AFAS schließt Machbarkeitsstudie zur Europäischen TA Infrastruktur ab

In eigener Sache

AFAS schließt Machbarkeitsstudie zur Europäischen TA Infrastruktur ab

Im März stellte die Abteilung für Angewandte Systemanalyse des Forschungszentrums Karlsruhe den Abschlußbericht für die Machbarkeitsstudie zur Europäischen TA Infrastruktur (ETAI) fertig. Diese Studie, die im Auftrag der Generaldirektion XIII der Europäischen Kommission im Rahmen ihres VALUE-Interfaces-Programms durchgeführt wurde, befaßt sich mit drei wesentlichen Elementen der Europäischen TA-Infrastruktur: einem Koordinierungsschema, einer TA-Datenbank und einem europäischen TA Newsletter. Die Ergebnisse der Studie sind sicherlich für die Konkretisierung von Unterstützungsmaßnahmen für das spezifische Programm gesellschaftliche Schwerpunktforschung der EU von Bedeutung und wurden bereits mit der zuständigen Generaldirektion XII informell diskutiert.

Gegenstandsbereich, Nutzer und Organisation von ETAI

Da Technikfolgen-Abschätzung bzw. Technology Assessment nicht präzise definiert ist und die Bezeichnung in Europa weder einheitlich verwendet wird noch im allgemeinen Gebrauch ist, wurde empfohlen, neben der TA im engeren Sinne auch benachbarte und verwandte Gebiete zum Gegenstand der Infrastruktur zu machen.

Der Auftraggeber legte in seiner Ausschreibung großen Wert auf die nutzergerechte Gestaltung der Infrastruktur, was ja auch nur sinnvoll ist, da die TA nur erfolgreich sein kann, wenn ihre Ergebnisse von ihren Adressaten in Forschungs- und Technologiepolitik umgesetzt werden.

Allerdings hat sich gezeigt, daß das Ziel der kurzfristigen Benutzbarkeit durch den Mann oder die Frau von der Straße zu ehrgeizig ist. Deshalb empfiehlt die AFAS ein stufenweises Vorgehen, bei dem mit der Entwicklung einer Schnittstelle für professionelle Nutzer der TA - die ständig mit TA befaßt sind und meist eine ähnliche Ausbildung besitzen wie die TA-Forscher - begonnen wird und nach und nach auf die Bedürfnisse weiterer potentieller Nutzer eingegangen wird.

Es hat sich auch gezeigt, daß die Ausgangssituation der TA in den Mitgliedsstaaten der EU sehr ungleichmäßig ist: es gibt Bereiche, in denen die TA noch nicht etabliert ist, Bereiche, in denen es schon umfangreiche Forschung gibt, deren Ergebnisse vor allem an politische Entscheidungsträger gerichtet sind, sowie Bereiche, in denen bereits Schritte zur Einbeziehung von TA-Forschungen bzw. -Ergebnissen in die konkrete Gestaltung der Technik unternommen werden. Entsprechend unterschiedlich sind die Anforderungen an eine TA-Infrastruktur:

- Vermittlung von Erfahrungen anderer

- Austausch von Erfahrungen und Informationen

- Vermittlung von Kontakten zu möglichen Projektpartnern

- Verbreitung von Methoden, Ansätzen etc.

Durch eine Vielzahl von Expertengesprächen wurden erste, grobe Umrisse einer Karte der europäischen TA-Landschaft gezeichnet: es gibt viele Netzwerke, die TA-Akteure einbeziehen, aber nur wenige, die ausschließlich mit TA befaßt sind. Es gibt wenige Organisationen, die sich mit der gesamten Bandbreite der TA befassen und keinen europäischen Berufsverband, obwohl es in der Vergangenheit mehrere Ansätze zur Gründung eines solchen Verbandes gegeben hat.

Die Schaffung einer europäischen TA-Infrastruktur wird die strukturellen Probleme der TA (vgl. dazu den Artikel von Rader und Laopodis in TA-Datenbank-Nachrichten Nr. 2, 3. Jg., Juni 1994) nicht allein lösen können, aber sie verbessert die Voraussetzungen für Aktivitäten bereits bestehender oder noch zu gründender Netzwerke in der TA. Versuche zur Gründung solcher Netzwerke von Akteuren außerhalb der TA-Community werden von TA-Akteuren skeptisch bis mißtrauisch beobachtet, wie an Hand der ersten Reaktionen auf das ETAN-Vorhaben zu ersehen war. Entsprechend enthält der Bericht der AFAS an die EU-Kommission die Empfehlung, Clearing House-Funktionen der Infrastruktur auf ein Minimum zu beschränken, in erster Linie die Produktion von Dokumentationen und Verzeichnissen oder die Durchführung von Veranstaltungen für die Verbreitung und den Austausch von Informationen und Erfahrungen, vorzusehen.

Weitere Dienste, die über solche Funktionen hinausgehen, sollten nach den Empfehlungen der AFAS ausgeschrieben werden, z.B. Beurteilung der Qualität von Forschung, methodische Unterstützung, Entwicklung von Forschungsprogrammen.

Aufgrund der Erfahrungen der TA-Datenbank von AFAS/STN wurde zur Verwirklichung von ETAI ein relativ stark dezentralisiertes Konzept vorgeschlagen, das mindestens einen Stützpunkt oder Netzwerkknoten (focal point) pro Mitgliedsstaat der EU, sowie einen EU-eigenen Knoten vorsieht. Diese Stützpunkte sollen innerhalb bestehender TA-Einrichtungen angesiedelt werden und werden in erster Linie für den Aufbau und die Qualitätskontrolle für den jeweiligen nationalen Teil der europäischen TA-Datenbank, für Dienstleistungen für die nationale TA Community und vereinbarte Mehrwertdienste auf europäischer Ebene zuständig sein. Verwaltet werden sollte ETAI nach den Empfehlungen der AFAS von einem Gremium, das sich aus einem Vertreter pro Knoten zusammensetzt. Die Knoten sollen auch Mitglieder für die Redaktion des europäischen TA-Newsletters benennen. Um die Arbeitsfähigkeit zu gewährleisten, wählen das Leitungsgremium und die Redaktion auf Zeit jeweils Geschäftsführungen aus drei Mitgliedern der jeweiligen Gremien.

Dienste von ETAI

Die Dienste von ETAI werden auf CD-ROM, in Datennetzen und auf Papier angeboten. Um neue Nutzergruppen zu erreichen, werden spezielle Dienste dort angeboten, wo solche Gruppen ihre sonstigen Informationen beziehen, z.B. Newsletter-Datenbanken für die Industrie.

Die europäische TA-Datenbank sollte nach den Empfehlungen der AFAS zunächst auf CD-ROM angeboten werden. Die Benutzerschnittstelle hierfür sollte in einem wissenschaftlich begleiteten Projekt mit mehreren Benutzergruppen in verschiedenen Mitgliedsstaaten der Union entwickelt werden. Erst nach Abschluß dieses Projekts sollte die Datenbank parallel, oder nur leicht zeitlich versetzt, im Internet und durch einen Europäischen Host in einer On-line-Version angeboten werden. Die nationalen Knoten sollten mit der Zeit eigene Internet-Server einrichten, auf denen das nationale Segment der Datenbank angeboten wird. Letzten Endes könnte die europäische TA-Datenbank dann aus einem Netz verteilter Datenbanken bestehen, die dem Benutzer als eine einzige, einheitliche virtuelle Datenbank erscheinen.Die Einbeziehung von Datennetzen erleichtert ferner die Kommunikation der europäischen TA-Akteure untereinander.

Da die Sammlung sämtlicher TA-relevanter Informationen voraussichtlich auch die Kapazitäten einer derart verteilten Datenbank überschreiten würde, wird eine wichtige Dienstleistung von ETAI die ständige Verfügbarkeit einer aktuellen Hinweisdatenbank zu den wichtigsten zusätzlichen Informationsquellen zu TA sein, z.B. Datenbanken zu einzelnen Technologien.

Empfohlen werden folgende Angebote:

Das TA-Telegramm, ein E-mail-Dienst, der Nachrichten zu neuen Projekten, Ausschreibungen, Berichten, kommenden Veranstaltungen anbietet und die direkte Kommunikation der Netzteilnehmer untereinander ermöglicht, z.B. um Partner für gemeinsame Projekte oder auch nur Informationen zu einer bestimmten Fragestellung zu suchen. Eine Auswahl der hier angefallenen Informationen wird in die gedruckte Version des Newsletters aufgenommen.

Ein Online Europäischer TA Newsletter, der in einem der wichtigsten Newsletter-Datenbanken angeboten werden sollte. Das Material für diesen Newsletter stammt aus dem TA Telegramm und dem gedruckten Newsletter (European TA Panorama).

Gedruckte Synopsen, Dokumentationen etc., die gegenwärtig mehr genutzt werden als online Datenbanken.

Der Europäische TA Newsletter, der eng an das bewährte Modell der TA-Datenbank-Nachrichten angelehnt sein sollte (eine Probenummer, das European TA Panorama, wurde für die Machbarkeitsstudie erstellt und war, wie auch die TA-Datenbank-Nachrichten, Gegenstand einer Leserbefragung). Dieser vierteljährliche Newsletter sollte dazu dienen, die überall verstreut vorhandenen Nachrichten zu TA unter einem Dach zu sammeln und als Hauptquelle für TA-bezogene Nachrichten aus dem 4. Rahmenprogramm der EU dienen.

Nach den Empfehlungen der AFAS sollte die ETAI unter Einbeziehung bereits vorhandener Datenbanken und europäischer Infrastruktur (ECHO, CORDIS) verwirklicht werden.

Der vollständige Bericht in englischer Sprache kann bei der AFAS bestellt werden und wird nach der Freigabe durch den Auftraggeber ausgeliefert.

Bibliographische Angaben:

M. Rader, I. v. Berg, K. Böhle, R. Coenen, G. Frederichs, E. Leßmann: Feasibility Study on Instruments for the Coordination of the European Technology Assessment Infrastructure (ETAI) - Coordinating Scheme, Database and Newsletter. Forschungszentrum Karlsruhe - Technik und Umwelt, Abteilung für Angewandte Systemanalyse, Postfach 3640, 76021 Karlsruhe.
Tel.: +49 (0) 721 / 608 - 22501; Fax: +49 (0) 721 / 608 - 24806;
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