Deutsch-Österreichisch-Schweizerische Meteorologen-Tagung (DACH 2001) in Wien und DECHEMA-Sonderkolloquium in Frankfurt / Main: "CO2-Anstieg in der Atmosphäre: Ursache für die globale Erwärmung?" (Tagungsnotizen)

Veranstaltungen

Deutsch-Österreichisch-Schweizerische Meteorologen-Tagung (DACH 2001)

Wien, 18. - 21. September 2001
und
DECHEMA-Sonderkolloquium: "CO2-Anstieg in der Atmosphäre: Ursache für die globale Erwärmung?"
Frankfurt / Main, 11. Oktober 2001

Tagungsnotizen von Gerhard Sardemann, ITAS

Zwei Veranstaltungen, wie sie unterschiedlicher nicht hätten sein können: In Wien vereinten sich, wie seit Jahren schon in dreijährigem Rhythmus, bislang allerdings auf Deutschland beschränkt, Meteorologen, Klimatologen und Umweltwissenschaftler und präsentierten in großer Eintracht den Stand der einschlägigen Forschung in den deutschsprachigen Ländern. An die Öffentlichkeit trat man während einer Pressekonferenz, insbesondere um dort das "Klimastatement" der meteorologischen Gesellschaften der Schweiz, Österreichs und Deutschlands vorzustellen. Ganz anders in Frankfurt die Veranstaltung der DECHEMA, die mit etwa 200 Teilnehmern großes öffentliches Interesse fand und wo sich die Vertreter des "mainstreams" der Klimaforschung die Wortführung mit "einigen ‚Außenseitern' der etablierten Wissenschaft" (so die Presseinformation der DECHEMA) und einschlägig bekannten Klimaskeptikern teilen mussten. Letztere treten im weiteren Umkreis von Frankfurt in einer gewissen Häufung auf und hatten daher ein willkommenes Heimspiel gegen die aus Norddeutschland und Bayern angereisten etablierten Klimaforscher zu bestreiten.

Doch zunächst zur Meteorologentagung in Wien, an der etwa 450 zumeist deutschsprachige Fachleute teilnahmen. Das 150-jährige Bestehen der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik und des Instituts für Meteorologie und Geophysik der Universität Wien gab Anlass zu einer Reihe von Festvorträgen, die insbesondere die Leistungen der "österreichischen Meteorologenschule" auf den Gebieten der Meteorologie, Klimatologie und benachbarten Geowissenschaften zum Thema hatten. Es folgten an vier Tagen in jeweils drei parallel abgehaltenen Sitzungen 175 Vorträge zu den Themen

Die Häufung der Vorträge und Poster in den Gebieten Klimaforschung, Umweltforschung und Wechselwirkung zwischen Boden und Atmosphäre zeigt ein deutliches Interesse an der möglichen Beeinflussung atmosphärischer Prozesse durch den Menschen und den Auswirkungen sich ändernder Umweltbedingungen (insbesondere des Klimas) auf den Menschen und die belebte Natur. Dass letztere durchaus wieder in den Fokus der Klimaforschung geraten ist, lassen die vorgestellten Arbeiten zur Phänologie erkennen, einer Fachrichtung, die lange in Vergessenheit geraten zu sein schien und Gefahr lief, ihrer Arbeits- und Datengrundlage, der phänologischen Gärten, verlustig zu gehen. Die Hinwendung der Klimaforschung zu Problemen, die dem Menschen durch Schwankungen des Klimas, Extremereignisse oder Trends (ob anthropogen oder natürlichen Ursprungs) erwachsen, wurde im Festvortrag von Prof. Hantel als Rückkehr zu einem anthropozentrischen Weltbild beschrieben, welches schon der von A. v. Humboldt geprägten Sicht der Klimatologie zugrunde lag, - diese Rückkehr allerdings auf einer ganz anderen Ebene, mit dem in der Zwischenzeit durch die Naturwissenschaften hart erarbeiteten Wissen über die Zusammenhänge im Klimasystem und der möglichen Beeinflussung des Klimas durch den Menschen als Grundlage.

Um die Gefahr eines anthropogenen Klimawandels geht es auch im DACH-Klimastatement, das während der Meteorologentagung den, wohl auch wegen der aktuellen kritischen Weltlage, nur in geringer Zahl erschienen Journalisten präsentiert wurde. Das Klimastatement weist in insgesamt zurückhaltenden Formulierungen darauf hin, dass die beobachteten weltweiten Klimaänderungen andauern, sich vielfach in den letzten Jahren sogar verstärkt haben. Es wird ein Ausbau der Beobachtungssysteme (anstatt des vielfach zu beobachtenden Rückbaus aus Geldmangel) gefordert, um die "Strukturen der Klimaänderungen auch in Zukunft adäquat verfolgen und im Kontext mit der Klimageschichte sinnvoll interpretieren zu können". Verstärkte Anstrengungen auf dem Gebiet der Grundlagenforschung, aber auch der anwendungsbezogenen Forschung könnten dazu beitragen, "offene Fragen der Klimadiagnostik, Klimamodellierung und nicht zuletzt der ökologisch-sozioökonomischen Auswirkungen von Klimaänderungen" zu beantworten. Nach Meinung der meteorologischen Gesellschaften Deutschlands, Österreichs und der Schweiz reichten aber auch die derzeitigen Kenntnisse über den Einfluss menschlicher Aktivitäten (insbesondere durch die Emission von Treibhausgasen und durch Waldrodungen) "zweifellos aus, um international abgestimmte, effektive und baldige Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen". Konkret gehe es hierbei um die Umsetzung des Kyoto-Protokolls zur Klimarahmenkonvention. Unbedingt notwendig seien aber auch weitere, darüber hinausgehende Regelungen und Maßnahmen.

Soweit die zentralen Aussagen des DACH-Klimastatements, die sich durchaus mit dem Selbstverständnis des Verfassers dieser Tagungsnotizen und sicher auch der großen Mehrheit der in Wien anwesenden Meteorologen und Klimatologen decken. Wer dann allerdings die Gelegenheit hatte, drei Wochen danach die Veranstaltung der DECHEMA in Frankfurt zu besuchen, fühlte sich in eine völlig andere Welt versetzt. Eine Parallelwelt, die anscheinend wenig Verknüpfungspunkte mit der Welt des meteorologischen mainstreams hat, wie auch die immer wieder zu hörenden Klagen der in Frankfurt anwesenden Klimaskeptiker zeigten, die etablierten Wissenschaftler, insbesondere der IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change), hielten absichtlich wichtige Informationen zurück. In der Welt der etablierten Wissenschaften publiziert man seine Ergebnisse in Fachzeitschriften und Fachbüchern, in der Welt der Klimaskeptiker liest man über diese Ergebnisse in "Bild der Wissenschaft" und dem "Scientific American" und äußert sich vor allem in Leserbriefen an bekannte Tageszeitungen, in Mailing-Listen und im Internet, aber auch auffällig häufig in Journalen und Publikationen aus dem Umfeld Lyndon LaRouches. Auch Veranstaltungen wie die der DECHEMA, in diesem Fall sogar mit dem ausgesprochenen Ziel, die Klimaskeptiker zu Wort kommen zu lassen, werden von diesen als willkommenes Forum genutzt, ihre Kritik an zentralen Aussagen der etablierten Klimaforscher zu präsentieren.

Anlass für die Veranstaltung dürften sicher folgende aktuelle Veröffentlichungen in Deutschland gewesen sein: zum einen das Buch "Klimafakten" der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover, das in einem geologischen Kontext den Einfluss der Sonne als treibenden Faktor für Schwankungen des Klimas betont und den des Kohlendioxids verneint, und zum anderen ein Artikel von Heinz Hug in der Chemischen Rundschau, der mit seinen Messungen die "Klimakatastrophe als spektroskopisches Artefakt" entlarvt haben will. Letzterer war dann auch einer der fünf eingeladenen Vortragenden in Frankfurt und repräsentierte auf dem Podium zusammen mit Jack Barrett aus Großbritannien die Fraktion der Klimaskeptiker. Unterstützt wurden sie durch ein etwa halbstündiges Koreferat aus dem Publikum, gehalten von Herrn Thüne, einem ehemaligen (Fernseh-)Meteorologen, der inzwischen in der Soziologie zum Thema "Heimat als soziologische und geopolitische (sic!) Kategorie" promovierte. Die Aussagen von Herrn Thüne lassen sich in etwa dahin gehend zusammenfassen, dass es a) keinen Treibhauseffekt gebe (weder natürlich, noch anthropogen), b) Klima als soziales Konstrukt in der Natur nicht vorkomme und c) der Zustand der Atmosphäre über mehr als drei Tage nicht voraus bestimmt werden könne, also auch nicht das Klima der Zukunft. In kurzen Nebensätzen wurden vor großem Publikum selbst einfachste physikalische und meteorologische Gesetzmäßigkeiten außer Kraft gesetzt.

Solcher Fundamentalkritik hatten die Vertreter der etablierten Meteorologie und Klimatologie mit ihrem Vertrauen auf die Überzeugungskraft genau dieser physikalischen Gesetzmäßigkeiten natürlich nichts mehr entgegenzusetzen. Leider erreichten sie mit ihren mit Gleichungen und Graphen gespickten Folien auch nicht unbedingt das Publikum, in dem vor allem Chemiker und Ingenieure saßen.

Unter der Moderation von Prof. Zellner (Universität Essen) berichtete S. Bakan (MPI für Meteorologie in Hamburg) über die Grundlagen der Strahlungswirkung von CO2 im Klimasystem, R. Hollmann (GKSS Forschungszentrum, Geesthacht) über die Messung und Modellierung der Strahlungsenergieübertragung in der Atmosphäre und M. Birk vom DLR Oberpfaffenhofen ging in seinem Beitrag über Laborspektroskopische Untersuchungen des CO2 und seiner Klimawirksamkeit direkt auf das von H. Hug angesprochene Thema ein. Allein hier ergab sich eine gewisse Bewegung an den Fronten zwischen etablierter Meteorologie und seinen Kritikern, als H. Hug zugeben musste, den Meteorologen bzw. Klimatologen sein allzu einfaches und zudem falsches Verständnis der Energieübertragung in der realen Atmosphäre unterstellt zu haben. Ansonsten dürfte sich nach der Veranstaltung jeder wieder in die sichere Welt seines Fachgebietes oder seiner unwandelbaren Überzeugungen zurückgezogen haben. Auch der größte Teil des Publikums wird nach Hause gegangen sein, ohne viel von dem verstanden zu haben, was die etablierten Klimaforscher da ihren Kritikern entgegensetzen konnten. Bleibt zu hoffen, dass bei nicht allzu Vielen der Eindruck entstanden ist, auch das Klima sei völlig unverstanden und die allseits geforderten Maßnahmen zum Klimaschutz dementsprechend bar jeder Begründung.

Referenzen

Homepage der Deutsch-Österreichisch-Schweizerischen Meteorologen-Tagung mit den Tagungsbeiträgen:
http://www.zamg.ac.at/~DACH2001/

Stellungnahme zum Thema "Klimaänderung" der DMG, ÖGM und SGM, veröffentlicht auf der DACH 2001 (DACH-Klimastatement):
Kurzfassung: http://www.met.fu-berlin.de/dmg/dmg_home/ks_2001_DACH_k.html;
Langfassung: http://www.met.fu-ber-lin.de/dmg/dmg_home/ks_2001_DACH_l.html

Presseinformation der DECHEMA zum Sonderkolloquium am 11. Oktober 2001:
http://www.dechema.de/ueberblick/presse/deutsch/pm25d_01.htm

Kontakt

Dipl.-Met. Gerhard Sardemann
Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS)
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Karlstr. 11, 76133 Karlsruhe
Tel.: +49 721 608-22734
E-Mail: gerhard.sardemann∂kit.edu