ITA in der Wirtschaft

TA-Konzepte und TA-Methoden

ITA in der Wirtschaft

von Bjørn Ludwig, SYCOR AG, Göttingen

Innovations- und Technikanalyse (ITA) ist in der Wirtschaft insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) noch unterrepräsentiert. Integrationsbemühungen müssen Schnittstellen in die Unternehmen nutzen, die sich durch bereits bestehende und aktuell sich entwickelnde Managementprozesse darbieten. In diesem Beitrag werden Anknüpfungsmöglichkeiten auf der Basis von Qualitäts- und Wissensmanagementsystemen sowie methodische Potenziale diskutiert, die sich aus der Neuausrichtung des ITA-Konzepts in Verbindung mit unternehmensspezifischen Interessen und Kompetenzen ergeben.

Ausgangspunkt und Ziel

Im vorliegenden Beitrag wird das Konzept der Innovations- und Technikanalyse (ITA) aus der Perspektive der Unternehmen diskutiert und Integrationspotenziale aufgezeigt.

Auf die zurückliegende Diskussion um "Technikfolgenabschätzung und Industrie" in den TA-Datenbank-Nachrichten gehe ich nur insofern ein, dass ich folgenden Aussagen, die Schäffer in der letzten Ausgabe als Konsens ausgemacht hat (Schäffer 2001), zustimme und sie als Ausgangspunkt nehme:

Ziel dieses Beitrags ist es zu zeigen, dass die Denkweise von ITA den Unternehmen nicht völlig fremd ist, dass viele Ziele gleich bzw. verwandt und die Begriffe nicht unbekannt sind. Andererseits wird in diesem Beitrag die Auffassung vertreten, dass ITA nicht leicht eigenständig in Unternehmen adaptiert werden wird, da das Konzept kaum bekannt ist und kurzfristig gesehen in jedem Falle einen Kostenfaktor darstellt, dessen Rendite nicht unmittelbar klar ist. Zur Integration ist es daher erforderlich, dass Schnittstellen und Anschlussmöglichkeiten in Unternehmen gefunden und genutzt werden, die sich jedoch aus einer Betrachtung von Erfahrungen mit und aktuellen Entwicklungen von Managementprozessen zwanglos ergeben.

Von Technikbewertung zu Innovations- und Technikanalyse

Was hat sich geändert? Technikbewertung bedeutet die Auseinandersetzung mit den Folgen, die durch vermehrte Technikanwendung entstehen. Alle seit Ende der 1960er Jahre in der Diskussion befindlichen Begriffe für das amerikanische "Technology Assessment" (TA) bezeichnen Strategien, die die Bereitstellung von Handlungs- und Orientierungswissen über technische Systeme sowie über deren Verknüpfungen mit wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Systemen zum Ziel haben. Dieses Wissen soll entscheidungsunterstützend, d. h. beratend eingesetzt werden. Zunächst ging es darum, frühzeitig negative Folgen, die durch technische Anwendungen entstehen, zu identifizieren, um sie anschließend zu vermeiden oder zumindest zu verringern (Ludwig 2001c, Teil I).

Das Selbstverständnis von TA hat sich über die Phasen der Einführung, Etablierung und Institutionalisierung in den letzten 30 Jahren ausgehend von der Frühwarnfunktion und der Politikberatung gewandelt und weiterentwickelt. Die richtungweisende begriffliche Klarstellung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) unterstreicht diese Entwicklung: ITA - Innovations- und Technikanalyse - betont besonders den gestalterischen Aspekt von Technikgestaltung und Technologieentwicklung, d. h. das frühzeitige Erkennen von Entwicklungsrichtungen, von Ursachenkomplexen und von Alternativen.

Diese konstruktive Position reicht von der Gestaltung von Innovationen - nicht nur im technischen, sondern auch im sozialen Bereich - und der gezielten Gestaltung der Technikentwicklung in Unternehmen bis zum verstärkten Einsatz von partizipativen Verfahren zur Beteiligung der Öffentlichkeit bei notwendigen Entscheidungen im lokalen Bereich.

Das ITA-Konzept ist Ausdruck der strategischen Neuausrichtung der BMBF-Aktivitäten zum Themenfeld reflektierende Technikforschung. Es kann dazu dienen, einen gemeinsamen Handlungsrahmen für Forschungseinrichtungen, Unternehmen und Anwender zu entwickeln. Explizit genannt werden Beratungsunternehmen sowie spezialisierte Unternehmensbereiche anderer Unternehmen. ITA soll dazu beitragen, gesellschaftlich erwünschte Fortschrittsfelder zu identifizieren, Gestaltungspotenziale aufzuzeigen und politische Handlungsspielräume zu benennen. ITA-Studien und Projekte sollen innovations-, handlungs- und zukunftsorientiert sein. "Eine erfolgreiche Innovations- und Technikanalyse, (...), muss die Wissensbestände und Herangehensweisen von Wissenschaft und Wirtschaft miteinander verbinden." (BMBF 2001, S. 20).

Akteur Gesellschaft

ITA lässt sich als gesellschaftlicher Managementprozess auffassen, der zum Ziel hat, die "richtigen" Technologien einzusetzen. Zur Frage, wie das Attribut "richtig" näher zu bestimmen ist, leistet die Debatte um das Leitbild Nachhaltigkeit einen wichtigen Beitrag als Zielvorgabe. Gestaltende Innovations- und Technikanalyse wird hier eine entscheidende Rolle einnehmen, da die durch Technikanwendung hervorgerufenen Probleme ohne verstärkte Technikanwendung global nicht zu bewältigen sind.

Das ITA-Konzept betont einerseits den Akteur Gesellschaft. Ein aktuelles Beispiel ist der FUTUR-Prozess des BMBF, der derzeit durch eine breite öffentliche Beteiligung bei der politischen Umsetzung unterstützt wird; der Autor, Angehöriger eines Unternehmens, ist Mitglied des inneren Akteurskreises. Das BMBF versucht auf diese Weise den gesellschaftlich relevanten Forschungsbedarf mit einem Zeithorizont von 20 Jahren zu ermitteln und daraus zu fördernde Schwerpunkte zu erschließen sowie konkrete Projekte zu entwickeln (vgl. http://www.futur.de). Dieser begrüßenswerte Ansatz wird durch eine groß angelegte Partizipation erreicht.

Andererseits wird im ITA-Konzept der Akteur Unternehmen, insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), betont.

Akteur Unternehmen

Die grundsätzliche Situation in Unternehmen stellt sich folgendermaßen dar. Aus der langfristigen Perspektive des Bestehenbleibens ergibt sich für ein Unternehmen mittel- bis kurzfristig die Notwendigkeit, in Abhängigkeit von seiner Kapitalversorgung später oder früher Gewinne zu erwirtschaften.

Der hieraus in Verbindung mit der Wettbewerbssituation entstehende Kosten- und Zeitdruck kann in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sehr stark werden. Dies wirkt sich dann auf alle Aktivitäten des Unternehmens aus, und zwar umso stärker, je kleiner das Unternehmen ist.

Investitionen müssen daher in absehbarer Zeit in irgendeiner Weise dem Unternehmen positiv zugute kommen. Dabei wird monetären Einheiten der Vorzug gegeben, jedoch gelangen auch immaterielle Werte zunehmend in den Fokus und werden als Kapital betrachtet, das an der Wertschöpfung teilhat und also auch vermehrt werden kann. Hierbei handelt es sich etwa um Image, Bekanntheitsgrad oder Kompetenz. Dieser Teil der Wertschöpfung ist jedoch zunächst schwer zu quantifizieren und macht sich, wenn überhaupt, erst zu einem späteren Zeitpunkt auch monetär positiv bemerkbar, ein Nachteil, der in wirtschaftlich schlechten Zeiten dazu führt, dass derartige Investitionen zuallererst auf dem Prüfstand stehen. Das heißt nicht, dass solche Aktivitäten komplett gestrichen werden, jedoch nimmt die Begründungspflicht von solchen Initiativen stark zu.

Dies wird nochmals durch den derzeit wachsenden Wettbewerbsdruck aufgrund der zunehmenden Globalisierung verstärkt. Werden darüber hinaus noch Quartalsbilanzen vorgelegt, erhöht sich der Zeit- und Kostendruck weiter, so dass Overhead-Aktivitäten noch schärfer beobachtet werden und die Kurzzeitperspektive stark betont wird.

Parallel zu diesen betriebswirtschaftlichen Randbedingungen finden derzeit zwei Entwicklungen statt, die Aktivitäten in genau diesem Bereich erfordern: 

Dabei ist ITA nach meinen jüngsten Erfahrungen mindestens in KMU praktisch nicht bekannt, selten und dann vage das Leitbild Nachhaltigkeit. Ich beziehe mich hier auf Unternehmen, die nicht bereits besonders in ITA-Fragen engagiert sind. Keinesfalls möchte ich jedoch unzulässig verallgemeinern, weshalb ich die entscheidende Aussage vorsichtig formulieren möchte: Die zeitliche Unternehmens-perspektive wird eher kürzer, der Zeit- und Kostendruck wird größer, die Zertifizierung nach ISO 9001:2000 ist praktisch Pflicht und Wissensmanagement ist notwendig. Dies sind Aktivitäten, die häufig bereits angegangen wurden oder in Planung sind; eine weitere Kostenquelle wird nicht leicht hinzuzufügen sein. Die Schlussfolgerung lautet also: die Integration von ITA besonders in KMU, was erklärtes Ziel des BMBF ist, braucht Schnittstellen in die Unternehmen.

Das Verständnis von ITA als Managementprozess erlaubt mit Blick auf etablierte Managementprozesse die Identifikation von Schnittstellen in konzeptioneller und organisatorischer Hinsicht. Des Weiteren ist ein methodischer Fortschritt zu erwarten.

Qualitäts- und Umweltmanagement

Qualitätsmanagementsysteme sind seit etwa 15 Jahren etabliert. Der Grundgedanke lautet, Maßnahmen zur Qualitätssicherung bereits während des Produktionsprozesses zu ergreifen, zusätzlich zur gewöhnlich ohnehin vorhandenen Endkontrolle des fertigen Produkts. Ziel ist es, durch dokumentierte Verfahren und Prozesse sicherzustellen, dass die Produkteigenschaften allen Kundenanforderungen genügen.

Einem solchen Qualitätsmanagementsystem (QMS) liegt ein systematisches Verständnis von Qualität zugrunde, das standardisiert werden kann. Der zugehörige internationale, europäische und deutsche Standard ist die Normenreihe DIN EN ISO 9000 ff. Wenn ein Unternehmen die Fähigkeit nachweist, ein solches Qualitätsmanagementsystem einzurichten, kann es durch eine neutrale akkreditierte Institution zertifiziert werden.

Dieses Verfahren hat nach einer Phase der Stagnation durch die Überarbeitung der Norm mit Abschlussdatum 15. Dezember 2000 neue Aufmerksamkeit erhalten. Folgende Grundsätze charakterisieren nun ein QMS gemäß dieser Normenreihe: 

Diese systematische Auffassung von Qualität und Herangehensweise an die Erzeugung von Qualität ist durch den Druck des Marktes in die unternehmerische Tätigkeit sowie in die Organisation integriert worden. Die Integration in die Organisationsstruktur erfolgt dabei gemäß der Forderung der Norm, wonach ein Unternehmen ein Leitungsmitglied zu benennen hat, dem die erforderliche Verantwortung und Befugnis übertragen wird.

Umweltmanagementsysteme gemäß der internationalen Normenreihe DIN EN ISO 14000 ff oder gemäß des europäischen Ansatzes Environmental Management and Audit Scheme (EMAS) sind seit etwa fünf Jahren etabliert. Beim betrieblichen Umweltschutz handelt es sich um einen zur Norm ISO 9000 analogen systematischen Ansatz. Ziel ist die Erhaltung der natürlichen Umwelt und ihre Bewahrung vor negativen Einflüssen durch unternehmerische Aktivitäten. Maßnahmen sind im wesentlichen Vorbeugung, Abfallvermeidung, Nutzen von Materialkreisläufen, ständige Verbesserung, Erzeugung und Förderung eines Verantwortungsbewusstseins und Erzeugung von Transparenz in den Prozessen.

Vorteile eines UMS können sein 

Andere Managementsysteme haben die Gewährleistung von Sicherheit oder einen bewussten, planbaren Umgang mit Risiken zum Ziel (Safety und Risk Management); weitere beschäftigen sich mit der aktuellen Anforderung nach einem bewussten Umgang mit Daten und Informationen (Datenschutz). Kombinationen aus verschiedenen Möglichkeiten werden häufig als integrierte Managementsysteme bezeichnet.

Die Diskussion soll zeigen, dass ein Bewusstsein, das für ITA in Unternehmen nötig ist, nicht völlig neu geschaffen werden muss, sondern in hohem Maße, sogar in Bezug auf die Begriffsbildung, bereits vorhanden ist.

Wissensmanagement

Ein interessanter, bisher unbeachteter Ansatzpunkt besteht im Wissensmanagement oder Knowledge Management (KM), das seit wenigen Jahren in der Wirtschaft eine rasante Entwicklung erfährt. Wissensmanagement greift in vielfältiger Weise in die unternehmerischen Prozesse ein wie etwa in Projektmanagement, Personalentwicklung, Innovation und Produktentwicklung.

Das Dilemma in der heutigen Informationsgesellschaft, aufgrund zu vieler Informationen uninformiert zu sein, wird durch die Entwicklung der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien noch verstärkt.

Die Initialisierung des Themengebietes "Wissensmanagement" zuerst in der Wirtschaft ist Beleg für den Bedarf, das Wissen eines Unternehmens zu ordnen und bisher ungenutztes implizites Wissen nutzbar zu machen bzw. bereits vorliegendes Wissen effizienter zu nutzen. Wichtig ist es, die Wissensprozesse zu identifizieren und zu systematisieren sowie neue Methoden zu generieren, um das Wissen besser zu organisieren (Ludwig 2001a).

ITA ist eine übergeordnete Strategie, die der Beratung in Bezug auf technologische Systeme dient und Verantwortungsfähigkeit ermöglicht. Im Rahmen derartiger Studien wird Wissen benötigt, erzeugt und weitergegeben. Unter dem Aspekt der methodischen Kommunikation dieses Wissens auch im Hinblick auf Unternehmensprozesse ergeben sich vielfältige Schnittstellen zum Themenfeld Wissensmanagement. Die Vorgehensweise des unternehmensbezogenen Konzepts Wissensmanagement ist aus der prozessorientierten Darstellung in Abbildung 1 ersichtlich.

Abb. 1: Wissensmanagementprozesse in Unternehmen
Quelle: nach Probst et al. 1999

Abb. 1: Wissensmanagementprozesse in Unternehmen

Betrachtet man die einzelnen - unternehmerisch definierten - Prozesse genauer, so sind Parallelen zum Ablauf einer (I)TA-Studie gemäß VDI 3780 festzustellen (Ludwig 2001b). Zunächst geht es dort um die genaue Problembeschreibung, um die Feststellung des zur Verfügung stehenden Wissens. Hier lassen sich die Schritte Wissensidentifikation und Wissenserwerb zuordnen.

Während der Analysephase geht es darum, aus dem vorliegenden Wissen neue Erkenntnisse in Form von Potenzialen, Optionen und Szenarien zu generieren - Wissensentwicklung.

Die Verteilung und Anwendung dieses Wissens ist ein ganz wesentlicher Prozess; nämlich, dass die Entscheidungsträger mit dem notwendigen unterstützenden Wissen versorgt werden.

Im Hinblick auf die schnelle technologische Entwicklung und die zunehmende gegenseitige Abhängigkeit von technologischen Systemen ist die Bewahrung von Wissen und Erfahrungen erforderlich. Wissensverluste spielen gesellschaftlich etwa eine Rolle bei der Bewahrung von Kenntnissen über genaue Einlagerungskoordinaten bei Endlagerungen von gefährlichen Reststoffen sowie mit Bezug auf die Dauerhaftigkeit der Speicherfähigkeit moderner Informationsspeichermedien. Unternehmerisch bedeutend sind erworbene Erfahrungen von Mitarbeitern und Projektteams - auch als lessons learnt bezeichnet. Ein weiterer betriebswirtschaftlich wichtiger Punkt ist die Mitarbeiterfluktuation und das damit verbundene braindrain, der Verlust von implizitem Wissen für ein Unternehmen.

Entscheidungen finden immer - nicht nur in der Wirtschaft - auf der Basis von Bewertungen statt. Für die transparente Bewertung sind aggregierte Indikatoren notwendig, anhand derer die Vorgehensweise überprüft und ggf. korrigiert werden kann. Unternehmerisch ist z. B. die Messung des Erfolgs von Lernprozessen oder der Prozesswirksamkeit im Rahmen der ISO 9000:2000 von besonderer Bedeutung - Wissensbewertung.

Die einzelnen Prozesse werden durch die modernen Informations- und Kommunikationstechnologien im Rahmen von Wissensmanagementkonzepten unterstützt und umgesetzt. Dazu gehören etwa Portal-Anwendungen, Intra- und Internet-Communities (Workspace) und Internet-Diskurse, die einen transparenten Zugriff auf die Informationen gewährleisten und eine hohe Partizipation ermöglichen.

Wissensmanagement verringert so den Missstand, dass zwar viele Dinge bekannt sind, jedoch unglücklicherweise in unterschiedlichen Köpfen. Partizipation wird damit immer wichtiger.

Schnittstellen

Die genannten Bezüge der Managementsysteme zu Kundenorientierung, der Bezug auf den Menschen, die Prozess- und Systemorientierung mit dem Ziel der Transparenz sowie die Festlegung auf Verbesserung und die klare Zuweisung von Verantwortungen liefern m. E. klare konzeptionelle Schnittstellen für das ITA-Konzept.

Organisatorisch könnte ITA bei den bereits existierenden Funktionen Qualitätsmanagementbeauftragter (QMB) oder beim Chief Knowledge Officer (CKO) bzw. Chief Information (Innovation) Officer (CIO) angebunden sein. Wichtig ist jedoch die konzeptionelle Anbindung, die die organisatorische nach sich ziehen wird.

Standardisierung von Knowledge Management

Allgemein gilt die Auffassung, dass der Innovationsprozess und Knowledge Management eng mit einander verknüpft sind. Die Auffassungen von KM sind dabei insgesamt nicht einheitlich. Häufig anzutreffende Positionen betreffen das IT-lastige Informationsmanagement als Content- und Dokumentenmanagement auf der einen Seite, und ein Management von Human Resources, bei dem der Mensch im Mittelpunkt steht, auf der anderen Seite.

Um eine gemeinsame Basis hinsichtlich des Verständnisses von KM, der verwendeten Terminologie, der Prozesse, der Organisation, der Technologien sowie der Messverfahren für die Wirksamkeit zu entwickeln, ist auf europäischer Ebene ein Standardisierungsprozess in Gang gesetzt worden. Unternehmerische Zielgruppe sind wie bei ITA in erster Linie KMU, angesichts der Zahl von 19 Mio. KMU in Europa.

Als Ziel wird u. a. ein CEN (Centre Européen de Normalisation) Workshop Agreement diskutiert, das bis Mitte 2003 erscheinen könnte, wobei ein erster Entwurf bis Mitte diesen Jahres vorliegen sollte. Der Autor ist derzeit in Arbeitsgruppen aktiv engagiert, dass diese Aktivitäten ebenfalls für die Integration von ITA in Unternehmen genutzt werden können.

Methodische Potenziale

Mit der neuen inhaltlichen Ausrichtung des ITA-Konzepts wird der Blick nach vorn, also auf die Quelle der Produktentwicklung gerichtet. Dadurch treten neue methodische Verfahren ins Blickfeld, die z. T. bisher nur unternehmerisch geprägt sind, jedoch Potenzial zur Anwendung im ITA-Konzept besitzen, welches aber noch nicht (genügend) bekannt bzw. erforscht ist. Die wichtigsten Wegweiser sind dabei m. E. folgende Orientierungen: 

Kundenorientierung ist wesentlich von der Auseinandersetzung mit der nicht trivialen Frage "Was möchte der Kunde?" geprägt. Eine komplexe, aus dem Qualitätsmanagement stammende Methode ist Quality Function Deployment (QFD). Die Methode dient der konsequenten Analyse und Berücksichtigung von Kundenanforderungen. Diese werden in mehreren Phasen in entsprechende unternehmensseitige Erfordernisse und technische Merkmale übersetzt. Hilfsmittel ist eine Matrix, in der Wünsche (Kundenanforderungen) und Möglichkeiten (z. B. technische Designanforderungen) einander gegenübergestellt werden (Butterbrodt und Tammler 1996). Mit Hilfe von QFD ist es daher möglich, auf systematischem Wege durch paarweisen Vergleich der Merkmale Widersprüche nachvollziehbar herauszuarbeiten und somit auf Problemschwerpunkte hinzuweisen. Diese sind dann vorzugsweise Ziel von innovativen Aktivitäten.

Die Funktions- und Innovationsorientierung bezieht sich auf die systematische Beschäftigung mit dem Problemlösungs- und dem Innovationsprozess, die es ebenfalls ermöglicht, gezielt Verbesserungspotenziale zu erkennen (Ludwig 2001c, Teil II). Eine zwar bekannte, aber m. W. noch selten eingesetzte Methode ist die Wertanalyse.

Die Wertanalyse ist eine universelle heuristische Vorgehensweise zur Lösung komplexer Probleme. Die Methode eignet sich zur systematischen Erzeugung von Problemlösungen, aufgrund der planmäßigen Anwendung verschiedener Denk,- Organisations-, Rationalisierungs-, Entwicklungs- und Entscheidungstechniken (Zentrum Wertanalyse 1995). Ziel ist die Wertverbesserung bestehender Leistungen sowie die Wertgestaltung (Innovation), also die Entwicklung und Einführung neuer Leistungen. Der Effekt der Verbesserung wird dabei nicht zufällig, sondern systematisch erreicht. Das betrachtete Objekt einer Wertanalyse wird durch eine funktionsorientierte Sicht abstrakt und lösungsunabhängig definiert. Die optimale Lösung wird aus einem Bereich unterschiedlicher Lösungsprinzipien mit jeweils unterschiedlicher Qualität bezüglich des Nutzens, d. h. des Erfüllungsgrads der geforderten Funktion, gewonnen.

Die Notwendigkeit der Wissensorientierung wurde bereits angesprochen. Auch wenn die Bezeichnung Wissensmanagement oder Knowledge Management nicht unstrittig ist - in der Diskussion sind bereits "Employee Relationships Management" und "Business Intelligence", mit Bezug auf die Technik mag man dann von "Technology Knowledge Management" sprechen -, so ist doch die Wissensorientierung unbedingt notwendig. Wissen ist als wertvollste Ressource in Unternehmen, aber auch in der gesellschaftlichen Debatte über nationale und internationale Wettbewerbsfähigkeit mittlerweile als hochrangig anerkannt. Hier werden in Zukunft die Potenziale der Informations- und Kommunikationstechnologien zu nutzen sein sowie weiter zunehmend auch Verfahren eine Rolle spielen, die auf der Basis interdisziplinärer Gruppen arbeiten.

Fazit

Insgesamt ergibt sich aus den Ausführungen ein weites Anwendungspotenzial für ITA in sowie im Zusammenhang mit Unternehmen bzw. der Wirtschaft. Die professionelle Kundenorientierung der Unternehmen kann dabei aktiv genutzt werden. Die Frage "Was möchte der Kunde?" setzt allerdings die Frage "Wer ist der Kunde?" voraus. Im Falle von ITA ist sicher die Gesellschaft der wichtigste "Kunde", nur: sie muss sich selbst als Kunde begreifen, d. h. ihre Anforderungen klar äußern, und von den anderen Akteuren auch als Kunde begriffen werden.

Die zur Integration des ITA-Konzepts in die Unternehmen benötigten Schnittstellen sind konzeptionell und organisatorisch durch bereits existierende Managementprozesse sowie methodisch durch die Orientierung von ITA auf den Innovationsprozess gegeben.

Diese Neuorientierung kann dazu beitragen, dass ITA ein von unternehmerischer Seite akzeptiertes Werkzeug zur strategischen Planung werden kann. Der Technikgestaltungsprozess, der in Unternehmen stattfindet, kann durch ITA nicht nur reflektiert, sondern aktiv und entscheidungsunterstützend, d. h. beratend begleitet werden.

Literatur

BMBF - Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.), 2001:
Innovations- und Technikanalyse. Referat Öffentlichkeitsarbeit, Bonn.

Butterbrodt, D., Tammler, U., 1996:
Techniken des Umweltmanagements. München: Hanser.

DIN EN ISO 9000, 2000:
Deutsches Institut für Normung und ISO - International Standardization Organization: Normenreihe ISO 9000:2000 ff. Berlin: Beuth.

DIN EN ISO 14000, 1996:
Deutsches Institut für Normung und ISO - International Standardization Organization: Normenreihe ISO 14000 ff (1996-1999), Berlin: Beuth.

Ludwig, B., 2001a :
Management komplexer Systeme. Der Umgang mit Komplexität bei unvollkommener Information: Methoden, Prinzipien, Potenziale. Berlin: Edition Sigma (VDI-Reihe Technik - Gesellschaft - Natur, Bd. 4.)

Ludwig, B., 2001b:
Knowledge Management - Putting Technology Assessment Into Work. Congress Pre-prints, "Innovations for an e-Society. Challenges for Technology Assessment", Berlin, Germany, 17.-20. Oktober 2001, ISBN 3-89750-097-3.

Ludwig, B., 2001c :
Technikfolgenabschätzung, Teil I: Historie und Konzepte, Teil II: Methoden und Anwendungen (im Druck). Interdisziplinäres Fernstudium Umweltwissenschaften, FernUniversität Gesamthochschule Hagen

Probst, G., Raub, S.; Romhart, K., 1999:
Wissen managen. 3. Auflage, Frankfurt: Gabler

Schäffer, U., 2001:
Technology Assessment und Wirtschaft. Transparenz tut Not! In: TA-Datenbank-Nachrichten Nr. 4, 10. Jg., Dezember 2001, S. 157-160

VDI-Richtlinie 3780, 1991:
Technikbewertung - Begriffe und Grundlagen. Berlin: Beuth.

Zentrum Wertanalyse (Hrsg.), 1995:
Wertanalyse - Idee, Methode, System. Düsseldorf: VDI-Verlag

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