VDI-Leitsätze zur Umsetzung des Dialog-Managements

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VDI-Leitsätze zur Umsetzung des Dialog-Managements

Der VDI macht die Wechselwirkungen der Technik mit der Gesellschaft, der Bildung und anderen Kultursachbereichen seit langer Zeit zum Thema interdisziplinärer Dialoge. Der VDI-Ausschuß "Technik - Gesellschaft - Politik" innerhalb der VDI-Hauptgruppe hat diese Tradition fortgesetzt. Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft haben konkrete Entscheidungsprozesse nach Gemeinsamkeiten hin untersucht. Aus den immer wieder auftretenden Problemen der Praxis haben sie "Leitsätze zur Umsetzung eines Dialog-Managements" abgeleitet und in einem öffentlichen Workshop diskutiert.

Die Leitsätze werden im VDI Report 25 "Entscheidungsprozesse im Spannungsverhältnis Technik - Gesellschaft - Politik. Wege zu einem Dialog-Management" (hrsg. von Prof. Dr. Hans-Hermann Hartwich unter Mitwirkung von Dr. Volker Brennecke) der breiteren interessierten Öffentlichkeit vorgestellt: 

  1. Alle Akteure aus Technik, Gesellschaft und Politik sollten in technikrelevanten Entscheidungsprozessen die Entscheidungslogiken der jeweils anderen Bereiche zur Kenntnis nehmen und zunächst als legitim anerkennen. 
  2. Die unterschiedliche Sprache zwischen den Akteuren in Technik, Gesellschaft und Politik stellt eine erste Barriere einer Kommunikation dar. Zunächst sollten unterschiedliche Fachsprachen anerkannt werden, für Dialoge jedoch gezielt Übersetzungsmechanismen gefunden und organisiert werden. 
  3. Die Entscheidungslogiken der Akteure sind in der Regel von unterschiedlichen Zeitvorstellungen geprägt. Für den Dialog ist diese Dimension von hoher Bedeutung und muß eigens thematisiert werden. 
  4. Die öffentliche Wahrnehmung von technikbezogenen Entscheidungen unterliegt anderen Gesetzmäßigkeiten als die von den Akteuren in der Technik, in der Politik und der Verwaltung. Wellen der Aufmerksamkeit und Politisierung müssen als legitim anerkannt und beim Dialog berücksichtigt werden. Antizipierendes Schnittstellenmanagement muß dies im voraus einplanen. 
  5. Die Eigenroutinen von Entscheidungsträgern (Verwaltungen, Unternehmen, Forschungsinstitute, Verbände, gesellschaftliche Gruppen etc.) haben eine in der Regel so hohe Bedeutung, daß sie eigens thematisiert und für die Organisation von Dialogen berücksichtigt werden müssen. 
  6. Das Zusammentreffen von wissenschaftlichen Erkenntnissen aus Technik und Naturwissenschaft mit politischen oder rechtlichen Entscheidungsnotwendigkeiten gestaltet sich meist sehr schwierig. Deswegen müssen für die Dialoge jeweils eigene Verfahrensrationalitäten entwikkelt werden. 
  7. Die in Dialogen zwischen Akteuren aus Technik, Gesellschaft und Politik entstehenden Konflikte lassen sich in der Regel in Sach-, Interessen- und Überzeugungskonflikte differenzieren, Konfliktlösungen sind am ehesten durch Herausarbeitung und Abgleich der Interessen zu erreichen. 
  8. Entscheidungsstrukturen sollten nicht nur durch die Macht der Akteure (politische Macht durch Rechtsetzung, gesellschaftliche Macht durch Öffentlichkeit, Medien und Demonstrationen, wirtschaftliche Macht) bestimmt werden, da diese zu gegenseitigen Blockaden führen. Vielmehr sollten dialogfördernde Entscheidungsstrukturen (z.B. durch neue informale Regulierungskonzepte) entwickelt werden. 
  9. Die Komplexität der Überschneidungen zwischen Technik, Gesellschaft und Politik ist in der Regel so hoch, daß diese gezielt erfaßt und durch geeignete Akteure ("Querschnittsspezialisten") und Organisationsformen bearbeitet werden sollten. 
  10. Entscheidungsprozesse im Spannungsfeld von Akteuren in Technik, Gesellschaft und Politik sollten in Form von Dialogen gemanagt werden (Dialog-Management). Voraussetzungen sollten durch minimale Institutionalisierungen geschaffen werden, die den jeweiligen Spannungsverhältnissen angepaßt sind. 

Der Bericht enthält außerdem die Fallstudien zum Dialogmanagement an der Schnittstelle von Technik, Gesellschaft und Politik, auf deren Auswertung die Leitsätze basieren. Die dargestellten "Fälle" betreffen Entscheidungsprozesse

Den Weg zur Ausarbeitung der Leitsätze im Rahmen dieses über drei Jahre vom VDI "geförderten Nachdenkens von Praktikern und Wissenschaftlern" weist Prof. Hans-Hermann Hartwich in seiner thematischen Einführung und Vorstellung der Verhandlungen des VDI-Ausschusses "Technik - Gesellschaft - Politik".

Bibliographische Angaben

VDI - Verein Deutscher Ingenieure (Hrsg.), Entscheidungsprozesse im Spannungsverhältnis Technik - Gesellschaft - Politik. Wege zu einem Dialog-Management. Düsseldorf 1996. 140 S. ISBN 3-931384-06-3

Der Report kann beim VDI, VDI Hauptgruppe, Graf-Recke-Str. 84, 40239 Düsseldorf, Tel. 0211/6214-0, zum Selbstkostenpreis von DM 18,-- (VDI-Mitglieder: DM 15,--) bestellt werden.