Nachhaltige Nutzung der Photovoltaik

Schwerpunktthema Erneuerbare Energien

Nachhaltige Nutzung der Photovoltaik

Priv.-Doz. Dr. Gerhard Willeke, Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme, Freiburg

Von der Photovoltaik geht eine besondere technische Faszination aus, da hier die Umwandlung der Sonnenenergie in den Universalenergieträger Elektrizität auf rein elektronischem Wege geschieht, das heißt ohne mechanische, thermische oder chemische Zwischenschritte. Eine Energieamortisationszeit von wenigen Jahren, die Tatsache, dass praktisch an jedem Ort Strom emissions- und lärmfrei erzeugt werden kann und eine ausgesprochene Modularität machen diese Form der solaren Energieumwandlung besonders attraktiv - vom solaren Taschenrechner bis zum Multimegawatt-Kraftwerk ist alles möglich. Die vorliegende Arbeit beschreibt den Stand und prognostiziert die weitere Entwicklung dieser Technologie auf dem Weg zu einer globalen, nachhaltigen Nutzung.

Technisches Potenzial der Photovoltaik

In Deutschland kann von einer solartechnisch nutzbaren Gebäudedachfläche von etwa 800 Mio. m2 ausgegangen werden (Kaltschmitt, Wiese 1997). Ihre Nutzung für eine photovoltaische Stromerzeugung steht aber grundsätzlich in Konkurrenz zu einer solarthermischen Niedertemperaturwärmegewinnung. Nutzen wir zum Beispiel nur die Hälfte dieser Fläche zur Stromgewinnung, so ergibt sich bei einem mittleren Modulwirkungsgrad von 12 % - dem heutigen Stand der Technik - ein technisch installierbares Spitzenleistungspotenzial von 48 GWp (Gigawattpeak) mit einem jährlichen technischen Energiegewinnungspotenzial von 40 TWh/a. Zusätzlich könnte eine solare Stromgewinnung auch auf einem Teil der für eine landwirtschaftliche Nahrungsmittelproduktion nicht mehr benötigten Freiflächen realisiert werden, wobei unter Berücksichtigung der technischen Restriktionen sich ein installierbares Flächenpotenzial von etwa 3500 Mio. m² mit einem installierbaren Spitzenleistungspotenzial von 420 GWp und einem jährlichen Energiegewinnungspotenzial von 360 TWh/a ergibt. Bei vollständiger Ausschöpfung beider Potenziale könnten theoretisch mit 400 TWh/a knapp dreiviertel des heutigen Strombedarfs von 550 TWh/a photovoltaisch gedeckt werden. Derzeit (Mitte 2001) können mit einer installierten Spitzenleistung von 135 MWp in Deutschland nur etwa 115 GWh/a oder 0,02 % des Strombedarfs durch Solarzellen erzeugt werden.

Marktentwicklung

Mit dieser Leistungsfähigkeit steht die Photovoltaik in Deutschland nun dort, wo die Windenergie vor zehn Jahren stand (Staiß 2000). Diese hat sich seit 1991 - unterstützt durch das damals eingeführte Stromeinspeisungsgesetz - in der Stromerzeugung mehr als verhundertfacht: Mit den Mitte 2001 installierten 6.9 GW Nennleistung können derzeit etwa 14 TWh/a oder 2.5 % des Strombedarfs erzeugt werden ( http://www.wind-energie.de). Damit hat die Windenergie die Wasserkraft bereits in der installierten Leistung überholt (s. hierzu auch die Beiträge von M. Hoppe-Kilpper und W. Marx in diesem Schwerpunkt).

Der weltweite Photovoltaikmarkt hat in den letzten 5 Jahren ein ähnlich enormes Wachstum mit einer rasant ansteigenden Wachstumsgeschwindigkeit verzeichnet, im Wesentlichen bedingt durch die japanischen und deutschen Markteinführungsprogramme. Die global tätigen etwa 50 Solarzellenhersteller haben im Jahr 2000 Zellen und Module mit einer Spitzenleistung von 287 MWp produziert. Dies entspricht einer Steigerung der Produktion gegenüber 1999 um 42,6 %. Die Wachstumsraten in den Jahren 1999 und 1998 betrugen noch 30,3 und 23,0 %. Diese Raten haben zu einer Verdopplung des Marktes in den letzten 2 - 3 Jahren und einer Verzehnfachung in den letzten 13 Jahren geführt. Insgesamt sind nun weltweit etwa 1 GWp an photovoltaischer Spitzenleistung installiert. Wenn allein die Ausbaupläne der bereits aktiven Firmen realisiert werden, kann auch in den kommenden Jahren von einem vergleichsweise starken weiteren Wachstum ausgegangen werden. Die beiden japanischen Marktführer Sharp und Kyocera waren letztes Jahr mit einer Steigerung der Spitzenleistung produzierter Zellen um 53,2 % Antreiber dieses Wachstums und haben damit allein einen Weltmarktanteil von 32,2 % erobert.

Der Anteil aller in Deutschland (im Jahr 2000) produzierten Zellen nimmt mit 6,2 % einen eher bescheidenen Wert ein. Bei dieser Technologie sind wir also bereits zu einem Importland geworden, denn 15,7 % der Weltproduktion wurde letztes Jahr in Deutschland installiert.

Insgesamt ist der japanische Binnenmarkt der Motor der derzeitigen Entwicklung. In den letzten sieben Jahren haben sich die jährlichen Installationen dort von Jahr zu Jahr im Mittel verdoppelt, was zu einer kumulierten Anlagenspitzenleistung von derzeit 320 MWp geführt hat.

Bei der Zelltechnologie ist weiterhin die kristalline Siliziumtechnologie führend, sie hat sogar ihren Marktanteil von 87,5 % im Jahr 1999 auf 90,2 % in 2000 weiter ausbauen können, ein Trend, der in den letzten 12 Jahren beobachtet wird. Insgesamt hat sich der Marktanteil deutlich zugunsten von Zellen aus multikristallinem Silizium verschoben, der Technologie mit der höchsten Zuwachsrate im Jahr 2000 von 66,2 %. Dies hat zu einem Marktanteil von nunmehr 54,7 % im letzten Jahr geführt. Leichte Marktanteile verloren haben dagegen Solarzellen aus amorphem Silizium, der am weitesten entwickelten Dünnschichttechnik, die es letztes Jahr aufgrund eines Wachstums von "nur" 12,9 % auf einen Marktanteil von 9,4 % gebracht hat (Vergleich 1999: Marktanteil 11,9 %). Noch zu vernachlässigende Marktanteile von deutlich unter 1 % haben Dünnschichtsolarzellen auf der Basis von CIS und CdTe.

Preisentwicklung und Konkurrenzfähigkeit

In den letzten zwanzig Jahren seit Beginn einer industriellen Solarzellenproduktion konnte der Wirkungsgrad der marktbeherrschenden kristallinen Siliziummodule von 10 % auf über 13 % gesteigert werden. Gleichzeitig sind durch eine Verhundertfachung der weltweiten Jahresproduktion auf knapp 300 MWp/a die Preise um den Faktor 3 - 4 auf das heutige Niveau von 3,2 €/Wp für Module ab Werk gefallen. Mit den daraus resultierenden Systemkosten von 5 - 7,5 €/Wp lassen sich damit Stromgestehungskosten von 0,75 €/kWh in unseren Breiten (Deutschland) und 0,38 €/Wp in Südeuropa erzielen. Im Vergleich zu Preisen für spitzenlastgenerierten Strom ist die Photovoltaik derzeit also noch um einen Faktor 3 - 4 zu teuer.

Die Preisentwicklung folgt seit zwanzig Jahren einer Lernkurve mit dem Faktor f = 0,8, das heißt bei einer Verdopplung des kumulierten Produktionsvolumens sinken die Preise um 20 %, bei einer Verzehnfachung halbieren sich also die Preise. Wenn die Entwicklung weiterhin dieser Lernkurve folgt, kann in 2010 bei einem kumulierten Volumen von weltweit 10 GWp von einer Halbierung der derzeitigen Preise ausgegangen werden. Bei einem konstanten Marktanteil von 15 % wären in Deutschland dann 1,5 GWp an PV installiert, ein Niveau, das die Windenergie schon 1997 erreicht hat.

Kostenreduktionspotenziale

Kostenreduktionspotenziale liegen bei der marktbeherrschenden kristallinen Siliziumtechnik in der Automatisierung und Produktivitätsverbesserung sowie in einer weiteren Steigerung des Zellwirkungsgrades. Die Firma Deutsche Solar erwartet im Jahr 2010 durch eine Erhöhung des Zellwirkungsgrades auf 17 % (2000: 13,5 %), eine Reduzierung der Scheibendicke auf 270 µm (330 µm), eine Erhöhung der Ausbeuten auf 95 % (85 %) und eine Vergrößerung der Anlagenkapazität auf 100 MW/a (20 MW/a) eine Reduktion der Solarmodulpreise ab Werk auf 1,7 €/Wp, was knapp einer Halbierung des heutigen Wertes entspricht. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die im Auftrag des britischen Handels- und Industrieministeriums durchgeführte ADL-Kostenstudie der amerikanischen Firma Arthur D. Little (Jones et al. 2000). Hier werden die direkten Herstellungskosten für multikristalline Siliziummodule als derzeit günstigste Technologie mit 2,12 US$/Wp berechnet, und zwar für eine Fabrik mit einer Fertigungskapazität von 10 MW/a, einer Ausbeute von 85 % und einem Zellwirkungsgrad von 14 %. Insbesondere durch eine Erhöhung des Zellwirkungsgrades auf 17 % und eine Aufskalierung der Jahresfertigungskapazität auf 100 MW könnten die direkten Modulherstellkosten nach dieser Studie bis zum Jahr 2010 auf 1,15 US$/Wp gesenkt werden.

Die im Auftrag der Europäischen Kommission von einem europäischen Expertengremium 1996 erstellte APAS-Kostenstudie (Bruton 1996) kommt bei der gleichen multikristallinen Siliziumtechnologie auf mögliche direkte Modulherstellkosten von 0,91 €/Wp. Diese Studie legt einen Zellwirkungsgrad von 15 % zugrunde sowie eine Fertigungseinheit von 500 MW/a. Dieser Wert sollte spätestens im Jahre 2020 erreicht werden, wahrscheinlich aber schon früher, da die erste 100 MW-Fabrik bei Sharp in Japan bereits läuft und ähnlich große Fabriken bei den Firmen ASE in Alzenau und BP Solar in Madrid bereits geplant sind.

Im Vergleich weist die ADL-Studie für die neuen Dünnschichttechnologien CdTe und CIGS (Cu(In,Ga)Se2) im Jahr 2010 mögliche direkte Modulherstellkosten von 0,95 bzw. 1,00 US$/Wp aus, wenn es gelingt, stabile Modulaperturwirkungsgrade (das heißt auf die aktive Fläche bezogene Wirkungsgrade) von 12 bzw. 13 % bei Ausbeuten von 90 % in einer Fabrikeinheit von 100 MW/a zu realisieren. Die nächsten zehn Jahre werden zeigen, ob es mit diesen Technologien gelingt, in diesen Fertigungsmaßstab vorzudringen und sich damit die berechneten Kosten auch erzielen lassen. Nicht wenige Experten gehen davon aus, dass sich die kristalline Siliziumtechnologie unter anderem wegen vergleichbarer Kostenreduktionspotenziale auch weiterhin am Markt behaupten wird.

Die Rohstofffrage

Silizium ist nach Sauerstoff das zweithäufigste Element in der Erdkruste, wo es zwar nicht in elementarer Form, aber in Verbindungen, meistens Oxiden und Silikaten vorkommt. Um es aus diesen Verbindungen zu befreien, muss es im Lichtbogenofen bei 2000°C mit Kohlenstoff reduziert werden. Dies geschieht bereits im großtechnischen Maßstab (Mio. Tonnen pro Jahr), von denen etwa 20.000 Tonnen für die Mikroelektronik in eine extrem reine Form gebracht werden. Aus dieser Quelle erhält die kristalline Silizium-Photovoltaik derzeit die benötigten 4000 Tonnen für jährlich etwa 250 MWp an Solarzellen in der Form von qualitätsmäßig minderwertigerem, aber preislich günstigerem Abfallmaterial.

Wenn die kristalline Silizium-Solarzellentechnologie auch weiterhin so stark wachsen soll wie bisher, muss in den kommenden Jahren eine von der Mikroelektronik unabhängige, nachhaltige Quelle von Solarsilizium erschlossen werden. Die Verfahren dazu sind bereits relativ weit entwickelt, noch wird aber vor den hohen Investitionskosten zurück geschreckt, da der erzielbare Preis kurzfristig nicht wesentlich unter dem heutigen Niveau von etwa 30 US$/kg liegen wird. Um wertvolles Material und damit Kosten zu sparen, geht deswegen der Trend zu immer dünneren Scheiben und höheren Solarzellenwirkungsgraden. Selbst wenn - mittlere Wachstumsraten von 22,5 % pro Jahr vorausgesetzt - im Jahr 2030 ein weltweiter Markt für kristalline Siliziumsolarzellen von 150 GW/a entstünde, würde dazu "nur" eine Silizium-Rohstoffmenge von 3 Mio. Tonnen benötigt, eine Menge, die bereits heute produziert wird.

Das für die amorphe Siliziumtechnologie benötigte Siliziumwasserstoffgas Silan (SiH4) und das für die kristalline Siliziumdünnschichtzelle verwendete SiHCl3 werden heute schon in so großen Mengen in der erforderlichen Reinheit hergestellt, dass deren Bereitstellung für eine sich rasant entwickelnde Photovoltaikindustrie in den nächsten Jahrzehnten keinen Engpass darstellen wird.

Die wichtigsten Materialien für die Herstellung von CIGS-Dünnschichtsolarzellen sind Kupfer (Cu), Indium (In), Gallium (Ga), Selen (Se) und Cadmiumsulfid (CdS). Die seltensten und damit kritischsten Elemente sind In und Ga. Zum Beispiel beträgt die weltweite jährliche Förderung von In derzeit 134 t. Diese Menge reicht aus, um 4,5 GW/a an CIGS-Modulen herzustellen. In den nächsten 15 - 20 Jahren wird also der Rohstoff Indium die Produktion von CIGS-Modulen nicht beschränken. Das bei der Herstellung von CdTe-Dünnschichtmodulen benötigte Tellur ist mit einer jährlichen Förderung von 350 t ebenfalls vergleichsweise selten. Die Menge sollte aber ausreichen, um in den nächsten 15 Jahren ein ungehindertes Wachstum dieser Solarzellentechnologie zu ermöglichen.

Zusammenfassung und Ausblick

Die Photovoltaik hat das Potenzial, in Deutschland und weltweit einen signifikanten Beitrag zu einer nachhaltigen Energieversorgung zu liefern. Um das Preisniveau von Spitzenlaststrom zu erreichen, sind allerdings noch zwei Jahrzehnte intensiver Forschungs- und Entwicklungsarbeiten und deren industrieller Umsetzung erforderlich. Im nächsten Jahrzehnt wird die kristalline Siliziumtechnik in die Massenproduktion überführt werden und aufgrund der vorhandenen Leistungsreserven und Kostenreduktionspotenziale weiterhin den Markt dominieren. Eine wissenschaftliche und technische Herausforderung stellt die Umstellung auf eine von der Mikroelektronik unabhängige Quelle reinen Siliziums - des sogenannten Solarsiliziums - dar. Die neuen Dünnschichttechnologien CdTe und CIGS werden in dieser Zeit den Nachweis einer leistungs- und kostenmäßigen Konkurrenzfähigkeit erbringen müssen, wenn sie aus einem Nischendasein herauswachsen wollen. Langfristig sind bei diesen Technologien eher Versorgungsengpässe mit den seltenen Rohstoffen Indium bzw. Tellur zu erwarten. Das amorphe Silizium könnte bei der ländlichen Elektrifizierung eine Rolle spielen, wo flächengebundene Kosten und somit der Zellwirkungsgrad eher eine untergeordnete Rolle spielen können. Dieser neue Markt gilt zwar als wichtig, muss aber auch als schwierig eingestuft werden, so dass dessen Entwicklung nur schwer eingeschätzt werden kann. Die kristalline Silizium-Dünnschichttechnik ist noch nicht fertigungsreif. Größere Chancen für eine industrielle Umsetzung können eher der Konzentratortechnik mit ihrem hohen Kostenreduktionspotenzial eingeräumt werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Chancen für eine nachhaltige Entwicklung der Photovoltaik sehr gut stehen, sie wird sich allerdings nicht ganz so stürmisch wie die Windenergie entwickeln.

Literatur

Bruton, T., 1996:
Multi-Megawatt Upscaling of Silicon and Thin Film Solar Cell and Module Manufacturing 'MUSIC FM', Europäische Kommission, APAS RENA CT94 0008

Jones, E., et al., 2000:
Opportunities for Cost Reduction in Photovoltaic Modules, Arthur D. Little Inc., 16th EU PV Solar Energy Conference, Glasgow, UK, May

Kaltschmitt, M.; Wiese, A., 1997:
Erneuerbare Energien, Systemtechnik, Wirtschaftlichkeit, Umweltaspekte. Berlin: Springer (2. Aufl.)

Staiß, F., 2000:
Jahrbuch Erneuerbare Energien, Stiftung Energieforschung Baden-Württemberg, Radebeul: Bieberstein-Verlag

Kontakt

Priv.-Doz. Dr. Gerhard Willeke
Department Head Solar Energy Systems
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