Soziale Nachhaltigkeit und Zukunft der Arbeit (Tagungsbericht)

Veranstaltungen

Soziale Nachhaltigkeit und Zukunft der Arbeit

Berlin, 9. - 10.11.2000

Tagungsbericht von Bettina-Johanna Krings, ITAS

Der Endbericht des Verbundprojektes "Arbeit und Ökologie", der vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie (WI) sowie dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) erstellt wurde, liegt nunmehr - nach drei Jahren Laufzeit - vor [1] . Das Projekt, das von der Hans-Böckler-Stiftung in Auftrag gegeben wurde, tritt in die sogenannte "Transferphase", was heißt, dass die Ergebnisse der Studie einer breiten und interessierten Öffentlichkeit vorgestellt werden und den Diskurs um die Zukunft der Arbeit bereichern und vorantreiben sollen. Diese Transferphase fand ihren Auftakt in der Konferenz "Soziale Nachhaltigkeit und Zukunft der Arbeit", die von der Querschnittsgruppe "Arbeit & Ökologie" des WZB sowie der Hans-Böckler-Stiftung veranstaltet und durchgeführt wurde. Um die Diskussionen im Rahmen des Kongresses inhaltlich zu stimulieren, wurde - schon im Vorfeld - ein Teil der eingeladenen Sprecher und Sprecherinnen gebeten, aus ihren Fachgebieten heraus, direkte und offene Kritik an der Studie zu üben. Die Komplexität der Studie sowie nicht zuletzt das Thema "Nachhaltigkeit" luden auf diese Weise (mal wieder) zu lebhaften und sehr kontroversen Diskussionen um die Konkretisierung des Leitbildes ein, denen sich die Arbeitsgruppe des WZB fachlich versiert und höchst professionell stellte. Die innere Struktur des Kongresses wird im Folgenden übernommen und die Ergebnisse schwerpunktartig vorgestellt.

Zum Konzept des "Erweiterten Arbeitsbegriffs"

Erklärtes Ziel des Verbundprojektes "Arbeit und Ökologie" ist das Bestreben, die weitgehend ökologische Prägung des Diskurses um Nachhaltigkeit um die soziale Dimension zu erweitern und zu stärken. Damit war die Hoffnung des Auftraggebers verbunden, aktuelle Probleme in Deutschland wie Dauer- und Massenarbeitslosigkeit mit den sozialen Dimensionen von Nachhaltigkeit wie soziale Gerechtigkeit und ein menschenwürdiges Leben zu verbinden. Aus diesen Gründen wurde die Stoßrichtung des Projektes auf die Zukunft der Arbeit als die zentrale Quelle für die verschiedenen Dimensionen von Lebensqualität gelegt. Es wurde hierbei ein weiterer Versuch unternommen, ein Konzept der Gleichrangigkeit ökologischer, ökonomischer und sozialer Dimensionen vorzulegen. Die inhaltliche und thematische Ausrichtung konzentriert sich auf die Ausdifferenzierung der Arbeit und eine Einschätzung der absehbaren Entwicklungslinien vor allem im Hinblick auf ihre sozialen und ökologischen Folgen.

Die Formulierung eines "Erweiterten Arbeitsbegriffs" beinhaltet vor allem den Ansatz, die Dominanz der Erwerbsarbeit auf allen gesellschaftlichen Ebenen zugunsten eines Mischarbeitskonzeptes zurückzuschrauben. Dieses Mischarbeitskonzept beinhaltet neben der "normalen" Erwerbsarbeit die Bereiche Versorgungs-, Gemein- und Eigenarbeit. Über Formen der Arbeitszeitverkürzung sowie die (normative und materielle) Aufwertung der drei Sektoren sollte jeder Mann und jede Frau die Möglichkeit erhalten, gleichberechtigt und ohne materielle Einbußen in allen vier Bereichen zu partizipieren.

Durch die Möglichkeit der gleichberechtigten Partizipation in allen vier Tätigkeitsfeldern soll eine gesellschaftliche Umverteilung in Gang gesetzt werden. So erhoffen sich die Autoren eine Entlastung auf dem Arbeitsmarkt, d. h. hier könnten Potenziale von Erwerbsarbeit freigesetzt werden. Gewagt werden soll jedoch darüber hinaus ein umfassender Prozess, der die Frage nach der materiellen Grundsicherung über die Verknüpfung mit den anderen Arbeitsbereichen neu stellt und neu beantwortet. Das Konzept knüpft normativ sehr stark an die Studie "Zukunftsfähiges Deutschland" des Wuppertal Instituts an, die ebenfalls über die Integration der Versorgungs-, Gemein- und Eigenarbeit zu neuen Konzepten von "Lebensqualität" kommt. Die Integration dieser Bereiche soll neue Wege ökologischen sowie sozialen Handelns eröffnen, die vor allem im Rahmen von Suffizienzstrategien anzusiedeln sind.

Da die drei Tätigkeitsfelder, die verstärkt für den gesellschaftlichen Prozess fruchtbar gemacht werden sollen, historisch und aktuell weibliche Tätigkeitsfelder beschreiben, würde eine gesellschaftliche Aufwertung dieser Bereiche die Frage des gesellschaftlichen Geschlechterverhältnisses in besonderem Maße aufwerfen und verändern. Der integrale Ansatz von Nachhaltigkeit bedeutet deshalb nicht nur die gleichrangige Integration der ökonomischen, ökologischen und sozialen Dimensionen der Gesellschaft, sondern auch die verstärkte Integration sozialer Differenzen, wie sie sich im Laufe der Moderne entwickelt haben.

Das Modell des "Erweiterten Arbeitsbegriffes" basiert auf der Frage nach der sozialen Nachhaltigkeit, die von der Projektgruppe des WZB bearbeitet wurde. Soziale Ziele einer nachhaltigen Entwicklung wurden bisher nur von den beiden Enquete-Kommissionen "Schutz des Menschen und der Umwelt" des 12. und 13. Deutschen Bundestages 1994 und 1998 definiert, wobei hier unter anderem Ziele wie Schutz der Gesundheit, Sicherung der sozialen Stabilität oder Sicherung der Entwicklungs- und Funktionsfähigkeit einer Gesellschaft formuliert wurden.

Nach Ansicht der Projektgruppe des WZB müssen soziale Problemlagen in der Wechselwirkung ökologischer und sozialer Beziehungsmuster analysiert werden, wobei hierbei die Einbettung von Arbeit in den gesellschaftlichen Prozess der wichtigste Pfad zu einem erfolgreichen Modell sozialer Nachhaltigkeit sei. Die Sicherstellung der Erwerbstätigkeit stelle in den westlichen Industrienationen die ökonomische Grundlage für ein an Nachhaltigkeit ausgerichtetes Handeln dar und sei deshalb zentral für das Modell.

Aus dem Grundmodell des erweiterten Arbeitsbegriffs wurden folgende Effekte für den gesellschaftlichen Prozess diagnostiziert: 

Das Konzept schlägt in diesem Sinne eine sozial-ökologische Reformstrategie vor, die vor dem Hintergrund der ökonomischen, ökologischen und sozialen Dimensionen zur Disposition gestellt wurde.

Soziale Nachhaltigkeit aus ökonomischer Sicht

In seiner Präsentation des erweiterten Arbeitsbegriffes hatte Eckart Hildebrandt vom WZB schon darauf hingewiesen, dass die ökonomische Dimension eine Logik vertritt, die weitgehend konträr zu dem Modell sozialer Nachhaltigkeit steht. Dies habe die Diskussionen im Projektverlauf ebenso gezeigt wie die Ergebnisse, die im Rahmen des Projektes zäh ausgehandelt und formuliert werden konnten. Vom Standpunkt der Wissenschaft sei es von großer Bedeutung, diese Unterschiede transparent zu machen und die Differenzen, die bestehen, nicht zu negieren, sondern in die Modelle zu integrieren. Diese spiegeln die gesellschaftliche Realität und die Entwicklung globaler Märkte weisen schon jetzt auf diese Differenzen hin. In diesem Sinne müssten die Modelle konstruktiv mit diesen Differenzen umzugehen lernen.

Die erwartete harte Kritik aus ökonomischer Sicht blieb leider aus.

Dagegen vertrat Maximilian Gege von B.A.U.M. vehement die Vision einer zukunftsfähigen Gesellschaft mit nachhaltigen Lebensformen und machte eine Reihe von Vorschlägen, wie diese in kleine und mittlere Betriebe (KMU) integriert werden könnten.

Repräsentativ für die Kritik aus ökonomischer Sicht sind Aspekte, die immer wieder in der Diskussion auftauchten und vor allem in der Darstellung von Ernst Kreuzaler, deutscher Vertreter der International Labour Organisation (ILO), pointiert wurden. Wird Arbeit aus ökonomischer Perspektive als Ware betrachtet, so führt dies im Hinblick auf soziale Standards zu völlig konträren Entwicklungen. Dies lasse sich jetzt schon im Rahmen des Prozesses globaler Entwicklungen aufzeigen. Dieser Prozess führe weltweit wieder zu neuen Verteilungsmustern. Die Verlierer seien hierbei sehr klar arbeitsintensive Sektoren, während die technologieintensiven Sektoren ein forciertes Wachstum zu verzeichnen hätten, was insgesamt zu einer größeren sozialen Ungleichheit führe sowie sich gravierend auf die Formen von Arbeit auswirke. Hier fehle eine weltweite Grundwertediskussion um elementare ethische Grundprinzipien.

Soziale Nachhaltigkeit aus ökologischer Sicht

Die Kritik aus der ökologischen Perspektive wurde von Konrad Ott von der Universität Greifswald vorgetragen, wobei er sich grundsätzlich vehement gegen die Konzeption des gesamten Projektvorhabens wandte, das seiner Ansicht nach an extremer Theoriearmut leide. Das Prinzip der Gleichrangigkeit aller Dimensionen sei unrealistisch, Aspekte des Modells wie "Suchprozess", "Partizipation" etc. würden zu einer völligen Überfrachtung des Konzeptes führen und versinnlichten schon fast ein Gebot in der Diskussion. Die alte Kontroverse zwischen starker und schwacher Nachhaltigkeit sei nicht gelöst, zu allem Überfluss sei die ökologische Dimension sehr blass geblieben.

Er plädierte für klare analytische Trennungen erstens der Begriffe sowie zweitens der Etappen des Nachhaltigkeitsprozesses und schlug folgende Alternative vor: 

  1. Begriffsklärungen (Ethik, inter- und intragenerationelle distributive Gerechtigkeit), 
  2. Klärung der Grundkonzeption ("starke" versus "schwache" Nachhaltigkeit), Strategien (Resilienz, Effizienz, Suffizienz) und Managementregeln, 
  3. Strategien (Resilienz, Effizienz, Suffizienz) und Managementregeln, 
  4. Dimensionen bzw. "Säulen" (Ökologie, Ökonomie und "Soziales"), 
  5. Zielsetzungen, 
  6. Operationalisierung, 
  7. Instrumente, 
  8. Umsetzung und Monitoring.

Das zentrale Thema im Rahmen der sozialen Nachhaltigkeit bleibe jedoch die Suffizienzstrategie, die philosophisch als die Suche nach neuen Lebensformen, bzw. die Suche nach dem "Gemeinwohl" betrachtet werden könne. "Gemeinwohl" heiße hierbei nicht Askese und Verzicht, sondern beinhalte die Suche nach neuen Formen der sozialen Honorierung und sozialen Transfersystemen von einem gesellschaftlichen System in ein anderes. Die Bedeutung der Familienarbeit sowie Formen gesellschaftlicher Partizipation seien hierbei unbestritten, jedoch müsste auch hier eine Honorierung in Form von materiellen Zahlungssystemen entstehen. Schlüsselbegriffe seien hierbei, angelehnt an den Soziologen Axel Honneth, die Formen der sozialen Anerkennung sowie der Schaffung sozialer Netzwerke. Konrad Ott stimmte jedoch insgesamt mit der Projektgruppe des WZB in dem Aspekt überein, dass die Schaffung einer sozialen Nachhaltigkeit wichtige und notwendige Voraussetzung für eine nachhaltige ökologische und ökonomische Entwicklung sei.

Soziale Nachhaltigkeit aus sozialer Sicht

Ingrid Kurz-Scherf von der Fachhochschule Bielefeld vertrat engagiert die Kritik aus sozialer Perspektive, wobei sie, ähnlich wie ihr Vorgänger, weitergehende Vorschläge zum Konzept formulierte.

Für Kurz-Scherf ist das Konzept auch als normatives Konzept zunächst einmal sehr wichtig und bedeutsam für die Diskussion. Sie versteht es als einen Beitrag, der den Versuch der Strategiebildung unternimmt, "normative Kompetenz gegen Sachzwanglogik wieder zurück zu gewinnen". In diesem Licht erscheine die soziale Dimension als eine Bedingung der Möglichkeiten, die genutzt werden sollten und die den ökologischen und sozialen Dimensionen wieder einen Raum im gesellschaftlichen Prozess einräumten. Hierbei solle jedoch keine Vorabentscheidung des Definitorischen getroffen werden.

Zum "Erweiterten Arbeitsbegriff" räumte Kurz-Scherf ein, dass es sich hier um normativ sehr komplexe und schwer greifbare Begriffe handele, die einer genauen analytischen Trennung bedürften. Die Integration der Versorgungs-, Gemein- und Eigenarbeit in den gesellschaftlichen Prozess sei seit Jahrzehnten Gegenstand feministischer Forschung und Kritik und sei gerade in ihrer analytischen Qualität bisher ausschließlich auf eine scharfe Abwehr in der wissenschaftlichen Debatte gestoßen. Der Arbeitsbegriff, wie er sich historisch mit all seinen Implikationen wie Leistung, Struktur und Anerkennungsmechanismen herausgebildet habe, habe heutzutage seine Gültigkeit bei weitem nicht eingebüßt und es gelte, diese Aspekte in die Analyse mit einzubeziehen.

Ein pluraler oder ganzheitlicher Begriff von Arbeit, der nach dem Gemeinsamen zwischen der Erwerbs- und Versorgungsarbeit fragt, müsse ein völlig anderes Wertesystem von Arbeit entwickeln. Der subjektive Charakter von Arbeit müsse hierbei verstärkt in den Vordergrund gestellt werden: Arbeit als Tätigkeit für andere Menschen, die Anerkennung durch andere Menschen, Arbeit als kreative Tätigkeit, Arbeit als selbständige Tätigkeit, Arbeit, die sich und andere versorgt etc.

Von einer Umwertung der Arbeit seien wir jedoch weit entfernt, ganz im Gegenteil: problematisch für die Diskussion des "Erweiterten Arbeitsbegriffs" erscheint Kurz-Scherf die Tatsache, dass Arbeitsformen wie kommunitäre Arbeit, Versorgungsarbeit oder Eigenarbeit im gesellschaftlichen Prozess "verwertet" und ebenfalls dem Bezugssystem von Erwerbsarbeit unterworfen werden sollen. Dies sei jedoch nicht möglich, da hier auch Kategorien wie "Zeit für Nicht-Arbeit", "Befreiung von der Arbeit" oder Formen der "Muße", des "Nichtstuns" enthalten sind. Eigenschaften also, die völlig konträr zur inneren Logik von Erwerbsarbeit stünden.

Gesellschaftlichkeit werde in der Moderne über die Kategorie des Geldes hergestellt. An dieser Faktizität gehe, nach Kurz-Scherf, kein Weg mehr vorbei. Die Trends der zunehmenden Frauenerwerbstätigkeit wiesen hier sehr genau auf diese Entwicklungen hin. Das sei nicht negativ zu bewerten, sondern ebenfalls ein wichtiger Aspekt, der in der ideellen Verortung der Versorgungs- und Gemeinarbeit sehr schnell aus den Augen verloren würde. Die steigende Professionalität in diesen Bereichen müsse in diesem Sinne auch materiell unterstützt und ausgebaut werden.

Was jedoch zunächst für die konzeptionelle Ebene entscheidend sei, sei die Entwicklung eines demokratietheoretischen Begriffs von Arbeit, der sich nicht in der sozialen Frage und auch nicht in der sozialen Pluralität erschöpfe. Ein demokratietheoretischer Begriff von Arbeit münde in die zentrale Frage, was die Gesellschaften zusammenhalte, bzw. welche Integrationsformen sie aufbaue. Als Anhängerin der "Theorie des Kommunikativen Handelns" plädierte Kurz-Scherf dann auch für die Wiederaufnahme einer Gesellschaftstheorie, die sich den normativen Aspekten von "Kooperation" und "Kommunikation" verpflichte. Nur über die Stärkung von "Kooperation" und "Kommunikation" könnten Formen der "normativen Kompetenz" erlangt werden. Normative Kompetenz sei jedoch unverzichtbare Voraussetzung für Formen des nachhaltigen Handelns wie kooperatives Handeln, Beziehungsarbeit, Verzicht, Arbeit für andere Menschen und für ein Leben für andere Menschen.

Fazit

Die soziale Dimension der Nachhaltigkeit kann auf die zentrale Frage der Soziologie zurückgeführt werden, wie die soziale Integration von Gesellschaften gewahrt bleibt, bzw. über welche sinnstiftenden Elemente im gesellschaftlichen Prozess "vernünftiges" Handeln gefördert werden kann. Einer der Begründer der Disziplin, der Franzose Emile Durkheim, hat schon während der frühen Industrialisierung die außerordentliche Bedeutung von Erwerbsarbeit für moderne Gesellschaften erkannt und herausgestellt. Seine empirisch fundierten Theorien über die kausale Beziehung zwischen den voranschreitenden Formen arbeitsteiliger Arbeit und der Auflösung sozialer und traditioneller Strukturen hat bis heute, angesichts der weltweiten Öffnung der Märkte, kaum an Aktualität eingebüßt. Im Gegenteil, in allen modernen Gesellschaften begründet die Erwerbsarbeit die Rechte des Menschen und konstituiert so die Selbstbestimmung des einzelnen Menschen. Soziale Identität sowie persönliche Reputation werden über sie vermittelt. Der Trend schreitet weiter voran, die Erwerbstätigkeit ist zum festen Bestandteil der individuellen Biografie geworden und zentraler Impuls für fortschreitende Individualisierungstendenzen.

Das Konzept des "Erweiterten Arbeitsbegriffs" innerhalb der Studie "Arbeit und Ökologie" wird der normativen Idee von Nachhaltigkeit durchaus gerecht, indem es versucht, einen ganzheitlichen und integrativen Ansatz von Arbeit zu begründen. Hierbei sollen die Versorgungs-, die Eigen- und die Gemeinarbeit, die sich im historischen Verlauf von der heutigen Erwerbsarbeit ausdifferenziert und weiterentwickelt haben, wieder zu einem Ganzen zusammengefügt werden. Die Integration dieser Bereiche kann als wichtiges Instrumentarium verstanden werden, um kreative Potenziale für den weiteren gesellschaftlichen Prozess im Hinblick auf nachhaltige Entwicklungsmöglichkeiten zu begründen. Hierbei wird deutlich, dass sich die Diskussion sehr schnell im Bereich der Suffizienzstrategien, bzw. im philosophischen Diskurs nach der Suche nach einem "guten Leben" (sozialverträgliche und ökologische Lebensformen) bewegt. Die lebhaften Diskussionen im Rahmen des Kongresses spiegelten sehr stark diesen Diskurs beispielsweise in der Forderung nach einem breiten Diskurs über elementare ethische Grundprinzipien des menschlichen Daseins, über neue Formen der Honorierung menschlicher Aktivitäten oder über die soziale Würdigung bisher rein weiblicher Arbeitsformen.

Die normative Kraft des Konzeptes wurde nicht zuletzt von der WZB-Projektgruppe glaubhaft vertreten, an der theoretisch-analytischen Schärfe des Konzeptes sollte, das haben die verschieden kritischen Anstöße gezeigt, weiter gearbeitet werden. Die praktische Umsetzung einer gesamtgesellschaftlichen Strategie für Deutschland steht noch aus. Die Institutionalisierung eines Rates für Nachhaltigkeit in Deutschland trägt, so Jürgen Minsch aus dem ehemaligen schweizerischen Nachhaltigkeitsrat, momentan eher den Charakter einer "Militärparade, die mit gewaltigen Schritten durch Berlin zieht". Bleibt abzuwarten, ob das kreative Potenzial des integrativen Ansatzes angesichts der gesellschaftlichen Realität Wurzeln schlagen kann.

Anmerkung

[1] Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung; Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie; Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, (2000): Verbundprojekt: Arbeit und Ökologie. Abschlussbericht. Gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung im Schwerpunkt "Perspektiven der Arbeitsgesellschaft". Berlin, Wuppertal.

Kontakt

Bettina-Johanna Krings
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Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
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