumpentoxid. Durch die Produktions- und Schwefelsäurekosten sollte der Preis des gesamten Elektrolyten in etwa das Dreifache betragen und damit bei 2,35 M€ liegen (Tab. 3). Für VRFBs werden hohe Reinheiten des Elektrolytes verlangt, wobei derzeit nicht vollständig verstanden ist, welche Stoffe/Elemente in welcher Konzentration akzeptabel sind. Gerade durch die Aufarbeitung von gebrauchtem und ggf. von Spüllösungen mit geringeren Reinheitsgraden, könnten sich deutlich niedrigere Preise erzielen lassen. Momentan ist der Kostenanteil des Elektrolyten an den Gesamtkosten einer VRFB sehr hoch. Der Wiederverkaufswert von gebrauchten Vanadiumelektrolyten ist derzeit ungewiss, da zurzeit keine Aufarbeitungsmethoden existieren und der notwendige Aufwand nicht abzuschätzen ist. Allerdings kann der Elektrolyt einfach in Vanadiumpentoxid und damit zum Ausgangsstoff für Ferrovanadium umgewandelt werden. Am Ende der Nutzung von Vanadium als RFB-Elektrolyten könnte durch ein solches Recycling somit ein Teil des Rohstoffwertes erhalten bleiben.

Tab. 2: Ressourcenkosten von redoxaktiven Elementen von ausgewählten Redox-Flow-Batterien und Lithium

Kosten/Masse
[$/kg]
Masse/kWh
[kg]
Kosten/kWh
[$]
Masse Speicher
10 MWh [t]
Kosten Speicher
10 MWh [$]
Eisen (Fe) 0,42 (als Stahl) 2,58 1,08 25,8 10.800
Chrom (Cr) 10 2,41 24,1 24,1 241.000
Vanadium (V) 14 (V2O5) 3,43 78,2 34,3 782.000
Brom (Br2) 5 (Br2) 2,11 10,6 21,1 106.000
Lithium (Li) 66 0,07 4,62 0,7 46.200

Quelle: Eigene Berechnungen

Tab. 3: Schätzung der Kosten von Speichermedien für ausgewählte Redox-Flow-Batterien

Energiedichte Wh/L Volumen/kWh Säureanteil Säurekosten Speichermedienkosten [Schätzung]
Fe/Cr 10,8 92,6 L 15,4 L (37 % HCl) ~ 10–30 $/kWh 60–100 $/kWh
VRFB 23,8 42 L 4,7 L (98 % H2SO4) ~ 10–20 $/kWh 120–200 $/kWh
HBr 94,5 (5 M Br, 0,7 V) 10,6 L 6,2 L (47 % HBr) ~ 10–20 $/kWh 10–20 $/kWh (ohne Komplexierungsmittel)

Quelle: Eigene Berechnungen

VRFBs arbeiten mit Leistungsdichten zwischen 5–100 mW/cm², was dem doppelten Wert von Fe/Cr-RFBs und damit der Hälfte der leistungsbezogenen Kosten bedeutet. VRFBs benötigen kein aufwendiges Wasserstoffmanagement oder Katalysatoren, was deren Aufbau gegenüber Fe/Cr-RFBs deutlich vereinfacht. Demgegenüber stehen die wesentlich höheren Elektrolytkosten. Es besteht aber die Möglichkeit, Elektroden mit verschiedenen Verfahren zu modifizieren, um höhere Leistungsdichte und Wirkungsgrade erzielen zu können, da die Reaktionen stark von der Elektrodenoberfläche abhängen. Besonders oxidative (Sun et al. 1992a; Sun et al. 1992b; Wu/Xu/Shen et al. 2014; Gao et al. 2013) Verfahren zur Aktivierung der Elektroden könnten eine Möglichkeit sein, um durch Leistungsdichterhöhung die Kosten zu senken. Daneben wurden positive Effekte von Kohlenstoffnanoröhrchen (Li et al. 2013) und Graphen (González et al. 2013, Han et al. 2011) festgestellt, allerdings sind die Kosten und die mögliche Leistungsdichteerhöhung genauso wie die von unterschiedlichen Metallbeschichtungen unklar (He/Chen/He et al. 2013; Jeong et al. 2013; González et al. 2011; Wu/Xu/Lu et al. 2014). Bei allen Modifikationsverfahren sind die Langzeitstabilität und der Einfluss auf die Kosten noch nicht geklärt und bedürfen noch eingehender Untersuchungen.

1.4   H/Br-RFB

H/Br-RFBs wurden in den 1980-Jahren als Energiespeicher entwickelt (Yeo/Chin 1980; Barna et al. 1984). Allerdings intensivierte sich die Forschung erst in den letzten vier Jahren. Im einfachsten Fall wird eine wässrige Bromwasserstoffsäurelösung (HBr) in einer elektrochemischen Zelle elektrolysiert, Wasserstoff an der Anode und Brom an der Kathode erzeugt, um Energie zu speichern und in derselben Zelle die Reaktionen umgekehrt, um chemische in elektrische Energie umzuwandeln. Der Vorteil ist, dass die Reaktionen von H/H+ und Br/Br- sehr schnell ablaufen und damit hohe Leistungsdichten und Wirkungsgrade erzielt werden können. Durch die hohe Leistungsdichte kann eine hohe Ausnutzung der Stackmaterialien erreicht werden und die leistungsbezogenen Kosten niedrig sein.

Allerdings muss Platin als Katalysator für die H/H+-Reaktionen eingesetzt werden. Für die Reaktionen von Br/Br- müssen keine Edelmetallkatalysatoren eingesetzt werden, um Leistungsdichten über 1 W/cm² zu erzielen. Es ist aber dadurch möglich, den Wirkungsgrad und die Leistungsdichte noch weiter bis auf 1,5 W/cm² zu erhöhen. Bei einer Katalysatorbeladung von ca. 1 mg/cm² ist die gesamte Menge an Platin mit 1 g Platin pro kW elektrischer Leistung mit Kosten von ca. 33 $/kW untergeordnet gegenüber den Herstellungskosten der katalysatorbeschichteten Membran und der anderen Komponenten und kann wahrscheinlich durch niedrigere Beladung und alternative Katalysatoren weiter gesenkt werden.

Nach heutigem Stand bedingen die Zellen Ionenaustauschmembranen, um die Diffusion von H2 oder Br2 in den anderen Zellraum auf einem Minimum zu halten, da H2 mit Br2 explosive Gemische bildet und Br2 den Platinkatalysator vergiften kann, was aber nur bei hohen Potenzialen geschieht. Die Anode bedingt ein Wasser- und Gasmanagement, was durch Mäanderstrukturen und Gasdiffusionsschichten realisiert wird. Dadurch erhöht sich der Aufwand zum Aufbau solcher Zellen gegenüber rein auf Flüssigkeiten basierenden RFBs deutlich, ist aber immer noch vergleichbar mit Brennstoffzellen, bei jedoch wesentlich höherer Leistungsdichte. Dadurch sind die leistungsbezogenen Kosten unter Umständen deutlich niedriger als bei anderen RFBs. Bei Betrachtung eines solchen Gesamtsystems kann sich der durch die höheren Leistungsdichten verursachte Vorteil wieder relativieren, da zum Betrieb ein komplexes System notwendig ist. Brom muss ggf. mittels Komplexierungsmittel in einer flüssigen Phase gehalten werden. In den Anodenraum diffundiertes Brom muss wieder in den Katholyten zurückgeführt werden, Wasserstoff in den Anodenraum. Daneben existieren die bekannten Probleme und Aufwendungen zur Handhabung und Speicherung von gasförmigem Wasserstoff. Auf Zellebene können Wirkungsgrade von über 80 % erzielt werden, was ungefähr das Doppelte von H2/O2-Brennstoffzellen ist. Allerdings ist der Energieverbrauch eines vollständig mit Wasserstoffspeicherung betriebenen H/Br-RFB-Systems derzeit nicht bekannt. Bromwasserstoffsäure als Energiespeichermedium ist ein sehr preiswertes Medium, das relativ einfach aus weltweit verbreiteten Ressourcen hergestellt werden kann und weit verfügbar ist. Die derzeit größte Produktion findet aus dem Toten Meer in Israel statt, gefolgt von China. Geringere Konzentrationen finden sich in Meerwasser (USGS 2015, S. 34–35). Die Reserven werden mit >12 Mt angegeben (USGS 2015, S. 34–35), was einem Energieäquivalent von 2,8 TWh entspricht. Die Ressourcen werden mit mehr als 1 Gt oder über 236 TWh angegeben. Damit sind die Reserven in etwa in der Größenordnung von Vanadium, die Ressourcen aber wesentlich höher. Der derzeitige Preis mit 5 $/kg Br2 oder 10,6 $/kWh ist aber wesentlich niedriger als bei Vanadium oder Chrom. Als Energiespeichermedium kann die, im Vergleich mit den anderen Energiespeichermedien sehr preiswerte, Bromwasserstoffsäure verwendet werden. Die Kosten des Speichermediums betragen mit 10–20 $/kWh in etwa den der Säuren der anderen Systeme allein (Tab. 3). Bei der Verwendung von Bromkomplexierungsmitteln können sich die Kosten vervielfachen, aber das System sicherer machen. Generell gibt es bei der Verwendung von bromhaltigen Lösungen, insbesondere im Zusammenhang mit Wasserstoff, einen erhöhten Sicherheitsbedarf gegenüber anderen Energiespeichern, was kompakte Anlagen für niedrige Leistungen derzeit unwahrscheinlich erscheinen lässt. Solche Systeme erscheinen nur im höheren kW-Bereich mit möglichst langen Speicherzeiten sinnvoll.

2     Zusammenfassung

Heute gibt es eine kaum überschaubare Anzahl an unterschiedlichen Lithium-Ionen- und Redox-Flow-Batterien, deren Vor- und Nachteile sich zum Teil drastisch unterscheiden. Lithium-Ionen-Batterien haben sich im Konsumentenbereich für mobile Geräte bewährt und sind die dominante Batterietechnologie dafür, wohingegen die Erprobungsphase für stationäre Systeme gerade erst begonnen hat. Vorhandene Fertigungsmöglichkeiten und Erfahrungen können vergleichsweise einfach in die Entwicklung und in den Betrieb von Lithium-Ionen-Speichern im kWh bis MWh Maßstab adaptiert werden. Anders als im mobilen Bereich ist die Energiedichte für stationäre Anwendungen gegenüber hoher Zyklenzahl und geringer Kosten eher untergeordnet. Die Anschaffungskosten eines Lithium-Ionen-Batteriesystems liegen aktuell im Jahr 2015 innerhalb einer Kostenspanne von 400 bis 1.300 € pro kWh. Diese große Spanne ist durch die Unterscheidung in Systeme mit optimiertem Energieinhalt (z. B. für Elektrofahrzeuge aber auch für stationäre Anwendungen) und in Systeme mit optimierter Batterieleistung (z. B. für Hybridfahrzeuge) bedingt. Durch die Möglichkeit, Lithium-Ionen-Batterien sowohl in stationären wie auch elektromobilen Anwendungen einzusetzen, ergibt sich ein positiver Effekt für die zu erzielenden Entwicklungs- und Stückzahlkosten. Panasonic hat angekündigt, den Preis von Lithium-Ionen-Batteriepacks für Elektrofahrzeuge bis 2025 um 35 % auf 172 $/kWh (Lux Research 2015) zu reduzieren. Heutige Annahmen gehen davon aus, dass sich der Preis für Batteriepacks bis 2025 auf etwa 229 $/kWh reduzieren wird, da nicht alle Hersteller eine derart hohe Preisreduktion umsetzen können. Neben dem Bau von „Gigafactorys“ zum Erreichen der Kostenziele können auch bei der Materialauswahl weitere Kosten eingespart werden. Die heute im Wesentlichen für den automotiven Markt diskutierten und prognostizierten Kostenreduktionen von Lithium-Ionen-Zellen und daraus aufgebauten Batteriepacks lassen sich durchaus auf den stationären Markt übertragen. Für 2025 werden für stationäre Speicher auf Basis von Lithium-Ionen-Batterien deshalb Kosten von ca. 655 $/kWh für Hausspeicher und ca. 498 $/kWh für Großspeicher angenommen (Energy Storage Study 2015). Für die Kostenbetrachtung ist insbesondere bei stationären Speichern auch der Einfluss der geplanten Entladehäufigkeit, der Speicherzeiten und der kalendarischen Betriebsdauer zu berücksichtigen (Naumann et al 2015; s. auch Weil et al. in diesem Heft).

Für Redox-Flow-Batterien gibt es hingegen noch keine belastbaren Investitions- und Speicherkosten, sondern nur technologiebedingte Schätzungen über potenziell niedrige Speicherkosten. Diese zu erwartenden niedrigen Kosten lassen sich aber im Wesentlichen durch eine Kostenreduktion bei den eingesetzten Speichermedien erreichen. Das bedingt aber wiederum Anwendungen, bei denen die Speicherzeiten möglichst hoch sind, weshalb die bevorzugten Einsatzbereiche Mittel- oder Langzeitspeicher für erneuerbare Energien sind (z. B. peak shaving). Letztendlich entscheiden nicht die Investitionskosten, sondern die spezifischen Speicherkosten (€/kWh), welche Technologie preislich vorteilhafter ist. Aktuelle Redox-Flow-Batterien können heute noch nicht mit bereits kommerziell erhältlichen Stromspeichern konkurrieren, wahrscheinlich weil Produktionsmethoden, Materialien und der gesamte Batterieaufbau aufgrund von vergleichsweise äußerst niedrigen Stückzahlen und geringerer Forschungsaktivität wenig optimiert sind. In den letzten Jahren hat es eine deutliche Zunahme an Kommerzialisierungsbestrebungen von unterschiedlichen Redox-Flow-Batterien gegeben. Durch Stückzahleffekte und damit einhergehender Produktionsoptimierung ist zu erwarten, dass die Investitionskosten deutlich sinken werden, bei gleichzeitig erhöhter Lebensdauer der Batterien. Gerade die Lebensdauer, Recycling und Wartungsmöglichkeiten sind ein Kernargument für preiswerte Redox-Flow-Batterien, sind aber aktuell noch Themen mit teilweise hohem Forschungsbedarf. In dem, durch das Land Baden-Württemberg, dem Bund und der Fraunhofer Gesellschaft geförderten Großprojekt „RedoxWind“ wird in den Jahren 2013 bis 2017 am Fraunhofer ICT ein 2 MW Windrad sowie eine 20 MWh Großbatterie auf Basis der Redox-Flow-Technik entwickelt und aufgebaut.[2] Mit der in diesem Projekt angestrebten weiteren Kostenreduktion in der Fertigung der Anlagenkomponenten, im Wesentlichen der Stacks, werden zukünftig auch Redox-Flow-Batterien zur Stromspeicherung einsetzbar sein.

Anmerkungen

[1] Eine Ausnahme bildet z. B. die H/Br-RFB, für die Kationenaustauschmembranen eingesetzt werden.

[1] Fraunhofer ICT, Großprojekt „RedoxWind“; http://www.ict.fraunhofer.de/de/komp/ae/rfb/redoxwind.html

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Kontakt

Prof. Dr. Jens Tübke
Fraunhofer-Institut Chemische Technologie (ICT)
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