Multimedia demnächst im Europäischen Parlament?

Schwerpunktthema: Multimedia

Multimedia demnächst im Europäischen Parlament?

Ein Interview mit Christine Wennrich zu den Multimedia-Aktivitäten des STOA-Programms des Europäischen Parlaments

Am 5. Juli 1995 ging die Ausschreibungsfrist für sieben von STOA ausgeschriebene problemorientierte (Teil-)Studien zur Informationsgesellschaft zu Ende, im einzelnen:

- Information and Communication Technologies in Education and Training

- Information and Communication Technologies for Sustainable Technical Development

- Information and Communication Technologies in Healthcare

- Regulation of Information and Communication Technologies and their Use and Accessibility

- An Appraisal of Technical Instruments for Political Control and to Improve Participation in the Information Society

- Intellectual Property Issues in the Information Society

- European Competitiveness in the Global Information Society

Vor diesem Hintergrund fand das nachfolgend abgedruckte Interview mit Christine Wennrich statt.

TA-Datenbank-Nachrichten:

Einige der parlamentarischen TA-Einrichtungen beschäftigen sich gegenwärtig mit Multimedia und der Informationsinfrastruktur. Welche besonderen Fragestellungen und Absichten liegen den Aktivitäten des Europaparlaments zur Informationsgesellschaft zugrunde?

Christine Wennrich:

Multimedia und die Datenautobahn sind ganz aktuelle Themen, die auch die Europaparlamentarier interessieren. Hinter den aktuellen Ausschreibungen steht kein Einzelproblem, das kurzfristig Beschlüsse des Europaparlaments erfordert, sondern ein ganzes Bündel an Fragestellungen, die von einzelnen Parlamentariern besonders unter dem Aspekt der parlamentarischen Kontrollmöglichkeiten aufgeworfen wurden. Beispiele dafür sind die Beschäftigungswirkungen, die von Informations- und Kommunikationstechniken ausgehen, Urheberrecht, Möglichkeiten zur Integration und Beschäftigung von Behinderten, soziale Auswirkungen generell und saubere Technologien. Schlielich wurde auch angeregt, die Möglichkeiten der Multi-Media-Techniken für die eigene Arbeit des Parlaments, das ja an drei räumlich weit auseinanderliegenden Standorten tagt, zu untersuchen.

TA-Datenbank-Nachrichten:

Vor kurzem ist die Ausschreibung für sieben Projekte zum Themenkomplex zu Ende gegangen. Wie ist der jetzige Bearbeitungsstand?

Christine Wennrich:

Es handelt sich zunächst bei der Ausschreibung nicht um sieben unabhängige Einzelprojekte, sondern STOA hat das Thema in sieben Einzelprojekte gegliedert, die später die Kapitel eines zusammenhängenden Endberichts ergeben sollen. Die Calls for Tender wurden jeweils an etwa 20 Einrichtungen verschickt. Im Schnitt haben vier Einrichtungen pro Projekt Angebote eingereicht. STOA wählt die Auftragnehmer aus, die vom Finance Controlling des Parlaments bestätigt werden müssen. Für die Projektbetreuung werden Steering Groups eingerichtet, in denen auch interessierte Parlamentarier vertreten sind.

TA-Datenbank-Nachrichten:

Auf wessen Initiative gehen die STOA-Projekte zur Informationsgesellschaft zurück?

Christine Wennrich:

Wie ich bereits angedeutet habe, sind die Projekte ein Ergebnis vieler Anregungen einzelner Parlamentarier. Diese Anregungen wurden dann, wie es die Geschäftsordnung vorschreibt, über die Parlamentsausschüsse eingebracht, so über das Committee for Employment oder das Committee for Petitions.

TA-Datenbank-Nachrichten:
Wie ist die Abgrenzung dieser Aktivitäten zu
den vielfältigen Ansätzen im Vierten Rahmenprogramm der Kommission?

Christine Wennrich:

Es hat keine bewute Abgrenzung zu den Aktivitäten des Vierten Rahmenprogramms stattgefunden, obwohl einige Teilprojekte direkt an Aussagen des Bangemann-Reports anknüpfen. Die Fragestellungen der Teilprojekte sind eng auf die besonderen Informationsbedürfnisse der Europaparlamentarier ausgelegt. Über die Steering Groups wird es auch möglicherweise Auswirkungen auf Projekte des Vierten Rahmenprogramms geben.

TA-Datenbank-Nachrichten:

In welcher Weise werden die Ergebnisse der Studien für das Europaparlament handlungsrelevant sein?

Christine Wennrich:

Das lät sich zur Zeit nicht absehen. Nach Fertigstellung wird der Bericht im Parlament präsentiert werden und dann entschieden, ob und wie er beispielsweise an Ausschüsse weitergegeben wird. Sechs bis sieben STOA-Studien haben in der Vergangenheit zu konkreten Parlamentsentscheidungen geführt.

TA-Datenbank-Nachrichten:

Sollen diese kleinen Studien eine Vorstufe für gröere Aktivitäten im Feld sein?

Christine Wennrich:

Konkret geplant ist zur Zeit nichts, aber es ist absehbar, da es eine weitere Studie geben wird. Geplant sind auf jeden Fall Workshops mit Experten, eventuell auch ein Awareness Scenario Workshop.

TA-Datenbank-Nachrichten:

Wird der Endbericht allgemein zugänglich sein und wann wird er erscheinen?

Christine Wennrich:

Wie alle STOA-Berichte wird auch dieser allgemein zugänglich sein. Er wird etwa im Februar 1996 erscheinen.

Christine Wennrich ist STOA-Scholar und gegenwärtige Koordinatorin des European Parliamentary Technology Assessment (EPTA) Netzwerkes.

Die Fragen für die TA-Datenbank-Nachrichten stellten Knud Böhle und Michael Rader.