ITAS-Projekt: Wandel der Arbeits- und Lebensbedingungen im Multimediabereich aus der Perspektive der Genderforschung

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ITAS-Projekt: Wandel der Arbeits- und Lebensbedingungen im Multimediabereich aus der Perspektive der Genderforschung

Einführung

Schon Anfang der 90er Jahre galten die Potenziale der Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK) als richtungsweisend für die Modernisierung der Arbeitsstrukturen vor allem im Dienstleistungssektor. Als zentraler Begriff galt schon hier die "Flexibilisierung der Arbeit", womit vor allem die zeitliche und räumliche Unabhängigkeit vom Arbeitsplatz, vom Arbeitgeber sowie von festgefügten Arbeitsrhythmen gemeint wurde. Vielseitige Visionen neuer Arbeitsmodelle entstanden, die der strikten Trennung von Beruf und Familie oder Privatsphäre ein Ende setzten. Visionen, die vor allem Frauen im Hinblick auf die Vereinbarkeitsproblematik von Beruf und familiären Verpflichtungen eine vielversprechende Perspektive zu eröffnen schienen.

In welcher Form und ob sich diese Erwartungen realisiert haben und weiterhin konkretisieren, ist die inhaltliche Fragestellung des Projektes: Wandel der Arbeits- und Lebensbedingungen im Multimediabereich aus der Perspektive der Genderforschung, das aus dem Förderprogramm "Frauenforschung" des Sozialministeriums Baden-Württemberg finanziert wird. Für dieses Programm wurden bestimmte Richtlinien entwickelt, die nicht nur ein inhaltliches Interesse an Frauenforschung formulieren, sondern vor allem verstärkt die Methoden der Frauenforschung fördern möchten.

Im ITAS knüpft das Projektdesign des Genderprojektes an das EU-Projekt SOWING (Information Society and the Generation of New Forms of Social Exclusion; siehe hierzu auch den Schwerpunkt von Heft 1, 8. Jg., März 1999 der TA-Datenbank-Nachrichten, S. 3 - 49) an, das in einem dreijährigen Forschungsprozess den Einfluss von Informationstechnologien auf die Arbeitsbedingungen und speziell auf Formen der sozialen Exklusion untersucht hat. Der Untersuchungsrahmen bezog sich hierbei auf die Region Stuttgart, in der quantitative und qualitative Studien durchgeführt wurden. Das Genderprojekt nimmt jedoch einen klaren Perspektivenwechsel vor. Während bei dem SOWING-Projekt die betriebswirtschaftliche Logik des Prozesses im Vordergrund stand, nimmt das Genderprojekt die Perspektive der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein, die in diesen Wandlungsprozess eingebunden sind. Die Strukturkategorie "gender" wird hierbei als Bewertungsinstrumentarium sowohl für den weiblichen als auch den männlichen Arbeits- und Lebenskontext herangezogen.

Der Multimediabereich als verhältnismäßig junge Branche gilt als ein Arbeitsmarktsegment, in dem ein Wandel der Arbeits- und Lebensführung stattfindet und die strikte Trennung von Berufs- und Lebenswelt aufgehoben wird. Ob hier eine Harmonisierung der beiden Bereiche stattfindet und sich auf die Arbeits- und Lebensqualität niederschlägt, ist die übergeordnete Fragestellung des Projektes.

Methodischer Ansatz

Methodisch wird die Erwerbsarbeit als Teil sowohl der individuellen Alltagsführung als auch der biographischen Entwicklung betrachtet. Die Bewältigung und Gestaltung der Erwerbsarbeit bezieht sich aus dieser Perspektive besonders auf die subjektive Ebene der Lebensführung, d. h. sowohl auf die Werte und Vorstellungen der eigenen Lebens- und Arbeitsgestaltung als auch auf deren praktische Umsetzung. Diese Betrachtungsweise stellt hohe Anforderungen an die methodische Erhebung. In der Frauen- und Genderforschung haben qualitative Untersuchungsansätze, die neben der gezielten Erfassung bestimmter Informationen sowie den hermeneutischen Analysen dem freien Erzählen viel Raum lassen, einen hohen Stellenwert. Qualitative Forschung wird als Suchforschung betrachtet, in der sich empirisches Material und theoriegeleitete Interpretation austauschen.

Mittels einer qualitativ angelegten Untersuchung im Multimediabereich im Raum Stuttgart werden einerseits die sich wandelnden Arbeitsstrukturen, andererseits die individuellen Bewältigungsstrategien identifiziert und analysiert. Die zentrale Frage ist, wie sich Frauen (und Männer) in ihren Lebenspraxen die objektiven Strukturen subjektiv aneignen - sich anpassend, widerständig, oder sich einrichtend - und in diesem Vergesellschaftungsprozess sich selbst aktiv herstellen. Nach den Prinzipien der Offenheit und der Kommunikation sollen schrittweise Typisierungen gebildet werden, die dem Wandel sowohl im Beruf als auch in der Lebenswelt eine Vorstellung verleihen.

Folgende Thesen leiten die Untersuchung: 

Die Richtlinien des Förderschwerpunktes "Frauenforschung" des Sozialministeriums Baden-Württemberg sehen auch vor, dass das institutionelle Umfeld der (beauftragten) Wissenschaftlerin bei der Vergabe der Fördergelder berücksichtigt werden soll. Das heißt konkret, es werden diejenigen Institutionen ausgewählt, in denen sich bisher die Genderforschung noch nicht positioniert hat. Für die vielseitigen und komplexen Themenschwerpunkte im ITAS könnte die Sichtweise der Gender- und Frauenforschung sicherlich oftmals einen konstruktiven Perspektivenwechsel herbeiführen. Das Projekt wird hauptverantwortlich von Bettina-Johanna Krings durchgeführt.

Laufzeit: 01. Oktober 2001 - 31. März 2002

Kontakt

Bettina-Johanna Krings
Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS)
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Karlstr. 11, 76133 Karlsruhe
Tel.: +49 721 608-26347
E-Mail: bettina-johanna krings∂kit edu