L. Zonneveld, H. Dijstelbloem, D. Ringoir (eds.): Reshaping the Human Condition. Exploring Human Enhancement

Rezensionen

Der technisch erweiterte Mensch. What does it mean to be human?

L. Zonneveld, H. Dijstelbloem, D. Ringoir (eds.): Reshaping the Human Condition. Exploring Human Enhancement. The Hague: Rathenau Institute (in collaboration with the British Embassy, Science and Innovation Network and the Parliamentary Office of Science

Rezension von Leonhard Hennen, ITAS

„How far should things be taken?“ Diese Frage, die Kevin Warwick, einer der Autoren des vorliegenden Sammelbandes und Professor für Cybernetics (University of Reading, UK) sich auch im Hinblick auf seine eigene experimentelle Forschung zu Mensch-Maschine-Schnittstellen stellt, kann als Leitfrage des hier rezensierten Buches wie auch der gesamten Diskussion über „Human Enhancement“ gelten. Das Thema „Human Enhancement“, d. h. die gezielte technische Erweiterung oder Steigerung menschlicher Fähigkeiten über das „Normale“ hinaus, ist eine relativ junges Thema wissenschafts- und technologiepolitischer Debatten, hat aber bereits zu einer Reihe von Publikationen auch aus dem Bereich der Technikfolgenabschätzung geführt (z. B. STOA 2009; Merkel et al. 2007; vgl. auch die laufende Studie des TAB „Pharmakologische und technische Interventionen zur Leistungssteigerung“). Die Karriere dieses Themas ist eng verknüpft mit der technologiepolitischen Diskussion um die Konvergenz der neuesten Entwicklungen in den Nano-, Informations- und Kommunikations- sowie Neurowissenschaften. Damit – so einige Propagandisten der „Converging Technologies“ – würde ein neuer Schub technischer Entwicklung ausgelöst, der (u. a. durch neue Möglichkeiten der Verkoppelung von Organischem und Technischem) Wege einer künstlichen Erweiterung menschlicher Leistungsfähigkeit eröffnen würde (vgl. Coenen 2008).

Der vom niederländischen Rathenau-Institut herausgegebene Sammelband will sowohl die aktuellen und zukünftigen technischen Möglichkeiten des Enhancements als auch die sozialen und ethischen Implikationen dieser Entwicklung ausloten. Die versammelten Beiträge gliedern sich in einen ersten Teil, der sich mit den „ethics and impacts“, und einen zweiten, der sich mit „applications and expectations“ befasst. Ergänzt werden diese Beiträge durch zwei Interviews zu grundsätzlichen Fragen der Mach- und Wünschbarkeit einer Erweiterung der kognitiven Leistungsfähigkeit. Der Band geht auf eine Tagung zurück, die vom herausgebenden Rathenau Institut zusammen mit der britischen Botschaft und dem Parliamentary Office of Science and Technology des britischen Parlamentes im Jahr 2007 durchgeführt wurde.

Wie in der Enhancement-Debatte generell, stehen die Erweiterung der menschlichen kognitiven Fähigkeiten und damit die Neurowissenschaften samt pharmakologischen sowie informationstechnischen Möglichkeiten der „Verbesserung“ menschlicher mentaler Leistungen im Zentrum der Beiträge. Typische Beispiele, die in den Beiträgen diskutieret werden, sind etwa die Verbesserung von Aufmerksamkeit und Wachheit oder des Erinnerungsvermögens durch Psychopharmaka oder die Erweiterung der mentalen Leistungsfähigkeit durch Mensch-Maschine-Schnittstellen bzw. technische Hirnimplantate. Die Beiträge (von denen im Folgenden nur einige angesprochen werden können) sind überwiegend von Experten verfasst, die in den einschlägigen Forschungs- bzw. potenziellen Anwendungsfeldern von „Enhancement-Technologien“ tätig sind. Damit erhält der Leser sowohl Informationen über den Stand (2007) von Forschung und Anwendung wie auch eine (zumeist nüchtern ausfallende) fachliche Einschätzung möglicher zukünftiger Entwicklungen.

1     Enhancement-Potenzial von Medikamenten

So etwa im Beitrag „Neuroethics of Cognitive Enhancement“, dessen Verfasserinnen (Danielle C. Turner, Barbara J. Sahakian) selbst in der Forschung zur Wirkung von Psychopharmaka tätig sind. Ausgangspunkt ist hier – wie in vielen Studien zum Enhancement-Potenzial von Medikamenten – die Möglichkeit der Nutzung von zu therapeutischen Zwecken genutzten Arzneimitteln wie Modafinil und Methylphenidat zu nicht-medizinischen Zwecken. Methylphenidat etwa kommt bei der Behandlung von Kindern mit ADH-Syndrom zur Anwendung, wird aber auch zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit in Prüfungssituationen genutzt. Turner und Sahakian berichten von eigenen Studien, die die Wirksamkeit der genannten Medikamente zur Erhöhung der Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit gesunder Probanden nachweisen. Die Autorinnen erwarten, dass durch die weitere Aufklärung der neurochemischen Ursachen von psychischen Erkrankungen in Zukunft weitere Mittel zur Verfügung stehen werden, die auch nicht-medizinisch zur Erweiterung der Leistungsfähigkeit gesunder Personen einsetzbar sind. Der „off-label use“ werde auch dadurch gefördert, dass klinische Tests für Medikamente zur Behandlung psychischer Krankheiten notwendig auch an freiwilligen gesunden Testpersonen durchgeführt werden. Es sei zu erwarten, dass die Verfügbarkeit von neuen „Enhancement Drugs“ durch die etablierte Praxis der Nutzung von Stimulantien schnell zu einer Anwendung in Alltag und Beruf führen werde. Dennoch – so die Autorinnen in einem weiteren Beitrag zur praktischen Anwendung von Enhancement-Technologien – werde angesichts der begrenzten Wirkung und möglicher Nebenwirkungen das „Doping im Klassenzimmer“ wohl kaum zur Alltagspraxis werden. Generell fällt die Bilanz zum Beitrag neurowissenschaftlicher Erkenntnisse zur Verbesserung von Lernprozessen eher nüchtern aus: Die Erkenntnisse der Neurowissenschaften stützten im Wesentlichen das, was aus der konventionellen Lernforschung bereits bekannt ist – so etwa die Bedeutung von Wiederholung, einer anregenden Lernumgebung oder von bereits erworbenem Wissen für die aktive Aufnahme neuer Wissensinhalte.

Auch die Bilanz zu einer nach Kenntnis des Autors dieser Rezension bisher eher selten diskutierten möglichen Anwendung von „cognitive enhancement“ im Strafverfahren fällt nüchtern aus. Nach einer umfangreichen Erörterung der Struktur des menschlichen Gedächtnisse und der Speicherung und Verarbeitung von Erinnerungen kommt der Autor Willem Albert Wagenaar (Emeritus für experimentelle Psychologie und Recht) zu dem schlichten, aber überzeugenden Schluss, dass eine künstliche Verbesserung oder Verstärkung des Erinnerungsvermögens von Zeugen wohl kaum möglich sei. Salopp gesagt: Was vergessen ist, ist vergessen, und jegliche Methode der Rekonstruktion aus Erinnerungsfragmenten (sei es durch Befragungstechniken oder künstliche Mittel) ist mit dem Problem einer möglichen Verfälschung von Erinnerung belastet.

2     Potenzial von Mensch-Maschine-Schnittstellen

„Optimistischer“ gestimmt ist der eingangs erwähnte Beitrag von Kevin Warwick, der die aktuellen Möglichkeiten der Schaffung von Schnittstellen zwischen menschlichem Nervensystem und technischen Implantaten oder Computern diskutiert, wie sie etwa mit Erfolg in der Prothetik menschlicher Gliedmaßen aber auch zur Wiederherstellung oder Verbesserung der Sinneswahrnehmung eingesetzt werden (z. B. Cochlea-Implantate für Gehörlose). Ein einschlägiges diskutiertes Beispiel ist auch die direkte Steuerung eines Computercursors mittels eines im Gehirn implantierten Chips, die erfolgreich zur Kommunikation mit sog. „Locked-in“-Patienten eingesetzt wird (die Patienten sind bei Bewusstsein, aber durch Lähmung vollständig unfähig zur Kommunikation mittels Sprache oder Bewegungen). Der Autor, der auch über ein Selbstexperiment in Sachen Mensch-Maschine-Schnittstelle berichtet, hält die Vision einer „Man-Machine Symbiosis“, quasi ein „Upgrading“ menschlicher mentaler Leistungsfähigkeit durch direkte Kopplung mit Rechnerleistung, für realistisch: „It is clear that connecting a human brain, by means of an implant, with a computer network could in the long term open up the distinct advantages of machine intelligence, communication and sensing abilities to the implanted individual“ (S. 127). Wohlgemerkt: „in the long term“. Welche Zwischenschritte von der Steuerung eines Cursors bis zur „Symbiosis“ noch zu bewältigen sein werden, etwa die Übersetzung von digitalen Computercodes in die (bisher nicht verstandene) „neuronale Codierung“ von Bewusstseinsinhalten , bleibt offen.

Interessante Einblicke in ein häufig diskutiertes Anwendungsfeld von „Enhancement-Technologien“ bietet ein Beitrag zum Thema „Enhancement of the Soldier“. Zwar werden üblicherweise diskutierte „Technologien“ wie etwa der Einsatz von Psychopharmaka zur Stressbewältigung auf dem Schlachtfeld (bewusst?) ausgespart. In dem vom „Project Manager Soldier Efficiency“ (!) des niederländischen Forschungszentrums TNO verfassten Beitrag erfährt man dafür Einiges über die Veränderung der NATO-Strategie und der Anforderungen an die kämpfende Truppe seit dem Ersten Golfkrieg. Der moderne Soldat sei heute als ausführender Teil eines Netzwerks von Aufklärungs- und Waffentechnik zu verstehen, und der Trend gehe zur „Network Enabled Capability“: „The expectation is that soldiers will be capable of forming ad hoc distributed teams, receive their briefings on the move, act with increased momentum and then be dismantled to form other teams.“ (S. 146) Die Ausführungen darüber, was das technisch bedeutet, hätte man sich ausführlicher gewünscht. Wie auch immer, der Autor sieht ein ganzes Arsenal von technischen Systemen in der Entwicklung, das die Vernetzung der kämpfenden Truppe mit Robotern und unbemannten Waffensystemen und (Bio-)Sensoren umfasst. Die Gefechts- sowie seine eigene Lage wird dem „erweiterten“ Soldaten (wie zu Hause am PC, ist man versucht hinzuzufügen) über ein 3D-Display vor Augen geführt. In der Enhancement-Diskussion vielfach angeführte Beispiele von Soldier-Enhancement (wie künstliche Skelett-Strukturen (Exo-skeletons) zur Erhöhung der Tragfähigkeit und Widerstandsfähigkeit von Soldaten) werden mit eher skeptischen Untertönen hinsichtlich ihrer „Kriegstauglichkeit“ lediglich en passant erwähnt.

3     Zwischen Therapie und Missbrauch – ethische Einschätzungen

In der Diskussion ethischer Fragen und sozialer Folgen und Probleme greifen die Beitrage weniger die ansonsten häufig diskutierten Fragen wie z. B die der Zugangsgerechtigkeit zu Enhancement-Technologien oder der möglichen Folgen für personale Identität und Authentizität auf. Intensiver diskutiert wird dagegen in den Beiträgen über Psychopharmaka das Problem des „Dual Use“, der Umstand, dass viele Enhancement-Anwendungen aus ursprünglich für therapeutische Zwecke entwickelten Verfahren und Techniken entstehen. Dies impliziert zum einen, dass der Fortschritt in der Behandlung von Krankheiten immer wieder neue Möglichkeiten des Enhancements eröffnen könnte – ob man dies nun begrüßt oder nicht. Damit verbunden ist ein weiteres Problem: Wo hört die Therapie auf und wo fängt der nicht-medizinische Enhancement-Gebrauch (oder Missbrauch) an? Es fällt oft schwer, eine klare Grenze zwischen medizinischer und nicht-medizinischer Nutzung zu ziehen, was ein Problem möglicher zukünftiger regulatorischer Eingriffe anzeigt. Warum sollten individuell wahrgenommene Defizite (kognitiver, körperlicher oder ästhetischer Art) nicht zum Einsatz entsprechender Mittel berechtigen, wenn sie doch (Nebenwirkungen einmal ausgeklammert) das subjektive Wohlbefinden oder die Zufriedenheit befördern? Wo liegt der Unterschied zwischen einer allseits kulturell akzeptierten Nutzung von etwa Koffein zur Verbesserung der Aufmerksamkeit gegenüber den neuen Möglichkeiten des Enhancements?

Durch den Band zieht sich somit die Frage, wie man Enhancement zu definieren habe bzw. was das Spezifische der neuen Enhancement-Technologien sei. Ist – wie in einem Beitrag zum Thema künstliche Intelligenz insinuiert – die Erweiterung der menschlichen Gedächtnisleistungen etwa durch ein Chip-Implantat oder eine Mensch-Computer-Schnittstelle in der Tat vergleichbar mit der Erweiterung des menschlichen topographischen Gedächtnisses („extended mind”) durch den Gebrauch topographischer Karten? (Landkarte = extended mind = Mensch-Computer-Schnittstelle?)

Neben der Diskussion solcher Fragen entlang einzelner Anwendungsfelder bemüht sich der Band zum einen in zwei dokumentierten Interviews und dann auch im Nachwort der Herausgeber um eine grundsätzliche ethische Einschätzung des Human Enhancements. Die Herausgeber stellen das Enhancement in den Kontext der Frage nach dem „guten Leben“. Sie konstatieren hier eine Schwäche liberaler Gesellschaften, die sie gegenüber individuell eingeforderten Rechten auf Nutzung jedweder Möglichkeit der Erweiterung der eigenen Leistungs- oder Erlebnisfähigkeit hilflos macht. Die Frage nach dem guten Leben oder die Frage „what it means to be human“ sind der Sphäre privater Präferenzen und Entscheidungen überlassen. Die Herausgeber sehen sie im Falle von Enhancement hier aber schlecht aufgehoben, weil zumindest potenziell eine grundsätzliche Veränderung der „conditito humana“ impliziert sein könnte. Eine grundsätzliche Antwort auf die Wünschbarkeit von Enhancement geben die Herausgeber erwartungsgemäß nicht, wenn auch ein skeptischer Unterton gegenüber dem olympischen Impetus des „citius, altius, fortius“ unverkennbar ist.

Eine mögliche grundsätzliche Haltung zum Thema Enhancement wird von Lord Wilson (Imperial College, London) in einem der Interviews vertreten: In welchem Maße ein Mensch bestimmte Fähigkeiten ausbilde und entwickele, sei zu großen Teilen von einer der Entwicklung förderlichen Umwelt abhängig (etwa das familiäre und schulische Umfeld). Solange wir nicht in der Lage seien, der Mehrzahl der Menschen ein förderliches Umfeld zu bieten, die eigenen Fähigkeiten zu entwickeln, gäbe es keinen Grund, über – zumindest vorläufig zweifelhafte – künstlich technische oder pharmakologische Mittel nachzudenken, die unsere Fähigkeiten erweitern. Den Gegenpart zu dieser Haltung liefert der Beitrag von Nick Bostrum, ein (eher moderater) Vertreter der transhumanistischen Bewegung, der die technische Intervention und den technischen Umbau des menschlichen Körpers und seiner Verschmelzung mit Maschinen offensiv propagiert und letztlich die Abschaffung bzw. Transzendierung der menschlichen Spezies als unausweichlichen Endpunkt der Technisierung begreift. Bostrum kommt im vorliegenden Band mit einem Plädoyer für die Nutzung von Enhancement-Technologien zu Wort, die er als Fortsetzung eines Strebens nach einem besseren Leben oder einer Erweiterung der Person, wie es sich traditionell etwa auch in der Erziehung ausdrückt, versteht. Er beklagt die aus seiner Sicht aktuell dominierende Auffassung, die die private Nutzung von Psychopharmaka zu nicht-medizinischen Zwecken ausschließe und somit die Erweiterung der Person nur zulasse, sofern sich diese Praxis medizinisch legitimieren lasse. Da sich der Wunsch nach Enhancement nicht unterdrücken lasse, müsse dies langfristig zu einer Medikalisierung normaler Formen menschlichen Verhaltens führen.

4     Fazit: Zwischen Antizipation und Spekulation

Insgesamt bietet der Band einen umfangreichen Überblick über die Themen und Positionen in der Enhancement-Debatte. Dabei ist insbesondere die bis auf einige Ausnahmen nüchterne Einschätzung der Perspektiven des Enhancements in den einzelnen (Fach-)Beiträgen hervorzuheben. Ein grundsätzliches Problem der Enhancement-Debatte kann aber auch der vorliegende Band nicht lösen. Man kann beim derzeitigen Stand schwer einschätzen, was an der Debatte Science-Fiction ist und auch bleiben wird, und welche der zurzeit noch visionären Vorstellungen Realität werden könnten. Es sind nicht mehr als eine handvoll aktueller Beispiele, die in jeder Diskussion um Enhancement diskutiert werden. So darf etwa der Bericht über eine angeblich massenhafte Nutzung von Ritalin als Hirndoping durch amerikanische Studenten nicht fehlen. Das meiste aber ist vorläufig Zukunftsmusik. Dennoch, die Entwicklungen in den Cogno-, Neuro-, Bio- und Infowissenschaften geben durchaus Anlass, darüber nachzudenken, welche Interventionen in das menschliche Nervensystem möglich werden könnten, wenn die Ansätze der Forschung einmal in praktische Anwendungen zu Ende entwickelt sind.

Allerdings sieht man sich in der Enhancement-Debatte unausweichlich in eine Diskussion um das Normative, die eingangs zitierte Frage „How far should thinks be taken?“ verwickelt, bevor das Faktische hinreichend klar ist: “How far can things be taken?” Bei aller Notwendigkeit antizipierender ethischer Reflexion besteht doch die Gefahr des Abdriftens in „spekulative Ethik“ (Nordmann, Rip 2009), die der Science-Fiction und den technophilen Visionen, die etwa Transhumanisten umtreiben, möglicherweise zu viel Ehre angedeihen lässt. Aufmerksamkeit gegenüber sich abzeichnenden Möglichkeiten einer technischen Intervention in menschliches Erleben und Verhalten ist geboten; Anlass, über Visionen einer „Abschaffung des Menschen im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ nachzudenken, besteht eher nicht.

Angesichts in der Enhancement-Debatte (weniger in dem hier besprochenen Band) grassierender schwer Ernst zu nehmender technophiler Phantasien sei abschließend ein nicht ganz ernst gemeinter Verweis auf die literarische Phantasie erlaubt, die schon viel weiter ist. In einem kürzlich erschienen Roman, der mit wissenschaftlich-technischen Visionen unseres Zeitalters spielt, ist es einem post-humanen Stamm von Tier-Mensch-Wesen gelungen, durch geheimnisvolle „advanced technologies“ miteinander direkt über ein Internet der Düfte zu kommunizieren und nach Belieben und Bedarf das Geschlecht und die Gestalt zu wechseln, so dass es verständlich ist, dass ihnen die längst überwundene Herrschaft der Menschen als „Ära der Langeweile“ erscheinen muss. Aus dieser Perspektive ergibt sich dann ein ganz anderer, historischer Blick auf den pharmakologisch und mikroelektronisch „erweiterten“ Menschen: „Es gab sie immer noch, (…) stotternde Lotophagen mit Adapterbuchsen in den Hypothalami, arme Arschlöcher aus zersprengten Verbänden der letzten abendländischen Lage.“ (Dietmar Dath 2008, Die Abschaffung der Arten, S. 22)

Literatur

Coenen, C., 2008: Konvergierende Technologien und Wissenschaften. Der Sand der Debatte und politischen Aktivitäten zu „Converging Technologies“, Hintergrundpapier Nr. 16, Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag, Berlin; http://www.tab-beim-bundestag.de/de/projekt/zusammenfassung/hp16.pdf (download 18.3.10)

Dath, D., 2008: Die Abschaffung der Arten,. Frankfurt a. M. (zit. n. Taschenbuchausgabe: Frankfurt a. M. 2010)

Merkel, R.; Boer, G.; Fegert, J. et al., 2007: Intervening in the Brain. Changing Psyche and Society, Berlin

Nordmann, G.; Rip, A., 2009: Mind the gap revisited. In: Nature Nanotechnology 4 (2009), S. 273-274

STOA (Hg.), 2009: Human Enhancement (authors: C. Coenen et al.). European Parliament, Brussels (IPOL/A/STOA/2007-13); http://www.itas.fzk.de/eng/etag/document/2009/coua09a.pdf (download 18.3.10)