Schwerpunkt: Foresight für die Umwelttechnik von morgen
Ressourceneffizienz als Schlüsselthema für nachhaltige Entwicklung
Ressourceneffizienz als Schlüsselthema für nachhaltige Entwicklung
von Kora Kristof, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie[1]
Nach einer kurzen Vorstellung des Projektdesigns und der beteiligten Partner werden ausgewählte Ergebnisse des Projekts „Materialeffizienz und Ressourcenschonung“ (MaRess) vorgestellt. Gefördert wird das Projekt vom Bundesumweltministerium und vom Umweltbundesamt. Im Zentrum dieses Beitrages stehen zuerst die methodische Herangehensweise und erste Ergebnisse der Potenzialanalysen der für die Steigerung der Ressourceneffizienz zentralen Technologien, Produkte und Strategien. Dieser Fokus wurde gewählt, da die Potenzialanalysen die größten Schnittstellen zu den anderen im Rahmen dieses Schwerpunktthemas vorgestellten Projekten haben. Anschließend wird jeweils kompakt vorgestellt, was Politik, Unternehmen und Verbraucher/-innen tun können, um Ressourceneffizienz konkret zu steigern. Für die Politik wurden fünf Kernstrategien entwickelt. Unternehmen können drei Hauptansatzpunkte mit einer Reihe Detailoptionen nutzen. Und den Konsument/-innen bieten sich sechs zentrale Handlungsmöglichkeiten.
1 Das MaRess-Projekt im Überblick
Die Entnahme und Nutzung von Ressourcen, die dadurch ausgelösten Emissionen sowie die Entsorgung von Abfällen führen zu ökologischen Problemen. Darüber hinaus können knapper werdende Ressourcen, aber auch hohe und fluktuierende Rohstoffpreise zu starken ökonomischen und sozialen Verwerfungen in allen Ländern der Erde führen – verbunden mit einem wachsenden Risiko von Rohstoffkonflikten. Die Wettbewerbsnachteile, die durch ineffiziente Ressourcennutzung entstehen, gefährden außerdem die Entwicklung von Unternehmen und die Sicherheit von Arbeitsplätzen. Die Steigerung der Ressourceneffizienz wird daher zunehmend auch in der nationalen und internationalen Politik zum Top-Thema.
Bisher fehlen jedoch konsistente Strategien und Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Ressourceneffizienzpolitik. Substantielle Wissensfortschritte sind dazu notwendig. Deshalb ist es Ziel des MaRess-Projekts,
- die Potenziale zur Ressourceneffizienzsteigerung zu ermitteln,
- zielgruppenspezifische Ressourceneffizienzpolitiken zu entwickeln,
- neue Erkenntnisse zu den Wirkungen der Ansätze auf gesamt- und betriebswirtschaftlicher Ebene zu gewinnen und
- die Umsetzungsaktivitäten wissenschaftlich zu begleiten, Agenda Setting zu betreiben und die Ergebnisse zielgruppenspezifisch zu kommunizieren.
Die Arbeitspakete des MaRess-Projekts folgen diesen vier Projektzielen (s. Abb. 1). Abbildung 2 zeigt die 14 Arbeitspakete im Überblick.
Abb. 1: Design des MaRess-Projekts
Quelle: Eigene Darstellung
Zielgruppen des MaRess-Projekts sind Politik (z. B. Kommunen, Länder, Bund, EU), Wirtschaft (z. B. Unternehmen, Verbände, Gewerkschaften), Gesellschaft (z. B. NRO, Stiftungen, Wissenschaft und andere Multiplikatoren) und Medien.
Das Projekt wird im Rahmen des UFOPLAN durch das BMU und das UBA gefördert.[2] Am Projekt sind 31 Partner beteiligt. Tabelle 1 zeigt sie im Überblick. Weitere Informationen bietet die Projekt-Website http://ressourcen.wupperinst.org.
Tab. 1: Projektteam des MaRess-Projekts
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Quelle: Eigene Zusammenstellung
2 Die wichtigsten Potenziale zur Steigerung der Ressourceneffizienz
Ziel des Arbeitspakets 1 (AP1) ist es, Leitprodukte und Leittechnologien mit hohem Ressourceneffizienzpotenzial in Deutschland zu identifizieren und für circa 20 besonders ressourceneffizienzsteigernde Technologien, Produkte und Strategien das Ressourceneffizienzpotenzial zu quantifizieren. Damit verbunden ist eine methodische Weiterentwicklung und verbesserte Datenlage im Bereich Ressourceneffizienz. Außerdem wird eine Netzwerkbildung im Bereich der Universitäten zum Thema Ressourceneffizienz und eine Diffusion des Themas in die akademische Ausbildung möglich, da die Potenzialanalysen auf einem in ein Expertennetzwerk eingebundenes Diplomandenprogramm aufbauen. Damit kommen zukünftige Entscheider/-innen schon im Studium mit dem Thema Ressourceneffizienz in Kontakt.
Das Verfahren zur Auswahl ressourceneffizienzsteigernder Technologien, Produkte und Strategien umfasste vier Schritte (s. Abb. 2).
Abb. 2: Kriteriengestützte Auswahl von Technologien, Produkten und Strategien mit hohem Ressourceneffizienzpotenzial
Quelle: Rohn, Lang-Koetz, Pastewski, Lettenmeier 2009
Im ersten Schritt wurden die via Desk Research und in einer Umfrage identifizierten möglichen ressourceneffizienzsteigernden Technologien, Produkte und Strategien strukturiert und in einer Themenliste mit ca. 1.000 Vorschlägen zusammengestellt. Die Recherche bezog sich von einzelnen Ausnahmen abgesehen auf Deutschland bzw. deutschsprachige Quellen. Insgesamt wurden über 100 Quellen ausgewertet, die eine schlüssig strukturierte Darstellung von relevanten Technologien und Produkten enthalten. Auf der Basis der Rechercheergebnisse wurde eine Umfrage durchgeführt mit dem Ziel, die Liste ressourceneffizienzsteigernder Produkte und Technologien expertengestützt zu erweitern. Adressaten der fragebogengestützten Umfrage, die zwischen Mai und Juli 2008 stattfand, waren v. a. Expert/-innen aus Universitätsinstituten, aus außeruniversitären Instituten, Forschungseinrichtungen und Organisationen, aber auch aus Verbänden, Initiativen und Unternehmen. Etwa 15.000 Personen wurden per Mail und Mailverteiler angesprochen; außerdem wurde die Umfrage über verschiedene einschlägige Newsletter bekannt gemacht, um weitere Interessierte zu informieren. Positiver Nebeneffekt der Öffentlichkeitsarbeit zur Umfrage war eine Sensibilisierung zum Thema Ressourceneffizienz sowie die Gewinnung weiterer Akteure für das Netzwerk Ressourceneffizienz.
Im zweiten Schritt wurde die Themenliste im AP1-Team aufbereitet und vorbewertet. Ziel war es, die ca. 1.000 Vorschläge nach den drei Kriterien Ressourceneinsatz, Ressourceneffizienzpotenzial und wirtschaftliche Bedeutung zu bewerten und die Themenliste darüber auf ca. 250 Nennungen zu fokussieren („Top250“).
Anschließend erfolgte im dritten Schritt eine kriteriengestützte schriftliche Expertenbewertung mit dem Ziel, die „Top250“ zu ranken und damit zu einer priorisierten Themenliste zu kommen. Die Bewertung der Themenliste „Top250“ durch die Expert/-innen erfolgte anhand folgender sieben Kriterien: Ressourceneinsatz/Mengenrelevanz, Ressourceneffizienzpotenzial, sonstige Umweltauswirkungen, Realisierbarkeit, wirtschaftliche Bedeutung, Kommunizierbarkeit und Übertragbarkeit. Die Kriterien dienten der Vorauswahl besonders ressourceneffizienter, ressourcenrelevanter, innovativer und auch visionärer Technologien, Produkte und Strategien. Die Kriterien rund um die Ressourceneffizienz wurde ergänzt durch Kriterien, die für die Umsetzung wichtig sind. Dieses Ranking wurde dann mit den AP1-Beteiligten und weiteren Expert/-innen im Rahmen eines Workshops diskutiert und validiert. Daraus konnte eine überarbeitete Themenliste mit ca. 50 Vorschlägen („Top50“) abgeleitet werden.
Auf dieser Basis wurde im vierten Schritt die abschließende Auswahl der ca. 20 Produkte, Technologien und Strategien in Abstimmung mit dem Umweltbundesamt und dem Bundesumweltministerium vorgenommen, die im weiteren Verlauf in detaillierten Potenzialanalysen bearbeitet werden („Top21“). Diese Auswahl wurde auf Grundlage der im Expertenworkshop getroffenen Prioritätensetzung durch die AP1-Beteiligten und externen Expert/-innen unter Berücksichtigung der genannten Kriterien vorgenommen. In die Erstellung der „Top21“-Themenliste flossen damit alle Ergebnisse der bisherigen Arbeiten mit ein. Die ausgewählten Themen sind in Tabelle 2 zusammengestellt.
Tab. 2: Auswahl der „Top21“-Themen zur Abschätzung der Ressourceneffizienzpotenziale
Technologien | Produkte/Bedarfsfelder | Strategien |
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Querschnittstechnologien in der Prozesstechnik | Green IT (z. B. Server-Virtualisierung, IuK-Endgeräte) | Beachtung von Ressourceneffizienzkriterien beim Design |
Bessere Lösbarkeit von Bauteilverbindungen | Ressourceneffiziente Dämmstoffsysteme | Designmöglichkeiten und Trennverfahren für Stoffverbünde |
Mikroreaktortechnik zur Herstellung von Chemikalien | Substitution von ressourcenintensiven Fasern für Bekleidung | Production on demand |
Neuartige Umformtechnologien für höher- und höchstfeste Stähle | Ressourceneffiziente Verkehrssysteme | Leichtbau unter Nutzung der Vielfalt neuartiger Werkstoffe |
Ressourceneffizienter Individualverkehr durch Elektrofahrzeuge | „Nutzen statt Besitzen“ bei Gebrauchs-/Investitionsgütern | |
Ressourceneffiziente Energieerzeugung | ||
Ressourceneffiziente Energiespeicherung | ||
Intelligente Landtechnik | ||
Ressourceneffiziente Membrantechnologien | Ressourceneffiziente Wertschöpfungsketten von Nahrungsmitteln | |
Oberflächenfunktionalisierung (z. B. mit Nanotechnologien) | ||
Algen als ressourceneffiziente biotechnologische Plattform |
Quelle: Eigene Darstellung auf Basis Rohn, Lang-Koetz, Pastewski, Lettenmeier 2009
Die Auswahl der Technologien, Produkte und Strategien zur Steigerung der Ressourceneffizienz ist – wie die Beschreibung der Vorgehensweise zeigt – sehr komplex. Grund dafür ist einerseits die Breite des Untersuchungsrahmens, der nicht auf bestimmte Produkte, Branchen, Bedarfsfelder etc. eingeschränkt werden konnte. Andererseits fehlen bei derzeitigem Forschungsstand oft quantitative Abschätzungen zu Ressourceneinsätzen und Ressourceneffizienzpotenzialen oder sie sind nur schwer zu ermitteln. Qualitative Expertenbewertungen werden damit wichtig. Die entwickelte Vorgehensweise und die Methoden haben sich jedoch als zielführend und effizient erwiesen und konnten durch die gezielte Expertenbeteiligung in den jeweiligen Arbeitsschritten validiert werden.
Die identifizierten Themenfelder und die zur weiteren Potenzialanalyse ausgewählten „Top21“-Themen zur Steigerung der Ressourceneffizienz (vgl. Tab. 2) sind breit angelegt. Es finden sich bei den Technologien nahezu alle etablierte Technologiefelder aber auch innovative Technologien. Ein Schwerpunkt liegt auch bei Querschnittstechnologien und Technologien mit breiten Anwendungsfeldern. Die identifizierten Themenfelder decken sich weitgehend mit den durch das Forschungszentrum Karlsruhe im Rahmen des etwa zeitgleich bearbeiteten Prozesses „Roadmap Umwelttechnologien 2020“ erhobenen Experteneinschätzungen zu rohstoffeffizienten Technologien (Jörissen et al. 2008). Die identifizierten Produkte spiegeln – wie die ersten Analysen zur Ressourceneffizienz in Bedarfsfeldern zeigen – die ressourcenintensivsten Bedarfsfelder in Deutschland wider. Die identifizierten Strategien werden von Ressourceneffizienzexpert/-innen immer wieder empfohlen, die breite Anwendung in der Praxis steht aber noch aus.
Derzeit laufen gerade die Analysen, in denen für die „Top21“ die Potenziale zur Steigerung der Ressourceneffizienz ermittelt werden. Abbildung 3 stellt die Vorgehensweise zur Potenzialanalyse vor.
Abb. 3: Übersicht zur Vorgehensweise der Potenzialanalyse
Quelle: Rohn, Lang-Koetz, Pastewski, Lettenmeier 2009
Grundidee ist ein expertennetzwerkgestütztes Verfahren, in das ein Diplomandenprogramm eingebunden ist. Alle Potenzialanalysen werden nach einem einheitlichen Analyseraster mit Vorgaben zu Struktur und Aufbau der Arbeiten, zu den eingesetzten Methoden, zur Auswertung, zur Ergebnisdarstellung und -diskussion durchgeführt. Die Quantifizierung der Ressourceneffizienzpotenziale erfolgt auf der Basis des Konzepts „Materialintensität pro Serviceeinheit (MIPS)“ (vgl. Schmidt-Bleek 1994; Ritthoff, Rohn, Liedtke 2002). Konkrete Ergebnisse für die untersuchten Technologien und ihre Anwendungen bzw. die Produkte und Produktgruppen sind die Berechnung des soweit möglich lebenszyklusweiten Materialinputs, die Identifizierung der konkreten Potenziale zur Ressourceneffizienzsteigerung und die zu deren Erschließung möglichen Handlungsoptionen.
Zur Sicherung einer hohe Qualität und Validität der Ergebnisse werden alle Potenzialanalysen durch die AP1-Expert/-innen – v. a. aus den beteiligten Universitäten – intensiv fachlich begleitet und in engem fachlichen Austausch aller Beteiligten realisiert. Die nach Abschluss der Potenzialanalysen vorliegenden Ergebnisse werden in mehreren AP1-internen Workshops diskutiert und dann von den am AP1 beteiligten Expert/-innen übergreifend ausgewertet. Anschließend werden diese Ergebnisse in einem Expertenworkshop Mitte 2010 validiert, an dem neben dem AP1-Team auch weitere externe Expert/-innen teilnehmen werden. Abschließend werden die Ergebnisse veröffentlicht.
3 Was die Politik tun kann
Die Politik ist gefordert, die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass die ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Probleme entschärft werden, die mit der Ressourcennutzung verbunden sind. So geht es etwa darum, dass Ressourcenknappheit, Rohstoffsicherheitsfragen oder stark steigende oder stark fluktuierende Ressourcenpreise die wirtschaftliche Entwicklung nicht gefährden. Ziel ist aber auch, dass soziale Probleme (wie etwa Kinderarbeit in Minen) ausgeschlossen und die oft massiven ökologischen Probleme (z. B. in den Förderländern) abgebaut werden.
Ressourceneffizienzpolitik ist ein wichtiger Weg, diese Probleme deutlich zu entschärfen. Beispielsweise können dadurch die Rohstoffimporte sinken, der verstärkte Einsatz von Sekundärrohstoffen zu geringeren Umwelteffekten führen und auch die Wirtschaft durch die Erschließung der Kostensenkungspotenziale durch einen verminderten Materialeinsatz wettbewerbsfähiger und damit die Arbeitsplätze sicherer werden. Der Politik bieten sich fünf Kernstrategien zur Steigerung der Ressourceneffizienz (Kristof, Hennicke 2008), die auf Basis der Potenzialanalysen weiter konkretisiert werden können:
- Kernstrategie „Nachhaltige Zukunftsmärkte – Innovationen eine Richtung geben”: Ohne anspruchsvolle Ressourceneffizienzziele und daran ausgerichtete Anreizsysteme (z. B. Subventionen abschaffen, die Ressourcenverbrauch steigern) wird es weder zu einer verstärkten Umsetzung von Ressourceneffizienzpotenzialen kommen, noch können die Potenziale dazu ausgelotet werden. An den Ressourceneffizienzzielen und erschließbaren Potenzialen kann und sollte die F&E- und die Innovationsförderung ausgerichtet werden.
- Kernstrategie „Starke Institutionen – Schlüssel für eine erfolgreiche Diffusion”: Erfolgreiche Umsetzung braucht „Kümmerer”. Deshalb ist es sinnvoll, bestehende Institutionen auf Bundes-, Länder- und regionaler Ebene (z. B. Deutsche Materialeffizienzagentur, Effizienz-Agentur NRW) zu stärken bzw. neue ins Leben zu rufen. Aber auch die einschlägigen Berater/-innen sind wesentliche Akteure zur Ressourceneffizienzsteigerung. Ihren Kreis auszubauen und sie zu qualifizieren, kann ihre Wirkung maßgeblich steigern. Auch die „Selbsthilfe” von Unternehmen über Unternehmensnetzwerke in Regionen und Branchen hat sich als sehr effektiv erwiesen und sollte weiter gefördert werden.
- Kernstrategie „Ressourceneffiziente Produkte”: Vorreiter, die besonders ressourceneffiziente Produkte entwickelt haben, zu fördern und sichtbar zu machen (z. B. Kennzeichnungspflichten wie bei Weiße-Ware-Geräten – Stichwort „A++-Kühlschrank“) hat sich als genauso erfolgreich herausgestellt wie Strategien, die den Marktdurchschnitt auf eine Ressourceneffizienzsteigerung ausrichten (z. B. EU-Ökodesign-Richtlinie, die jetzt den Schwerpunkt bei Energie hat, möglichst schnell auf alle Ressourcen ausweiten) oder das „Dirty End” vom Markt nehmen (z. B. Mindeststandards).
- Kernstrategie „Der Staat als Nachfrager – Vorbild und Marktmacht”: Die staatliche Nachfrage kann Märkte verändern, wenn Ressourceneffizienz als Standardbeschaffungskriterium etabliert wird und über Bündelungslösungen die Nachfrage nach hoch-effizienten Lösungen steigt (d. h. durch einen sicheren Mindestabsatz sinkt das Risiko der Produktentwicklung für die Unternehmen – „Technology Procurement“). Der Staat hat aber auch eine Vorbildfunktion, der er durch ehrgeizige Ressourceneffizienzziele bei der öffentlichen Beschaffung und übertragbare erfolgreiche ressourceneffizienzorientierte Beschaffungsroutinen gerecht werden kann.
- Kernstrategie „Veränderung in den Köpfen”: Alle anderen Kernstrategien werden zum Scheitern verurteilt sein, wenn sie nicht flankiert werden durch die Veränderung in den Köpfen. Dabei geht es um drei Aspekte: das Thema in die Köpfe bringen (z. B. Kampagnen, Medien einbinden, Netzwerk Ressourceneffizienz unterstützen), Qualifikationen schaffen (z. B. in Schule und beruflicher Aus- und Weiterbildung oder in einer virtuellen Ressourcenuniversität) und Erfolge sichtbar machen (z. B. Good Practice den Materialeffizienzpreis bekannter machen).
Die Steigerung der Ressourceneffizienz ist eine der zentralen, breit wirksamen Strategien für mehr Rohstoffsicherheit und eine nachhaltigere Wirtschaftsweise. Über Technologie- und Know-how-Transfer sowie über eine gezielte Exportförderung und Entwicklungspartnerschaften können Ressourceneffizienzlösungen schneller global verbreitet werden. Dies bietet außerdem den Unternehmen die Chance, als Vorreiter den rasch wachsenden Zukunftsmarkt Ressourceneffizienz auch auf den Exportmärkten erfolgreich zu erschließen.
4 Wo Unternehmen ansetzen können
Um Ressourceneffizienz konkret umzusetzen und die Ressourceneffizienzmärkte für sich zu erschließen, können Unternehmen sehr unterschiedliche Wege gehen (Ritthoff, Liedtke, Kaiser 2007; Kristof 2007; Kristof, Türk, Welfens, Walliczek 2006). Produkte können „von der Wiege zur Bahre und wieder zurück zur Wiege” ressourceneffizienter als heute gestaltet werden. Vom Design über die Produktion bis zur Konsumphase und ganz am Schluss der Lebensdauer beim Recycling finden sich vielfältige Ansätze, Ressourcen einzusparen. Auch in den Wertschöpfungsketten gibt es vielfältige Ansatzpunkte – von einer gemeinsamen Ressourcenverbrauchsoptimierung mit Vorlieferanten und Kunden bis zur ressourceneffizienzorientierten Gestaltung der für Produktion und Logistik notwendigen Infrastrukturen. Veränderungen von Produkten, in Wertschöpfungsketten und bei Infrastrukturentscheidungen werden aber nur dann Realität, wenn Menschen Systeme neu denken, Innovationen entwickeln, ihre Muster im Kopf überdenken und ihr Verhalten daran neu ausrichten – kurz es Veränderungen in den Köpfen gibt. Tabelle 3 fasst die unterschiedlichen Ansätze im Überblick zusammen (zu den Details vgl. Hennicke, Kristof, Dorner 2009).
Tab. 3: Optionen zur Ressourceneffizienzsteigerung im Überblick
Ansatzpunkt Produktlebenszyklus |
Ansatzpunkt Wertschöpfungskette |
Ansatzpunkt Veränderung in den Köpfen |
---|---|---|
Ressourceneffizienzoptimierte Produktgestaltung: Produktdesign und Produkt-Dienstleistungs-Systeme | Ressourceneffizienzorientierte Gestaltung von Wertschöpfungsketten | Veränderung der Produktionsmuster |
Rohstoff- und Werkstoffauswahl/neue Werkstoffe und nachwachsende Rohstoffe | Ressourceneffizienzoptimierte Infrastrukturlösungen | Ressourceneffizienzorientierte ganzheitliche Managementsysteme (inkl. Informationssysteme) |
Ressourceneffizienzoptimierte Produktionssysteme/Querschnittstechnologien | Forschung & Entwicklung/Forschungstransfer/Lernprozesse | |
Ressourceneffizienzoptimierte Produktnutzungsphase/langlebige Produkte | Veränderung der Konsummuster | |
Weiter-/Wieder-/Umnutzung in Kaskadennutzungssystemen/Recycling |
Quelle: Weiterentwicklung auf Basis Kristof 2007
5 Was jeder Einzelne tun kann
Auch jeder Einzelne kann im privaten Leben und im Home Office etwas tun, um Ressourceneffizienz konkret umzusetzen. Tabelle 4 fasst die unterschiedlichen Ansatzpunkte im Überblick zusammen (zu den Details vgl. Kristof, Süßbauer 2009).
Tab. 4: Basisstrategien für ressourceneffizienten Konsum
Vor dem Konsum liegen die Konsumentscheidungen, bei denen der Bedarf reflektiert und hinterfragt werden kann. Bewusst Einkaufen können Konsument/-innen, wenn sie sich – solange keine Kennzeichnungspflichten etabliert sind – in einer ersten Näherung daran orientieren, ob das Produkt klein, leicht, multifunktional/modular nutzbar, langlebig, gebraucht/wiederaufbereitet/mit hohem Sekundärrohstoffanteil und wenig verpackt ist. Während der Nutzung geht es um das Sparsam Verbrauchen. Darunter fällt sowohl der effiziente Umgang mit den in der Nutzungsphase der Produkte benötigten Ressourcen (z. B. Stand-by-Verbräuche senken), die Entscheidung für die ressourcensparendere Variante (z. B. Kurzstrecken mit dem Fahrrad statt mit dem Auto zu fahren) und die Vermeidung von Müll. Interessante Ansatzpunkte bietet auch das Nutzen ohne Eigentum, d. h. die Steigerung von Ressourceneffizienz durch eine Verringerung von Konsumeigentum in den Haushalten. Ein zentraler Ansatzpunkt hierfür ist die Nutzungsintensivierung von Produkten. Durch Formen der gemeinschaftlichen Nutzung wird erreicht, dass Produkte häufiger genutzt werden und weniger Ressourcen für neue Produkte aufgewendet werden müssen. Das anbietende Unternehmen verdient also nicht mehr am Verkauf möglichst vieler Produkte, die vom Käufer auch sehr wenig genutzt werden können, sondern an der möglichst hohen Auslastung eines Produkts. Beispiele sind Kurzzeitvermietung (z. B. Werkzeugverleih in Baumärkten) oder Langzeitvermietung von Gütern (z. B. Leasing von Kopiergeräten) sowie Sharing (z. B. Car-Sharing) und Poolin (z. B. Waschsalon). Das gemeinschaftliche Nutzen von Gütern kann aber auch privat über Tauschen, Leihen und Teilen organisiert sein (z. B. gemeinsame Nutzung einer Waschmaschine innerhalb eines Hauses oder Fahrgemeinschaften mit Arbeitskolleg/-innen). Ein weiterer Ansatzpunkt für das Nutzen ohne Eigentum ist die Substitution von materiellen Gütern durch „immaterielle“ Lösungen – also ihre Virtualisierung. Elektronische Daten können beispielsweise Bücher oder Musik-CDs ersetzen. End damit verbunden sind die Ansätze zum Länger Nutzen, die eine Verlängerung der Produktnutzungsdauer anstreben. Ansatzpunkte sind sowohl die Wieder- oder Weiterverwendung gebrauchter Komponenten und Produkte als auch eine Ausweitung der Nutzungsdauer eines Produkts durch Instandhaltungsmaßnahmen, aber auch Auf- und Umrüsten von Produkten. Unter Rückführen fallen alle Ansätze, bei denen gebrauchte Güter nicht entsorgt, sondern in den Stoffkreislauf rückgeführt werden.
6 Fazit
Die Steigerung der Ressourceneffizienz muss viel stärker auf die Agenda der gesellschaftlichen Debatten kommen. Sie ist ein zentrales Kernelement für eine erfolgreiche nachhaltige Entwicklung. Politik, Unternehmen und Verbraucher haben viele Ansatzpunkte, zu ihrem eigenen Nutzen aktiv zu werden, aber auch im Interesse von Umwelt und Gesellschaft. Ressourceneffizienz muss dazu noch mehr in die Köpfe kommen. Das MaRess-Projekt möchte auch dazu einen Beitrag leisten.
Anmerkungen
[1] Die Autorin leitet den Themenbereich „Materialeffizienz und Ressourcenschonung“ und ist Co-Leiterin der Forschungsgruppe „Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren“ am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie.
[2] Das Förderkennzeichen des UFOPLAN-Vorhabens lautet 3707 93 300; die Laufzeit reicht von Juli 2007 bis Dezember 2010.
Literatur
Hennicke, P.; Kristof, K.; Dorner, U., 2009: Ressourcensicherheit und Ressourceneffizienz – Wege aus der Rohstoffkrise. RessourceneffizienzPaper 7.3; http://ressourcen.wupperinst.org
Jörissen, J.; Schippl, J.; Dieckhoff, Chr. et al., 2008: Roadmap Umwelttechnologien 2020: State-of-the-Art-Report; Wissenschaftliche Bericht FZKA 7425; Karlsruhe: Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse, Forschungszentrum Karlsruhe
Kristof, K., 2007: Hot Spots und zentrale Ansatzpunkte zur Steigerung der Ressourceneffizienz; http://www.ressourcenproduktivitaet.de
Kristof, K.; Hennicke, P., 2008: Impulsprogramm Ressourceneffizienz: Innovationen und wirtschaftlicher Modernisierung eine Richtung geben. RessourceneffizienzPaper 7.2, http://ressourcen.wupperinst.org
Kristof, K.; Süßbauer, E., 2009: Handlungsoptionen zur Steigerung der Ressourceneffizienz im Konsumalltag. RessourceneffizienzPaper 12.2; http://ressourcen.wupperinst.org
Kristof, K.; Türk, V.; Welfens, J.; Walliczek, K., 2006: Ressourceneffizienzsteigerungen durch organisatorische und institutionelle Innovationen; http://www.ressourcenproduktivitaet.de
Ritthoff, M.; Liedtke, Chr.; Kaiser, C., 2007: Technologien zur Ressourceneffizienzsteigerung: Hot Spots und Ansatzpunkte; http://www.ressourcenproduktivitaet.de
Ritthoff, M.; Rohn, H.; Liedtke, Chr., 2002: MIPS berechnen: Ressourcenproduktivität von Produkten und Dienstleistungen. Wuppertal Spezial 27
Rohn, H.; Lang-Koetz, C.; Pastewski, N.; Lettenmeier, M., 2009: Identifikation von Technologien, Produkten und Strategien mit hohem Ressourceneffizienzpotenzial – Ergebnisse eines kooperativen Auswahlprozesses. RessourceneffizienzPaper 1.2; http://ressourcen.wupperinst.org
Schmidt-Bleek, F., 1994: Wieviel Umwelt braucht der Mensch? Das Maß für ökologisches Wirtschaften. Berlin
Kontakt
Dr. Kora Kristof
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie
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