Jonas Moosmüller1, Christoph Kehl2
1 Institute for Technology Assessment and Systems Analysis (ITAS), Karlsruhe Institute of Technology (KIT), Karlsruhe, DE
2 Office of Technology Assessment at the German Bundestag (TAB), Berlin, DE
PUBLIKATION
Mit der Frage, ob es möglich ist, ein gutes Leben mit Robotern zu führen, beschäftigt sich der neue Sammelband von Janina und Wulf Loh. Laut den Fachleuten für Roboterethik stehen wir am Beginn einer „Robotisierung der Gesellschaft“: Roboter erledigen nicht mehr nur stereotype, „schmutzige“ Aufgaben in abgeschotteten Industriehallen, sondern breiten sich in Bereiche aus, die einen engen Umgang mit Menschen erfordern. Die Beiträge im ersten Teil des Bands widmen sich Grundfragen der Mensch-Roboter-Interaktion – etwa, ob und unter welchen Bedingungen echte Beziehungen mit Robotern möglich sind. Die Beiträge im zweiten Teil befassen sich mit der Gestaltung von sozialen Robotern – im Hinblick auf ihre Gestalt aber auch auf die angemessene Nachahmung von Emotionen. Im dritten Teil schließlich gehen die Autorinnen und Autoren der Frage nach, ob fürsorgliche, liebevolle und gar sexuelle Beziehungen zu Robotern möglich sind oder sein sollten.
Loh, Janina; Loh, Wulf (Hg.)
Social robotics and the good life. The normative side of forming emotional bonds with robots.
Bielefeld: transcript, 2023, 261 S.
ISBN 9783837662658
PODCAST
Was erwarten Wissenschaft und Politik voneinander? Wie können beide Seiten eine gemeinsame Sprache finden? Und wie lassen sich Forschungsergebnisse in politische Prozesse integrieren? Diese Fragen loten jeweils eine Person aus Forschung und Politik gemeinsam in den Episoden des Podcasts „WuPig – Wissenschaft und Politik im Gespräch“ aus. Das im Frühjahr 2024 gestartete und wissenschaftlich begleitete Format ist eine gemeinsame Produktion des Forschungsinstituts für Nachhaltigkeit (RIFS) und des deutsch-französischen Centre Marc Bloch. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt den Podcast im Rahmen seiner Diskursplattform #FactoryWisskomm.
www.rifs-potsdam.de/factorywisskomm-podcast
TRANSHUMANISMUS
Nach fast 20 Jahren hat die Universität Oxford im April ihr Future of Humanity Institute (FHI) geschlossen. Das an der Philosophischen Fakultät angesiedelte FHI wurde von dem in Schweden geborenen Philosophen Nick Bostrom geleitet. Mit der Hilfe finanzstarker Investoren aus der US-amerikanischen Tech-Szene widmete es sich der Untersuchung „großer Fragen der menschliche Zivilisation“, wie existenziellen Risiken durch künstliche Intelligenz. Das FHI galt als starke institutionelle Basis für den ‚Transhumanismus‘ (der Idee von der technischen Verbesserung der Fähigkeiten des Menschen) und des so genannten ‚longtermism‘ (der Vorstellung, dass die Menschheit den Bedürfnissen der fernen Zukunft Vorrang einräumen sollte). Die öffentliche Wahrnehmung des Instituts war zuletzt auch durch Vorwürfe an Bostrom selbst geprägt, sich nicht genug von eugenischen Ansätzen zu distanzieren.
https://en.wikipedia.org/wiki/Future_of_Humanity_Institute
VIDEO
„Der TA geht es im Kern um eine gute Zukunft mit Technologien“, bringt Armin Grunwald die Essenz der TA auf den Punkt. In einem neuen Erklärvideo des von ihm geleiteten Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) in Karlsruhe veranschaulicht der langjährige TA-Experte Interessierten die Grundlagen seiner Disziplin. Etwa, dass Technikfolgen nicht einfach Folgen der Technik sind, sondern „immer Folgen der menschlichen Nutzung oder Entwicklung von Technik“ und dass, um Technikentwicklung in Einklang mit gesellschaftlichen Bedarfen zu bringen, neben einer Vielzahl von Disziplinen immer auch die Perspektive von Betroffenen einfließen muss. In dem 11-minütigen Video geht es darüber hinaus unter anderem um das Themenspektrum und den speziellen Adressatenkreis der TA und um die Frage, mit welchen Methoden Technikzukünfte untersucht werden können. Letztlich, so Grunwald, wolle die TA „zu einer guten Gestaltung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts“ und damit „zum Gelingen des Anthropozäns“ beitragen.
https://www.youtube.com/watch?v=SjZuuG7kOJ0
Aktuelle TA-Veranstaltungen auf www.openta.net/kalender
Professor für Ethik und Gesellschaftslehre an der Universität Graz
Welchen Bezug hat Ihre Arbeit zur Technikfolgenabschätzung?
Als Sozialethiker arbeite ich interdisziplinär und zu gesellschaftlich relevanten Fragen – hauptsächlich im Bereich der digitalen Transformation. Hier gibt es aus meiner Sicht eine ganze Reihe von Schnittpunkten mit der TA. Einerseits möchten beide Disziplinen (normative) Orientierung bieten, die gutes beziehungsweise besseres Handeln fördert. Andererseits beziehe ich auch selbst immer wieder Erkenntnisse aus der TA in meine Forschung mit ein.
Wie ließe sich TA aus Ihrer Perspektive am besten charakterisieren?
Als ein stark interdisziplinäres Forschungsfeld, das sich mit den Herausforderungen im Zusammenhang verschiedener, auch zukünftiger Technologien auseinandersetzt. Die große Stärke der TA ist meines Erachtens der Wissenstransfer. Sprich, dass sie Verantwortungsträger:innen in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik Orientierung für ihr Handeln offeriert.
Welche Forschungsfrage auf dem Gebiet findet zu wenig Beachtung?
Das ist schwer zu sagen, angesichts vieler relevanter „heißer Eisen“. Mit Blick auf aktuelle Entwicklungen fände ich beispielsweise eine verstärkte interdisziplinäre Auseinandersetzung mit verschiedenen invasiven und nicht-invasiven Neurotechnologien besonders relevant.
Was wäre Ihre erste Amtshandlung als Wissenschaftsminister?
Das, was vermutlich alle Kolleg:innen machen würden: in die Bildung investieren! Angesichts der Herausforderungen (Digitalisierung, Klima, Kriege etc.) vor denen unsere Gesellschaften stehen, braucht es eine florierende, öffentliche Universitätslandschaft. Dabei würde ich besonders die Geisteswissenschaften stärken wollen. Denn Forschung – beziehungsweise ihre Förderung – in Bereichen wie AI sollte nicht auf technikwissenschaftliche Disziplinen beschränkt bleiben, sondern mit Blick auf den Impact dieser Technologien immer geisteswissenschaftliche Perspektiven miteinbeziehen.
Sie sind Gründungsvorsitzender der Ethikkommission an der TU Graz. Wie weit darf (oder sollte) Forschung gehen?
Unser Credo war und ist es, den Forschenden an der TU Graz dabei zu helfen, ihre Forschung noch besser zu machen mit Blick auf ethisch relevante Aspekte. Natürlich gibt es da rote Linien. Im besten Fall kommt Wissenschaft aber gar nicht an diese Grenzen, weil ethische Aspekte schon von Beginn an immer wieder in den Forschungsprozessen reflektiert werden.
[Bildquelle: Manuel Feldbaumer]
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