TA-Institutionen und TA-Programme
Technikbewertung an der Fachhochschule Hamburg: Ein Sachstandsbericht
Technikbewertung an der Fachhochschule Hamburg: Ein Sachstandsbericht
von Eberhard Appel, Peter Berger, Constantin Canavas, Arnim von Gleich; bearbeitet von Monika Bergmann
Der Ansatz von Technikbewertung hat sich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich verändert. Schon im durch die Richtlinie 3780 des VDI dokumentierten Übergang von der Technikfolgenabschätzung zur Technikbewertung drückt sich aus, daß der Ansatz im Prozeß der Technikgenese nach 'vorn' gerückt ist. Weniger die stark mit Prognoseproblemen behaftete Abschätzung von Folgen einer 'fertigen' Technik, als die Erweiterung der immer schon stattfindenden Bewertungsprozesse um die ökologische und soziale Dimension, die konzentriertere Beachtung möglicher unbeabsichtigter Nebenwirkungen und langfristiger Folgewirkungen steht heute im Zentrum. Damit verschob sich das Hauptbetätigungsfeld der Technikbewertung von der Politikberatung hin zu Innovationsprozessen in den Unternehmen (u.a. Alternativenprüfung). Im folgenden wird über Ansätze zur Integration der Technikbewertung in Lehre und Forschung an der Fachhochschule Hamburg berichtet.
I. Institutionalisierung der Technikbewertung in der Fachhochschule Hamburg
Die Integration eines Faches Technikbewertung in die Ingenieursausbildung zur Ergänzung und Vertiefung der selbstverständlich in allen technischen und wirtschaftlichen Ausbildungselementen stattfindenden Bewertungsprozesse war ein konsequenter Schritt, den die Fachhochschule Hamburg Anfang der 90er Jahre vollzog. Der Hochschulsenat beschloß die Einrichtung von je einer Professur für das Lehrgebiet Technikbewertung an den drei großen Standorten mit Ingenieurstudiengängen (Bergedorf, Berliner Tor und City Nord).
Vorangegangen waren diesem Beschluß zahlreiche Initiativen auf Fachbereichsebene zu den Themen Technik und Verantwortung sowie Technik und Umwelt. Fest institutionalisiert wurden die MUT (Mensch-Umwelt-Technik) Tage, die einmal im Semester stattfinden.
Die Besetzung der drei Professuren gestaltete sich je nach Standort sehr unterschiedlich. Am Standort Bergedorf einigten sich die dort ansässigen Fachbereiche auf einen Vorschlag des Fachbereichs Bio-Ingenieurwesen, Produktionstechnik und Verfahrenstechnik, nicht eine Person für das neue Fachgebiet zu berufen, sondern jeweils ein Drittel an drei andere Stellen anzubinden. Eine wesentliche Motivation für diese Entscheidung war die Erwartung, daß dadurch die Lehrenden fest auf dem Boden und in der praktischen Wirklichkeit eines "klassischen" Fachgebiets der Fachhochschule stehen und sich aus dieser Position heraus fachübergreifend mit Technikfolgenabschätzung und Technikbewertung beschäftigen könnten. Ein weiterer Grund für die Aufteilung war die Frage der Akzeptanz des Lehrgebiets und der Lehrperson, sowohl bei den Studierenden als auch beim Kollegium. Außerdem erhoffte man durch eine Aufteilung, das sehr breite Spektrum der am Standort Bergedorf vertretenen Studienangebote fachkompetent durch Technikfolgenabschätzung bzw. Technikbewertung zu begleiten bzw. zu ergänzen. Schließlich könnten mehrere Fachvertreter eine "kritische Masse" bilden und sich gegenseitig unterstützen, fördern, ergänzen und anregen. Die Besetzung der Stellen führte zu einer Kombination der Technikfolgenabschätzung/Technikbewertung mit den Fachgebieten Medizintechnik/Elektrotechnik (Prof. Dr.-Ing. Eberhard Appel), Automatisierungstechnik/Chemie- und Verfahrenstechnik/Philosophie (Prof. Dr.-Ing. Constantin Canavas) und Betriebssoziologie / Kommunikationstechniken/Nachrichtentechnik (Prof. Dr. Peter Berger).
Am Standort Berliner Tor wurde 1994 die vorgesehene Stelle ausschließlich dem Fachgebiet Technikfolgenabschätzung/Technikbewertung gewidmet. Dies ermöglicht die Bündelung der Kräfte und die erhöhte Konzentration auf das Fachgebiet. Durch das Qualifikations- und Erfahrungsprofil des Stelleninhabers Prof. Dr. Arnim von Gleich (Biologie/Chemie, Pädagogik; Sachverständiger-Tätigkeiten) erfolgte eine fachübergreifende Ergänzung und Erweiterung der "klassischen" Disziplinen am Standort. Beide Wege, sowohl die Kombination mit Fachgebieten, als auch die Einrichtung einer ausschließlich dem Gebiet Technikbewertung gewidmeten Stelle haben sich als erfolgsversprechende Strategien herausgestellt. Wobei zu den Erfolgsvoraussetzungen eine 'Zweibandqualifikation', d.h. zumindestens eine naturwissenschaftlich-technische Grundqualifikation gehört haben dürfte.
Die dritte Stelle (Standort City Nord) wurde zwar im Fachbereich Vermessungswesen gleichzeitig mit der Stelle am Berliner Tor ausgeschrieben (März 1993), das Verfahren führte jedoch nicht zu einer Besetzung. Gemäß der erneuten Ausschreibung (17.01.1997) soll damit das Lehrangebot im Fachgebiet "Technikbewertung im Bauwesen" unterbreitet werden unter besonderer Berücksichtigung ökologischer, rechtlicher, sozialer und humaner Folgen von Planungsmaßnahmen sowie bautechnischer Entwicklungen. Ein entsprechendes Lehrangebot ist auch in den Studiengängen Architektur und Vermessungswesen anzubieten. Das Berufungsverfahren ist zur Zeit noch nicht abgeschlossen.
Zum Selbstverständnis der Technikbewertung gehören Intervention und Vermittlung bei der Entwicklung und Verbreitung von Technik. Lehre und Forschung in der Fachhochschule verstehen sich praxisnah und anwendungsorientiert. In dieser Parallelität liegt auch die Chance für eine wirksame Integration der Technikbewertung in die Aktivitäten der Fachhochschule, die durch Projekte, Diplomarbeiten usw. den Transfer von Ansätzen und Erfahrungen aus der Lehre und Forschung in die Praxis und aus der Praxis in die Lehre begleitet. Die Erforschung und Gestaltung der Bedingungen dieses Transfers unter dem Gesichtspunkt der Folgenabschätzung und der Technikbewertung sowie die Erprobung von geeigneten Methoden gehören zu den Hauptzielen des neuen Lehrbereichs. In einer ständigen Interaktion mit der betrieblichen Praxis - einer Interaktion, die häufig durch die Studierenden selbst in die Hochschule hereingetragen wird - soll in kleinen Schritten eine umfassende, den heutigen betrieblichen und gesellschaftlichen Anforderungen gerecht werdende Qualifikation unserer Absolventen erreicht werden.
2. Stand von Lehre und Forschung zur Technikbewertung an der Fachhochschule Hamburg
Die Professoren für Technikbewertung an der Fachhochschule Hamburg haben eine Arbeitsgruppe gebildet, in dem sie ihre Lehre inhaltlich und didaktisch abstimmen, sowie einen Curriculumsvorschlag zur Technikbewertung erarbeiten.
Übereinstimmung herrscht dabei in folgenden Grundauffassungen:
- Das Lehrgebiet Technikbewertung soll thematisch möglichst auf die praktischen Anforderungen der Absolventen zugeschnitten sein und deren berufliche Chancen vergrößern.
- Technikbewertung soll möglichst nicht isoliert, sondern als integraler Bestandteil des Studiums gelehrt werden. Dies bedeutet, daß die Lehrinhalte der Technikbewertung an den Themenfeldern der jeweiligen Studienrichtung orientiert und möglichst interdisziplinär und projektorientiert angelegt sein sollen.
- Das Fach Technikbewertung eignet sich in besonderer Weise zur Vermittlung und Einübung der zunehmend geforderten Schlüsselqualifikationen 'Soziale Kompetenz', 'Teamfähigkeit', 'integrierte Systembetrachtung' usw. Diese Lernziele müssen auch in der Didaktik des Fachs berücksichtigt werden.
2.1 Lehre am Standort Bergedorf
Am FH-Standort Bergedorf sind die Studiengänge Biotechnologie, Medizintechnik, Umwelttechnik, Verfahrenstechnik, Ökotrophologie, Pflege und Gesundheit sowie der hochschulübergreifende Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen angesiedelt. Nach den zur Zeit gültigen Studienordnungen ist Technikbewertung für die Studiengänge des Fachbereichs Bio-Ingenieurwesen Produktionstechnik und Verfahrenstechnik (BPV) als Pflichtfach (2 Lehrveranstaltungen), für den Studiengang Ökotrophologie als fachübergreifendes Wahlpflichtfach (4 Lehrveranstaltungen) und für den Hochschulübergreifenden Studiengang Wirtschaftsingenieur (HWI) als Wahlfach vorgesehen.
Pro Semester werden mehrere Parallelveranstaltungen in Seminar- oder Projektform angeboten. Die Schwerpunkte werden in engem Zusammenhang mit dem jeweiligen Studiengang gelegt. Die Zuordnung der betreuenden Hochschullehrer erfolgt vor dem Hintergrund der interdisziplinären Fachschwerpunkte des jeweiligen Hochschullehrers: Medizintechnik, Betriebssoziologie und Nachrichtentechnik sowie Automatisierungstechnik und Chemieingenieurtechnik. Zusatzstudien und berufliche Erfahrungen bestimmen auch die spezifischen Akzente auf dem Gebiet der Technikbewertung: Technologietransfer und Evaluationsansätze im Gesundheitswesen, Datenschutz und Beratung bei Technikgestaltung, sowie ethische und historische Ansätze. Das Bestreben, Ansätze der Technikbewertung in die einzelnen Fächer zu integrieren, wurde bisher bei Diplomarbeiten, fachübergreifenden Projekten und einzelnen Fächern realisiert. Die vor kurzem beschlossene Einführung weiterer Pflichtprojekte durch eine umfassende Studienreform dürfte die Integrationschancen für die Technikbewertung wesentlich erhöhen. Herauszuheben sind außerdem studentische Arbeitsgruppen bzw. Aktivitäten in den Bereichen: Umweltmanagement, Ökobilanzen und Umweltberichte/Umweltkommunikation / Umweltbildung.
2.2 Lehre am Standort Berliner Tor
Am Standort Berliner Tor werden seit SS 1994 Lehrveranstaltungen zur Technikbewertung in den Studiengängen Maschinenbau, Chemieingenieurwesen, Fahrzeug- und Flugzeugbau, Elektrotechnik, Softwaretechnik und Technische Informatik angeboten. Für die Studiengänge Maschinenbau und Chemieingenieurwesen gemeinsam werden zwei vierstündige Veranstaltungen im Wahlpflichtbereich durchgeführt. Im ersten Studienabschnitt geht es dabei um 'Probleme der Stoff- und Technikbewertung im Ingenieursalltag' und im zweiten Studienabschnitt um 'Prinzipien ökologischer Technikgestaltung'. Für die Studiengänge Fahrzeug- und Flugzeugbau wird eine vierstündige Wahlpflichtveranstaltung Technikfolgenabschätzung mit dem Titel 'Umweltfolgen als Innovationsmotor - Auf dem Weg zum umweltfreundlichen Fahrzeug?', für die Studiengänge Elektrotechnik, Softwaretechnik und Technische Mechanik wurden im Wechsel zwei aufeinander aufbauende, je zweistündige Veranstaltungen im gesellschaftswissenschaftlichen Wahlpflichtfach angeboten zu den Themen 'Elektronikschrott als Anstoß zum recyclinggerechten Konstruieren' und 'Ökologische Optimierung von Elektro- und Elektronikgeräten'. Darüber hinaus wurde im SS 1995 eine Ringvorlesung zum Thema "Bionik: Von der Natur lernen - naturgemäß handeln?" organisiert.
2.3 Weitere Lehrveranstaltungen zur Technikbewertung
Weitere Veranstaltungen sind: eine Seminar-Veranstaltung mit dem Titel "Technikbewertung und Umweltmanagement"am Fachbereich Fahrzeugtechnik (Prof. Dr. Kreth), ein Seminar "Betriebliches Umweltmanagement" am Fachbereich Wirtschaft, sowie am Standort City Nord (FB Architektur, Bauingenieurwesen, Vermessungswesen) Ringvorlesungen zum schonenden Umgang mit Ressourcen in der Architektur.
Es ist vorgesehen, das Lehrangebot Technikbewertung standortübergreifend zu erweitern.
2.4 Studentischer Wettbewerb Technikbewertung
In den Jahren 1995/96 und 1996/97 wurden an der FH Hamburg auf Initiative des damaligen Vizepräsidenten Prof. Dr. Kreth mit Förderung durch die Körber-Stiftung zwei Wettbewerbe "Technikbewertung - Wir fangen bei uns selbst an" durchgeführt.
In den Ausschreibungsbedingungen wurden zwei Ziele miteinander verknüpft: Zum einen die Erweiterung und Verbesserung der Ausbildungsqualität, zum anderen die Verbesserung des Lernortes, des 'Systems' Fachhochschule selbst. Der Untersuchungsgegenstand wurde nicht weiter eingegrenzt. Um Teamarbeit und Interdisziplinarität zu sichern, wurden aber formale Kriterien vorgeschrieben: Zusammenarbeit war Pflicht, und in einem Team mußten mindestens zwei Fachbereiche vertreten sein.
Die Beiträge der Studierenden wurden von einer fachkompetenten Jury bewertet, deren Mitglieder nicht der Fachhochschule angehörten.
Als Ergebnis ist festzuhalten, daß die Ansätze der Technikbewertung einen wichtigen Beitrag zur Einübung fachbereichsübergreifender Teamarbeit und Kommunikation sowie zur Verbesserung der Ausbildungsqualität liefern können.
2.5 Arbeitsgruppe Technikbewertung und Workshop
Aufgrund des vorgenannten Verständnisses des Stellenwertes der Technikbewertung wurde es von den Professoren als notwendig erachtet, eine Arbeitsgruppe Technikbewertung zu bilden, die mit der Curriculumsentwicklung Technikbewertung befaßt ist. Im Vordergrund stehen hier Fragestellungen, die sich aus der Implementation und Integration von Technikbewertung in die Lehre ergeben. In den ersten Arbeitssitzungen wurde festgestellt, daß im Hinblick auf Ziele und Inhalte keine grundsätzliche Übereinstimmung besteht, was jedoch u.a. auch aus den unterschiedlichen Anforderungen der einzelnen Fachgebiete resultiert. In dieser Situation beschloß die AG, eine bundesweite Untersuchung bezüglich des Lehrangebotes auf dem Gebiet der Technikbewertung durchzuführen. Unterstützt von einer Assistentin wurden in dem Zeitraum von 1995-1997 Fachhochschulen, Universitäten und Institute befragt, die nach dem Kenntnisstand der AG ein Lehrangebot für Technikbewertung (im weitesten Sinne) haben. Der umfangreiche und sehr differenzierte Rücklauf ermutigte die AG vom 16. bis 18.10.1997 einen Workshop zum Thema "Technikbewertung in der Lehre" in Hamburg zu veranstalten. Ziel ist es, in einem größeren Kreis aus der erkennbaren Vielgestaltigkeit der einzelnen Modelle und Erfahrungen Ansätze für ein Curriculum zu entwickeln.
(Ein Bericht über den Workshop wird in einer der nächsten Ausgaben der TA-Datenbank-Nachrichten erscheinen.)
2.6 Forschungsprojekt "Technikbewertung für Ingenieure"
Im Wintersemester 1996/97 begann ein einjähriges Forschungsprojekt mit dem Titel "Technikbewertung für Ingenieure". Mit ihm wird das Ziel verfolgt, Technikfolgenabschätzung und Technikbewertung im Studium sowie in der beruflichen Praxis von Ingenieuren fester zu verankern. Technikbewertung ist immer schon selbstverständlicher Bestandteil der Ingenieursausbildung gewesen. Welche spezifischen Anforderungen führen heute zu einem speziellen Vertiefungs- und Ergänzungsbedarf, der die Möglichkeiten der bisherigen ingenieurtechnischen und wirtschaftlichen Veranstaltung sprengen würde, und wie läßt sich dieser Bedarf genau fassen? Wie verallgemeinerbar sind die Anforderungen aus den übrigen Veranstaltungen und von der Abnehmerseite? Und wie läßt sich dafür ein Kern-Curriculum Technikbewertung formulieren?
Forschungsfragen sind somit u.a.:
- Welche Themenbereiche der Technikbewertung können für die unterschiedlichen Studiengänge unter Berücksichtigung der mittelfristig absehbaren gesellschaftlichen und beruflichen Anforderungen an die Absolventen relevant sein? Welche Themenbereiche sind für alle Studiengänge als Grundwissen erforderlich?
- Mit welchen Lehrformen und Lehrmethoden kann der jeweilige Stoff berufsorientiert und praxisnah vermittelt werden?
- Wie können Begriffe wie "berufsorientiert" und "praxisnah" gefüllt werden? Welche Anforderungen an die Technikbewertungskompetenz von Ingenieuren bestehen bei potentiellen Arbeitgebern konkret?
Welche Anforderungen anderer gesellschaftlich relevanter Gruppen bestehen an ein Lehrgebiet "Technikbewertung für Ingenieure"? Welche Kooperationspartner in Wirtschaft, Politik, Wissenschaft usw. lassen sich diesbezüglich gewinnen?
- Wieweit müssen bzw. können die Lehrinhalte der Technikbewertung in den angestammten Lehrstoff des Fachhochschulstudiums eingebunden werden, so daß Technikbewertung von allen Beteiligten als Standardaufgabe des Ingenieurs begriffen wird?
- Welche Integrationsmöglichkeiten von Themen der Technikbewertung in den angestammten Lehrstoff bietet die Fachhochschule personell und organisatorisch? Welche Aktivitäten zur Umsetzung können ergriffen werden?
2.7 Weitere Forschungsvorhaben und Beratungstätigkeit
Forschungsschwerpunkte der Stelleninhaber auf unterschiedlichen Gebieten wie Kriterien der Technikbewertung, Risikoanalysen, sanftere Alternativen auf den Gebieten Chemie und Biotechnik, Umweltmanagement, Ökobilanzen sowie Bildschirmarbeitsplatzanalyse finden ihren Niederschlag in der Betreuung von Diplomarbeiten und in Beratungskommissionen, wie der Enquête-Kommissionen "Schutz des Menschen und der Umwelt - Ziele und Rahmenbedingungen für eine nachhaltig zukunftsverträgliche Entwicklung" des Deutschen Bundestags (Prof. Dr. von Gleich) und "Chancen und Risiken der Gentechnologie" des schleswig-holsteinischen Landtags (Prof. Dr. Hanneforth).
2.8 Interdisziplinäre Informationsveranstaltungen
Ein wichtiges Ziel der Professoren für Technikbewertung an der Fachhochschule Hamburg ist die Integration von Lehrinhalten in Veranstaltungen der Fachhochschule, die sich mit der aktuellen Technikentwicklung und den diesbezüglichen öffentlichen Debatten befassen. So finden jährlich an den Standorten Bergedorf und Berliner Tor ganztägige bzw. mehrtägige Informationsveranstaltungen für eine breitere Öffentlichkeit statt, an denen Technikbewertungs-Professoren aktiv beteiligt sind. Schwerpunktthemen solcher Veranstaltungen in den letzten Jahren waren die Transplantationsmedizin, Energie, Müll, Gentechnik, Ökologische Umgestaltung und das Internet.
2.9 Aktivitäten außerhalb der Fachhochschule - Vernetzung auf dem Gebiet Technikbewertung
Die mit dem Themenbereich 'Technik - Gesellschaft - Umwelt' befaßten Hochschullehrer, Doktoranden und Diplomanden der Hamburger Hochschulen haben sich im von der Forschungsgruppe BIOGUM der Universität Hamburg [siehe TA-Datenbank-Nachrichten Nr. 3, Oktober 1996, S. 27 ff.] organisierten Forschungskolloquium "Technik - Gesellschaft - Umwelt" zusammengeschlossen. Die Anzahl der Beteiligten und die bisherige Kontinuität der dort geführten Debatten zeigt, daß sich im Hamburger Raum eine 'kritische Masse' für dieses Arbeitsfeld herauszukristallisieren beginnt.
Überdies bestehen Kooperationen bzw. Erfahrungsaustausch mit weiteren Hamburger Institutionen wie dem Kolloquium Wissenschaftsforschung des Hamburger Instituts für Sozialforschung, der Kooperationsstelle Technologie- und Innovationsberatung für Arbeitnehmer (TIB) beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) sowie mit der Akademie für Technikfolgenabschätzung Baden-Württemberg und dem Referat für Technik- und Wissenschaftsethik (Koordinationsstelle der TA-Lehr- und Fortbildungsangebote) der Fachhochschulen Baden-Württembergs. Gemeinsame Projekte auf dem Gebiet der Gentechnik wurden außerdem mit BUKO Agrarkoordination (Hamburg) erfolgreich durchgeführt.
Kontakte auf internationaler Ebene zu Institutionen der Technikbewertung - speziell im Gesundheitswesen - in anderen Ländern bestehen durch die Mitgliedschaft von Prof. Dr.-Ing. E. Appel in der International Society of Technology Assessment in Health Care (ISTAHC). Zur genannten Thematik der Einbindung von TA in die Ausbildung von Ingenieuren der Biomedizinischen Technik bestehen enge Kooperationskontakte zur Universität Linköping (Schweden). Weitere internationale Verbindungen bestehen mit der Hellenic Evaluation and Technology Assessment Society (Griechenland), sowie durch Mitarbeit an der griechischen Sektion des EU-Projekts "Task Group on Public Perception of Biotechnology" (Prof. Dr.-Ing. C. Canavas).
3. Perspektiven
Der Erfolg einer fundierten Lehre bzw. einer praxisnahen Qualifikation im Bereich Technikbewertung hängt von der Integration in bestehende Studiengänge und von der Erfassung der (erwartbaren) Bedarfe der Abnehmer unserer Absolventen ab. Technikbewertungskompetenz ist auch ganz wesentlich Diskurskompetenz, lebt also vom disziplinübergreifenden Denken und der interdisziplinären Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen, sowohl im eigenen Fachbereich, wie auch fachbereichs- und hochschulübergreifend. Vor diesem Hintergrund haben die personellen und institutionellen Möglichkeiten für einen disziplin- und hochschulübergreifenden Erfahrungsaustausch eine besondere Bedeutung.
Die Bemühungen der Lehrenden im Bereich Technikbewertung für eine hochschulübergreifende Zusammenarbeit sollten institutionell abgesichert und gefördert werden. Dies gilt auch für an der FH Hamburg neu geschaffene Strukturen (z.B. fachübergreifenden Projekte als verbindliches Element des Curriculums und individuell gestaltbare Vertiefungsbereiche - Stichwort "Kreditierung").
Durch derartige Ansätze sollte - unter Berücksichtigung der jeweiligen Profile der unterschiedlichen Hochschulen - eine institutionalisierte Kooperation abgesichert werden. Die Erweiterung und Vertiefung der Zusammenführung der unterschiedlichen Hochschulen mit ihren eigenständigen TA-Bereichen wird dann das Profil der Hamburger Region im Gebiet der Technikbewertung weiter akzentuieren und stärken.
Kontakt
Prof. Dr. Arnim von Gleich
FB Maschinenbau und Chemieingenieurwesen
Fachhochschule Hamburg
Berliner Tor 21, D-20099 Hamburg
Tel.: +49 40 2488-4345
oder
Prof. Dr. Constantin Canavas
Fachhochschule Hamburg-Bergedorf
Lohbrügger Kirchstraße 65, D-21033 Hamburg
Tel.: +49 40 7252-2762