Ergebnisse von TA - Projekten - Neue TA-Projekte
Studie "Umweltstandards bei kombinierten Expositionen" vorgestellt
Studie "Umweltstandards bei kombinierten Expositionen" vorgestellt
von Dagmar Uhl, Europäische Akademie Bad Neuenahr-Ahrweiler GmbH
Die Arbeitsgruppe "Umweltstandards" der Europäischen Akademie Bad Neuenahr-Ahrweiler GmbH stellte am 13. Januar diesen Jahres in Berlin die Ergebnisse ihrer zweijährigen Projektarbeit vor. Mit dieser Studie liegt erstmals eine umfassende interdisziplinäre Arbeit zu kombinierten Expositionen vor. Die wesentlichen Ergebnisse der Studie werden im Folgenden kurz skizziert.
Grenzwerte für Umweltschadstoffe basieren zumeist auf Messungen und Daten über die Einwirkungen von einzelnen chemischen Stoffen oder physikalischen Agentien, wie Strahlung oder Lärm. Tatsächlich ist der Mensch und seine Umwelt aber einer Vielzahl von Kombinationen dieser Einzelwirkungen ausgesetzt. Um zu einer wissenschaftlich begründeten Beurteilung von Kombinationswirkungen zu gelangen, wurden in der nun vorliegenden Studie zunächst aus naturwissenschaftlich-medizinischer Perspektive die Wirkungsmechanismen und mögliche Schadensabläufe untersucht. Dabei zeigte sich, dass die Resultate einer gleichzeitigen Wirkung mehrerer Stoffe sehr unterschiedlich sein können und entsprechend beurteilt werden müssen:
- Wenn ein Angriff an verschiedenen Zielstrukturen unabhängig voneinander erfolgt, ergeben sich unterschiedliche Schadeffekte und die Grenzwerte für die einzelnen Stoffe haben auch in Kombination Gültigkeit;
- wird unabhängig voneinander am gleichen Zielort die gleiche Wirkung erzeugt, nehmen Schadeffekte zu und die Grenzwerte für Einzelstoffe schützen nicht hinreichend;
- hemmt die eine Wirkform eines Stoffes die andere, ergibt sich eine Wirkungsabschwächung, so dass die Grenzwerte für Einzelstoffe hinreichenden Schutz bieten;
- steigert der eine Stoff die Wirkung des anderen, so ist eine u.U. starke Absenkung der Grenzwerte notwendig.
In der Studie wird eine Einteilung kombinierter Expositionen auf der Grundlage der Wirkungsmechanismen von Einzelstoffen vorgeschlagen, die es erlauben soll, "unproblematische" Kombinationen, für die die Einzelgrenzwerte hinreichen, von potentiellen Problemfällen zu unterscheiden.
Die Studie zeigt neben den naturwissenschaftlich-medizinischen Grundlagen aber auch, wie das kombinierte Wirken von verschiedenen schädlichen Einwirkungen unter den Gesichtspunkten von Risikoakzeptanz und Risikowahrnehmung zu beurteilen ist. Eine Umfrage zur Wahrnehmung von Umweltrisiken zeigte, dass die Befragten die gleichzeitige Einwirkung mehrerer schädlicher Einwirkungsfaktoren grundsätzlich als deutlich gravierender einschätzen als die einzelner Faktoren. Diese Einschätzung stimmt allerdings nicht mit den Ergebnissen der Studie überein, in der die Notwendigkeit einer sehr differenzierten Beurteilung kombinierter Expositionen betont wird.
Unumgänglich für eine ausgewogene Behandlung kombinierter Expositionen ist darüber hinaus die Berücksichtigung ökonomischer Aspekte. Für die künftige Ausgestaltung des Umweltrechts wird empfohlen, besonderen Grenzwerten für Kombinationswirkungen auf der Grundlage von Einzelfallbewertungen im allgemeinen den Vorzug zu geben. Bei plausiblem Verdacht auf Kombinationswirkungen kann hingegen vorbehaltlich besseren Wissens nach dem Vorsorgeprinzip vorgegangen werden. Pauschale Risikominderungsstrategien ohne Anhaltspunkte für Kombinationswirkungen sind hingegen als problematisch zu beurteilen.
Die Studie ist als Buch im Buchhandel zum Preis von DM 198,-- zu erhalten.
Eine englische Zusammenfassung ist als Band der Grauen Reihe kostenfrei bei der Europäischen Akademie zu beziehen.
Bibliographische Angaben
C. Streffer, J. Bücker, A. Cansier, D. Cansier, C. F. Gethmann, R. Guderian, G. Hanekamp, D. Henschler, G. Pöch, E. Rehbinder, O. Renn, M. Slesina, K. Wuttke, 2000: Umweltstandards. Kombinierte Expositionen und ihre Auswirkungen auf den Menschen und seine Umwelt (Wissenschaftsethik und Technikfolgenbeurteilung Band 5). Berlin, Heidelberg, New York: Springer-Verlag
Weitere Informationen bei:
Dr. Gerd Hanekamp (Projektleiter)
Europäische Akademie zur Erforschung von Folgen
wissenschaftlich-technischer Entwicklungen
Bad Neuenahr-Ahrweiler GmbH
Tel.: + 49 (0) 2641 / 973312
E-mail: gerd.hanekamp∂dlr.de