"Technikfolgenabschätzung in Deutschland" - Band 6 der ITAS-Schriftenreihe erschienen

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"Technikfolgenabschätzung in Deutschland" - Band 6 der ITAS-Schriftenreihe erschienen

Im Juni des vergangenen Jahres fand in Bonn eine Veranstaltung zum Thema "25 Jahre Technikfolgenabschätzung in Deutschland - Bilanz und Ausblick" statt. Hintergrund war einerseits das fünfundzwanzigjährige Jubiläum der Einführung der Technikfolgenabschätzung in die deutsche Politikberatung (als Reaktion auf die Gründung des Office of Technology Assessment (OTA) beim US-Kongress im Jahre 1972), andererseits der 65. Geburtstag von Herbert Paschen, mit dem die Etablierung von TA als Politikberatung in Deutschland eng verbunden ist. Mit dem von Thomas Petermann und Reinhard Coenen herausgegebenen Band 6 der "Schriftenreihe des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse" liegen nunmehr die Reden und Beiträge der vorjährigen Veranstaltung in schriftlicher (und teilweise erweiterter) Form vor.

Technikfolgenabschätzung als Mittel der Politikberatung ist in Deutschland nicht nur, aber weitgehend mit dem Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) verbunden. Herbert Paschen ist seit dessen Gründung im Jahre 1991 sein Leiter. Das TAB ist eine "besondere Einheit" des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS; vormals Abteilung für Angewandte Systemanalyse - AFAS) des Forschungszentrums Karlsruhe Technik und Umwelt (FZK), dessen langjähriger Direktor Paschen ebenfalls war. Folgerichtig wird der Band mit einem Geleitwort von Manfred Popp, Vorsitzender des Vorstandes des FZK, eröffnet.

Die Beiträge des Teils I. "Technikgestaltung als Zukunftsaufgabe" (Bernd Neumann, Edelgard Bulmahn, Klaus Henning, Ruud Smits) würdigen das Konzept der Technikfolgenabschätzung vor allem als ein Instrument der Politikberatung, auf das Politik im Interesse von Technikgestaltung weder verzichten könne noch wolle. Teil II. ist der "TA in internationaler Perspektive" gewidmet. Joseph. F. Coates (USA), Josée van Eijndhoven (Niederlande) und Herbert Paschen stellen die jeweilige Situation in den betreffenden Ländern dar und zeigen Unterschiede wie Gemeinsamkeiten im konzeptionellen wie methodischen Herangehen auf. Dass dabei von Coates die Auswirkungen der Schließung des OTA für TA generell herausgestellt wurden, braucht sicherlich nicht weiter begründet zu werden. Teil III. "Konzepte, Verfahren und Anwendungsfelder der Technikfolgenabschätzung" enthält Darlegungen, die rück- wie vorausschauend zentrale konzeptionelle wie praktische Fragen der TA behandeln. Dass daraus zugleich wichtige Einsichten in das Verständnis von TA und die darauf basierende Herangehensweise an TA innerhalb verschiedener deutscher Institutionen im Bereich der Technikfolgenabschätzung gewonnen werden können, ergibt sich aus der Auswahl der Autoren: Meinolf Dierkes und Katrin Hähner (Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung), Ortwin Renn (Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg, Stuttgart), Carl Friedrich Gethmann (Europäische Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen Bad Neuenahr-Ahrweiler), Thomas Petermann (Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag), Michael Jischa (TU Clausthal-Zellerfeld) und Frieder Meyer-Kramer (Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung, Karlsruhe).

In einen Anhang des Buches wurden zur Abrundung des Gesamtbildes der "TA-Landschaft" je ein Beitrag von Reinhard Coenen, Beate Fürniß und Christel Kupsch sowie von Ingrid von Berg aufgenommen, womit einerseits eine quantitative Analyse der deutschen TA-Landschaft nach fünfundzwanzig Jahren, andererseits ein Überblick über parlamentarische TA-Einrichtungen in Europa mit ihren je spezifischen Charakteristika gegeben wird.

Nach der Lektüre dieses Bandes wird der Leser sicherlich folgendem Resümee der Herausgeber zustimmen können: "Insgesamt belegen die Beiträge dieses Bandes aus verschiedenen Blickwinkeln die Entwicklung und Ausdifferenzierung der Technikfolgenabschätzung seit ihren Anfängen und damit auch ihre Produktivität als Leitbild. Gerade im Lichte weitreichender Ansprüche an einen kreativen und verträglichen Umgang von Gesellschaft und Politik mit der Technik, lässt sich Sinn und Notwendigkeit von TA nur schwerlich bestreiten. Notwendig bleibt sie angesichts komplexer und multikausal determinierter Probleme, diffuser Chancen und Lösungspotentiale sowie strittiger Zwecke, und geeignet ist sie aufgrund ihrer Leitidee: durch einen übergreifenden, prospektiven Ansatz Techniken anhand von Zielen und Interessen besser beurteilbar zu machen." (S. 20)

TA hat sich in den zurückliegenden fünfundzwanzig Jahren seit der "Geburt" in beachtlicher Weise entfaltet. Allerdings ist eine derartige Zeitspanne in der Wissenschafts- wie Gesellschaftsentwicklung nur ein kurzer Zeitraum. Es bleibt zu hoffen, dass das entwickelte (wissenschaftliche wie politikberatende) Konzept und die (sowohl durch Wissenschaftler wie Politiker) bei seiner Realisierung gewonnenen Einsichten "robust" genug sind, zukünftige "lebensweltliche Widerfahrnisse" zu überstehen.

Bibliographische Angaben

Thomas Petermann, Reinhard Coenen (Hrsg.):
Technikfolgenabschätzung in Deutschland. Bilanz und Perspektiven.
Frankfurt a.M., New York: Campus Verlag, 1999.
262 S. DM 58,--. ISBN 3-593-36367-4

Kontakt

Prof. Dr. Gerhard Banse
Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS)
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Postfach 3640, 76021 Karlsruhe