Der ländliche Raum als Schauplatz der Energiewende

Tagungsberichte

Der ländliche Raum als Schauplatz der Energiewende

Multidisziplinäre Perspektiven auf einen komplexen soziotechnischen Transformationsprozess

Bericht zur Tagung „Energiewende im ländlichen Raum – Ein Bürgerprojekt auf dem Prüfstand“ an der Evangelischen Akademie Tutzing

Tutzing, 25.–26. Juni 2014

von Florian Braun, Universität Kiel, und Martin Knapp, ITAS

Der ländliche Raum als zentraler Ort für die Umsetzung der Energiewende stand im Fokus dieser Konferenz. Durchgeführt wurde sie in Kooperation mit dem Institut Technik-Theologie-Naturwissenschaften (TTN) an der LMU München und dem Technologie- und Förderzentrum (TFZ) am Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe Straubing. Veränderungen, Konflikte und Herausforderungen wurden einleitend von Akademiechef Frank Kittelberger, Stephan Schleissing (TTN) und Bernhard Widmann (TFZ) aufgegriffen.

1    Umsetzung der Energiewende im ländlichen Raum

Trotz der aktuellen Kontroverse rund um die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) stimmen weite Teile der Gesellschaft v. a. aufgrund der Aussicht auf eine klimaneutrale Energieversorgung den allgemeinen Zielen der Energiewende weiterhin zu. Um das klimapolitische Ziel der Treibhausgasminimierung zu erreichen, müssen neben dem Stromsegment auch Wärme und Mobilität betrachtet werden. So stellt der v. a. in Süddeutschland zu weiten Teilen aus Biomasse gedeckte Bedarf an erneuerbarer Wärme eine wesentliche Anforderung an den ländlichen Raum hinsichtlich Produktion und Flächenbereitstellung dar.

Nichtsdestotrotz bahnen sich Konflikte an, je näher die Umsetzung konkreter Projekte an das Lebensumfeld der Bevölkerung rückt, das Landschaftsbild verändert wird oder Befürchtungen eines unkontrollierbaren Kostenanstiegs auftreten. Selbst engagierte Befürworter der Energie-wende stehen dann dem Ausbau von Windparks und Stromtrassen skeptisch gegenüber. Wie die Notwendigkeit staatlicher Steuerung von Planungsprozessen mit dem Anspruch der Gesellschaft nach Mitsprache vereinbar ist und vor diesem Hintergrund geeignete Partizipationsformen ausgestaltet werden können, ist jedoch im Detail meist strittig.

Mit ihren Auswirkungen auf Gesellschaft und Individuum ist die Energiewende mehr als nur ein reines Technologieprojekt. Daher kommt der Beachtung von Werten und Zielkonflikten nicht nur bei konkreten Beteiligungsvorhaben eine entscheidende Bedeutung zu, sondern auch bei der Ausgestaltung der Energiewende im Allgemeinen. Neben einem tieferen Einblick in die Komplexität der hiermit verbundenen technischen Problemstellungen versprach die Tagung auch Antworten auf Fragen der Bedrohung vertrauter Vorstellungen von Natur und Heimat, der Bedeutung für die Zukunft der Landwirtschaft, den Zusammenhang mit einer nachhaltigen Agrarpolitik sowie darauf, was aus dem „Bürgerprojekt Energiewende“ zu lernen ist.

2    Werteorientierungen im Diskurs um die Energiewende

Fabian Karsch (TTN) besprach die „wertorientierte Kommunikation“ als Ansatz zur Beantwortung gesellschaftlich relevanter Fragen zur Energiewende. So könne die Nachhaltigkeitsfrage als ethisches Grundprinzip und als Leitbild zur Prüfung gesellschaftlicher Leitfragen dienen und den Akteuren bei der Selbstorientierung in der Energiewende helfen. Die mit ihr verbundenen Veränderungen reichen mittlerweile in alle Gesellschaftsbereiche, selbst in den Alltag. Laut Karsch dominieren im alltäglichen, die Energiewende betreffenden Abwägen vier prinzipielle Interessen: Wirtschaftlichkeit, Sozialverträglichkeit, Umweltverträglichkeit, Kulturverträglichkeit (etwa die identitätsstiftende Gestaltung des unmittelbaren Lebensraums als Energiekulturlandschaft). Entsprechend seien die Motive von Projektgegnern meist vielfältiger als die oftmals unterstellte Not-in-my-backyard-Haltung (NIMBY) evoziert. Mithilfe eines iterativen Vorgehens über differenzierte Szenarien und des Aufzeigens von Kompromisslinien müssen die sich in den Konflikten ausdrückenden vielfältigen Interessen in den politischen Diskurs integriert werden, wenn die Energiewende erfolgreich realisiert werden soll.

Dass hierbei einiges im Argen liegt, untermauerte Autor Andreas Möller („Das grüne Gewissen“) mit dem Argument, dass die CO2-Emissionen trotz eines Anteils von 25 % EE-Strom und einer EEG-Umlage von 23 Mrd. Euro weiterhin ansteigen. Als Paradebeispiel für die vorgenannten Diskrepanzen nannte er die Situation in Bayern, dem Land, das einerseits Vorreiter in Sachen Photovoltaik sei, aber andererseits die größten Widerstände gegen Überlandstromtrassen aufzuweisen habe. Möller spannte einen Bogen zwischen zwei extremen Erscheinungsformen der Energiewende: der faktisch beobachtbaren „Eroberung der Natur“ durch die weitläufige Installation technischer Anlagen und dem bei vielen Bürgern aufkommenden Gefühl des Heimatverlusts angesichts des veränderten Landschaftsbilds. In einer breit angelegten kultur- und medientheoretischen Analyse wurden wichtige Konfliktherde nachgezeichnet, etwa die systematische Beschönigung der im Zuge der Energiewende auftretenden Umweltschäden oder der Gegensatz zwischen dem Bild industrialisierter Energielandschaften und dem durch die heutigen Medien vermittelten Bild der unberührten Natur: Großtechnische Windkraftanlagen würden als unvereinbar mit medial überhöhten Erholungsräumen, Hochspannungstrassen als Eingriffe in die angeblich naturnahe „Heimat“ wahrgenommen und daher abgelehnt. Möller warnte in kritischerAbsicht sowohl vor idealistischen Überhöhungen als auch vor ökonomisch gelenkten Irreführungen im Energiewendeprozess.

3    Landschaftsarchitektur und Energiewendepolitik als ganzheitliche Ansätze

Ebenfalls unter Bezugnahme auf die landschaftlichen Aspekte der Energiewende plädierte Landschaftsarchitekt Sören Schöbel-Rutschmann (TU München) dafür, dass bei den umfassenden Eingriffen in das Landschaftsbild ästhetischen Überlegungen ein höheres Gewicht eingeräumt werden sollte. Diese Forderung beruht auf dem Argument, dass in unserem sehr stark visuell geprägten Heimatbild Eingriffe durch Windkraftanlagen oder Hochspannungsmasten häufig als störend wahrgenommen werden, da sie die ursprünglichen morphologischen Leitlinien des Landschaftsbildes durchbrechen. Hingegen führe die Wahl von Standort, Höhe und Anzahl der technischen Anlagen nach landschaftsarchitektonischen Regeln zu erhöhter Akzeptanz, da man jene hierdurch als sinnstiftende Bestandteile des Landschaftsbildes erkennen könne. Neben der dialogsuchenden Kommunikation sollte in Planungsverfahren auch die gemeinschaftliche Abstimmung von Natur- und Kulturelementen zu einem harmonischen Gesamtbild forciert werden. Daher bedeutet Bürgerbeteiligung für Schöbel-Rutschmann nicht zuletzt die aktive „Mitge staltung von Landschaftsräumen“.

Dass hierzu eine konsistente Energiewendepolitik vonnöten ist, wurde durch Staatssekretär Franz Josef Pschierer (Bayerisches Wirtschaftsministerium) herausgestellt. Das bayerische Wirtschaftsministerium ziele auf eine Energiepolitik aus einem Guss, indem energierelevante Bereiche aus anderen Ministerien zu einem eigenständigen Kompetenzbereich zusammengeführt wurden. Dabei sei Bayern durchaus bestrebt, eine größtmögliche Eigenständigkeit in der Energieversorgung auch im Bereich der EE zu gewährleisten, indem die Abhängigkeit von Stromimporten vermieden werde. Zu diesen zählte Pschierer erstaunlicherweise auch den Windstrom aus Norddeutschland. Von außen betrachtet liegt hierin eine schwierige Aufgabe, da die landeseigenen EE-Potenziale – Photovoltaik (PV) und Verstromung von Biomasse – auch bei weiterem Ausbau den Strombedarf der starken bayerischen Industrie nicht decken können. Ungeachtet dessen geht die bayerische Energiepolitik auf Distanz zu wichtigen Elementen gesamtdeutscher Lösungsansätze, etwa dem Ausbau der Hochspannungstrassen. Pschierer umschreibt diese Haltung als Versuch, den hohen Energiebedarf des Industriestandortes Bayern mit dem Ziel einer umweltverträglichen und bezahlbaren Erzeugung unter besonderer Berücksichtigung der Landwirtschaft und der Biomasse-Erzeugung zu verbinden. Man setze auf die verstärkte Förderung von Strom- und Wärmeerzeugung (etwa durch KWK-Anlagen) sowie auf ein umfassendes Energieeffizienzprogramm für Kommunen.

4    Anforderungen an Energiepflanzenanbau und Landwirte als Akteure der Energiewende

Beate Formowitz (TFZ) und Carolin Riepl vom Netzwerkmanagement Bioenergie beim Landratsamt Straubing-Bogen analysierten in ihrem Beitrag den in Bayern angestrebten Nexus zwischen Landwirtschaft und Energiewende genauer. Im ersten Teilvortrag skizzierte Formowitz den historischen Wandel der Landwirtschaft. Die Industrialisierung der Landwirtschaft führte dazu, dass heutzutage weniger Biomasse für die Bioenergieerzeugung (12 %) eingesetzt werde als vor 100 Jahren für die Ernährung der Zugtiere (36 %). Das Verhältnis zwischen Energiepflanzen und klassischen Ackerkulturen hat sich also nicht verschlechtert, ungeachtet der Rede von der Vermaisung des ländlichen Raums. Formowitz’ wichtiges Argument besagt, dass die Flächenfreisetzung durch den Wegfall der Futterproduktion ein erschließbares Biomasse-Produktionspotenzial birgt (auch unter Einbezug des erhöhten Bedarfs für die Fleischproduktion). Das Zögern der Landwirte, in die Bioenergieerzeugung zu investieren, sei wesentlich durch die unabsehbaren Gewinnchancen begründet. Biomasseproduktion wird sich laut Formowitz nur dann durchsetzen, wenn sie von den Landwirten eine langfristig sichere Einkommensquelle bietet.

Im zweiten auf Interviews mit Landwirten basierenden Teilvortrag bettete Riepl die ökonomische Charakterisierung des Landwirts in eine kulturtheoretische Erklärung ein. Die ökonomischen Entscheidungen der Landwirte seien durch einen übersättigten und durch staatliche Transferleistung geprägten Markt determiniert. In den letzten Jahrzehnten mussten Landwirtschafts-betriebe stetig wachsen, um im Preiskampf und in der Flächenkonkurrenz bestehen zu können. Diese Marktsituation sei durch die Energiewende sowohl verschärft als auch entschärft worden: Einerseits müsse der Landwirt nun auf dem Pachtmarkt mit den finanzstarken Betreibern von Wind- und PV-Parks konkurrieren, andererseits haben sich für ihn neue lukrative Erwerbsquellen eröffnet. Denn im traditionellen Hauptbetätigungsfeld, der Lebensmittelproduktion, ließen sich kaum noch Gewinne erwirtschaften. Ähnlich wie Andreas Möller sieht Riepl diesen Umstand in der gesellschaftlichen Wahrnehmung der Landwirtschaft begründet. Im Grunde oszilliert das mediale Bild der Landwirtschaft zwischen Lebensmittelskandalen, musealer Verklärung in einschlägigen TV-Produktionen und dem urbanen Anspruch auf perfekt gestylte Naherholungsgebiete. Die vom landwirtschaftlichen Alltag entfremdeten Verbraucher hinterfragen allzu häufig landwirtschaftlich notwendige Entscheidungen, verlangen tief greifende Strukturreformen und wollen dennoch – am Ende des Tages – keine Realpreise für diese Leistungen bezahlen. Die Suche nach neuen Erwerbsquellen lasse sich daher als Versuch erklären, sich der ökonomischen Abhängigkeit vom Meinungsbild der anscheinend widersprüchlich agierenden Verbraucher zu entledigen. Entsprechend haben viele Landwirte kein Problem mit den durch die Energiewende verursachten Veränderungen des Landschaftsbildes, wenn diese Maßnahmen dazu beitragen, ihr „Landleben“ ökonomisch nachhaltig zu sichern.

5    Regionale Wertschöpfung und Partizipation in Planungsprozessen

An diese ökonomischen Überlegungen anknüpfend beschäftigte sich Nina Hehn (Universität Bayreuth: Kompetenzzentrum, KlimaKom) in ihrem Vortrag mit der Frage, welche Möglichkeiten der regionalen Wertschöpfung EE-Projekte bieten. Als Grundlage dienten Hehn die Konzeptstudien zur Stadt- und Regionalentwicklung der beiden nordbayerischen Regionen Oberfranken-Ost und nördliche Oberpfalz. Beide eint, dass sie durch Schrumpfung und Abwanderungsprozesse geprägt sind und naturräumliche Potenziale zum Betrieb von etwa 1.000 Windkraftanlagen besitzen. In ihrer zentralen These konstatierte Hehn, dass eine optimale Ausnutzung der regionalen Wertschöpfung nicht nur die Akzeptanz gegenüber möglichen EE-Projekten erhöht, sondern auch einen erheblichen Beitrag zur Wirtschaftsentwicklung der Region leisten könne. Ein erster unmittelbarer Wertschöpfungseffekt trete durch den Bau, die Installation und die Wartung der Anlagen auf. Dieser Effekt sei umso stärker, je mehr Aufgaben von regionalen Firmen übernommen würden. Ein zweiter Wertschöpfungseffekt folge, wenn der regionale Geldabfluss durch lokale Energieerzeugung anteilig gemindert werden kann. Denn momentan fließt ein großer Teil des Geldes, das für den Energieverbrauch ausgegeben wird, aus beiden Regionen ab. Eine erhöhte regionale Geldzirkulation augmentiere die Kaufkraft vor Ort und führe so zu weiteren Sekundäreffekten. Anhand einer Analyse bereits realisierter Projekte konnte Hehn feststellen, dass die Höhe der regionalen Wertschöpfung einerseits mit der Länge der Wertschöpfungskette und andererseits mit der Höhe des regional auf gebrachten Eigenkapitals in der Umsetzung der Projekte korrespondiere. Vor diesem Hintergrundschätzt sie das Wertschöpfungspotenzial durch den Ausbau der EE in Nordbayern, insbesondere der Windkraft, auf 350 bis 428 Mio. Euro.

In der von Stephan Schleissing (TTN) und Bernhard Widmann (TFZ) moderierten Diskussionsrunde unter dem Titel „Die Energiewende als Bürgerprojekt“ knüpfte Marius Strecker (Netzagentur TenneT) kritisch an Nina Hehns Überlegungen an. Häufig würden die mit der Energie-wende verbundenen Infrastrukturprojekte erst in das Bewusstsein der Bürger treten, wenn sie unmittelbar davon betroffen seien. Aus verwaltungsrechtlicher Sicht können sie dann nur noch wenig Einfluss auf die Ausgestaltung der Projekte nehmen, weil der Planungsprozess bereits sehr weit fortgeschritten ist. Solche Erfahrungen verstärkten die generelle Ablehnungshaltung gegenüber Infrastrukturprojekten in der Bevölkerung. Wolfgang Schürger (Umwelt- und Klimabeauftragter der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern) verwies anschließend darauf, dass nur ein frühzeitiger Einbezug der Bürger durch Informationsveranstaltungen solche Situationen wenn auch nicht komplett vermeiden, so doch wenigsten entspannen könne. Hubert Weiger (BUND) hob hervor, dass im Gegensatz zu den momentan politisch in den Vordergrund gerückten großen Lösungen das dezentrale Potenzial in der Erzeugung der EE wieder verstärkt betont werden sollte. Gerade ein Netzausbau im Mittelund Niederspannungsbereich sei in Verbindung mit der EE-Erzeugung vor Ort zu bevorzugen, um einen unnötigen Bau von Hochspannungstrassen zu vermeiden. Strecker hielt dagegen, dass eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende dennoch eines erheblichen Ausbaus des Hochspannungsnetzes bedarf. Aus dieser Notwendigkeit heraus versuchen die Netzbetreiber, die Planungsverfahren so transparent wie nie zuvor zu gestalten.

6     Fazit aus zweierlei Perspektiven

Ministerialdirigent Maximilian Geierhos (Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) griff in einer Art Gesamtfazit aller Vorträge nochmals den Tagungsschwerpunkt auf. Er unterstrich hierbei, dass im Zuge der Energiewende das Potenzial des ländlichen Raums ersichtlich geworden sei, die urbanen Räume mit Energie zu versorgen und zwar mit Strom, mit Wärme und in Grenzen auch mit mobilen Kraftstoffen. Die Politik könne durch entsprechende Rahmenbedingungen dazu beitragen, durch die damit verbundene Wertschöpfung die ländlichen Räume wirtschaftlich zu stärken und unabhängiger von staatlichen Transferleistungen zu machen. Eine nachhaltige ökonomische Perspektive für die Bürger in den ländlichen Regionen würde sich fraglos positiv auf die Akzeptanz von Energiewendeprojekten auswirken. Die Energie-wende führe somit indirekt zu einer Renaissance von sozialen Gemeinschaftsinitiativen wie Energiegenossenschaften und Bürgerwindparks.

In der abschließenden Fragerunde wurde trotz der breiten Streuung der Fragethemen der Konsens zwischen Beitragenden und Tagungsbesuchern deutlich, dass sich sowohl die überregionalen wie auch regionalen Infrastrukturprojekte der Energiewende nur mit Zustimmung der Bürger umsetzen lassen. Nur als „Bürgerwende“ könne laut Hubert Weiger das Generationenprojekt Energiewende langfristig erfolgreich sein. Offen blieb allerdings, wie die Partizipation potenziell betroffener Bürger adäquat auszugestalten sei. Dies wurde v. a. in der Diskussion um Planungsprozesse ersichtlich. Ausführlich adressiert waren hingegen die Themen „Flächenbereitstellung und Biomasseproduktion durch die Landwirtschaft“, sowie „werteorientierte Kommunikationsansätze bei Konflikten und Herangehensweisen zur Kompromissfindung“. Ganzheitliche Herangehens-weisen zum Umgang mit lokalen Konflikten in der Umsetzung der Energiewende wurden jedoch nur ansatzweise aufgezeigt. Ein systematischer Zusammenhang von Energiewende und nachhaltiger Agrarpolitik konnte im Rahmen der Veranstaltung nicht wirklich gestiftet werden.

Dennoch ermöglichte die Tagung „Energiewende im ländlichen Raum“ durch die Diversität der Beiträge hinsichtlich der behandelten Themen und der Untersuchungsansätze einen Einblick in die Konfliktfelder und die Herausforderungen, mit denen sich die involvierten Akteursgruppen im Rahmen der Energiewende konfrontiert sehen. Eine wesentliche Schlussfolgerung der Tagung lautet, dass der ländliche Raum nicht nur der zentrale Ort der Umsetzung der Energiewende ist, sondern dass ohne die konstruktive Lösung der dort anfallenden Problemstellungen die Energiewende nicht erfolgreich umgesetzt werden kann. Die in den anregenden Vorträgen und Diskussionen vorgestellten Lösungsoptionen gaben einerseits mögliche Entwicklungspfade vor und zeichneten andererseits ein differenziertes Bild der Thematik. Diese Lösungsansätze bleiben jedoch in Teilen an die geographischen, wirtschaftlichen und auch verwaltungsrechtlichen Rahmenbedingungen im Bundesland Bayern zurückgebunden, auf das sich die Konferenz konzentrierte. In ihnen spiegelt sich aufgrund der fortgeschrittenen Entwicklung der Energiewende in diesem Bundesland nicht zuletzt ein starkes Engagement von Bürgerinnen und Bürgern v. a. im ländlichen Raum wider. Dadurch ergab sich eine beispielhafte Veranschaulichung der Komplexität der mit der Energiewende einhergehenden soziotechnischen Transformation und der im Spannungsfeld gesellschaftlicher Notwendigkeiten, politischer Vorgaben und wirtschaftlicher Anforderungen entstehenden Aufgaben. Diese zu lösen, das wurde während der Tagung letztlich deutlich, kann allerdings nicht nur Aufgabe der Akteure am eigentlichen Ort des Geschehens bleiben, sondern verlangt eine gesamtgesellschaftliche Fokussierung der Eigenheiten ländlicher Energieerzeugung.