Sustainability 2011: Is It Worth It?

Tagungsberichte

Sustainability 2011: Is It Worth It?

Bericht vom „8th International Interdisciplinary Sustainability Forum“
Melbourne, Florida/USA, 8.–9. März 2011

von Gerhard Banse und Oliver Parodi, ITAS

Wie können Technologien nachhaltig entwickelt werden? Welche Rolle kommt einer nachhaltigen Technologieentwicklung in der globalisierten Welt zu? Das 2002 von Vertretern der Technischen und Ökonomischen Universität Budapest, des Florida Institute of Technology (FIT[1]) und des ITAS in Eger, Ungarn, gegründete „Forum on Sustainable Technological Development in a Globalizing World“ widmet sich als internationale Forschungsinitiative diesen und ähnlichen Fragen. Anliegen des Forums ist außerdem, konzeptionelle Nachhaltigkeitsansätze vergleichend zu analysieren sowie Schlussfolgerungen für die internationale Vernetzung und für gemeinsame Projekte zu ziehen. Im Gründungsjahr wurden folgende Ziele vereinbart:

Vereinbart worden war weiterhin, dass die jährlichen Workshops wechselnd in einem europäischen Land (Ungarn oder Deutschland) und in Melbourne, Florida, stattfinden. Nachdem ITAS zum 7. Forum mit der Thematik „Sustainability 2010: The Cultural Dimension“ im Juni 2010 nach Berlin eingeladen hatte[2], war in diesem Jahr wieder das FIT Gastgeber. Während für die in Europa (bislang in Budapest und Berlin) stattfindenden Workshops der Gedankenaustausch einer eingegrenzten Anzahl eingeladener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler charakteristisch ist, wenden sich die Veranstaltungen des FIT traditionell auch an StudentInnen und VertreterInnen nicht-wissenschaftlicher Bereiche (Unternehmen und öffentliche Verwaltung). Das ergibt einerseits höhere Teilnehmerzahlen (in diesem Jahr ca. 100), andererseits eine regionale „Einordnung“ bzw. „Rückkopplung“ der inhaltlichen Überlegungen.

Ein Charakteristikum aller bisherigen Veranstaltungen des Forums ist stets ein gutes Maß sowohl an personeller Kontinuität als auch Wechsel bei den Vortragenden. Das bedingt einerseits kontinuierliche Diskussionszusammenhänge, bedeutet andererseits das Einbringen anderer Sichtweisen, Wertungen, Fallbeispiele usw. Der Einladung zum 8. Forum waren Vortragende aus China, Costa Rica, Deutschland, Indien, Japan, Ungarn und – natürlich – den USA gefolgt.

Der erste Tag war dem Zusammenhang von nachhaltiger Entwicklung und Energie („nachhaltige Energie“) gewidmet. Angesichts der Auswirkungen der Finanzkrise, die sich auch in Florida in einer zweistelligen Arbeitslosenquote zeigt, und der Einstellung des Space-Shuttle-Programms, in dessen Folge zahlreiche Hochqualifizierte im Umfeld des Kennedy-Space-Centers (ca. 35 Meilen nördlich von Melbourne) beschäftigungslos werden, wird ein technikbasierter Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung – etwa im Bereich Energieerzeugung auf regenerativer Basis und Energie sparende technische Lösungen („clean energy“) – als zu nutzende Chance des Beschäftigungssektors gesehen. Zahlreiche Unternehmen Mittelfloridas hatten deshalb die Gelegenheit, ihre innovativen Ideen und Produkte zu präsentieren. Bemerkt werden kann hier, dass sich die dargestellten technischen und unternehmerischen Ambitionen in Richtung nachhaltige Entwicklung kaum von mitteleuropäischen unterscheiden, diesen jedoch zeitlich um mehrere Jahre hinterher hinken. Wohltuend für den Mitteleuropäer war die zuversichtliche Grundhaltung, mit der auf die Krise und ihre Auswirkungen reagiert wurde.

Der zweite Tag stand unter der Überschrift „Managing for Sustainability“. Die Notwendigkeit dieses Themas wurde zunächst an „nicht-nachhaltigen Entwicklungen“ verdeutlicht: der Dammbruch eines Deponiebeckens der Aluminiumhütte MAL AG (Magyar Alumínium) in Ajka, Ungarn, im Oktober 2010 mit zahlreiche Toten und Verletzten sowie enormen Folgen für die Umwelt (János Szlávik, Miklos Füle; Ungarn); Lehren aus der Tsunami-Katastrophe in Südostindien im Dezember 2004 mit etwa 16.000 Toten und Vermissten sowie ca. 648.000 Menschen, die obdachlos wurden und vielfach ihrer Existenzgrundlage (Fischerei) verlustig gingen (Appukutan N. Damodaran; Indien); und die Folgen der Havarie der Erdöl-Bohrplattform „Deepwater Horizon“ im April 2010[3] für das Ökosystem „Golf von Mexiko“ (Ryan Moody; USA).

Daran schlossen sich Beiträge an, die entweder konzeptionell oder entlang einer „Fallstudie“ die Notwendigkeit und Möglichkeiten des Schutzes oder der Bewahrung des Gemeinschaftlichen zum Inhalt hatten. Zu konzeptionellen Fragestellungen referierten Gerhard Banse und Oliver Parodi (zum Zusammenhang von nachhaltiger Entwicklung und kulturellem Wandel), Eduard Müller, Costa Rica (Überlegungen und Initiativen zum Erhalt mittelamerikanischer Biotope[4]) und Imre Hronszky, Ungarn (Ethik als Komponente einer Nachhaltigkeitsforschung). Beispiele für Aktivitäten zur Beförderung nachhaltiger Entwicklung kamen aus den Bereichen Fischerei bzw. Riff-Ökosysteme (Jonathan Shenker und Richard B. Aronson, USA), Biomassenutzung (Mark Mohler, USA), Stadtplanung in Vietnam und Indonesien (Kien To, Vietnam/Japan), Bildung für nachhaltige Entwicklung (Ken Lindeman, USA) und Energiewirtschaft in China (Ge Yang, China, Fang Yang, USA).

Mit dieser achten Veranstaltung des „Forum on Sustainable Technological Development in a Globalizing World“ wurde wiederum ein breites Spektrum an Überlegungen, Ansätzen und Aktivitäten im Sinne der Zielstellung verdeutlicht und aus verschiedenen disziplinären und nationalen Kontexten heraus diskutiert. Das „Forum“ hat sich – unbestreitbar – als internationale „Plattform“ fest etabliert. Die nächste Veranstaltung wird voraussichtlich im Juni 2012 anlässlich des zehnjährigen erfolgreichen Bestehens der Initiative am Ort ihrer Gründung, in Eger, Nordungarn, stattfinden.

Anmerkungen

[1]  http://cos.fit.edu/sustainability/

[2]  S. auch Bericht von Verena Holz und Barbara Muraca in TATuP 19/3 (2010), S. 120–124

[3]  Es wird geschätzt, dass etwa 500.000 bis 1 Mio. t Rohöl ins Meer gelangten.

[4]  Der Bildband „Co-life (2010): 100 einzigartige Orte, die schon bald verschwinden könnten“ ist als Hintergrund sehr empfehlenswert.