Nachhaltigkeitspotenziale rohstoffintensiver Produktionsprozesse

Schwerpunkt: Foresight für die Umwelttechnik von morgen

Nachhaltigkeitspotenziale rohstoffintensiver Produktionsprozesse

von Jörg Woidasky, FhG-ICT Pfinztal, und Thomas Hirth, FhG-IGB Stuttgart

Rohstoffe bilden die Basis weit verzweigter Wertschöpfungsnetze und sind für die gesamte Wirtschaft von essentieller Bedeutung. Stoffwandelnde Industrien tragen in hohem Maße zur Wertschöpfung und damit zur Sicherung bestehender und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze bei. Sie stellen in dem rohstoffarmen Land Deutschland aus vorwiegend importierten Primärrohstoffen sowie aus Sekundärrohstoffen hochwertige Produkte her, die in hohem Maße in den Export gehen. Um die Wertschöpfung durch Rohstoffveredlung am Standort Deutschland langfristig zu sichern, sind insbesondere solche Wirtschaftsbereiche zu stärken, die durch Steigerung der Rohstoff- und Energieproduktivität sowie durch Verbesserung der Aus- und Weiterbildung einen erheblichen Beitrag zur Erfüllung der Ziele nachhaltigen Wirtschaftens leisten können. Im Rahmen einer umfangreichen Studie wurden die F&E-Bedarfe dieser Wirtschaftsbereiche identifiziert. [1]

1     Einleitung

Die Nutzung von Ressourcen ist bereits seit Jahrzehnten Bestandteil umweltpolitischer Diskussionen. Durch die Ölkrisen der 1970er Jahre wurde das Problem der Rohstoffversorgung mit den Aspekten der technischen Versorgungssicherheit und der preislichen Stabilität erstmals von einer großen Öffentlichkeit wahrgenommen. Obwohl die Einsicht in die Begrenztheit der Rohstoffreserven und die Abhängigkeit der Wirtschaft von einer stabilen Rohstoffversorgung mehr als dreißig Jahre alt ist, waren technische Entwicklungen, die auf eine deutliche Erhöhung der Energie- und Rohstoffeffizienz abzielen, erst im letzten Jahrzehnt verstärkt zu beobachten. Bis dahin wurden in der Umweltforschung und -politik v. a. medienbezogene Ansätze verfolgt, die auf eine Minimierung von Emissionen und Abfällen ausgerichtet waren. Medien- oder gar branchenübergreifende Ansätze zur Verminderung des Ressourcenverbrauchs sind dagegen neu und oft noch nicht umgesetzt worden.

Inzwischen hat jedoch auch die europäische und nationale Politik die Zeichen der Zeit erkannt und Strategien entwickelt, um einen effizienten Umgang mit knappen Ressourcen zu fördern (Mocker et al. 2010). Die Europäische Union strebt mit ihrer Strategie für eine nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen eine Verringerung der negativen ökologischen Auswirkungen der Ressourcennutzung trotz wachsender Wirtschaft an (EU-Kommission 2005). Dies soll zum einen durch eine Erhöhung der Ressourcenproduktivität, zum anderen durch eine gezielte Reduktion von Umweltbelastungen erreicht werden. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat in einer Stellungnahme zur europäischen Ressourcenstrategie angeregt, ein lebenszyklus- und medienübergreifendes Stoffstrom-Management zu etablieren, das als koordinierendes Element einer übergreifenden Umweltpolitik dienen könnte (SRU 2005). Die Bundesregierung hat ihre zentrale Zielvorstellung einer deutschen Ressourcenpolitik in der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie formuliert. Danach soll eine Verdoppelung der Rohstoffproduktivität bis 2020 gegenüber dem Basisjahr 1994 erreicht werden (Bundesregierung 2002, Bundesregierung 2008). Das Bundesumweltministerium geht in seiner Ressourceneffizienz-Strategie von 2008 noch über diese Ziele hinaus und plädiert dafür, langfristig eine Absenkung des absoluten Materialeinsatzes anzustreben (BMU 2008).

In der Europäischen Union blieb der Rohstoffverbrauch seit Mitte der 1980er Jahre mit etwa 16 Tonnen pro Einwohner und Jahr praktisch unverändert, während die Wirtschaft in diesem Zeitraum um etwa 50 Prozent wuchs (EU-Kommission 2005). Diese Zahlen ermutigen, weitere gezielte Entwicklungen für die Steigerung der Ressourceneffizienz voranzubringen.

Die Gewinnung von Primärrohstoffen im deutschen Bergbau stellt etwa 96.000 Arbeitsplätze zur Verfügung. Relevante Primärrohstoffproduzenten in Deutschland sind der Braunkohlenbergbau (weltweit Platz 1 mit 180 Mio. t/a), Kali- und Steinsalzbergbau (3,5 Mio. t/a und 14,3 Mio. t/a; jeweils Platz 4) und der Steinkohlenbergbau (26,5 Mio. t SKE/a; Platz 14). Seit über zehn Jahren werden in Deutschland jedoch keine Metallerze mehr gefördert. Die Gewinnung von Steinen und Erden als Rohstoffe für die Baustoff-, Steine- und Erden- sowie Glasindustrie erfolgt fast ausschließlich in heimischen Betrieben. Allerdings sind die Herstellungsprozesse der Zement-, Kalk-, Glas- und Keramikindustrie sehr energieintensiv, so dass trotz des Einsatzes heimischer Primärrohstoffe hier eine erhebliche Abhängigkeit von den am Weltmarkt gehandelten Energieträgern besteht. Daneben existieren in Bereichen hoher Wertschöpfung auch Abhängigkeiten von Importen z. B. bei hochreinen Tonerdeprodukten für die Keramikherstellung. Aber auch bei nachgelagerten Produktionen wie z. B. im Maschinenbau machen die Rohstoffkosten bis zu 40 Prozent des Unternehmensumsatzes aus (Hirth 2007).

Deutsche Unternehmen in rohstoffnahen Produktionsbereichen sind daher von den Entwicklungen auf den internationalen Rohstoffmärkten in hohem Maße abhängig. Diese Abhängigkeit kann die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bedrohen, wenn es nicht gelingt, ihre Auswirkungen durch handelspolitische und technologische Maßnahmen zu begrenzen.

2     Projektziele

Ziel des Vorhabens war die Aufbereitung des Themenfeldes „Nachhaltig wirtschaften in rohstoffnahen Produktionsbereichen“ sowie die Ableitung von Handlungs- und Forschungsschwerpunkten. Daraus ergaben sich die folgenden Detailziele:

Die Arbeiten wurden 2005 bis 2006 im Rahmen des BMBF-Rahmenprogramms „Forschung für Nachhaltigkeit“ und unter Betreuung der Projektträgerschaft PTJ durchgeführt. Sie dienten der inhaltlichen Vorbereitung der Fördermaßnahme „Innovative Technologien für Ressourceneffizienz – Rohstoffintensive Produktionsprozesse“ (Dezember 2007 bis April 2008).

3     Definition des Untersuchungsfeldes

Als rohstoffnahe Produktionsbereiche wurde der Abschnitt zwischen der Rohstoffgewinnung (Berg-/Tagebau, Öl- oder Gasförderung bzw. land- oder forstwirtschaftliche Ernte) und der Weiterverarbeitung der Grundstoffe oder Halbzeuge in nachgelagerten Verarbeitungsstufen betrachtet, der durch große Massenströme und damit einhergehender potenziell großer Umweltbelastung gekennzeichnet ist. Gleichzeitig stellen rohstoffnahe Produktionsbereiche den Ausgangspunkt für zahlreiche nachgelagerte Prozess- und Wertschöpfungsketten dar und halten so eine Schlüsselposition für eine nachhaltige Entwicklung der produzierenden Branchen in Deutschland.

Grundlage der Branchenauswahl war die Auswertung aller Teilbereiche des produzierenden Gewerbes hinsichtlich ihres Rohstoff- und Energieverbrauchs (Abb. 1). Die ausgewählten Branchen (Nichteisen-Metall- und Eisen-Gewinnung und -verarbeitung, Glas, Papier, Keramik, Textil, Bau, Chemie) repräsentieren insgesamt 36,8 Prozent des Energie- und 54,3 Prozent des abiotischen Ressourcenverbrauchs. Weitere relevante Branchen sind lediglich Kokerei/Mineralölerzeugnisse (10,2 % des abiotischen Ressourcenverbrauchs) und Strom/Gas (18,2 %). Eine weitere Einschränkung auf spezielle Umweltbereiche oder Technologien erfolgte bewusst nicht.

Abb. 1: Rohstoff- und Energierelevanz der Branchen

Abb. 1: Rohstoff- und Energierelevanz der Branchen

Quellen: Direkter Energieverbrauch nach Wirtschaftsbereichen im Inland 2002, http://www.destatis.de;
Statist. Bundesamt: Umweltnutzung und Wirtschaft. Umweltökonom. Gesamtrechnung 2005; eigene Darstellung

4     Methodischer Ansatz

Die Untersuchung basierte auf vier Informationsquellen:

Mit der Untersuchung waren insgesamt elf Forschungseinrichtungen befasst. Dazu zählten neben dem Fraunhofer-Institut für chemische Technologie in Pfinztal (verantwortlich für die Vorhabenskoordination und die Branche Chemie), dem Institut für Industriebetriebslehre und industrielle Produktion der Universität Karlsruhe (sozioökonomische Bewertung) und der Abteilung Ganzheitliche Bilanzierung des Lehrstuhls für Bauphysik der Universität Stuttgart[2] (ökologische Bewertung) insgesamt acht weitere Fachinstitute, die wissenschaftlich-technische Expertisen für die Branchen Eisen und Stahl, Nichteisen-Metalle, Glas, Keramik, Papier, Textil, Bau, Chemie sowie Sekundärrohstoffe erstellten. Branchenspezifische Übersichten der industrierelevanten F&E-Bedarfe ergänzten die Ausarbeitungen der Fachinstitute.

Neben diesen Fachgutachten wurden durch die Forschungseinrichtungen über 100 Fachgespräche vorrangig mit Führungskräften aus Unternehmen der untersuchten Branchen geführt, deren Ergebnisse in die Expertisen einflossen. Die Interviews wurden in Form von Mitschriften dokumentiert und in der Regel von den Bearbeitern der Fachgutachten in ihrer jeweiligen Branche durchgeführt. So konnte sichergestellt werden, dass die relevanten F&E-Themen zu diesen Schwerpunkten sowohl aus wissenschaftlicher als auch aus unternehmerischer Sicht strukturiert erfasst und dokumentiert wurden. Ergänzend zu den Befragungen und Gutachten wurden etwa 150 Endberichte abgeschlossener, öffentlich geförderter Vorhaben hinsichtlich noch verbliebener F&E-Bedarfe ausgewertet.

Auf drei Workshops aller Forschungseinrichtungen, davon einem unter Beteiligung von 16 Unternehmen aus allen untersuchten Branchen, wurden die Ergebnisse präsentiert und diskutiert. Eine abschließende Präsentation und Diskussion ebenfalls mit zahlreichen Industrievertretern erfolgte am 29. März 2006.

5     Bewertung von technologieorientierten Forschungsfeldern

Dem Charakter der Vorstudie entsprechend erfolgte einer Fokussierung auf die besonders ressourcenintensiven Branchen in Deutschland. In diesen Branchen wurden die technologieorientierten Forschungs- und Entwicklungsbedarfe und somit die „Nachfrageseite“ der Technologieentwicklung erfasst. Die Ergebnisse der Untersuchungen waren zum einen spezifische Forschungsbedarfe für die Branchen Eisen und Stahl, Nichteisen-Metalle, Glas, Keramik, Papier, Textil, Bau, Chemie sowie Sekundärrohstoffe. Zum anderen wurden branchenübergreifende Technologiefelder identifiziert, in denen neue Entwicklungen eine erhebliche Hebelwirkung für den Standort Deutschland entwickeln können. Die Bedarfe wurden aus technischer, sozioökonomischer und umweltlicher Sicht bewertet. Die in Tabellenform aufbereiteten F&E-Bedarfe wurden von den Fachinstituten als (technisch) wichtig eingestuft. Anschließend nahmen die Fachinstitute eine Prioritätensetzung bezüglich des F&E-Bedarfs vor.

Ergänzend erfolgte eine sozioökonomische Bewertung durch Experten in Anlehnung an die EU-Kriterien unter Heranziehung einer Reihe spezifischer Kennzahlen. Zu diesen Kennzahlen gehörten Bruttoproduktionswert, Kosten für den Einsatz von Roh-/Hilfs-/Betriebsstoffen und Energie, Abschreibungen, Arbeitskosten, Anzahl der Unternehmen sowie Anzahl der Beschäftigten insgesamt, pro Unternehmen und in strukturschwachen Regionen.

Abschließend erfolgte durch ein Fachinstitut die ökologische Bewertung unter Betrachtung der Wirkkategorien abiotischer Ressourcenverbrauch (ADP), Primärenergieverbrauch, Treibhauspotenzial (GWP100), Versauerungspotenzial (AP), Eutrophierungspotenzial (EP) sowie photochemisches Oxidantienbildungspotenzial. Die Relevanz wurde durch das Verhältnis der Umweltbelastung des Einzelprozesses zur Gesamt-Umweltbelastung der Branche bewertet: Die Priorität A wurde für Maßnahmen vergeben, die Prozesse optimieren, die über 30 Prozent der Gesamt-Umweltbelastung der Branche in einer Wirkkategeorie ausmachen, Priorität B bei über 20 Prozent sowie Priorität C bei über 10 Prozent. Die jeweils erreichte höchste Priorität wurde als Gesamtbewertung genutzt.

6     Ergebnisse

Aus der Vielzahl der F&E-Themen, die im Rahmen der Studie identifiziert werden konnten und die jeweils branchenspezifische Bedarfe beschreiben, wurden branchenübergreifende Forschungsthemen extrahiert. Diese zeichnen sich durch einen vergleichsweise hohen Abstraktionsgrad aus und können als Entwicklungstrends betrachtet werden. Somit sind sie gut als Basis für die inhaltliche Ausgestaltung von zukünftigen Förderinstrumenten geeignet.

Ressourcen- und Energieeffizienzfragen stehen hier entsprechend der Fragestellung der Studie an erster Stelle. Mit Blick auf Rohstoffe wird der Einsatz maßgeschneiderter und alternativer Rohstoffe zukünftig an Bedeutung gewinnen. Teilaspekte dabei sind die zunehmende Funktionalisierung von Rohstoffen (d. h. ihre Modifizierung zur Verbreiterung der Einsatzgebiete) sowie die noch weiter zu verstärkende Kooperation von Abfallentsorgung und Sekundärrohstofferzeugung. Sekundärrohstoffe stellen einen erheblichen Teil der in Deutschland verarbeiteten Rohstoffe dar. In vielen Bereichen (z. B. Papier, Metalle) übersteigt der Sekundärrohstoffanteil den der Primärrohstoffe deutlich. Die klassische Abfallwirtschaft wird zur Sekundär-Rohstoffwirtschaft, wenn es ihr gelingt, die Abfälle von den Inhaltsstoffen her zu betrachten. Hierzu sind verbesserte Analyse- und Trenntechniken erforderlich, die sich auch auf schwankende oder nicht reproduzierbare (Sekundär-)Rohstoffqualitäten einstellen können. Parallel dazu sollten auch die nachgelagerten Verarbeitungsprozesse zukünftig als „verunreinigungstolerant“ ausgelegt und mit einem entsprechenden Qualitätsmanagement-System einschließlich eines einheitlichen „Kennwertsatzes“ für den Stoffstrom entlang der Wertschöpfungskette begleitet werden.

Die Energieeffizienz von rohstoffnahen Prozessen weist noch immer Steigerungspotenziale auf. So können eingebrachte Energien durch Maßnahmen des Energiemanagements optimal genutzt werden – z. B. durch die Verminderung von Abstrahlungswärmeverlusten oder durch geschickte Kopplungen von Aufwärm- und Abkühlprozessen (z. B. bei der Produktkühlung). Ebenso werden bei der Entwicklung und dem Einsatz von Feuerungen für verschiedene Brennstoffe, auch in Verbindung mit nachwachsenden oder Sekundärbrennstoffen noch Verbesserungsmöglichkeiten gesehen. Daneben ist eine Verminderung des Energiebedarfs von Hochtemperaturprozessen durch verbesserte Feuerfestmaterialien und eine optimierte Prozessführung zu erwarten.

Der Bereich der Prozessführung weist durch Prozesskettenverkürzung oder kontinuierliche Prozessführung erhebliche Reduzierungsmöglichkeiten von Rohstoff- und Wärmeverlusten auf. Neue Ansätze werden bei einer Umstellung auf andere Hilfs- oder Betriebsstoffe möglich – so z. B. bei Reduktionsverfahren mit alternativen Reduktionsmitteln oder alternativen Reaktionsmedien (überkritische Fluide, ionische Flüssigkeiten, Mikroemulsionen) oder auch in der Prozessintegration (d. h. der Kopplung von Syntheseprozessen mit Aufbereitungsprozessen). Gerade in der Kooperationen verschiedener Industriebereiche (Nichteisen-Metalle, Eisen-Metalle, Keramik, Glas) sind in Deutschland noch Potenziale zur Rohstoff- und Energieoptimierung von Prozessen, Prozessintegration sowie Rohstoff- und Energiemanagement zu realisieren. Eine wichtige Rolle kann hier die Prozesssimulation zur Abbildung von Prozessketten und optimalen Abstimmung von Teilprozessen spielen.

Zahlreiche Maßnahmen der Kreislaufführung und des additiven Umweltschutzes wurden in den vergangen Jahrzehnten bereits identifiziert und mit erheblichen Erfolgen zur Umweltentlastung umgesetzt. Dort, wo bereits Kreisläufe geschlossen werden konnten, ist heute die Vermeidung der Schadstoffaufkonzentrierung bei der Kreislaufführung und die Schadstoffausschleusung und -immobilisierung relevant. Neben der weiter voranzutreibenden Minimierung von Emissionen sowie der Reststoffverwertung (Stäube, Schlacken, Laugen) werden insbesondere die CO2-Abtrennung und CO2-Nutzung als wichtige Bausteine einer ressourcen- und energieeffizienten Wirtschaft angesehen. Effizienzpotenziale sind u. a. durch den Aufbau dezentraler, kleiner Produktionsanlagen zu erwarten, die flexibel und modular gestaltet werden können und so eine hohe Variantenvielfalt ermöglichen („Systemhausansatz“). Mit Blick auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit ist das Vorhandensein von Produktionsanlagen in Deutschland von erheblicher Bedeutung, da nur so Innovationen vor Ort implementiert und validiert werden können.

Ein von zahlreichen Branchen genannter Trend ist der Mangel an qualifiziertem Personal, der von Facharbeitern bis hin zu akademisch ausgebildeten Arbeitnehmern reicht. Die zunehmend komplexeren Produktionsweisen und -anlagen in Deutschland erfordern entsprechende Kenntnisse für deren Handhabung, während der Anteil von Tätigkeiten für geringer qualifizierte Arbeitnehmer voraussichtlich weiter abnehmen wird. Anlagenseitige Modifikationen („Mensch-Maschine-Schnittstellen“) zur Vereinfachung der Bedienung können diesen Trend vermutlich kaum bremsen.

Sehr hilfreich für eine Bewertung mit Blick auf zukünftige Entwicklungsschwerpunkte sind zusammenfassende Auswertungsvorhaben für bereits abgeschlossene Förderschwerpunkte, bei denen die Grundaussagen komprimiert zusammengestellt werden. Die thematische Bündelung macht diese „Komprimierungsberichte“ für die technisch-wissenschaftliche Fortentwicklung ungleich wertvoller als Jahresberichte, die sich an Zeiträumen der Förderung oder an der organisatorischen Anbindung von Förderschwerpunkten orientieren. Darüber hinaus zeigt sich, dass das Themenfeld „Ressourceneffizienz“ einen ausgeprägten Querschnittscharakter besitzt, so dass es zunehmend die klassischen Ressortgrenzen der Forschungsförderung überschreitet. Es müssen gleichermaßen Fragen der Rohstoffsicherheit, der Technologieentwicklung, der Energieforschung und der Umweltauswirkungen gelöst werden, um zu optimalen Lösungen gelangen zu können.

7     Fazit

Deutschland hat in vielen Branchen international eine Spitzenposition in rohstoffnahen Produktionsbereichen erreicht. Gerade die relative Rohstoffarmut dieses Standortes hat die Schließung vieler und großer Stoffkreisläufe unterstützt und so bereits positive Effekte für die Primärrohstoffverarbeitung bewirkt. Die zurzeit weiter steigenden bzw. sehr volatilen Rohstoffpreise motivieren nun aus rein wirtschaftlicher Sicht, in Deutschland vorhandene Sekundärrohstoffe in steigender Menge aufzubereiten und zu verwerten oder aber die maximale Wertschöpfung aus primären Rohstoffen zu erzielen. Durch Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zu diesen Themen kann zum einen der Standort nachhaltig gesichert werden, zum anderen werden durch die Rohstoffpreisentwicklung entsprechende Verfahren und Anlagen auch international zunehmend nachgefragt werden. Die Steigerung der Ressourceneffizienz ist so nicht nur ein Gebot der ökologischen Vernunft, sondern wird zunehmend zu einer wirtschaftlichen Notwendigkeit.

Anmerkungen

[1]  Die Autoren danken der Projektgruppe „Rohstoffnahe Produktion“ mit Stefan Albrecht, Bernd Calaminus, Stefan Dill, Peter Eyerer, Magnus Fröhling, Tom Hager, Michael Hiete, Johannes Kreissig, Bernd Lychatz, Falk Nebel, Susanne Rotter, Otto Rentz, Samuel Schabel, Peter Schaefer, Ulrike Stadtmüller, Thomas Stegmaier, Michael Stelter, Andreas Stolzenberg, Christian Rüssel, Bärbel Voigtsberger, Niels Warburg, Peter Wange, Werner Wunderlich, Katharina Wörsing und Rainer Bolduan sowie der betreuenden Projektträgerschaft. Das Vorhaben wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 01RI05109 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt liegt ausschließlich bei den Autoren.

[2]  Bis März 2006 gehörte die Abteilung „Ganzheitliche Bilanzierung“ zum Institut für Kunststoffprüfung und Kunststoffkunde der Universität Stuttgart.

Literatur

BMU – Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 2008: Strategie Ressourceneffizienz. Impulse für den ökologischen und ökonomischen Umbau der Industriegesellschaft. Berlin

Bundesregierung, 2002: Perspektiven für Deutschland. Unsere Strategie für eine nachhaltige Entwicklung. Berlin

Bundesregierung, 2008: Fortschrittsbereicht 2008 zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Für ein nachhaltiges Deutschland. Berlin

EU-Kommission, 2005: Thematische Strategie für eine nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen. Mitteilung der Kommission vom 21.12.2005. Brüssel: KOM (2005), 670

Hirth, Th.; Woidasky, J.; Eyerer, P., 2007: Nachhaltige Rohstoffnahe Produktion. Fraunhofer IRB Verlag. Stuttgart, 2007

Mocker, M.; Köglmeier, M.; Leipprand, A.; Faulstich, M., 2010: Perspektiven für eine ressourceneffiziente Industriegesellschaft. In: Teipel, U. (Hg.): Rohstoffeffizienz und Rohstoffinnovationen. Stuttgart, S. 9–31

SRU – Sachverständigenrat für Umweltfragen, 2005: Auf dem Weg zur Europäischen Ressourcenstrategie: Orientierung durch ein Konzept für eine stoffbezogene Umweltpolitik. Berlin (Stellungnahme Nr. 9, November 2005)

Statistisches Bundesamt, 2002: Direkter Energieverbrauch nach Wirtschaftsbereichen im Inland. Berlin

Statistisches Bundesamt, 2005: Umweltökonomische Gesamtrechnung. Umweltnutzung und Wirtschaft. Berlin

Kontakt

Dr.-Ing. Joerg Woidasky
Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie
– Umwelt-Engineering –
Joseph-von-Fraunhofer-Str. 7, 76327 Pfinztal
Tel.: +49 721 4640-367
E-Mail: joerg.woidasky∂ict.fraunhofer.de