Neues aus ITAS
Emissionen und ihre Verursacher - das Methodenkonzept einer Emittentenstruktur
Emissionen und ihre Verursacher - das Methodenkonzept einer Emittentenstruktur
von Volkhard Schulz
Seit mehreren Jahren betreibt das Statistische Bundesamt die Erstellung einer Emittentenstruktur, um die Zusammenhänge zwischen Emissionen und ökonomischen Aktivitäten darzulegen. Vom ITAS wurde hierfür innerhalb von Forschungsaufträgen ein datenbankgestützter Prototyp einer Emittentenstruktur, basierend auf der Input-Output-Analyse, erstellt. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Themas für die analytische Beschreibung der Zusammenhänge zwischen Ökonomie und Ökologie ist die dafür notwendige Weiterentwicklung des Ansatzes der Input-Output-Analyse seit einigen Jahren Bestandteil des ITAS-Forschungsprogrammes.
1. Zielsetzung
Die Aufstellung einer "Emittentenstruktur" wurde im Gutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen von 1987 angeregt, um eine Verknüpfung von Emissionen unterschiedlicher Art mit den ihnen zugrundeliegenden wirtschaftlichen Aktivitäten zu ermöglichen. Kernpunkt ist hierbei die Unterscheidung zwischen den Emittenten selbst und den ökonomischen Aktivitäten die Auslöser dieser Emissionen sind. Die Produktion von Gütern wird dabei nicht als Selbstzweck angesehen, sondern dient der Deckung einer Nachfrage. Entsprechend werden auch die bei der Produktion von Gütern entstehenden Emissionen den nachfragenden wirtschaftlichen Einheiten zugerechnet. Diese als eigentliche Verursacher der Emissionen anzusehenden Bereiche können sein:
- Wirtschaftsbereiche, die i.a. sowohl selbst emittieren (direkte Emissionen) als auch zur Produktion von Gütern und Dienstleistungen auf Vorleistungen anderer Wirtschaftszweige angewiesen sind, die ihrerseits mit Emissionen verbunden sein können (indirekte Emissionen).
- Endnachfragebereiche, die im Gegensatz zu den obigen Wirtschaftsbereichen selbst keine Vorleistungen für andere Wirtschaftsbereiche im Inland tätigen, wie private Haushalte oder der Bereich Export.
Vom Konzept her kann man die Emittentenstruktur als Erweiterung von Emissionsinventaren um die Verknüpfung mit emissionsbezogenen ökonomischen Größen ansehen.
Die praktische Ausgestaltung besteht im Kern aus einer Anwendung der Input-Output-Analyse, die die Verflechtung der wirtschaftlichen Aktivitäten beschreibt, und die um Emissionen erweitert wurde. Die Entwicklung des Konzeptes der Emittentenstruktur und die Erarbeitung eines Prototyps einer Datenbank zur Durchführung von bestimmten Standardanalysen erfolgte von ITAS im Rahmen eines Forschungsauftrages vom Statistischen Bundesamt, Wiesbaden im Rahmen der Umweltökonomischen Gesamtrechnung. Diese Arbeiten wurden in den Jahren 1993 - 1995 durchgeführt. Weiterführende praktische und methodische Arbeiten wurden z.T. im Rahmen von Studien für externe Auftraggeber, z.T. im Rahmen des ITAS-Forschungsprogrammes durchgeführt.
2. Vorgehensweise
Entsprechend der skizzierten Aufgabenstellung werden folgende Informationen benötigt:
- möglichst differenzierte Angaben über Emissionen, die bei den unterschiedlichen Tätigkeiten direkt anfallen (Emissionen bei der Herstellung von Gütern und der Erbringung von Dienstleistungen, Emissionen beim privaten Konsum),
- möglichst differenzierte Angaben über die wirtschaftliche Verflechtung (Bezug von Gütern und Dienstleistungen aus Wirtschaftsbereichen bzw. Aufgliederung von Wirschaftsbereichen, Lieferung an andere Wirtschaftsbereiche und Endverbraucher).
Diese Angaben sind entsprechend der sich anbietenden Kategorisierung aufeinander abzustimmen.
Bei der konkreten Ausgestaltung der Emittentenstruktur stand die möglichst weitgehende Nutzung von vorhandenen Datensystemen im Vordergrund. Für die Abbildung der wirtschaftlichen Verflechtung wurden die Input-Output-Tabellen des Statistischen Bundesamtes herangezogen. Entsprechend dieser Kategorisierung (Systematik der Input-Output-Tabellen, SIO) der Wirtschaftsbereiche und Endverbrauchsbereiche waren die Emissionen aufzugliedern. Dies erfolgte für die energiebedingten Emissionen aufgrund der Kombination von Angaben über die Energieeinsätze in den einzelnen Bereichen (Angaben vom Statistischen Bundesamt) und den entsprechenden Emissionsfaktoren (Angaben des Umweltbundesamtes), für die sogenannten Prozeßemissionen wurden die Angaben des Umweltbundesamtes den jeweiligen SIO-Bereichen zugeordnet. Diese um Emissionen erweiterte Input-Output-Tabelle ist Datenbasis für das darauf aufbauende Auswertungsverfahren der Input-Output-Analyse. Der Zusammenhang zwischen der Datenbasis und den analytischen Auswertungen, u.U. unter Einbeziehung weiterer Daten, ist als Schema in Abbildung 1 (nur in gedruckter Version verfügbar) dargestellt.
Derzeit umfaßt die Datenbank "Emittentenstruktur" die Luftschadstoffe CO2, SO2, Nox, CO, Staub, Methan, NMVOC und N2O, die Abwassermengen und die Abfallmengen.
3. Anwendungen
Standardanalysen sind Bestandteil des im Auftrag des Statistischen Bundesamtes erstellten Datenbankprogrammes. Sie umfassen:
- die Darstellung von Zeitreihen für die direkten Emissionen der 59 emittierenden SIO-Bereiche und die Untergliederung nach Emissionsursachen (Energieträger, Prozesse),
- die Bestimmung der kumulierten Emissionen (Summe aus direkten und indirekten Emissionen) für die 58 Wirtschaftsbereiche der SIO. Dabei erfolgt eine Aufgliederung der indirekten Emissionen nach deren Herkunft (in welchem Wirtschaftsbereich fallen die zugerechneten Emissionen tatsächlich an?),
- die Bestimmung der kumulierten Emissionen für die Endnachfragesektoren der SIO. Hierbei werden die Einzelbeiträge nach den 58 Wirtschaftsbereichen aufgegliedert.
Weitergehende Analysen erforderten zusätzliche Informationen von unterschiedlicher Art und Weise. Es wurden im Rahmen von ITAS-Studien folgende Analysen durchgeführt:
- Vergleich der kumulierten CO2-Emissionen im Zeitraum 1980 bis 1990 für die alten Bundesländer und deren Aufschlüsselung auf die Einflußgrößen: Wachstum, Energieverbrauch, spezifischer Emissionsfaktor, Vorleistungsstruktur und Veränderung der spezifischen Emissionen für Vorleistungen.
- Bestimmung der kumulierten Emissionen für ausgewählte Luftschadstoffe hervorgerufen durch den Verbrauch von tierischen und pflanzlichen Produkten. Hierfür war eine Aufgliederung des SIO-Bereiches "Landwirtschaft" und des SIO-Bereiches "Ernährungsgewerbe" notwendig.
- Bestimmung der kumulierten Emissionen, des kumulierten Primärenergieverbrauches und der kumulierten Stoffströme für den Hochbau und das Ausbaugewerbe im Rahmen der Studie "Stoffströme und Kosten in den Bereichen Bauen und Wohnen" im Auftrag der Enquete-Kommission "Schutz des Menschen und der Umwelt" des Deutschen Bundestages (siehe nachfolgenden Beitrag). Auch hierfür war eine Aufgliederung des SIO-Bereiches "Hoch- und Tiefbau" erforderlich.
Als weitere Anwendung wurde in Kooperation mit dem französischen IFEN-Institut ein Vergleich der kumulierten CO2-Emissionen zwischen Deutschland und Frankreich für unterschiedliche Wirtschaftsbereiche vorgenommen.
Kontakt
Volkhard Schulz
Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS)
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Postfach 3640, 76021 Karlsruhe