Behinderungskompensierende Technologien am Arbeitsplatz. Bausteine zu mehr Selbstbestimmung und Teilhabe für Betroffene

TA-Projekte

Behinderungskompensierende Technologien am Arbeitsplatz

Bausteine zu mehr Selbstbestimmung und Teilhabe für Betroffene

von Christoph Revermann und Katrin Gerlinger, TAB

In Deutschland leben derzeit rund 8,6 Mio. Menschen mit amtlich anerkannter Behinderung, davon etwa die Hälfte im erwerbsfähigen Alter. Etwa 6,7 Mio. Menschen sind schwerbehindert (Grad der Behinderung mindestens 50), einige sind dies von Geburt an, die meisten als Folge von Unfall, Krankheit oder altersbedingten Leiden. Politik für Menschen mit Behinderung ist somit kein Minderheitenthema. Sie ist eine gesamtgesellschaftliche Gestaltungsaufgabe, bei der die dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben als wichtiger Schlüssel für den postulierten Paradigmenwechsel vom Fürsorgeansatz zur selbstbestimmten Teilhabe fungiert. Es stellt sich die Frage, ob durch die Entwicklung und den Einsatz (neuer) innovativer behinderungskompensierender Technologien (bkT) die nach wie vor bestehenden Defizite bei der Integration von Menschen mit Behinderungen ins Arbeitsleben weiter abgemildert werden können. Vor diesem Hintergrund wurde das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag, das das Parlament und seine Ausschüsse in Fragen des technischen und gesellschaftlichen Wandels berät, auf Initiative des Ausschusses für Arbeit und Soziales beauftragt, ein TA-Projekt zum Thema „Chancen und Perspektiven von behinderungskompensierenden Technologien am Arbeitsplatz“ durchzuführen.[1]

Der Wechsel im gesellschaftlichen Umgang mit Behinderung vom Fürsorgeansatz zum Ansatz der selbstbestimmten Teilhabe fand seinen Niederschlag u. a. in Änderungen der sozialen Sicherungssysteme und seiner definitorischen Grundlagen. Während frühere Definitionen von Behinderung meist ausschließlich auf die Art und die Stärke von Schädigungen und Defiziten abstellten, rücken gegenwärtig auch die Umweltbedingungen und deren Wechselwirkungen mit der jeweiligen funktionalen Einschränkung in das Blickfeld der Betrachtung. Analog zu diesem Verständnis wird Behinderung im Rahmen der deutschen Sozialgesetzgebung wie folgt definiert: „Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist“ (§ 2 Abs. 1 SGB IX). Die Definition baut auf der Grundthese auf, dass Behinderung nur im Vergleich zu anderen Menschen festzustellen ist und dass für das Vorliegen einer Behinderung die Einschränkung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft wesentlich ist. Dieser Ansatz folgt in wesentlichen Aspekten dem Tenor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die seit 2002 mit der sogenannten „International Classification of Functioning, Disability and Health“ (ICF) neben der Beeinträchtigung von Körperfunktionen oder -strukturen Betroffener zugleich auf die verschiedenen „Optionen“ des Menschen und seiner sozialen Umwelt abstellt.

Im Rahmen des Sozial- und Arbeitsrechts verfügt Deutschland seit vielen Jahren über ein großes Instrumentarium der Rehabilitation, und die berufliche Eingliederung von Menschen, die von Behinderung betroffen oder bedroht sind, hat eine lange Tradition. Der Einsatz spezieller Technologien bzw. technischer Maßnahmen für die Integration bzw. Inklusion von Menschen mit Behinderungen ist ein wichtiger Bestandteil der möglichen Interventionsstrategien im beruflichen Bereich. Sie ergänzen heute arbeitsorganisatorische und fördernde Maßnahmen in einer Kombination aus barrierefreiem Bauen und Gestalten, Arbeitsplatzanpassung und Einsatz individualisierter Hilfsmittel.

Dennoch muss festgestellt werden, dass die politischen Zielvorstellungen und die Projekte der letzten Jahre in Bezug auf die Integration von Menschen mit Behinderungen in Beschäftigungsverhältnisse nach wie vor Umsetzungsdefizite aufweisen. Forschung und Politik gehen jedoch davon aus, dass durch die Entwicklung und den Einsatz innovativer bkT sowie die weitere Verbesserung der sozialgesetzlich geregelten Verteilungs- und Zugangsstrukturen zur beruflichen Rehabilitation diese Defizite weiter gemildert werden können.

1     Inhalt und Systematik des TAB-Berichts

Die Erschließung der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Dimension des Themas erfolgte schwerpunktmäßig anhand einer Beschreibung verfügbarer Technik und sich abzeichnender innovativer Entwicklungen, um individuelle funktionale Einschränkungen zu kompensieren oder zu vermindern. Der Fokus der Untersuchung richtete sich auf den Arbeitsplatz, seine Erreichbarkeit, Einrichtung und Ausgestaltung. Die für die Integration von Menschen mit Behinderungen in die Arbeitswelt nötigen Modalitäten und Anforderungen zur schrittweisen Barrierefreiheit bezüglich der Mobilität und Motorik, der Kommunikation und des Informations- bzw. Wissenstransfers standen im Zentrum des TA-Projekts. Deshalb wurden auch die verfassungsrechtlichen, sozialgesetzlichen und -politischen Rahmenbedingungen für den Einsatz von bkT am Arbeitsplatz dargestellt sowie ausgewählte sozioökonomische Aspekte und daraus resultierende förderliche und/oder hemmende Strukturen für die Weiterentwicklung und Verbreitung von bkT thematisiert.

Die Vielfalt von bkT ist extrem groß, denn für eine sehr heterogene Nutzergruppe sollen bkT Bindeglieder zu einer ebenfalls großen Vielfalt arbeitplatzbezogener Anforderungen sein. Dementsprechend folgt die Systematik innerhalb des TAB-Berichts den Kriterien „Art der funktionalen Einschränkung“ und “Art der Technik“. Trotz der Abnahme physischer Leistungsanforderungen in weiten Teilen der Arbeitswelt und der Entwicklungsdynamik vor allem in IuK-Technologien kann nach wie vor nicht für jede funktionelle oder strukturelle Einschränkung eine Teilhabe am Arbeitsleben mittels bkT gleichermaßen verbessert oder ermöglicht werden.[2] Heute können vorwiegend Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit, des Sehens oder des Hörens durch eine Vielzahl technischer Möglichkeiten (teilweise) ausgeglichen werden. Für diese Funktionseinschränkungen wird anhand von sechs Fallbeispielen ausführlich der Einsatz von bkT aufgezeigt und verdeutlicht, mit welchen besonderen Herausforderungen Betroffene an ebenfalls beispielhaften Arbeitsplatzsituationen konfrontiert sind, wie Technik hier kompensierend eingesetzt werden kann und welche Entwicklungen sich abzeichnen. Anhand dieser Fallbeispiele werden die technischen Möglichkeiten und Grenzen beschrieben, um so Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, die zu einer weiteren Verbesserung der Teilhabemöglichkeiten für Betroffene führen könnten. Die Grundannahme bei der Beschreibung der angeführten Fallbeispiele ist, dass sich die speziellen beruflichen Anforderungen auf weitere Berufsfelder übertragen lassen.

2     Personenbezogene assistive und allgemeine behinderungskompensierende Technologien

Behinderungskompensierende Technologien können entsprechend der jeweiligen Zielausrichtung (Individuum oder Umwelt) unterschieden werden. BkT, die am einzelnen Individuum und seinen funktionalen Einschränkungen ansetzen und diese kompensieren sollen, werden als assistive Technologien bezeichnet. Techniken, die an Umweltbedingungen anknüpfen, werden innerhalb des Berichts als allgemeine bkT bezeichnet. Innerhalb der deutschen Rechtssystematik fallen sie zumeist unter den Begriff der Barrierefreiheit oder auch barrierefreien Gestaltung. International werden sie mit dem Begriff Universal Design verknüpft, wenngleich die Begriffe nicht identisch zu verwenden sind. Obwohl assistive und allgemeine bkT unterschiedlich ansetzen, ergänzen und beziehen sie sich aufeinander. Assistive Technologien sind oftmals Voraussetzung, um individuelle funktionale Einschränkungen so weit auszugleichen, dass eine Teilhabe in barrierearmen oder -freien Arbeitsumgebungen überhaupt erst möglich wird.

Assistive Technologien versuchen vorrangig, bestimmte funktionale Einschränkungen direkt auszugleichen (z. B. Prothesen). Wenn dies nicht möglich ist, zielen sie auf einen möglichst gleichwertigen (Kompensations-)Zugang auf anderem Wege (z. B. Rollstuhl, Brailleschrift). Vor allem der Einsatz von Prothesen kann für Betroffene mit unterschiedlichen Eingriffstiefen in den Körper einhergehen (z. B. am Ohr angebrachte oder unter der Schädeldecke implantierte Hörgeräte) und im Idealfall eine Behinderung vermeiden. Diese assistiven Technologien sind nicht nur sachliche Artefakte im Sinne von Hardware, sondern zunehmend auch Betriebssysteme und Software, die erst den Gebrauch des eigentlichen Produkts ermöglichen. Auch sind in diesem Zusammenhang nötige Dienstleistungen – von einmaligen Unterstützungsleistungen bis regelmäßiger persönlicher Assistenz – zu nennen. Oft kann nur durch eine solche Dienstleistung die eigentliche Technik beim Betroffenen zu einer spezifischen Leistungsfähigkeit führen – die eigentliche Voraussetzung für eine Teilhabe am Arbeitsleben.

Bei der allgemeinen bkT wird unterschieden zwischen Lösungen, die die unmittelbare Umgebung der einzelnen Person betreffen (z. B. häusliche Umgebung, Arbeitsplatz), und solchen, die einzelne Umweltbereiche (z. B. Gebäude, Geräte, Informationen) allen Menschen (auch mit unterschiedlichen Behinderungen) besser zugänglich machen, wie z. B. barrierefreie öffentliche Verkehrs- oder Kommunikationssysteme. Im Ergebnis sollen diese Bereiche für alle potenziellen Nutzer unabhängig von der Art der Behinderung möglichst barrierefrei zugänglich sein. Kriterien für einen barrierefreien Zugang folgen dabei dem Ansatz, physische und psychische Anforderungen an die Nutzer gering zu halten und alternative Bedienungsmöglichkeiten zuzulassen.

3     Potenziale für zukünftige Entwicklungen

Die Potenziale für bkT im Arbeitsbereich sind vielfältig und konfligieren zunehmend mit den Aspekten des „Ubiquitous Computing“ (Allgegenwärtigkeit des Computers) und der „Ambient Intelligence“ (Umgebungsintelligenz): Beispielsweise stellt ein persönliches Endgerät ein auf die individuellen Bedürfnisse ausgelegtes Interface zum umgebenden Netzwerk, der Peripherie und entfernten Netzen her. So können alle Dienste gleichermaßen individualisiert nahezu überall abgerufen und flexible Arbeitsstrukturen realisiert werden. Auf der Basis weitverbreiteter Geräte (z. B. Mobiltelefon) lassen sich Anwendungen realisieren, die neben der programmierten Unterstützung vor Ort, den Zugriff auf leistungsfähige Rechner und auf menschliche Unterstützung ermöglichen. Solche Systeme sind in der Lage, Menschen individuell und gezielt zu unterstützen, und bieten mehr Sicherheit, im Bedarfsfall Hilfe anfordern zu können.

Voraussetzung für die Verwendung individueller Bediengeräte ist die Verfügbarkeit effizienter Ein- und Ausgaben, wie z. B. Sprachein- und -ausgabe, Kopf- und Augensteuerung, zum Teil auch schon erste eingesetzte BCI (Brain-Computer-Interface). Entscheidend für deren Anwendung ist die Realisierung offener Schnittstellen in elektronischen Maschinen und Geräten, die einen reibungslosen, sicheren und schnellen Datenaustausch zwischen Maschine und (alternativem) Bediengerät ermöglichen. Insgesamt kann durch die Integration von Geräten und Umgebung weiteres Potenzial erschlossen werden. Die Kombination von individuellen Bediengeräten und Umgebungsintelligenz, die in Arbeitsumgebungen durch deren meist bereits gut ausgebaute informationstechnische Infrastruktur schon angelegt ist, kann zu neuartigen barrierefreien Gesamtlösungen führen. Insbesondere kann durch die programmierbare Flexibilität und „Intelligenz“ in solchen Systemen eine jeweils individuelle Zugangslösung unterstützt werden, statt einer Lösung, die gleichermaßen für alle funktionieren muss. Dies entspricht einer Implementierung des Universal-Design-Konzepts durch Anwendung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien.

Auch der Bereich der Mechatronik bietet viele Ansatzpunkte, um mittels Technik die Teilhabechancen am Arbeitsleben für einzelne zu verbessern und darüber hinaus Behinderungen zu vermeiden. Aktive kraftverstärkende Mechanismen können ausgehend von der Krantechnik einerseits und der Robotik andererseits hin zu bkT-Anwendungen entwickelt werden. Solche Geräte sind heute nicht nur als fest installierte Anlagen, sondern auch als mobile, personenbezogene Lösungen denkbar. Darüber hinaus sind mit den verfügbaren mechatronischen Komponenten einfache arbeitsplatzspezifische Anwendungen realisierbar, die Menschen mit Behinderungen bei bestimmten Handhabungen unterstützen. Erforderlich ist jedoch insbesondere eine Anpassung der auf Geschwindigkeit und Präzision optimierten industriellen Komponenten mit dem Ziel einer kooperativen Unterstützung von Menschen in einem gemeinsamen Arbeitsraum.

Zu konstatieren ist, dass bisherige, zumeist auf den konkreten Einzelfall bezogene Lösungsansätze, stärker durch eine präventiv orientierte Sicht moderner Barrierefreiheit und des Universal-Design-Konzepts ergänzt werden sollten. Die Entwicklung von Technologien und Strukturen sowie deren gezielte Vernetzung haben das Potenzial, Teilhabechancen am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderungen weiter zu verbessern. Voll entfalten kann sich dieses Potenzial jedoch nur, wenn eine gezielte Förderung von Forschung und Entwicklung bis zur Anwendungsreife in Arbeitsprozessen flankiert wird von sozialverträglichen Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten sowie intensiver Ausbildung und gezielten Anwendungstrainings. Inwieweit existierende bkT und zukünftige technische Innovationen die Möglichkeiten zur selbst-bestimmten Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderungen tatsächlich verbessern, hängt jedoch von einer Vielzahl weiterer Maßnahmen und Rahmenbedingungen sowie deren Verknüpfung und Zusammenspiel ab. Deren Wirksamkeit wird oftmals durch das schwächste Glied der Maßnahmenkette bestimmt.

4     Rechtliche und sozioökonomische Aspekte des Einsatzes von bkT am Arbeitsplatz

Die regulativen Rahmenbedingungen für den Einsatz von bkT am Arbeitsplatz wurden im TAB-Projekt umfänglich gesichtet und aufgearbeitet sowie eine Einordnung und Beurteilung hinsichtlich ihrer Eignung für die Entwicklung und den Einsatz von bkT geleistet. Auch Fragen der betrieblichen Prävention am Arbeitsplatz sowie die verschiedenen arbeitsrechtlichen Normen mit Blick auf Behinderung und bkT wurden analysiert. Das ohnehin schon sehr komplexe Feld von Behinderung und Arbeit wird in Deutschland zusätzlich durch ein nach wie vor sehr heterogenes Zuständigkeits- und Umsetzungsgeflecht mit unterschiedlichen Detailregelungen geprägt. Das neunte Sozialgesetzbuch (SGB IX) bildet zwar seit 2001 eine einheitliche Rahmung für den sozialrechtlichen und zu Teilen auch den arbeitsrechtlichen Umgang mit Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, löst jedoch nicht das Problem der unterschiedlichen Zuständigkeiten der sozialen Sicherungssysteme und deren Träger (Krankenkassen, Renten- und Unfallversicherungen, Integrationsämter, Bundesanstalt für Arbeit). Durch die sozialen Sicherungssysteme soll gewährleistet werden, dass Menschen mit Behinderungen diejenigen assistiven Technologien zur Verfügung gestellt werden, die nötig sind, um ihnen eine umfassende gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Um darüber hinaus die Umgebung so barrierefrei zu gestalten, dass diese assistiven Technologien effektiv eingesetzt werden können, bedarf es vielfacher Maßnahmen und Aktivitäten. Den gesetzlichen Rahmen dafür bilden neben dem SGB IX die Behindertengleichstellungsgesetze (BGG) von Bund und Ländern mit ihren Konzepten zur Barrierefreiheit sowie Teile des Arbeitsschutzrechts. Auf der Basis der bestehenden regulativen Strukturen wurde der Anpassungsbedarf für einen verbesserten Einsatz von bkT am Arbeitsplatz im Bericht diskutiert, mit Schwerpunkt in der Verzahnung der arbeits- und sozialrechtlichen Instrumente und Verfahren.

Obwohl es in Deutschland seit vielen Jahren umfangreiche Datenerhebungen zur sozialen Stellung von Menschen mit Behinderungen und der Art und Schwere ihrer funktionalen Einschränkungen gibt, fehlt die Verknüpfung zu arbeitsmarktrelevanten Angaben weitgehend. Die von vielen Seiten seit Jahren geforderte zielgerichtete Marktanalyse für arbeitsplatzrelevante bkT ist daher nach wie vor nicht möglich. Auch wenn dieses Defizit durch das TAB-Projekt nicht beseitigt werden konnte, wurden dennoch der verfügbare arbeitsmarktrelevante sozioökonomische Kenntnisstand im Überblick dargestellt und die Entwicklungen der letzten Jahre aufgezeigt.

5     Resümee

Die Fähigkeiten von Menschen mit Behinderungen zu erhalten und zunehmend besser auszuschöpfen ist sowohl zentrales Element des Teilhabeprinzips innerhalb des gesellschaftlichen Umgangs mit Behinderung als auch gesellschaftliche Notwendigkeit, um dem demografischen Wandel und einem sich zukünftig daraus ergebenden möglichen Arbeitskräftemangel zu begegnen. Der Einsatz von bkT kann für viele Menschen mit Behinderungen die Teilhabechancen am Arbeitsleben verbessern. Effektiv wirken können die bkT-Instrumente jedoch nur dann, wenn sie von spezifischen Trainingsmaßnahmen flankiert werden und mit einer hohen Akzeptanz bei Arbeitgebern, aber auch bei den Arbeitnehmern einhergehen.

In übergeordneter Perspektive liegt ein bedeutsames Potenzial eines gut durchdachten Einsatzes von bkT darin, Menschen mit Behinderung die Teilnahme am Erwerbsleben und somit zugleich die soziale Teilhabe zu erleichtern oder zu ermöglichen, die Arbeitskraft von Menschen mit Behinderung besser zu nutzen und zu erhalten und gleichzeitig auch sozioökonomisch entlastend zu wirken. Ein umfassenderer Einsatz von bkT kann positive Auswirkungen auf die Beschäftigung sowohl jüngerer als auch älterer Menschen mit Behinderung haben, indem er generell die Möglichkeiten zur aktiven gesellschaftlichen Teilhabe erhöht. Diese verbesserte Aktivität und die damit einhergehende größere Selbstständigkeit des einzelnen Menschen wirken weit über den Arbeitsmarkt hinaus. Sie werden vor allem in alternden Gesellschaften immer wichtiger, um verlängerte Lebenszeiten nicht in verlängerte Pflegeabhängigkeiten münden zu lassen. Verfügbarkeit und Einsatz von bkT sind hierfür eine elementare Voraussetzung, nicht aber allein entscheidend. Für eine Sicherung der Arbeitsfähigkeit reicht es oft nicht aus, dass eine Versorgung mit bkT gewährleistet wird. Damit Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung geschaffen und dauerhaft erhalten werden können, sind zusätzliche Maßnahmen notwendig, und die Vorbereitung eines Menschen mit Behinderung auf einen Arbeitsplatz erfordert immer eine Planung und entsprechende Umsetzung der Maßnahmen auf mehreren Ebenen.

Das gegliederte Sozialleistungssystem in Deutschland weist diesbezüglich nach wie vor erhebliche Schnittstellenprobleme gerade für Menschen mit Behinderungen auf. Die Überwindung dieser Probleme bleibt deshalb ebenso eine gesamtgesellschaftliche Gestaltungsaufgabe wie die kontinuierliche Verbesserung und Fortentwicklung von bkT. Dass die Betroffenen allein das nötige Marktpotenzial aufbringen, um eine zielgerichtete Innovationsdynamik entstehen zu lassen, kann bezweifelt werden. Eine stärkere und zielgerichtete FuE-Förderung bis zur Anwendung und Begleitforschung scheint daher besonders notwendig.

Anmerkungen

[1]  Der Endbericht des TA-Projekts „Chancen und Perspektiven behinderungskompensierender Technologien am Arbeitsplatz“ erscheint demnächst als TAB-Arbeitsbericht Nr. 129 sowie als Bundestagsdrucksache.

[2]  Kognitive oder seelische Einschränkungen können technisch kaum oder gar nicht kompensiert werden. Von diesen Einschränkungen sind Menschen im erwerbsfähigen Alter jedoch auch bzw. sogar in zunehmendem Maße betroffen.

Kontakt

Dr. Christoph Revermann
Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB)
Neue Schönhauser Str. 10, 10178 Berlin
Tel.: +49 30 284 91-109
E-Mail: revermann∂tab-beim-bundestag.de