Ethische und gesellschaftliche Aspekte von Technik. Ein Förderprogramm der „Netherlands Organisation for Scientific Research“

TA-Programm

Ethische und gesellschaftliche Aspekte von Technik

Ein Förderprogramm der „Netherlands Organisation for Scientific Research“

von Armin Grunwald, ITAS

Projekte zu fördern, die ethische und soziale Fragen neuer Technologien in engem Kontext zur jeweiligen Technikentwicklung erforschen, ist Ziel eines seit 2009 in den Niederlanden laufenden Forschungsprogramms. Unter dem Titel „Responsible Innovation. Ethical and Societal Exploration of Science and Technology” hat die „Netherlands Organisation for Scientific Research“ (De Nederlandse Organisatie voor Wetenschappelijk Onderzoek, NWO[1]) ein multidisziplinäres Forschungsprogramm ausgerichtet, das aktuelle Fragen mit sowohl wissenschaftlicher als auch gesellschaftlicher Relevanz fokussiert. Das Programm zielt auf “issues concerning technological developments for which it is reasonable to suspect that they will have a dramatic impact (whether positive or negative) on people and/or society. On the one hand, those developments concern new technologies (such as ICT, nanotechnology, biotechnology and neural sciences), and on the other, technological systems in transition (for example agriculture and healthcare)”.

Charakteristisch ist, dass das Programm nicht auf eine bloße Verbesserung des Verständnisses von sozialen und ethischen Fragen in Wissenschaft und Technik zielt, sondern dass vielmehr eine „Make“-Perspektive eingenommen wird. Dem Programm geht es letztlich darum, durch die Erforschung von ethischen und gesellschaftlichen Aspekten von Technik möglichst direkt zu ihrer adäquaten Gestaltung beizutragen. Gemäß diesem Anspruch wurde die Auswahl der geförderten Projekte nicht nur unter wissenschaftlichen Kriterien vorgenommen, sondern ein aus Stakeholdern bestehendes „Societal Panel“ eingeschaltet, das die Plausibilität der Erreichung dieses Anspruchs auf gesellschaftliche Wirksamkeit prüfte. Dieses Panel hatte eine starke Stellung, da es Projekte aussortieren konnte, ohne dass die wissenschaftliche Prüfung ein solches Urteil hätte revidieren können. Die kritische Begleitung der Umsetzung der versprochenen gesellschaftlichen Relevanz ist in allen Projekten einem begleitenden „Valorisation Panel“ überantwortet, das sich im Wesentlichen aus Stakeholdern aus dem betroffenen Bereich zusammensetzt. Natürlich werden auch Publikationen erwartet – die wesentliche Anforderung besteht aber darin, konkrete Beiträge zu Gestaltungsoptionen und Problemlösungen zu erarbeiten. Mit diesem Anspruch unterscheidet sich das Programm wesentlich von anderen Programmen.

Nach dem Start Ende 2009 mit 16 Projekten aus unterschiedlichen Themenfeldern[2] werden Ende 2010 weitere Projekte hinzukommen. Die ersten, gestarteten Projekte bearbeiten folgende Themen:

Am 18. und 19. April 2011 wird in Den Haag eine Konferenz stattfinden, auf der sich einerseits diese Projekte in einem internationalen Rahmen vorstellen können, andererseits aber auch Vorträge eingeladen sind, die sich dem Grundgedanken von „Responsible Innovation“ verwandt fühlen.[3]

Der TA-Bezug dieses Programms ist mit Händen zu greifen. Nicht umsonst findet sich ein solches Programm in den Niederlanden, die maßgeblich zum Sozialkonstruktivismus beigetragen haben, die das Forschungsprogramm „Social Construction of Technology“ (SCOT) entwickelt haben und in denen das Constructive Technology Assessment (CTA) entwickelt wurde. Das Bestreben, den Schwerpunkt hier auf ethische und soziale Fragen zu legen, könnte man als den Versuch interpretieren, die Ergebnisse von ELSI-Studien[4] stärker in die Praxis zu bringen. Klar dürfte auch sein, dass dieses Programm damit auch zur weiteren Entwicklung der TA Anregungen bieten könnte.

Anmerkungen

[1]  Die NWO ist ein Pendant zur Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).

[2]  Abstracts dieser Projekte finden sich unter http://www.nwo.nl/nwohome.nsf/pages/NWOA_73FFTS_Eng (download 13.12.10)

[3]  Informationen zur Konferenz unter: http://www.responsible-innovation.nl/conference/conf11/ (download 13.12.10).

[4]  Die Abkürzung „ELSI“ steht für „Ethical, Legal, and Social Issues“.