Stoffstromanalysen zum Einsatz von carbonfaserverstärkten Kunststoffen im Flugzeugbau

Schwerpunktthema - Stoffstromanalysen

Stoffstromanalysen zum Einsatz von carbonfaserverstärkten Kunststoffen im Flugzeugbau

von Bernd Reßler, Matthias Achternbosch, Klaus-Rainer Bräutigam, Christel Kupsch, Gerhard Sardemann, ITAS

Als ein Beispiel für eine vergleichende Stoffstromanalyse im Bereich "Neue Verfahren und Werkstoffe" werden die im Rahmen des HGF-Strategiefondsprojektes "Schwarzer Rumpf" durchgeführten Arbeiten vorgestellt. Darin wird der mit der Herstellung, Nutzung und Entsorgung von Flugzeugrumpfkomponenten verbundene Stoff- und Energieeinsatz bestimmt. Als Materialien für die Rumpfbauteile werden Aluminiumknetlegierungen und carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK) betrachtet. Die Prozessschritte beider Produktlinien konnten weitestgehend identifiziert und hinsichtlich ihrer Stoffströme und Energieverbräuche qualitativ und quantitativ beschrieben werden.

Einleitung

In der Umweltforschung und Umweltpolitik gewinnt aufgrund des steigenden Stoffverbrauchs durch Wirtschaft und Gesellschaft die Analyse der damit verbundenen Stoffströme immer mehr an Bedeutung. Durch diese Analysen sollen Beiträge zur effizienteren Ressourcennutzung und eine wissenschaftliche Basis zur Steuerung und Bewertung von Stoffströmen (Stoffstrommanagement) erarbeitet werden.

Stoffstromanalysen haben das Ziel, die Stoff- und Energieeinträge sowie den Verbleib der ein- bzw. umgesetzten Stoffe in einem definierten Untersuchungssystem qualitativ und quantitativ zu erfassen und die mit den Stoffströmen verbundenen Auswirkungen auf die Umwelt zu beschreiben. Hierbei sind innerhalb der Bilanzgrenzen sämtliche wesentlichen Verzweigungen und Umwandlungen im Stoffstrom zu identifizieren. Dabei kann der Untersuchungsbereich sowohl die Herstellung, Nutzung und Entsorgung einzelner Produkte als auch bestimmte Technologien oder technische Verfahren betreffen sowie die Abläufe in einzelnen Betrieben oder Regionen umfassen.

Die im Folgenden vorgestellten Untersuchungen befassen sich mit der Stoffstromanalyse der Herstellung von großflächigen Bauteilen aus Aluminium und CFK für den Flugzeugbau. Ziel dieser Arbeiten ist es unter anderem, schon bei der Entwicklung einer innovativen Technologie ökologische Aspekte in Bezug auf die Werkstoffauswahl bzw. die verwendeten Verfahren zu berücksichtigen, eine Vorgehensweise, die immer mehr an Bedeutung gewinnt.

Zielsetzung des HGF-Projekts "Schwarzer Rumpf"

Der Weltluftverkehr hatte in den vergangenen Jahrzehnten große Zuwachsraten zu verzeichnen. Auch für die nächsten 10 bis 15 Jahre wird eine deutliche Zunahme des Flugverkehrs prognostiziert. Um den wachsenden Bedarf an Flugtransportleistungen zu decken, müssen in diesem Zeitraum Verkehrsflugzeuge mit einem geschätzten Umsatzvolumen von ca. 1 Billion Euro produziert werden. Der vom europäischen Flugzeugbau angestrebte Anteil an diesem Markt beträgt 40-50 %. Für die zukünftige Marktposition der europäischen Flugzeugindustrie ist deshalb die Weiterentwicklung der technologischen Kompetenz hin zu kostengünstig hergestellten Flugzeugen mit geringerem Gewicht und entsprechend geringerem Treibstoffverbrauch von großer Bedeutung.

Um diese Ziele umzusetzen, wird verstärkt auf die Anwendung von Faserverbundwerkstoffen gesetzt. Diese Werkstoffe sind leichter als Metalle und haben im Gegensatz zu diesen richtungsabhängige Materialeigenschaften, so dass sie bei belastungsgerechter Ausrichtung der Fasern das Leichtbaupotenzial von metallischen Werkstoffen in Bezug auf Festigkeit und Steifigkeit weit übertreffen können.

Insbesondere carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK) lassen aufgrund ihrer geringen Dichte von 1,55 g/cm3 (Aluminium 2,8 g/cm3) und ihrer hervorragenden mechanischen Eigenschaften eine Eignung für den Einsatz im Flugzeugbau erwarten. Sie werden in größeren Verkehrsflugzeugen bisher aus Kosten- und Fertigungsgründen nur begrenzt z. B. im Bereich der Leitwerke, Flügelklappen und Triebwerksverkleidung eingesetzt. Neue, derzeit in der Erprobungsphase befindliche Fertigungsverfahren sollen zukünftig die serienmäßige und kostengünstige Produktion komplexer, großflächiger CFK-Bauteile z. B. im Bereich des Flugzeugdruckrumpfes ermöglichen. Mit einem aus CFK gefertigten Druckrumpf wäre eine Gewichtseinsparung von mehr als einem Viertel des Gewichtes des Aluminiumrumpfes möglich.

Im Rahmen des HGF-Projekts "Schwarzer Rumpf" sollen die Grundlagen für die Konstruktion und Fertigungstechnik ausgewählter Komponenten eines Druckrumpfes aus CFK erarbeitet werden. Als Referenzflugzeug für die Untersuchungen wurde ein Airbus A320 ausgewählt. Das Projekt wird aus dem Strategiefonds der Hermann-von-Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF) gefördert und unter Leitung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) von verschiedenen Instituten des DLR und vom Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) des Forschungszentrums Karlsruhe durchgeführt. In den Arbeitsgruppen des DLR werden unter anderem mit Hilfe von Simulations- und Rechenverfahren neue Rumpf-Bauweisenkonzepte und kostengünstige Fertigungsverfahren für CFK sowie das Materialverhalten in verschiedensten Belastungszuständen untersucht.

Der Schwerpunkt der Arbeiten des ITAS besteht in der vergleichenden Analyse der mit der Herstellung, Nutzung und Entsorgung bzw. Wiederverwertung von Aluminium- und CFK-Bauteilen verbundenen Stoffströme und Energieverbräuche und der daraus resultierenden Emissionen und Umweltbelastungen. In diesem Beitrag werden erste ausgewählte Ergebnisse der Stoffstromanalyse für die Herstellungs- und Fertigungsphasen von Aluminiumrumpfkomponenten und entsprechenden Komponenten aus CFK vorgestellt.

Systemgrenzen und Vorgehensweise

Die Stoffstromanalysen wurden auf die wichtigsten strukturgebenden Bauteilgruppen des aus mehreren Sektionen zusammengesetzten A320-Rumpfes (Abb. 1) begrenzt.

Abb. 1: Struktureller Aufbau des A320 Aluminiumrumpfes (stark schematisiert)

Abb. 1: Struktureller Aufbau des A320 Aluminiumrumpfes (stark schematisiert)

Im Aluminiumrumpf sind dies die Rumpfhaut, die in Längsrichtung angebrachten Stabilisierungsstreben (Stringer) und die quer zur Rumpflängsachse verlaufenden Spanten, die dem Rumpf eine stabile Querschnittsform verleihen. Bei der derzeitigen Bauweise des Aluminiumrumpfes werden Hautbleche und Stringer zu Teilschalen vernietet, die im Verbund mit den Spanten die Schalen bilden. Mehrere Schalen ergeben eine Sektion des Rumpfes, eine so genannte "Tonne". Des Weiteren wurden in die Untersuchungen die zur Montage dieser Bauteile benötigten Verbindungselemente (im Wesentlichen Aluminium- und Titannieten) einbezogen.

Um eine Vergleichbarkeit bezüglich der festgelegten Systemgrenzen zu gewährleisten, musste für die Bauweise mit CFK eine 1:1-Übertragung verwendet werden, das heißt, ebenso wie der Aluminiumrumpf besteht auch der CFK-Rumpf aus Haut, Stringer und Spanten. Zwar konzentrieren sich die Arbeiten des DLR im Rahmen des Projektes auf neue Bauweisenkonzepte für den CFK-Rumpf, sie bieten jedoch derzeit noch keine ausreichend gesicherte Datenbasis, die eine Verwendung für die hier durchgeführte Stoffstromanalyse zulässt.

Zum Vergleich der Stoffströme der Aluminium- und CFK-Linie wurde die Input-Seite der einzelnen Prozessmodule weitestgehend bis hin zu den Rohstoffen und die Outputseite bis zu den Emissionen aufgeschlüsselt. Für die Stoffstromanalyse der jeweiligen Produktlinie wurden die von der Rohstoffgewinnung bis zum Endprodukt führenden Verfahrensschritte untersucht und zu einer modular aufgebauten Prozesskette verknüpft, in der sowohl einzelne Glieder betrachtet als auch größere Abschnitte aggregiert werden konnten.

Bei den Untersuchungen ergab sich die Schwierigkeit, dass die Prozesse der Bauteilfertigung in dieser Form erstmalig analysiert wurden - selbst bei Airbus wurden die Fertigungslinien bisher noch nicht in dieser Weise untersucht. Aus diesem Grund musste im Einzelnen geprüft werden, welche Prozesse in Bezug auf Stoff- und Energieeinsatz wichtig sind und welche vernachlässigt werden können. Hierfür war eine aufwändige Recherche und Detailarbeit erforderlich.

Für die Datenbeschaffung wurden Rohstoffverarbeiter, verarbeitende Industrie, Verbände und Forschungseinrichtungen sowie eine Reihe von Airbus-Produktionsstätten konsultiert. Während zudem für die Recherchen zur Herstellung der Airbus-Aluminiumlegierungen und -Halbzeuge [1] auf umfangreiche Studien unter anderem des EIPPCB (European Integrated Pollution and Prevention Control Bureau) und der EAA (European Aluminium Association) zurückgegriffen werden konnte, sind in der Literatur nur wenige stoff- und energiebezogene Informationen zur Herstellung von CFK aufgeführt. Als Datenbasis wurden aggregierte Stoffstromdaten zur Herstellung von Carbonfasern aus der Datenbank der Bilanzierungssoftware GABI Professional 4.0 des Instituts für Kunststoffprüfung (IKP) der Universität Stuttgart verwendet, die alle Prozessvorstufen berücksichtigen. Um diese Daten zu evaluieren und auf den neuesten Stand zu bringen, wird in Zusammenarbeit mit den Herstellern von Kohlenstofffasern eine aktuelle Datenbasis erarbeitet. Die Arbeiten hierzu sind noch nicht vollständig abgeschlossen. Für die Bauteilfertigung und die Montage der CFK-Rumpfschalen werden Untersuchungsergebnisse des DLR und der Airbus GmbH verwendet.

Begleitend zur Untersuchung der Aluminium- und CFK-Produktlinie wurden für alle Prozesse die recherchierten Daten durch eigene Berechnungen anhand von Eckdaten überprüft, wodurch eine Reihe von Ungereimtheiten festgestellt und behoben werden konnten.

Die Stoffstromdaten der einzelnen Prozesse wurden mit Hilfe der Bilanzierungssoftware GABI 4.0 des IKP bearbeitet und zu einer modular aufgebauten Prozesskette verknüpft. Im Falle einer unzureichenden Datenlage wurden den Produktionsprozessen anhand verfahrenstechnischer Merkmale typische Materialströme und Energieverbräuche zugeordnet und z. T. mit Unterstützung des IKP die entsprechenden Prozessmodule generiert. Dazu gehören unter anderem Prozessmodule für die Herstellung der wichtigsten im Aluminiumrumpf verwendeten Metalle und Legierungsmetalle (z. B. Titan, Zink, Kupfer, Magnesium), sowie für die Herstellung von Bestandteilen des bei der CFK-Herstellung verwendeten Harzes.

Berechnungsgrundlage

Im Rahmen der Systemgrenzen wurden die Bauteile nach Art, Zusammensetzung und Menge erfasst und ein detailliertes Mengengerüst für die einzelnen Bauteile und ihre Legierungsbestandteile aufgebaut (Abb. 2).

Abb. 2: Zusammensetzung des Airbus A320 Aluminium-Strukturrumpfes: Relative Anteile der wichtigsten Metalle und Gewichtsanteile der Bauteilgruppen an der Rumpfstruktur

Abb. 2: Zusammensetzung des Airbus A320 Aluminium-Strukturrumpfes: Relative Anteile der wichtigsten Metalle und Gewichtsanteile der Bauteilgruppen an der Rumpfstruktur

Die untersuchten Druckrumpfkomponenten aus Aluminiumknetlegierungen haben insgesamt ein Gewicht von 4200 kg. Die verschiedenen in Abbildung 2 aufgeführten Metalle sind mit Ausnahme von Titan Legierungsbestandteile der Aluminiumknetlegierungen.

Die 1:1-Umsetzung des Aluminium-Rumpfes in eine CFK-Rumpfstruktur ermöglicht nach Berechnungen der DLR eine ca. 27 %ige Gewichtseinsparung. Dies entspricht einem Gewicht der CFK-Rumpfkomponenten von ca. 3100 kg. Da CFK zu 60 % aus Carbonfasern und zu 40 % aus Harz besteht, enthält der Rumpf 1860 kg Carbonfasern und 1240 kg Harz.

Herstellung der Aluminium- und CFK-Bauteile

Aluminium

Die Herstellung von Aluminium und Aluminiumhalbzeugen ist ein im Bereich der Stoffstrombilanzierung vergleichsweise gut untersuchter Prozess. Abbildung 3 zeigt beispielhaft den vollständigen Stoffstrom für die Kette der Produktionsschritte zur Herstellung von Blechen aus Aluminiumknetlegierungen.

Abb. 3: Plan der Herstellung der Halbzeug-Bleche für die Aluminiumrumpfhaut des Airbus (Angaben in Tonnen)

Abb. 3: Plan der Herstellung der Halbzeug-Bleche für die Aluminiumrumpfhaut des Airbus (Angaben in Tonnen)

Wichtigster Rohstoff für die Aluminiumerzeugung ist Bauxit, ein Mineral, welches das Metall in Form von Aluminiumoxiden enthält. Die Extraktion des Aluminiumoxids aus dem Bauxit erfolgt in einem chemischen Aufschlussverfahren (Bayer-Verfahren) und liefert Tonerde (Al2O3) als Zwischenprodukt. Aus der Tonerde wird in einem elektrolytischen Reduktionsprozess (Hall-Herault-Verfahren) Aluminium mit einem Reinheitsgrad von über 95 % abgetrennt. Die Herstellung des Reinaluminiums für die Airbusrumpfteile erfolgt in Frankreich und Canada.

Das Reinaluminium wird in Blöcke - sog. Masseln - gegossen, die zur Weiterverarbeitung an die Walzwerke geliefert werden. Dort werden die Masseln eingeschmolzen, mit Legierungsmetallen versetzt und in die für die jeweiligen Walz- und Extrusionsprozesse geeigneten Formen gegossen (Barren, Stangen etc.). Für die Herstellung der Spanten und Hautelemente und des überwiegenden Anteils der Stringer des A320 werden gewalzte Bleche verwendet, ein kleinerer Teil der Stringer wird aus Aluminiumstangen extrudiert. Bleche und Extrusionsprofile (Halbzeuge) werden bei Airbus weiterverarbeitet und zu Rumpfsektionen verbunden.

Die vom ITAS durchgeführte Analyse der Halbzeugproduktion umfasst die Validierung der zur Verfügung stehenden Daten sowie die Erfassung und Untersuchung der mit der Herstellung der hochwertigen Airbus-Aluminumlegierungen verbundenen spezifischen Einflussfaktoren.

Für die Weiterverarbeitung der Halbzeuge zu den Bauteilen des A320 Rumpfes waren nur wenige Informationen verfügbar und der Erfolg dieses Teils der Studie hing in nicht geringem Maße von der Kooperationsbereitschaft der Airbus GmbH ab. Die Verarbeitung der Halbzeuge zu den montagefertigen Bauteilen erwies sich als ein überaus komplexer Prozess, dessen Untersuchung einen innerhalb des gesamten Projektrahmens erheblichen Zeitraum einnahm.

Ein erschwerendes Element bei der Analyse der Bauteilherstellung lag darin, dass unterschiedliche A320 Rumpf-Sektionen in mehreren Werken Deutschlands (hinterer Rumpfteil) und Frankreichs (vorderer Rumpfteil) hergestellt werden.

Da die meisten Informationen von deutschen Airbus Werken, basierend auf den dort ablaufenden Prozessen, zur Verfügung gestellt wurden, musste bei der Analyse der Produktionslinien klargestellt werden, welche Verfahrensschritte der Bauteilherstellung für die Sektionen des vorderen und hinteren Rumpfabschnittes miteinander vergleichbar waren. Durch Berücksichtigung dieses Aspektes konnten auf der horizontalen Ebene der Produktionslinien zum Teil erhebliche werksspezifische Verfahrensunterschiede für gleiche Prozessstufen festgestellt werden. Ein Beispiel dafür ist der Verfahrensschritt des sog. Lösungsglühens. Dabei werden Bauteile auf ca. 500°C erwärmt, um sie auf anschließende Formgebungsprozesse - z. B. Streckziehen - vorzubereiten. Dieser Verfahrensschritt wird je nach Produktionsstandort entweder in einem Tauchbad oder einem Luftumwälzofen durchgeführt, zwei völlig verschiedene Verfahren mit unterschiedlichem Stoffumsatz und Energiebedarf.

Auch bei der Analyse vertikaler Prozesslinien wurden innerhalb einer bestimmten Bauteilgruppe erhebliche Unterschiede sowohl hinsichtlich der eingesetzten Halbzeuge als auch der durchgeführten Verfahrensschritte festgestellt. So wird beispielsweise ein Teil der Spante in einem Walzbiegeprozess aus Blechstreifen gezogen, während ein anderer Teil aus Blechplatten gefräst wird. Die einzelnen Schritte der jeweiligen Prozesskette der Bauteilherstellung (Haut, Stringer und Spanten) konnten weitestgehend identifiziert und in Bezug auf ihren Material- und Energieverbrauch erfasst werden.

Der Verfahrensablauf der Bauteilherstellung kann im Rahmen dieses Beitrages nur grob skizziert werden. Er besteht für einen großen Teil der Bauteile im Wesentlichen aus der Vorbereitung zur Formgebung durch Erhitzen, der Formgebung durch Walzen, Biegen oder Streckziehen, der Gewichtsoptimierung der Bauteile durch gezieltes Abtragen von Aluminium durch Fräsen oder Ätzen und der Oberflächenvergütung und Beschichtung. Abb. 4 zeigt eine vereinfachte Darstellung des Produktionsprozesses am Beispiel der Hautbleche.

Abb. 4: Wichtigste Schritte der Produktionslinie der A320 Aluminium-Hautbleche (vereinfachte Darstellung)

Abb. 4: Wichtigste Schritte der Produktionslinie der A320 Aluminium-Hautbleche (vereinfachte Darstellung)

Die vom Walzwerk angelieferten Blechtafeln werden zunächst zugeschnitten und anschließend zu sphärischen oder zylindrischen Bauteilen umgeformt. Alle für sphärische Hautelemente vorgesehenen Bleche werden lösungsgeglüht; Bleche für zylindrische Bauteile werden vor der Verformung z. T. ebenfalls lösungsgeglüht, ein anderer Teil wird kalt gewalzt. Die geformten Bleche werden anschließend "chemisch gefräst", das bedeutet, dass an definierten Flächen das Aluminium in einem Ätzbad abgetragen wird. Dazu wird das Blech zuvor mit einer Kunststofffolie versiegelt ("maskiert"), die an den zu ätzenden Stellen entfernt wird. In weiteren Schritten werden Öffnungen ausgefräst und Bohrungen angebracht. Vor der Lackierung wird die Blechoberfläche in einem Galvanisierbad oxydiert (anodisiert), um die Haftung des Korrosionschutzlackes zu verbessern. Das lackierte Blech wird der Montage zugeführt. In der Montage werden die Hautbleche mit Stringern und Spanten zu den Schalen und Tonnen vernietet (Abb. 5). Dies erfordert noch weitere Schritte, bei denen erneut gebohrt, entgratet, mit Dichtmassen versiegelt und mit verschiedenen Lacken lackiert wird.

Abb. 5: Prozessplan der Montage des A320-Aluminiumrumpfes

Abb. 5: Prozessplan der Montage des A320-Aluminiumrumpfes

CFK

Wie bereits erwähnt, wird für die Herstellung der Carbonfasertextilien eine aktuelle Datenbasis erarbeitet. [2] Für die Vervollständigung der Analyse bis zur Bauteilfertigung und der Montage der CFK-Rumpfschalen wurden überwiegend Untersuchungsergebnisse des DLR verwendet. Lediglich in einem Punkt standen auch bei der Analyse der CFK-Bauteilfertigung Firmenangaben zur Verfügung: da sowohl in der zur Zeit eingesetzten Prepeg-Verfahrenstechnik zur Herstellung von Airbus-Bauteilen aus CFK als auch im DP-RTM Verfahren, das im Rahmen des Projektes vom DLR zur CFK-Bauteilfertigung ausgewählt wurde, die Aushärtung der Harze in einem Autoklavenprozess erfolgt, konnten für die Analyse dieses Verfahrensschrittes Prozessdaten von Airbus verwendet werden. Die für die Schalen des Schwarzen Rumpfes vorgesehenen Carbonfasertextilien bestehen aus Schichten von Carbonfasergelegen (sog. Multiaxialgelegen), in denen mehrere Lagen unidirektionaler Fasern in verschiedenen Richtungen verlegt und miteinander vernäht sind. Die dafür verwendeten Carbonfasern werden aus Polyacrylnitril (PAN)-Fasern hergestellt. Die PAN-Fasern werden in verschiedenen Behandlungsschritten in ihrem molekularen Aufbau verändert, wobei sich graphitähnliche Molekülstrukturen ausbilden, die den aus dem Prozess hervorgehenden Carbonfasern ihre hohe Zugfestigkeit verleihen. Bis zu 24.000 Carbonfasern werden zu Garnen (sog. Rovings) gebündelt, aus denen die Carbonfasertextilien hergestellt werden.

Als Polymermatrix zur Einbettung der Carbonfasern wird vom DLR im Rahmen des Projektes das Polyisocyanurat Blendur(r) eingesetzt, bestehend aus 80 % Diphenylmethandiisocyanat (MDI) und 20 % Epoxidharz, das sich unter anderem aufgrund des guten mechanischen Leistungsprofils und der guten Verarbeitungseigenschaften im DP-RTM Verfahren als besonders geeignet erwiesen hat.

Das vom DLR innerhalb der Projektarbeiten zur CFK-Bauteilfertigung favorisierte DP-RTM-Verfahren soll in der Weiterentwicklung eine seriengerechte Fertigung ermöglichen. Das DP-RTM-Verfahren gehört zu den Harzinjektionsverfahren. Diese unterscheiden sich vom derzeit überwiegend zur Herstellung von CFK Bauteilen eingesetzten Prepreg-Verfahren im Wesentlichen dadurch, dass die Harzzugabe erst im Anschluss an die Formung des Bauteils aus dem Fasergelege erfolgt. Dabei wird die Carbonfaserstruktur in das Werkzeug [3] eingepasst und mit einer Folie vakuumdicht versiegelt. Dieser sog. Preformling wird samt Werkzeug in einen Autoklaven gefahren. Anschließend wird das Blendur(r)-Harz in den Preformling injiziert. Der Druck des injizierten Harzes wird durch den Gasdruck im Autoklaven so weit kompensiert, dass Harz in die Faserzwischenräume einströmen kann, ohne die Folie vom Bauteil zu heben ("differential pressure"). Nach Abschluss der Harzinjektion wird die Temperatur im Autoklaven auf ca. 180°C erhöht und die Aushärtung des Bauteils beginnt. Die ausgehärteten Bauteile, in diesem Fall also die Rumpfschalen, werden anschließend für die Montage vorbereitet und zum Rumpf montiert (Abb. 6).

Abb. 6: Ausschnitt aus dem Prozessplan der CFK-Rumpffertigung

Abb. 6: Ausschnitt aus dem Prozessplan der CFK-Rumpffertigung

Aluminium vs. CFK: Gewichtseinsparung und Energieverbrauch

Die gegenüber dem Strukturrumpf aus Aluminium mit dem CFK-Strukturrumpf erzielbare Gewichtseinsparung beträgt in Bezug auf den festgelegten Untersuchungsraum ca. 1100 kg. Bezogen auf das Startgewicht eines vollbeladenen, unbetankten A320 von ca. 57 Tonnen macht diese Einsparung ca. 2 % aus (Tab. 1).

Tab. 1: Gewichtsangaben für den Airbus A320 mit konventionellem Aluminiumrumpf im Vergleich zum CFK-Rumpfmodell

  Aluminiumrumpf
kg
CFK-Rumpfmodell
kg
Gewichtsreduktion
%
Rumpfstruktur (Haut, Stringer, Spante) 4 200 3 100 27
komplett ausgestatteter Rumpf 17 200 16 100 7
komplettes Flugzeug, unbetankt 41 000 39 000 3
Flugzeug mit maximaler Zuladung (unbetankt) 57 000 55 900 2

Der über die gesamte Prozesskette ermittelte primäre Energieverbrauch liegt sowohl für den ca. 4200 kg schweren Aluminiumrumpf als auch den CFK-Rumpf (ca. 3100 kg) bei ca. 1500 GJ. Die relativen Anteile der wesentlichen Beiträge zum primären Energieeinsatz sind in Abb. 7 dargestellt.

Für die Herstellung des CFK-Rumpfes erwiesen sich auf der Basis der verwendeten Daten die Herstellung des Carbonfasergeleges und der Autoklavenprozess als die energieintensivsten Prozesse. Der relativ hohe Energieverbrauch des Autoklavenprozesses hängt unter anderem damit zusammen, dass zum Erreichen der für die Aushärtung des Bauteils benötigten Temperatur auch die Werkzeugform und der gesamte Autoklav mit erwärmt werden müssen.

Abb. 7: Relative Anteile der wesentlichen Beiträge zum Energieverbrauch für die Herstellung des CFK und Aluminiumrumpfes

Abb. 7: Relative Anteile der wesentlichen Beiträge zum Energieverbrauch für die Herstellung des CFK und Aluminiumrumpfes

Für den Aluminiumrumpf besteht der Hauptbeitrag für die Energie aus der Herstellung der Aluminiumknetlegierungen, insbesondere aus der Elektrolyse des Reinaluminiums aus Tonerde. Der Anteil des auf die Fertigung der Bauteile aus den Halbzeugen entfallenden Energiebedarfs liegt bei ca. 35 % bei Aluminium und 25 % bei CFK.

Recycling von Aluminium- und CFK-Produktionsabfällen

In dem Bestreben, einen schonenden Umgang mit Ressourcen zu erreichen, wird bei der Verarbeitung und Verwendung von Aluminium bzw. CFK die Verwertung von Abfällen zukünftig an Bedeutung gewinnen. Aus diesem Grunde wurden die Möglichkeiten der Wiederverwertung unter anderem von dem in der Produktion anfallenden Aluminium respektive CFK-Abfällen detailliert untersucht.

Bei der Herstellung des Aluminiumstrukturrumpfes fallen Metallverluste unter anderem in Form von Verschnitten und Spänen an, die, aufsummiert über alle Prozessschritte, etwa die dreifache Masse der letztendlich im Rumpf verwendeten Bauteile ausmachen. Ein großer Teil der Verschnitte fällt bei der Herstellung der Halbzeuge bereits in der Aluminiumhütte und im Walzwerk an und kann als sortenreine Metalllegierung direkt verwertet, d.h. den entsprechenden Legierungsschmelzen zugegeben und somit als vollwertiger Rohstoff für das Primärprodukt verwendet werden. Das Einschmelzen von Aluminiumabfall erfordert dabei nur einen Bruchteil des für die Elektrolyse benötigten Energieeinsatzes. Der tatsächliche Metallverlust reduziert sich daher in der Stoffstrombilanz um diesen Anteil. Der bei Airbus im Zuge der Bauteilherstellung und Montage anfallende Aluminiumabfall enthält verschiedene Legierungen und kann nur noch als - wenn auch hochwertiges - Sekundäraluminium in anderen Produkten verwendet werden.

Im Gegensatz dazu ist es in der CFK-Produktlinie aufgrund des chemischen Aufbaus der Fasern und Harze selbst bei sortenreiner Erfassung der Abfälle nicht möglich, die anfallenden Reste wieder in die Prozesskette einzuschleusen. Im Prinzip können die CFK-Abfälle nur einem Down-Cycling zugeführt werden, wodurch die Werkstoffreste für die Herstellung des Primärproduktes wertlos werden. In der Vergangenheit wurden CFK-Abfälle deponiert oder in thermischen Abfallbehandlungsanlagen entsorgt.

Verwertungstechnologien für die Aufbereitung von Faser-, Harz- oder CFK-Resten als Sekundärrecyclate existieren derzeit nur in Ansätzen. Die Verwertung besteht in der Regel darin, das Material zu Partikeln definierter Korngröße zu zerkleinern und als Beimischungen in z. B. Spritzgusskunststoffe einzubringen. Dies gilt auch für die bei Airbus derzeit in der Bauteilherstellung (A320 Seitenleitwerk) anfallenden CFK-Abfälle (Prepregverschnitte und ein geringer Teil Ausschussbauteile), die größtenteils von einem spezialisierten Verwertungsbetrieb, der Fa. Hadeg in Stade, übernommen werden. Neben dem Partikelrecycling untersucht die Fa. Hadeg auch thermische Recyclingverfahren, die darauf abzielen, den Faseranteil aus den CFK durch pyrolytische Zersetzung des Harzes zurückzugewinnen. Dieses Verfahren scheint neben dem Partikelrecycling das aussichtsreichste Verfahren für die Zukunft. Auch bei dieser Verfahrensrichtung erfolgt eine vorhergehende Grobzerkleinerung der CFK-Abfälle, so dass ein Recyclat aus Faserbruchstücken zurückbleibt, das als Verstärkungsmaterial in Kunststoffen Verwendung finden kann. Ein nennenswerter Markt für die gewonnenen Recyclate existiert derzeit allerdings noch nicht.

Abschließende Betrachtungen

In der hier in Auszügen vorgestellten Stoffstromanalyse für die Fertigung von Bauteilen für Rumpfkomponenten eines Airbus A320 aus Aluminium bzw. CFK konnten die Produktionsprozesse von der Rohstofferzeugung über die Halbzeugproduktion bis zur Bauteilfertigung und Rumpfendmontage weitestgehend identifiziert und in Bezug auf ihren Material- und Energieverbrauch analysiert bzw. modelliert werden. Aufgrund der Tatsache, dass in erheblichem Umfang firmeninterne Daten verwendet wurden, kann eine weitergehende Darstellung der Ergebnisse an dieser Stelle nicht erfolgen.

Durch die Einbeziehung weiterer Bereiche der Stoffstromanalyse (z. B. für die Nutzungsphase) ergibt sich ein umfassenderes Bild, das eine weitergehende Bewertung von CFK als Rumpfbaumaterial für Verkehrsflugzeuge erlaubt. In der Nutzungsphase des Flugzeugs kann CFK mit geringem Gewicht und Korrosionsbeständigkeit auftrumpfen. Derzeit muss der Vorteil der Gewichtseinsparung jedoch zumeist durch sehr hohe Herstellungskosten erkauft werden und mit einer kostensparenden Bauteilherstellung auch für komplexe Bauteile ist erst zu rechnen, wenn in der Entwicklung befindliche Technologien, wie z. B. das DP-RTM Verfahren, zur Serienreife gelangt sind. Des Weiteren ist die Einsparung von Kerosin durch leichte CFK-Bauteile zwar aus ökologischen Gründen erstrebenswert, aber in ökonomischer Hinsicht für die Fluggesellschaften nur dann von Interesse, wenn durch die Anwendung von CFK keine zusätzlichen Kosten verursacht werden, die diese Einsparungen zunichte machen. Diesbezüglich spielen z. B. Wartungs- und Reparaturkosten eine Rolle. Um in großem Maßstab die Konkurrenz zum Aluminium anzutreten, müssen die zukünftigen CFK-Bauteile demnach bei deutlich reduzierten Produktionskosten sehr hohe Robustheit aufweisen. Auch das Design ist hierbei nicht zu vernachlässigen. Schon heute gibt es Flugzeugbauteile, bei denen der Werkstoff CFK dem Aluminium überlegen ist, aber auch solche, bei denen auf einen Einsatz von CFK zunächst besser verzichtet werden sollte. Darüber hinaus gilt es, das durchaus noch vorhandene Entwicklungspotenzial auf der Aluminiumseite im Bereich der Metallurgie (neue Legierungen) und Werkstoffkunde (Aluminium-Glasfaserverbundwerkstoffe) sowie der Verfahrenstechnik (Laserstrahlschweißen, Aluminiumgussverfahren) zu berücksichtigen. Einiges deutet darauf hin, dass die zukünftige Entwicklung im Flugzeugbau durch den Wettbewerb dieser beiden Werkstoffe vorangetrieben wird. 

Anmerkungen

[1] Unter Halbzeug wird allgemein ein zur Weiterverarbeitung bestimmtes Produkt bezeichnet. Darunter fallen, bezogen auf den A320-Rumpf, z. B. die Rohbleche für die Hautblechherstellung oder die Carbonfasergelege für die CFK-Bauteilherstellung

[2] Für die Herstellung von CF-Garn wurde ein Datensatz des IKP zugrundegelegt. Der in Zusammenarbeit mit der Industrie erstellte Datensatz ist noch nicht vollständig fertiggestellt und wird erst im Rahmen des Endberichts verwendet. Die hier vorgestellten Ergebnisse haben somit vorläufigen Charakter.

[3] Als Werkzeug wird in diesem Fall die für die Aufnahme des Bauteils vorgesehene Form mit Zubehör bezeichnet.

Literatur

European Integrated Pollution and Prevention Control Bureau, 1999:
Draft reference document on best available techniques in non ferrous metals industries. http://eippcb.jrc.es/

European Aluminium Association, 2000:
Environmental Profile Report for the European Aluminium Industry. European Aluminium Association, Brussels. http://www.eaa.net

Kontakt

Dr. Matthias Achternbosch
Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS)
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Karlstr. 11, 76133 Karlsruhe
Tel.: +49 721 608-24570
E-Mail: matthias.achternbosch∂kit.edu