Hessische Interdisziplinäre Technikforschung: Hightech im Haushalt - Leitbilder und Sprache der Werbung für Haushaltstechnik

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Hessische Interdisziplinäre Technikforschung: Hightech im Haushalt - Leitbilder und Sprache der Werbung für Haushaltstechnik

von M. Rader, ITAS

Das Projekt "Leitbilder und Sprache der Werbung für Haushaltstechnik als Indikatoren der Technikbewertung" knüpft an ein ähnliches Projekt an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität zu Frankfurt a.M. zu ISDN an. Während es sich bei ISDN um eine hochkomplexe Technik handelt, bezeichnet die vom Frankfurter Sprachwissenschaftler Horst Dieter Schlosser angeführte Projektgruppe die Haushaltstechnik als "weniger problematisch, längst alltäglich geworden(..)", anhand derer die im ISDN Projekt gemachten Erfahrungen überprüft werden sollten.

Besonderes Augenmerk galt der Überprüfung des Konzepts der "Leitbildkoalition", das sich im ISDN-Projekt als plausibel herausgebildet hatte: nicht ein einfaches Leitbild ist maßgeblich, sondern ein Zusammenspiel verschiedener Leitbilder, die unterschiedliche Akteure wie Konstrukteure, Unternehmer und Nutzer leiten.

Aufgrund der beschränkten Ressourcen des Projekts konnte lediglich die kommerzielle Werbung der Nachkriegszeit analysiert werden, doch stellte sich auch für die Alltagstechnik die Brauchbarkeit des Konzepts der Leitbildkoalition heraus. Insbesondere die Veränderungen in den werblichen Argumentationen lassen Rückschlüsse auf die ansonsten eher im Verborgenen liegenden objektiven Bedingungen haushaltstechnischer Entwicklungen zu. Dieser Eindruck wird durch Erfahrungen im ISDN-Projekt untermauert, nach denen es eine weitgehende Übereinstimmung zwischen den fachlichen "seriösen Plädoyers für die Einführung von ISDN" und den Argumenten der kommerziellen Werbung gibt. Die Projektgruppe hat jetzt ihren Abschlußbericht vorgelegt.

Der erste Teil des Bandes, der von einer Projektgruppe im Rahmen der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Technikforschung (IATF) der Universität Frankfurt verfaßt wurde, besteht aus einem historischen Rückblick auf die Geschichte und Verbreitung von Haushaltstechnik, dem Versuch einer Prognose längerfristiger Entwicklungen in diesem Bereich, sowie einer Darlegung der theoretischen Grundlagen der Studie.

Der zweite, umfangreichste Abschnitt zu den Analysen und Interpretationen wird mit einem Aufsatz zu den Möglichkeiten und Grenzen der angewandten Methode eingeleitet. Die Analysen beleuchten verschiedene Aspekte der Haushaltstechnik, wie Komfort, den technologischen Fortschritt, Ästhetik und Design, Ökonomie und Ökologie, und geschlechterspezifische Akzente in der Werbung. Abgeschlossen wird dieser Teil mit einer Analyse des Wandels in der Werbung über die Zeit.

Das Buch schließt mit einer zusammenfassenden Betrachtung des Verhältnisses zwischen Werbung für die Haushaltstechnik und der Technikbewertung. Im Falle der Haushaltstechnik erweist sich die "Leitbildkoalition" über die Zeit als erstaunlich stabil und auch aufnahmefähig für neue Themen wie "Umweltschutz".

Insgesamt stellt Projektleiter Schlosser eine generell unkritische Einstellung gegenüber der Haushaltstechnik fest. Dies führt er darauf zurück, daß sie hauptsächlich von Frauen genutzt werde und deshalb "gar nicht schädlich oder gar 'böse' sein" könne. Nach dem immer noch weithin gültigen Rollenverständnis der Frau zeichne sich diese durch ein besonderes Harmoniebestreben aus und sei um den Schutz der ihr Anvertrauten bemüht, was nur schlecht mit leichtfertig durch Technik herbeigeführte Risiken und Schäden zu vereinbaren sei. Schlosser vermutet, daß die Benutzer der Haushaltstechnik u.a. deshalb ihre Probleme, wie etwa Schrotthalden aus Altgeräten, ausblenden würden oder auf eine Lösung durch "die Technik" vertrauen würden.

Der Band ist auf jeden Fall ein interessanter und nicht ganz orthodoxer Beitrag zur Einschätzung des Technikeinsatzes im Alltag. Er zeigt, daß auch solche Disziplinen Beiträge zur Technikfolgenabschätzung und -Bewertung leisten können, von denen man es nicht unbedingt erwarten würde.

Bibliographische Angaben

Horst Dieter Schlosser, Marco Möller, Laurin Paschek, Gabriela Reff: Hightech im Haushalt - Leitbilder und Sprache der Werbung für Haushaltstechnik. Frankfurt a.M.: Hessische Interdisziplinäre Technikforschung, 1996. Monografien, Bd. 1. ISBN 3-00-000802-0.

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Professor Dr. Horst Dieter Schlosser
Institut für Deutsche Sprache und Literatur II
Johann Wolfgang Goethe-Universität
Senckenberganlage 27 (161)
D-60054 Frankfurt a.M