TAB News

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Bundestag diskutiert mit Experten und Öffentlichkeit über TAB-Bericht zum Medienwandel

Das gemeinsame öffentliche Fachgespräch der Ausschüsse für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung sowie für Wirtschaft und Technologie am 16.1.2013 im Paul-Löbe-Haus des Deutschen Bundestages stand unter dem Motto „Breitbandversorgung, Medienkonvergenz und Leitmedien. Ausgewählte Aspekte des Medienwandels und ihre politischen Implikationen“. Die Veranstaltung knüpfte an den TAB-Arbeitsbericht „Gesetzliche Regelungen für den Zugang zur Informationsgesellschaft“ an, der auch als Bundestagsdrucksache Nr.17/11959 veröffentlicht wurde.

Nach den Eröffnungsstatements der beiden Ausschussvorsitzenden sowie des Vorsitzenden der Enquetekommission „Internet und digitale Gesellschaft“ übernahm das TAB die thematische Einführung, in der auf folgende Ergebnisse des abgeschlossenen TAB-Projekts eingegangen wurde:

Weitere Experten vom Wissenschaftlichen Institut für Kommunikationsdienste und vom Hans-Bredow-Institut sowie Medienforscher des Bayerischen Rundfunks ergänzten die Ausführungen. Sie wiesen darauf hin, dass unter Marktbedingungen in keinem Land der Welt ein flächendeckender Glasfaserausbau realisierbar sei und folglich für ein solches politisches Ziel ein finanzielles öffentliches Engagement unabdingbar sei, dass bei der Frage nach dem Zugang zur Informationsgesellschaft die 17 Mio. Nichtinternetnutzer sowie 23 Mio. Rand- und Selektivnutzer nicht außer Acht gelassen werden sollen und dass die Frage nach den alten und neuen Leitmedien nicht einfach eine akademische, sondern eine zentral medienpolitische sei: Die derzeitige Medienordnung weise dem Fernsehen eine Sonderrolle als Leitmedium zu, wodurch das Fernsehen z. B. auch einer medienspezifischen Konzentrationskontrolle zur Verhinderung vorherrschender Meinungsmacht unterworfen werde. Im Angesicht von Digitalisierung, Konvergenz und realem Wandel der Mediennutzung erscheine diese Sonderrolle nicht mehr zeitgemäß. Die Medienkonzentrationskontrolle müsse vielmehr medienübergreifende Konzepte entwickeln unter Einbeziehung crossmedialer Angebote sowie der Berücksichtigung medialer Repertoires der Nutzer. Eine neue Kommunikationsordnung sollte weniger entlang der Mediengattungen und stärker dienstespezifisch differenzieren. Die Regulierungsintensität sollte gemäß der Bedeutung für den Prozess der individuellen und öffentlichen Kommunikation abgestuft werden.

In den Stellungnahmen der Fraktionen des Deutschen Bundestages wurde u. a. der TAB-Bericht als eine wichtige Ergänzung zur Arbeit der Enquetekommission „Internet und digitale Gesellschaft“ gewürdigt. Außerdem wurde das Potenzial der neuen Medien angesprochen (die nicht nur Empfang, sondern auch Kommunikation erlauben), die zeitlich begrenzten Abrufmöglichkeiten für Sendungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten problematisiert, auf den Zusammenhang von Zugangsmöglichkeiten und Nutzerkompetenzen verwiesen, auf die Disparitäten beim Breitbandzugang zwischen städtischen und ländlichen Räumen aufmerksam gemacht und bestätigt, dass die derzeitige mediengattungsspezifische Regulierung nicht mehr der Realität entspräche.

In der sich anschließenden Diskussion, an der sich auch das Publikum beteiligen konnte, wurden Bedarf und Zahlungsbereitschaft für Breitbandanschlüsse, Universaldienstverpflichtung, medienspezifische oder medienübergreifende Regulierungsinstitutionen, die Krise der Zeitungen und die Sicherung der Qualität im Journalismus sowie Netz- und Suchmaschinenneutralität angesprochen. Die Vorsitzende des für die parlamentarische Technikfolgenabschätzung zuständigen Ausschusses schloss die Veranstaltung mit dem Wunsch, der nächste Bundestag möge sich intensiv mit der politischen Auswertung des vorliegenden Berichts befassen und weitere gesellschaftliche Veränderungen durch den medialen Wandel thematisieren.

Weitere TAB-Berichte im Bundestag

Der TAB-Arbeitsbericht Nr. 143 „Pharmakologische Interventionen zur Leistungssteigerung als gesellschaftliche Herausforderung“ (BT-Drs. 17/7915) wurde vom federführenden Ausschuss für Gesundheit am 12.12.2012 abschließend beraten und zur Kenntnis genommen.

Der TAB-Arbeitsbericht Nr. 151 „Ökologischer Landbau und Biomasseproduktion“ wurde vom Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am 28.11.2012, die Berichte Nr. 152 „Zukunft der Automobilindustrie“ und Nr. 154 „Fernerkundung: Anwendungspotenziale in Afrika“ am 30.1.2013, der Bericht Nr. 155 „Nachhaltigkeit und Parlamente – Bilanz und Perspektiven Rio+20“ am 27.2.2013 sowie der TAB-Arbeitsbericht Nr. 153 „Konzepte der Elektromobilität und deren Bedeutung für Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt“ am 13.3.2013 abgenommen. Alle TAB-Berichte sind ab dem Tag der Abnahme in einer vorläufigen Fassung als PDF-Datei über die Internetseiten des TAB zugänglich: http://www.tab-beim-bundestag.de

Neue Veröffentlichungen

Ulrich Riehm, Knud Böhle, Ralf Lindner: Elektronische Petitionssysteme. Analysen zur Modernisierung des parlamentarischen Petitionswesens in Deutschland und Europa. Berlin: edition sigma 2013, ISBN 978-3-8360-8135-1, 282 S., € 24,90

Das vom Deutschen Bundestag 2005 eingeführte E-Petitionssystem, das u.a. die Veröffentlichung sowie die Mitzeichnung und Diskussion von Petitionen ermöglicht, war Gegenstand umfangreicher empirischer Untersuchungen. Die Darstellung ihrer Ergebnisse in diesem Buch erlaubt ein differenziertes Bild der Stärken und Schwächen des derzeitigen Systems. Einerseits sind das Nutzungsinteresse und die Nutzungszahlen hoch sowie die Medienresonanz beträchtlich. Andererseits wird die Unzufriedenheit mit niedrigen Zulassungsquoten für öffentliche Petitionen deutlich artikuliert, um nur eines der Probleme des bestehenden Systems zu nennen. Die Sicht auf das deutsche Petitionswesen wird ergänzt um eine Länderstudie zum Petitionswesen in Großbritannien. Das schottische E-Petitionssystem nahm früh eine Pionierrolle weltweit ein, während auf der nationalen Ebene Großbritanniens das Petitionswesen auf der parlamentarischen Ebene eher schwach ausgeprägt ist, wohingegen die Exekutive sich mit interessanten Petitionsplattformen profilieren konnte. Abgerundet wird der Band durch eine bisher nicht verfügbare Übersicht über die Petitionsverfahren bei den nationalen Parlamenten sowie den nationalen Ombudsstellen in Europa.

Elektronische Petitionssysteme

Bernd Beckert, Ulrich Riehm: Breitbandversorgung, Konvergenz, Leitmedien. Strukturwandel der Massenmedien und Herausforderungen für die Medienpolitik. Berlin: edition sigma 2013, ISBN 978-3-8360-8136-8, 262 S., € 24,90

Die Tageszeitung auf einem E-Book-Reader lesen, mit dem Smartphone fernsehen, über das Internet Radio hören und am Fernseher im Internet surfen – die etablierten Medien scheinen zunehmend ihre Kontur zu verlieren. Der Strukturwandel mündet in Medienkonvergenz, und damit ist auch die Frage angesprochen, ob traditionelle Leitmedien ihren Stellenwert einbüßen, selbst wenn Presse, Hörfunk und Fernsehen offenbar wichtige Knotenpunkte der medial vernetzten Gesellschaft bleiben. Diese Entwicklungen werfen neue medienpolitische Fragen auf und stellen den Gesetzgeber vor die Herausforderung, mit konvergenten Medienangeboten Schritt zu halten und die Regulierung anzupassen. Ziel der Medien- und Netzpolitik ist es dabei, Barrieren für Medieninnovationen abzubauen und zugleich die normativen Aspekte einer demokratischen Medienpolitik nicht aus den Augen zu verlieren. Dieses Buch greift zentrale Fragestellungen des langfristigen Medienwandels auf und benennt Handlungsoptionen. Als wichtige Politikfelder identifizieren die Autoren den Ausbau der Breitbandnetze, die Netz- und Plattformneutralität, die Gewährleistung von Anbieter- und Meinungsvielfalt sowie die Transparenz im Internet.

Breitbandversorgung, Konvergenz, Leitmedien