Endlagerproblematik – Können Partitionierung und Transmutation helfen?

Diskussionsforum

Endlagerproblematik – Können Partitionierung und Transmutation helfen?

von Gerhard Schmidt, Öko-Institut e.V., Gerald Kirchner, Universität Hamburg, und Christoph Pistner, Öko-Institut e.V.

Deutschland hat nach Fukushima den Atomausstiegskurs erneuert. Dennoch werden auch in Deutschland Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zu neuen Nukleartechnologien unter dem Stichwort Partitionierung und Transmutation (P&T) durchgeführt, deren Umsetzung zukünftig gesellschaftlich debattiert werden muss. Doch Methoden zur Bewertung der Chancen und Risiken dieser Technologien sind vielfach nicht ausreichend entwickelt. So werden häufig, mit Verweis auf einen „Radiotoxizitätsindex“, die Chancen von P&T zur Lösung der Endlagerproblematik beworben. Um jedoch zu einer angemessenen Bewertung zu kommen, sind weitaus präzisere Indikatoren erforderlich. Dies wird im Folgenden am Beispiel des Indikators „Radiotoxizitätsindex“ aufgezeigt.

1    Einleitung

Mit der Änderung des Atomgesetzes vom 6.8.2011 ist die Betriebsgenehmigung für acht der damals 17 in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke erloschen. Die letzten deutschen Kernkraftwerke werden am 31.12.2022 abgeschaltet werden. Damit ist der weitere Anfall radioaktiver Abfälle aus der Kernenergie begrenzt. Insgesamt werden Ende 2022 ca. 10.000 Tonnen abgebrannter Brennelemente für die direkte Endlagerung in Deutschland vorliegen. Außerdem wurden in der Vergangenheit ca. 6.670 Tonnen Schwermetall wiederaufgearbeitet, sodass zusätzlich ca. 8.000 Kokillen als Abfall aus der Wiederaufarbeitung angefallen sind.

Im Sommer 2013 verabschiedete der Deutsche Bundestag ein Gesetz zur Suche und Auswahl eines Standortes für ein Endlager für wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle (Standortauswahlgesetz). Damit soll die offene Frage der Endlagerung in Deutschland nach Jahrzehnten wissenschaftlicher und erbitterter gesellschaftlicher Auseinandersetzungen einer politischen Lösung zugeführt werden.

Unabhängig davon gibt es eine Debatte über Chancen und Risiken einer Abtrennung der Aktinide und ihrer nachfolgenden Umwandlung in speziell dafür optimierten Kernreaktoren[1] (z. B. Müller/Abderrahim 2010; DPG 2012). Als wesentliche Chance dieser Technologie wird die massive Reduzierung der Radiotoxizität der Abfälle genannt und damit sogar die Perspektive verbunden, das Risiko auf säkulare Zeiträume unter 1.000 Jahre zu reduzieren. Im Gegensatz dazu stehen Aussagen deutscher Autoren, die einen relevanten positiven Effekt von P&T auf die Endlagerung verneinen (z. B. Boese/Buhmann 2000).

Angesichts solch kontrastierender Aussagen ist für eine angemessene Bewertung dieser Technik eine kritische Analyse der jeweils verwendeten Maßstäbe geboten. Dazu werden wir zunächst die Technik von P&T detaillierter darstellen. Anschließend werden wir den Radiotoxizitätsindex analysieren. Dieser wird mit einem anderen einfachen Modellansatz kontrastiert. Dann werden Ergebnisse von Langzeitsicherheitsanalysen für konkrete Endlagerprojekte daraufhin ausgewertet, welche Bedeutung die Aktiniden für die Endlagerung aufweisen.

Andere, für eine Technikfolgenabschätzung wesentliche Aspekte von P&T (z. B. Unfallrisiken der Wiederaufarbeitungsanlagen und Schnellen Reaktoren, Proliferationsrisiken oder die Energieerzeugung), werden im Folgenden ausgeklammert.

2    Wesentliche Elemente eines P&T-Konzepts

P&T basiert auf dem Ansatz, abgebrannten Brennstoff zunächst durch chemische Wiederaufarbeitung in verschiedene Abfallströme zu zerlegen und anschließend Teile durch Bestrahlung in einem Kernreaktor in andere Nuklide umzuwandeln. Während frühe Konzepte zur Transmutation (Bowman et al. 1992; Rubbia 1994) auch Spaltprodukte betrachtet haben, spielen diese in Diskussionen um P&T heute keine Rolle mehr. Demgegenüber sollen die schweren Elemente Plutonium (Pu) sowie die minoren Aktinide (MA, also Neptunium, Americium und Curium) durch Kernspaltung unter Energiefreisetzung transmutiert werden.

Typischer abgebrannter Brennstoff enthält ca. 1 % Pu und ca. 0,1 bis 0,2 % MA. Für Deutschland ergäbe sich damit mit ca. 10.000 Tonnen abgebrannter, nicht wiederaufgearbeiteter Brennstoffe eine Gesamtmenge von ca. 100 Tonnen Pu und 10 bis 20 Tonnen MA, die zu transmutieren wären. In einem ersten Schritt müsste der abgebrannte Brennstoff wiederaufgearbeitet werden. Zusätzlich zur bisherigen Wiederaufarbeitung wären dabei außer Pu auch die MA abzutrennen.[2] Anschließend müsste aus den abgetrennten Aktiniden neuer Brennstoff hergestellt werden. Dabei wären nicht nur, wie heute realisiert, eine Uran/Pu-Mischung, sondern auch die MA zu verarbeiten, was erheblich höhere Anforderungen an die Brennstofffertigung stellt.

Um die Aktiniden mit einer hohen Effizienz zu spalten, werden für P&T vorwiegend Schnelle Reaktoren diskutiert (DPG 2012). Dabei kann es sich um sog. kritische Reaktoren oder unterkritische, beschleunigergetriebene Systeme handeln.

Bei der Spaltung von einem Kilogramm Aktiniden wird ca. ein GWd[3] Energie freigesetzt. Sollen 120 Tonnen Aktinide transmutiert werden, entstünden also ca. 330 GWa[4] Energie. Ein Reaktor mit 3 GW thermischer Leistung müsste also ca. 100 Betriebsjahre lang laufen, um die in Deutschland zu transmutierenden Aktiniden durch Spaltung umzuwandeln. Pro Reaktorzyklus werden nur ca. 10 bis 20 Prozent der Aktiniden gespalten, der verbleibende Rest müsste erneut wiederaufgearbeitet und wieder eingesetzt werden. Dazu müsste eine kleine bis mittlere Wiederaufarbeitungsanlage für P&T-Brennstoff betrieben werden.

Keine der benötigten großtechnischen Anlagen ist heute technisch einsatzreif (Knebel et al. 2013). Auch unter günstigsten Bedingungen wäre daher frühestens in drei bis vier Jahrzehnten mit dem Beginn einer P&T-Kampagne in Deutschland zu rechnen, die dann frühestens Ende des Jahrhunderts abgeschlossen sein könnte. Danach wäre der Anteil der Abfälle um die transmutierten Aktiniden reduziert. Die Abfälle aus der Wiederaufarbeitung (bereits vorhandene Kokillen sowie Abfälle aus P&T) müssten einer Endlagerung zugeführt werden, womit MA weiterhin in erheblichem Umfang in dieses Endlager gelangen.

3    Die Radiotoxizität nuklearer Abfälle

Abschätzungen des potenziellen Risikos infolge der Endlagerung basieren heute auf Langzeitsicherheitsanalysen, bei denen – häufig unter der Annahme des Versagens technischer und/oder geologischer Barrieren – diejenigen Prozesse, die die potenziellen radiologischen Konsequenzen eines solchen Szenarios bestimmen, detailliert modelliert werden. Dies umfasst insbesondere element- oder isotopenspezifische Simulationen der

Bevor die für detaillierte Sicherheitsanalysen erforderlichen Methoden entwickelt waren, wurden mit sog. Toxizitätsindizes vereinfachte, standort- und konzeptunabhängige Maßzahlen entwickelt, um das zeitabhängige Gefährdungspotenzial nuklearer Abfälle zu erfassen. Bis etwa Mitte der Achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts wurde eine Vielzahl solcher Toxizitätsindizes vorgeschlagen. Zusammenstellungen und Bewertungen dieser Ansätze wurden von Poston (1978), Voss (1979), Smith et al. (1980), Koplik et al. (1982) und Kirchner (1990) veröffentlicht. Alleine die Zahl der Toxizitätsindizes weist darauf hin, dass ihre Eignung umstritten war.

Angesichts dieser umfangreichen wissenschaftlichen Kommentierung und Kritik überrascht, dass der auch heute noch häufig verwendete Toxizitätsindex auf dem fiktiven Modell beruht, dass der gesamte radioaktive Abfall von einer großen Gruppe an Menschen verzehrt werde.

Bei dieser, als Radiotoxizitätsindex bezeichneten Kenngröße, wird schlicht das zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhandene radioaktive Inventar (ausgedrückt in Bq) mit dem sog. Dosisfaktor für Ingestion (in Sv/Bq) multipliziert und über alle Nuklide aufsummiert (Abb. 1). Der Dosisfaktor beziffert die biologische Wirkung bei Aufnahme eines Radionuklids mit der Nahrung. Entsprechend werden von diesem Index nur solche Nuklide als relevant ausgewiesen, die entweder eine hohe Aktivität oder einen hohen Dosisfaktor aufweisen, während sämtliche Prozesse, die Freisetzungsraten, Rückhaltung, Mobilität, Umweltverhalten und Aufnahme in Nahrungsketten bestimmen, unberücksichtigt bleiben. Dieses Defizit war schon frühzeitig Anlass, auf die Gefahr hinzuweisen, dass die Benutzung dieses Toxizitätsindex zu irreführenden Ergebnissen führen kann (z. B. Voss 1979; Smith et al. 1980).

Abb. 1:  Die Verwendung des Radiotoxizitätsindex zur Bewertung von P&T

Die Verwendung des Radiotoxizitätsindex zur Bewertung von P&T

*  Die Schreibweise 1E+x entspricht einem Wert von 10x.
Quelle:  Eigene Abbildung nach DPG 2012

Trotz dieses etablierten wissenschaftlichen Kenntnisstandes basieren die in der Öffentlichkeit verwendeten Bewertungen von P&T auf dem „nuklearer Abfall vollständig in die Nahrung gemischt“-Index (Romero 2007; DPG 2012).

Auch wenn der Radiotoxizitätsindex keine belastbaren Aussagen über Risikopotenziale nuklearer Abfälle erlaubt, ist damit noch keine Aussage getroffen, ob nicht wissenschaftlich validere Analysen einen positiven Effekt von P&T auf die geologische Endlagerung nachweisen. Dies wird im Folgenden in einem zweistufigen Verfahren exemplarisch überprüft.

4    Gefährdungspotenzial der Abfälle nach P&T

Offensichtlich stellen Abfälle dann kein Risiko mehr dar, wenn ihre Aktivität soweit abgeklungen ist, dass sie nicht mehr von der Biosphäre isoliert werden müssen. Als Maßstab für eine solche Analyse weist die Strahlenschutzverordnung die sog. „Freigabewerte“ aus. Diese spezifizieren die nuklidspezifischen Aktivitätskonzentrationen, bei deren Unterschreitung ein Stoff aufgrund seines geringen Gefährdungspotenzials nicht mehr den Regelungen der Strahlenschutzverordnung unterliegt. Dabei gehen in die Herleitung der Freigabewerte komplexe radiologische Modelle ein, die neben den nuklidspezifischen Eigenschaften auch die Stoffkreisläufe und die Verhaltensweisen der potenziell exponierten Personen berücksichtigen. Ziel der Freigabewerte ist es, die Belastung von Individuen der Bevölkerung auf Werte von unter 10 µSv/a zu begrenzen.

Bewertet man abgebrannten Brennstoff, aus dem U, Np, Pu, Am und Cm vollständig entfernt wurden, mit den jeweiligen Vielfachen der Freigabegrenze in seiner zeitlichen Entwicklung, erhält man das in Abbildung 2 dargestellte Bild. Man erkennt, dass dieser Abfall die Freigabegrenze auch nach zehn Millionen Jahren nicht unterschreitet. Dafür wesentliche Nuklide sind die Spaltprodukte Tc-99 für den Zeitraum bis eine Million Jahre und I-129 für den Zeitraum jenseits. Selbst bei Entfernung auch dieser beiden Nuklide wird der Freigabewert im Zeitraum zwischen 10.000 und einer Million Jahren um mehrere Größenordnungen überschritten.

Abb. 2:  Zerfall von abgebranntem Brennstoff ohne Aktiniden, bewertet nach den Freigabegrenzen für uneingeschränkte Freigabe

Zerfall von abgebranntem Brennstoff ohne Aktiniden

*  Die Schreibweise 1E+x entspricht einem Wert von 10x.
Quelle:  Eigene Berechnung

Diese Analyse zeigt, dass die, bei der Kernspaltung erzeugten Spaltprodukte keineswegs generell als „kurzlebig“ eingestuft werden können. Selbst bei einer vollständigen Transmutation aller Aktinide sind die im Abfall verbleibenden Aktivitätskonzentrationen so hoch, dass bereits für Einzelnuklide wie Zr-93, Tc-99, I-129, Cs-135 deren Freigabewerte um den Faktor Tausend oder mehr überschritten werden.

5    Führt P&T zu einer Reduzierung der Endlageranforderungen?

Die langlebigen Spaltprodukte erfordern also eine geologische Endlagerung. Dennoch könnte P&T zur Reduzierung der aus einem Endlager potenziell resultierenden Dosisbeiträge führen. Dies kann auf Basis heute vorliegender Langzeitsicherheitsanalysen für konkrete Endlagerprojekte analysiert werden. Im Gegensatz zu Toxizitätsindizes simulieren Langzeitsicherheitsanalysen heute standortspezifisch die oben angeführten Prozesse (Kap. 3), die die möglichen radiologischen Konsequenzen eines hypothetisch postulierten Versagens geologischer Barrieren bestimmen.

Langzeitsicherheitsanalysen geben eine Orientierung über die Gefährdung zukünftig lebender Menschen und zeigen auf, über welche Zeiträume Auswirkungen aus Endlagern relevant sind. Da derartige Langzeitsicherheitsanalysen für eine Vielzahl von Standorten und Wirtsgesteinen vorliegen, kann die folgende Analyse für unterschiedliche Endlagerprojekte durchgeführt werden und fällt stets ähnlich aus. Deshalb wird im Folgenden exemplarisch ein Endlagerstandort betrachtet, der mit sehr geringen Sicherheitsmargen modelliert ist: Typisch dafür ist die Analyse SAFIR-2 für den Standort Mol in Belgien (ONDRAF 2001). Dieser Standort weist gering konsolidierten (also noch vergleichsweise durchlässigen) Ton mit sehr geringer Mächtigkeit des einschlusswirksamen Gebirgsbereichs auf. Der Dosisverlauf aus Spaltprodukten und Aktiniden ist in Abbildung 3 wiedergegeben.

Abb. 3:  Effektive Dosis aus einem Endlager, aufgeteilt nach Spaltprodukten und Aktiniden in SAFIR-2

Effektive Dosis aus einem Endlager

*  Die Schreibweise 1E+x entspricht einem Wert von 10x.
Quelle:  Eigene Darstellung mit Daten aus ONDRAF 2001

Eine erste wichtige Erkenntnis ist, dass die Aktiniden, anders als durch den Radiotoxizitätsindex suggeriert, erheblich weniger zur potenziellen Dosis aus einem Endlager beitragen als die Spaltprodukte. Die Maxima der Beiträge der Aktiniden liegen um drei Größenordnungen unter denen der Spaltprodukte.

Um den durch P&T erreichbaren Dosiseffekt zu ermitteln, kann zusätzlich zum Vergleich der Dosismaxima berücksichtigt werden, dass einige Nuklide nur über kurze, andere hingegen über sehr lange Zeiträume zur Dosis beitragen. Als Maß dazu haben wir die Dosisbeiträge jedes Nuklids exemplarisch über den gesamten Analysezeitraum von 100 Millionen Jahren integriert und die Nuklide nach ihren Summenbeiträgen geordnet (Abb. 4).

Abb. 4:  Beiträge der Einzelnuklide zur integrierten Gesamtdosis in SAFIR-2

Beiträge der Einzelnuklide zur integrierten Gesamtdosis

*  Die Schreibweise 1E+x entspricht einem Wert von 10x.
Quelle:  Eigene Darstellung basierend auf Daten aus ONDRAF 2001

Die Reihenfolge der Nuklide zeigt, dass die Spaltprodukte Se-79, I-129, Sn-126 und Tc-99 die Gesamtdosis dominieren. Der Beitrag der Aktiniden Th-229 und Np-237 liegt um zwei bis drei, gegenüber Se-79 um vier Größenordnungen unter denen der Spaltprodukte.

Ähnliche Ergebnisse zeigen andere Langzeitsicherheitsanalysen. In allen Fällen sind die Spaltproduktnuklide Se-79 und I-129 dosisrelevant. Aktinide tragen in sehr viel geringerem Umfang (Mol/Belgien, Forsmark/Schweden) oder gar nicht (Benken/Schweiz, Bure/Frankreich) zur Dosis bei. Lediglich bei einem Endlagerstandort in Tuff (Yucca Mountain/USA) liegt der Beitrag der Aktiniden in der gleichen Größenordnung wie derjenige der anderen Bestandteile des abgebrannten Brennstoffs. Eine Dominanz der Beiträge der Aktiniden, wie sie zur Rechtfertigung von P&T aus den vereinfachten Radiotoxizitätsindizes hergeleitet wird, bestätigen diese Ergebnisse nicht.

Auch die Analyse von Ergebnissen der Langzeitsicherheitsanalysen zeigt also, dass der Effekt, der durch P&T zu erzielen wäre, äußerst gering ist. Die erreichbare Dosisreduzierung wäre marginal und steht in keinem Verhältnis zum Aufwand. Dieses Ergebnis gilt auch für die Unsicherheiten der Dosisabschätzungen und für die möglichen Auswirkungen eines unbeabsichtigten Eindringens in ein verschlossenes Endlager (Rechard et al. 2013). Die Anforderungen an ein Endlager ergeben sich aus der Notwendigkeit, in der Geo- und Biosphäre mobile Nuklide zuverlässig, möglichst vollständig und dauerhaft einzuschließen. Die von P&T betroffenen Aktinide spielen hierfür eine untergeordnete Rolle, sodass die Anforderungen an ein Endlager durch die Transmutation der Aktinide nicht reduziert werden können.

6    Schlussfolgerungen

Die Analyse ergibt, dass der in der Öffentlichkeit häufig verwendete Maßstab der Radiotoxizität zur Bewertung der Chancen und Risiken von P&T fehlleitend ist. Der einfache Radiotoxizitätsindex steht in einem offenkundigen Widerspruch zu den Ergebnissen von Langzeitsicherheitsanalysen. Ein Toxizitätsindex ohne Berücksichtigung der nuklidspezifischen Mobilitäten ergibt zwangsläufig unsinnige Resultate (riesige Dosiswerte) und eine falsche Rangordnung von Nukliden, insbesondere eine fälschlich hohe Gewichtung von Aktiniden.

Die zur Transmutation vorgesehenen Aktiniden verursachen weder wesentliche Dosisbeiträge aus Endlagern noch tragen sie entscheidend zur Freigabefähigkeit mittels P&T behandelter Abfälle bei. P&T trägt daher nicht zu einer Entspannung der Endlageranforderungen bei. Der wesentliche Zweck der Transmutation wird trotz des absehbar erheblichen Aufwands verfehlt.

Anmerkungen

[1]  Dem Fachbegriff Partitionierung und Transmutation folgend im Weiteren als P&T bezeichnet.

[2]  Eine Anlage mit der Größenordnung der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague (2x800 t/a) müsste hierfür gut sechs Jahre betrieben werden.

[3]  Gigawatt-Tage

[4]  Gigawatt-Jahre

Literatur

Bowman, C.D.; Arthur, E.D.; Lisowski, P.W. et al., 1992: Nuclear Energy Generation and Waste Transmutation Using an Accelerator-driven Intense Thermal Neutron Source. In: Nuclear Instruments and Methods in Physics Research Section A: Accelerators, Spectrometers, Detectors and Associated Equipment 320/1-2 (1992), S. 336–367

Boese, B.; Buhmann, D., 2000: Einfluß von Stützver-satz und anderen technischen Maßnahmen auf die Langzeitsicherheit eines Endlagers im Salinar. Ge-sellschaft für Reaktorsicherheit, GRS-162, Braunschweig

Buhmann, D., 1999: Relevance of Partitioning and Transmutation to Long-term Safety of a Repository in Rock-salt Under Realistic Disposal Conditions. 7th International Conference on Radioactive Waste Management and Environmental Remediation (ICEM), 26.–30.9.99, Nagoya, Japan

DPG – Deutsche Physikalische Gesellschaft, 2012: Transmutation von radioaktivem Abfall. In: Physik konkret 14 (2012); http://www.dpg-physik.de/veroeffentlichung/physik_konkret/pix/Physik_Konkret_14.pdf (download 30.10.13)

Kirchner, G., 1990: A New Hazard Index for the Determination of Risk Potentials of Disposed Radioactive Wastes. In: Journal of Environmental Radioactivity 11/1 (1990), S. 71–95

Knebel, J.; Fazio, C.; Maschek, W. et al., 2013: Was tun mit dem nuklearen Abfall? In: Spektrum der Wissenschaft, Februar 2013, S. 34–41

Koplik, C.M.; Kaplan, M.F.; Ross, B., 1982: The Safety of Repositories for Highly Radioactive Wastes. In: Reviews of Modern Physics 54/1 (1982), S. 269–310

Müller, A.C., Abderrahim, H.A., 2010: Transmutation von radioaktivem Abfall. In: Physik Journal 11 (2010), S. 33–38

ONDRAF – Organisme National des Déchets RAdioactifs et des matières Fissiles enrichies, 2001: ONDRAF/NIRAS: Technical Overview of the SAFIR 2 report – Safety Assessment and Feasibility Interim Report 2. NIROND 2001–05 E, Brüssel; http://www.ondraf.be/sites/default/files/Safir2_apercutech_eng.pdf (download 30.10.13)

Poston, J.W., 1978: Measures of Equivalent Hazard of Radionuclides: A Review. Office of Nuclear Waste Isolation, Y/OWI/SUB-7278-2

Rechard, R.P.; Lee, J.; Sutton, M. et al., 2013: Impact of Advanced Fuel Cycles on Uncertainty Associated with Geologic Repositories. 15th International Conference Environmental Remediation and Radioactive Waste Management (ICEM), 8.–12.9.13, Brüssel

Romero, E.M.G., 2007: Rational and Added Value of P&T for Waste Management Policies. Partitioning and Transmutation European Roadmap for Sustainable Nuclear Energy (PATEROS), Sixth Framework Programme, Deliverable 1.1.

Rubbia, C., 1994: A High Gain Energy Amplifier Operated with Fast Neutrons. In: Arthur, E.; Rodriguez, A.; Schriber, S.O. (Hg.): Proceedings of the First International Conference on Accelerator-Driven Transmutation Technologies and Applications, Las Vegas, July 25–29, 1994. Woodbury, NY, 1995

Smith, C.F.; Cohen, J.J.; McKone, T.E., 1980: A Hazard Index for Underground Toxic Material. University of California, UCRL-52889

Voss, J.W., 1979: Safety Indices and their Application to Nuclear Waste Management Safety Assessments. Pacific Northwest Laboratory, PNL-2727

Kontakt

Dr. Christoph Pistner
Bereich Nukleartechnik und Anlagensicherheit
Öko-Institut e.V.
Rheinstraße 95, 64295 Darmstadt
Tel.: +49 6151 8191-190
E-Mail: c pistnerIzd4∂oeko de